- Jungfraubahn
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Jungfraubahn Die Talstation auf der Kleinen ScheideggFahrplanfeld: 311, 312 Streckenlänge: 9,34 km Spurweite: 1000 mm (Meterspur) Stromsystem: 1125 V 50 Hz ∆ Maximale Neigung: 250 ‰ Zahnstangensystem: Strub Legende0,0 Kleine Scheidegg 2'061 m ü. M. Anschluss an die Linien der WAB von Lauterbrunnen und Grindelwald 1,0 Dienststation Fallboden 2'150 m ü. M. Galerie (84 m) 2,0 Eigergletscher 2'320 m ü. M. Tunnel (2320 m) 4,3 Tunnelstation Eigerwand 2'864 m ü. M. Tunnel (1400 m) 5,7 Tunnelstation Eismeer 3'158 m ü. M. Tunnel (3600 m) 9,3 Tunnelstation Jungfraujoch 3'454 m ü. M. Die Jungfraubahn (JB) ist eine elektrische Zahnradbahn im Berner Oberland in der Schweiz. Sie führt von der Kleinen Scheidegg durch Eiger und Mönch bis auf das Jungfraujoch mit der höchsten Eisenbahnstation Europas (3454 m) und überwindet auf einer Länge von 9.34 Kilometern fast 1400 Höhenmeter. Etwas mehr als 7 Kilometer der Strecke liegen im Tunnel.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Jungfrau gilt lange Zeit als der berühmteste Berg in der Schweiz. Viele Dichter, Maler und Gelehrte reisen in die Jungfrau Region, um dort die Gletscher, Bergseen und Wasserfälle beim Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau zu bestaunen, zu dokumentieren und darüber Gedichte zu verfassen. In einem Text aus dem Jahre 1577/78, über den 4158 Meter hohen Jungfraugipfel heisst es: „Die Jungckfrau ist ein sehr hoher, von ewigem Schnee und Eis starrender Berg, daher völlig unzugänglich“. Dies ändert sich am 3. August 1811, als die Gebrüder Johann Rudolf und Hieronymus Meyer als erste den Gipfel erklimmen. Möglicherweise ist es der Gipfelerfolg, der die Faszination auslöst, eine Bahn bis zum Gipfel der Jungfrau zu bauen. Diese Faszination erhält Ende des 19. Jahrhunderts konkrete Züge. Schweizweit grassiert das „Bergbahnfieber“. In der Folge entstehen eine ganze Reihe von Zahnradbahnen. Den Höhepunkt des Baufiebers stellt die Jungfraubahn dar.
Vorprojekte
Anlässlich einer Bergbahnmodell-Ausstellung in Bern präsentiert Friedrich Seiler 1869 seine Idee einer pneumatischen Bahn von Lauterbrunnen bis zum Rottal am Fusse der Jungfrau. Vom Rottal aus soll ein gesicherter Bergweg bis zur Jungfrauspitze führen. Weiter gedenkt Seiler, Schlittenfahrten mit Rentieren oder Polarhunden über den Aletschgletscher ins Wallis zu organisieren. Das ganze Projekt gerät jedoch rasch in Vergessenheit und gelangt nie zur Ausführung. Am 16. Oktober 1889 reicht der Zürcher Ingenieur Maurice Koechlin beim Bundesrat ein Projekt für eine Bahn auf den Jungfraugipfel ein. Es soll eine in fünf Sektionen gestaffelte Bahn mit elektrischem Antrieb sein. Sechs Tage darauf legt der Aargauer Ingenieur Alexander Trautweiler beim Bundesrat einen Plan für vier voneinander unabhängige Drahtseilbahnen vor, die zum Gipfel führen. Da der Bundesrat nur eine Baukonzession vergeben will, versucht er vorerst, die beiden Gesuchsteller zu einer Einigung zu bringen – vergebens. Im Frühsommer 1891 wird dem Projekt Köchlin die Konzession erteilt. Die Realisierung scheitert jedoch an der Finanzierung. Dasselbe Schicksal erleidet auch das Projekt für eine Tunnelzahnradbahn auf den Eigergipfel.
Adolf Guyer-Zellers Projekt
Nach einer Bergwanderung vom Schilthorn nach Mürren, kommt dem 54-jährigen Grossindustriellen und Finanzpolitiker Adolf Guyer-Zeller eine neue Idee für die Jungfraubahn. Wie er nämlich den Zug der Wengernalpbahn gegen die Kleine Scheidegg fahren sieht, fasst er den Entschluss, von dort aus eine Bahn auf die Jungfrau zu bauen. In der Nacht hält er die Linienführung auf einem Blatt Papier fest. Am 20. Dezember 1893, knapp vier Monate nach seiner Wanderung, reicht Guyer-Zeller sein Konzessionsgesuch beim Bundesrat ein. In diesem heisst es, dass mit dem Bau der Jungfraubahn nicht in Lauterbrunnen begonnen wird, sondern auf der Kleinen Scheidegg. Die elektrische Zahnradbahn soll bis zur ersten Station oberirdisch sein. Weitergeführt wird die Bahn in einem Tunnel. Auf dem Weg zum Jungfraugipfel soll sie an drei Stationen halten. Jeder dieser Stationen soll dank dem unterschiedlichen Blickwinkel ihren einzigartigen Reiz haben und für sich allein ein touristisches Ziel darstellen. Am 21. Dezember 1894 erhält Guyer-Zeller die Konzession vom Parlament, sein Projekt zu realisieren.
Bau
Am 27. Juli 1896 macht der Sekretär der Jungfraubahn, Dr. Friedrich Wrubel, den Spatenstich und der Bau beginnt. Die Bauarbeiten konzentrieren sich vorerst auf die offene Strecke zwischen der Kleinen Scheidegg und dem Bahnhof Eigergletscher. Der zwei Kilometer lange Abschnitt wird ohne Hilfe von Maschinen bewältigt. Nach mehr als zwei Jahren mühsamer Handarbeit wird die erste Teilstrecke am 19. September in Betrieb genommen. Trotz des Anschlusses an die Wengernalpbahn wählt man eine andere Spurweite (1000 mm anstelle von 800 mm), eine andere Zahnstange (System Strub anstelle des System Riggenbachs) und Drehstrom statt Dampfbetrieb, da dieser mehr Leistung und höhere Sicherheit verspricht.
Nun begannen die Sprengarbeiten im Tunnel mit drei Schichten zu je acht Stunden. Bereits kurze Zeit nach Baubeginn des Tunnels ereignet sich ein schweres Unglück. Bei einer Dynamitexplosion verlieren sechs Italienische Arbeiter das Leben. Die Unfallursache kann nie geklärt werden, da die Körper der Opfer völlig verunstaltet sind. Als Folge dieses Unglücks erlässt die Bauleitung verschärfte Vorschriften zum Verfahren der und zur Lagerung des Dynamits. Der Tunnelbau geht nach dem Unfall wieder zügig voran und 1899 findet der Stich zur Station Rotstock auf 2530 Metern Höhe statt. Das ist jedoch der letzte Erfolg, den Adolf Guyer-Zeller erleben darf, denn kaum einen Monat später trifft der grösste Schicksalsschlag in der Bauphase ein. Am 3. April 1899 erliegt Guyer-Zeller im Alter von 60 Jahren in Zürich einer Lungenentzündung. Sein Tod stellt den Weiterbau in Frage. Seine Erben führen das Werk nach einem kurzen Unterbruch jedoch mit Beharrlichkeit fort. Die Arbeiten kommen wegen der unsicheren Finanzierung aber nur schleppend voran, die Gesellschaft lebt quasi von der Hand in den Mund und kann nur dank kurzfristigen Bankkrediten den Weiterbau finanzieren.
Erst am 28. Juni 1903 kann der Betrieb bis zur Station Eigerwand, inmitten der Eiger-Nordwand dem Verkehr übergeben werden. Von dieser Station haben die Reisenden einen Ausblick über den Abgrund mitten aus der Eigernordwand in Richtung Grindelwald. Zwei Jahre später, am 25. Juli 1905 kann die Strecke bis zur Haltestelle Eismeer auf rund 3'160 m, auch Kallifirn genannt, mit einer wunderbaren Aussicht über die Gletscherwelt eröffnet werden. Auf dieser Station wird bis zur Fertigstellung der Bahn ein Touristenzentrum betrieben. Bevor der Bau jedoch weitergeht, muss das Unternehmen neues Geld beschaffen. Auch Adolf Guyer-Zellers ursprüngliche Pläne werden von der Bauleitung abgeändert. Sie entschliesst sich, anstelle eines Halts unter dem Mönchsjoch und der weiteren Strecke bis hinauf auf den Gipfel der Jungfrau, das Jungfraujoch auf 3454 m.ü.M. als Endstation vorzusehen. Der Bau der letzten 3.6 Kilometer gilt als einfach zu meistern. Doch unerwartete Hindernisse tauchen unerwartet auf: Der Fels leistet Widerstand, im Sommer steht der gewinnbringende Personenverkehr im Zentrum und im Winter versiegt zeitweise das Wasser, mit dem im Tal Strom für Bahn und Maschinen erzeugt wird. Des Weiteren zehren die harten Arbeitsbedingungen an den Kräften der Arbeiter. Der 21. Februar 1912 ist anders. Die Arbeiterschicht, die abgelöst werden soll, will den Arbeitsplatz nicht verlassen. Die Schicht, die sich ans Tageslicht sprengt, wird mit einer Sonderprämie belohnt. Dieser Anreiz führt zu Risikofreude. Die Arbeiter verwenden so viel Dynamit wie möglich und mehr als zulässig, um sich des Durchschlags sicher zu sein. Um 5.35 Uhr ist es soweit. Die Schicht blickt durch das Loch am Jungfraujoch in den Morgenhimmel. Die Neue Zürcher Zeitung verkündet: „Ein grossartiges Werk, ein Triumph moderner Ingenieurkunst, erhielt mit dem 21. Februar 1912 seine Weihe. Um 5 Uhr 35 Minuten in der Morgenfrühe krachte der entscheidende Schuss. Der Jubelruf ‚Durch’ widerhallte an den mächtigen Wänden und in tiefer Ergriffenheit sanken die Kameraden sich in die Arme“. Am 29. Juli erteilt der Bundesrat die Betriebsbewilligung für die Jungfraubahn bis zum Jungfraujoch, nachdem Bundespräsident Ludwig Forrer und die Bundesräte Arthur Hoffmann und Louis Perrier das Jungfraujoch besuchten. Am 1. August 1912 kurz vor Mittag, 16 Jahre nach Baubeginn, fährt der erste, festlich geschmückte Zug mit geladenen Gästen die 9.34 Kilometer lange Strecke hinauf. Auf dem Jungfraujoch angekommen gehen die Gäste durch eine zweihundert Meter lange Galerie. Die letzten Meter des Weges führen durch ewiges Eis. Auf dem Jungfrauplateau wird gefeiert und die Schweizer Fahne gehisst. Der Bau der Jungfraubahn kostet rund 16 Millionen Franken, wobei Guyer-Zeller mit Kosten von 8 Millionen Franken rechnete.
Bemerkenswert ist, dass der im Jahr 1912 eröffnete Abschnitt Eismeer - Jungfraujoch sowohl im Adhäsionsbetrieb als auch im letzten Abschnitt kurz vor dem Jungfraujoch mit Zahnradbetrieb befahren wird. Daher müssen spezielle Reibungs- und Zahnradlokomotiven beschafft werden. Erst 1951 stellt man die ganze Strecke auf durchgehenden Zahnradbetrieb um. Dies erleichtert die Betriebsführung.
Höchstmarken
- Station Jungfraujoch, höchstgelegene Bahnstation Europas (Top of Europe)
- Station Eigergletscher, betrieblicher Mittelpunkt der Jungfraubahn mit der höchstgelegenen Betriebsküche aller Bahnen Europas.
Rollmaterial
Früher
Lokomotiven zu den Rowanwagen
- He 2/2 1-2, (1898), 1960 ausrangiert und Zug 2 verschrottet, Zug 1 steht im Verkehrshaus Luzern
- He 2/2 3-4 (1900), 1960 verschrottet
- He 2/2 5 (1902), 1960 verschrottet
- He 2/2 6 (1904), bis 1996 in Dienst, 1997 remisiert im Depot Kleine Scheidegg, September 2008 an Bahnmuseum Kerzers/Kallnach
- He 2/2 7 (1908), 1963 verschrottet
- HGe 2/2 8-10 (1912) - für den Adhäsions- und Zahnstangenbetrieb, heute He 2/2 8-10
- HGe 2/2 11 (1924)- für den Adhäsions- und Zahnstangenbetrieb, heute He 2/2 11
- HGe 2/2 12 (1929) - für den Adhäsions- und Zahnstangenbetrieb, 1964 verschrottet
Personenwagen
- Rowanwagen 1-12
Aktuell
Lokomotiven
- He 2/2 8–11 (1912) - umgebaut aus HGe 2/2
Personentriebwagen
- BDhe 2/4 201–202 (1955)
- BDhe 2/4 203–206 (1960/61)
- BDhe 2/4 207–210 (1964)
- BDhe 4/8 211–214 (1992)
- BDhe 4/8 215–218 (2002)
Steuerwagen
- Bt 25–26 (1955)
- Bt 27–30 (1960)
- Bt 31–34 (1964)
Dienstfahrzeuge
- X rote 51 (1937), Schneeschleuder
- X 52 (1921), Schneepflug
- Zekt 95 (1970/1994), Wassertransportwagen, passend zu den Doppeltriebwagen BDhe 4/8 211-218
Bilder
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Blick auf das Schreckhorn von der Station Eismeer aus
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Blick auf einen Pendelzug BDhe 4/8 von der Station Eigergletscher kommend
Varia
- Vom Jungfraujoch führen eine teilweise durch den Gletscher geführte Stollenbahn sowie eine einspurige Standseilbahn zur Richtstrahlstation Ostgrat. In der Mitte der Standseilbahnstrecke befindet sich eine Zwischenstation, welche für Forschungszwecke genutzt wird, so existieren dort Photovoltaik-Testanlagen.[1]
- Aufstieg und Fall der (immer noch börsennotierten) Jungfraubahn-Aktien wurden von Alban Berg im 3. Akt der Oper Lulu musikalisch verewigt.
- Das Unternehmen gehört zu 100% der Jungfraubahn Holding AG, ISIN: CH0017875789, und wird durch deren Managementgesellschaft Jungfraubahnen Management AG betrieben.
- Bis Ende 2009 betreibt die Jungfraubahn bei der Station Eigergletscher eine Polarhundezuchtanstalt. Die Hundeschlitten transportieren anfänglich im Winter Lebensmittel und Postsendungen von Wengen zum Eigergletscher. Ab den 1930er Jahren werden die aus Grönland stammenden Polarhunde nur noch für touristische Zwecke genutzt.
Kuriosa
Guyer erhielt die Konzession zum Bau der Jungfraubahn nur unter dem Vorbehalt des Beweises, dass eine Bahn in derart grosse Höhen für die Bauarbeiter und später die Passagiere medizinisch unbedenklich sei. Deshalb startete er am 15. September 1894 um drei Uhr morgens eine Expedition von Zermatt zum Breithorn. Sieben Versuchspersonen im Alter von 10 bis 70 Jahren wurden von je sechs bis acht Trägern auf das 3750 Meter hohe Plateau hinaufgebracht. Da die Auswertung des Testes keine ungünstigen Erkenntnisse ergab, galt der Beweis als erbracht.[2]
Literatur
- Florian Inäbnit: Jungfraubahn; Die Linie Kleine Scheidegg–Jungfraujoch der Jungfraubahnen. Prellbock Druck & Verlag, Leissigen, 2003. ISBN 3-907579-27-5
- Ralf Roman Rossberg: Die Jungfrau-Region und ihre Bahnen. Hallwag Verlag, Bern & Stuttgart, 1983. ISBN 3-444-06064-5
- Niklaus Bolt: Svizzero. Ein Jugendbuch aus dem Jahr 1913, welches den Tunnelbau der Jungfraubahn thematisiert. Neu aufgelegt im Reinhardt Verlag, Basel. ISBN 978-3-7245-0436-8
- Wolfgang Finke: Die Fahrzeuge der Jungfraubahnen Teil 1 in über 1300 Typenzeichnungen. (Ein Buch auf DVD). Verlag tram-tv, Köln 2010, ISBN 978-3-9813669-2-1
- Wolfgang Finke: Die Fahrzeuge der Jungfraubahnen Teil 2 in über 1400 Typenzeichnungen. (Ein Buch auf DVD). Verlag tram-tv, Köln 2010, ISBN 978-3-9813669-3-8
- John Ball: „The Alpine Guide, Central Alps“, London 1866.
- Pressemitteilung der Jungfraubahn Management AG zum 100-jährigen Jubiläum vom 26. August 2011.
- Walter Gunthardt/André Hug/Niklaus Gurtner/Ueli Flück: „Jungfrau“. Brügger AG, Meiringen 1987.
- Wolfgang Wahl-Guyer: „Adolf Guyer-Zeller in Selbstzeugnissen. Sehen und Sehnen in Reisetagebüchern und Briefen. Chronos Verlag, Zürich 2004, ISBN 3-0340-0647-0.
- Peter Krebs, Werner Catrina, Beat Moser, Rainer Rettner: "Jungfraujoch – Top of Europe – Erlebnis Jungfraubahn". Offizielles Jubiläumsbuch 100 Jahre Jungfraubahnen AS Verlag, Zürich 2011, ISBN 978-3-909111-90-9
Weblinks
Commons: Jungfraubahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Offizielle Webpräsenz
- Live-Panoramakameras Jungfraujoch
- Infos zum Liftprojekt (Schweizer Fernsehen)
- Informationen zur Jungfraubahn
- Fotoalbum über die Jungfraubahn
Einzelnachweise
Kategorien:- Spurweite 1000 mm
- Bahngesellschaft (Schweiz)
- Bahnstrecke im Kanton Bern
- Zahnradbahn in der Schweiz
- Kulturgut von nationaler Bedeutung im Kanton Bern
- Lauterbrunnen
- Grindelwald
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