KZ Arbeitsdorf

KZ Arbeitsdorf

Das KZ Arbeitsdorf war ein Konzentrationslager in Deutschland bei Fallersleben (heute: Wolfsburg).

Dieses Konzentrationslager, euphemistisch "Arbeitsdorf" genannt, war ein Modellprojekt für die Zusammenarbeit zwischen dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) der SS und der Rüstungsindustrie. Bei den ab 1943 in großer Zahl für die Rüstungsproduktion errichteten KZ-Außenlagern stand das KZ Arbeitsdorf Pate.

Geschichte

Bereits um den Jahreswechsel 1941/42 hatten Ferdinand Porsche und Bodo Lafferentz - die Hauptgeschäftsführer der Volkswagenwerk GmbH - mit Heinrich Himmler eine Vereinbarung getroffen, nach der eine Leichtmetallgießerei von KZ-Häftlingen aufgebaut werden sollte. Volkswagen hatte dabei den Blick bereits auf die Nachkriegszeit gerichtet, das Unternehmen verfolgte langfristig das Ziel, sich unabhängig von Zulieferern zu machen. Die SS in Person von Himmler erwartete von der Kooperation Verbesserungen bei der Ausstattung der SS-Verfügungstruppe (Waffen-SS) einerseits und die Ausweitung ihres Einflusses in der Wirtschaft andererseits.

Offiziell wurde die Kooperation mit kriegswirtschaftlichen Interessen begründet: Die Leichtmetallfertigung sollte nach der Außendarstellung in erster Linie zum Bau von Flugzeug- und Panzermotoren dienen. Adolf Hitler genehmigte die Pläne am 11. Januar 1942 persönlich.

Der Stellenwert, der dem Pilotprojekt zugemessen wurde, schlug sich in der Ernennung des Aufbaukommandos zum eigenständigen KL Arbeitsdorf durch den Chef des WVHA Oswald Pohl nieder. Das Aufbaukommando wurde aus Häftlingen des KZ Neuengamme rekrutiert. Am 8. April 1942 trafen 500 Mann (vornehmlich Baufacharbeiter) in Fallersleben ein und nahmen Ende April die Arbeit auf. Im Frühsommer 1942 wurden weitere 300 Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen nach Arbeitsdorf geschickt. Ihr Ziel war der Bau einer Eisenbetonhalle bei den Hermann-Göring-Werken. Die Haftbedingungen galten als vergleichsweise gut, nach derzeitigem Forschungsstand wurde kein Häftling gewaltsam getötet. Ob - und wenn ja in welchem Umfang - Kranke und Schwache in die Stammlager zurückgeschickt oder dem Tod überlassen wurden, ist nicht bekannt.

Rüstungsminister Albert Speer hegte bereits von Anfang an Zweifel an der kriegswirtschaftlichen Relevanz von Arbeitsdorf, des Weiteren waren ihm die Expansionspläne Himmlers ein Dorn im Auge. Aus diesem Grund untersagte er im September 1942 die Fertigstellung des Fabrikgebäudes. Als das KZ am 11. Oktober 1942 aufgelöst wurde, blieb lediglich eine Bauruine zurück.

Organisationsstruktur

Als Lager im Reichsgebiet wurde das KZ Arbeitsdorf nach dem Dachauer Modell formiert. Zum Kommandanten wurde der Lagerkommandant von Neuengamme, Martin Gottfried Weiß, ernannt, der beide Posten in Personalunion führte. Wilhelm Schitli war Schutzhaftlagerführer, Heinrich Peters leitete die Wachtruppe. Als Arbeitseinsatzführer wurde Walter Ernstberger bestimmt. Weiß' Adjutant wurde Karl-Friedrich Höcker, als Arzt fungierte Hellmuth Vetter, der 1941 im KZ Dachau für die I.G. Farben Medikamente an Häftlingen getestet hatte. Nach Speers Verfügung wurde Schitli kurzzeitig zum Kommandanten erhoben und leitete das Lager bis zu dessen Auflösung.

Literatur

  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. C. H. Beck, München 2008, Bd. 7: Wewelsburg, Majdanek, Arbeitsdorf, Herzogenbusch (Vught), Bergen-Belsen, Mittelbau-Dora, ISBN 978-3-406-52967-2
  • Hans Mommsen, Manfred Grieger: Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich. Düsseldorf 1996
  • Karin Orth: Die Konzentrationslager-SS. DTV München 2004, ISBN 3-423-34085-1
  • Karin Orth: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Hamburg 1999


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