Karl Wilhelm von Kupffer

Karl Wilhelm von Kupffer
Karl Wilhelm von Kupffer

Karl Wilhelm von Kupffer (* 2. Novemberjul./ 14. November 1829greg. in Lesten, heute Lestene, Kurland; † 16. Dezember 1902 in München) war ein deutsch-baltischer Anatom, Histologe und Mitbegründer der modernen Embryologie.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Er war der erstgeborene Sohn der Familie. Sein Vater Karl Hermann Kupffer (1797–1860) war Pastor, verheiratet mit Henriette Andreä († 1895). Karl Wilhelm Kupffer heiratete 1869 Ida Lensahn (1831–1913). Aus dieser Verbindung gingen ein Sohn und eine Tochter hervor.

Ausbildung und Beruf

Nach einer elementaren und humanistischen Privatausbildung durch seine Eltern und einen Hauslehrer bestand Kupffer 1848 vor einer Kommission in Dorpat (heute Tartu) die Reifeprüfung und entschied sich ein Jahr später an der dortigen Universität für das Studium der Medizin, das er 1854 mit erfolgreichem Examen und Promotion zum Dr. med. abschloss.

Nach kurzer praktischer Tätigkeit als Landarzt in Kurland übernahm Kupffer 1855 eine Stelle als Prosektorengehilfe bei dem Physiologen Friedrich Heinrich Bidder (1810–1894) am anatomischen Institut der Universität Dorpat. Forschungsthema war insbesondere das zentrale Nervensystem. 1856/57 studierte er in Wien, Berlin und Göttingen Physiologie. Dabei wurde er durch die Physiologen Emil Heinrich du Bois-Reymond und Johannes Peter Müller beeinflusst. Im Anschluss an diese Studienreise wurde Kupffer 1858 in Dorpat zum ersten Prosektor und außerordentlichen Professor ernannt. Er blieb bis zum Jahr 1865 in dieser Position. Der Plan, als Forscher an einer Nordpolexpedition teilzunehmen, zerschlug sich wegen des preußisch-österreichischen Krieges von 1866. Kupffer befand sich zu dieser Zeit in Kiel und entschloss sich zur Habilitation für das Fach Histologie. Hier entdeckte er die nach ihm benannten Sternzellen in der Leber. Seine Ernennung zum ordentlichen Professor für Histologie und Anatomie in Kiel erfolgte im Jahr 1867.

1875 bis 1880 lehrte Kupffer als Ordinarius die Fächer Anatomie, Entwicklungsgeschichte und vergleichende Anatomie an der Universität Königsberg. Seit 1880 bis zur Emeritierung im Jahr 1901 war Kupffer Professor für Histologie und Entwicklungsgeschichte sowie Konservator des anatomischen Instituts an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Rektorat 1896).

Leistung

Kupffer arbeitete vorwiegend auf den Gebieten der Histologie, Embryologie und Entwicklungsgeschichte. Er wies erstmals nach, dass Nervenfibrillen in Drüsenzellen endigen. Darüber hinaus beschäftigte er sich mit dem Epithel und den Drüsen des Magens sowie mit dem Aufbau der Nervenfasern. Im Zusammenhang mit der Beschreibung des zellulären Feinbaues und der Strukturierung des Protoplasmas prägte er den Begriff „Paraplasma“ zur Kennzeichnung des passiven Zellinhaltes. Die Medizin verdankt Kupffer außerdem die histologische Erstbeschreibung der hepatischen Sternzellen (Kupffer-Sternzelle bzw. Browicz-Kupffer-Zelle). Im Rahmen weiterer Arbeiten zum Feinbau des Lebergewebes wies er präexistierende zelluläre Sekretvakuolen nach (Gallensekretion) und zeigte mit einer speziellen Färbemethode (Kupffer-Reagens), dass Gallenkapillaren in Lebergewebe vorkommen. Kupffer gilt darüber hinaus als Mitbegründer der modernen Embryologie und der vergleichenden Entwicklungsgeschichte. Der blasenartig erweiterte Urdarm-Endabschnitt von Knochenfischen wird als „Kupffer-Blase“ und die von ihm entdeckte Sichel bei Vogelembryonen als „Kupffer-Sichel“ bezeichnet.

Wissenswertes

  • Von 1872 bis 1874 fungierte Kupffer als Rektor der Universität Dorpat.
  • Kupffer war u. a. Geheimer Rat und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1881).
  • Er wurde mit zahlreichen Orden ausgezeichnet und besaß mehrere Mitgliedschaften in deutschen, russischen und amerikanischen wissenschaftlichen Gesellschaften.
  • Kupffer wurde 1889 geadelt (bayerischer Personaladel): Karl Wilhelm Ritter von Kupffer.
  • Als Professor der Anatomie in Königsberg hatte er Gelegenheit, das Gehirn von Immanuel Kant zu untersuchen.

Werke

  • De medulla spinalis textura in ranis ratione imprimis habita indolis substantiae cinereae, Diss. med.,Dorpat 1854
  • Untersuchungen über die Textur des Rückenmarks und die Entwicklung seiner Formelemente (mit Bidder), Leipzig 1857
  • De embryogenesi apud chironomos observationes, Diss. pro venia legendi, Kiel 1866
  • Beobachtungen über die Entwicklung der Knochenfische, Arch Mikroskop Anat 4 (1868) 209–272
  • Das Verhältnis der Drüsennerven zu Drüsenzellen, Arch Mikroskop Anat 9 (1873) 387–395
  • Über Differenzierung des Protoplasmas an den Zellen tierischer Gewebe, Schr. d. naturwiss. Ver. f. Schleswig-Holstein (1875) 229–242
  • Über Sternzellen der Leber, Arch Mikroskop Anat 12 (1876) 353–358
  • Immanuel Kants Schädel (mit F. Bessel-Hagen), Königsberg 1880
  • Über den Nachweis der Gallenkapillaren und spezifischen Fasern in den Leberläppchen durch Färbung, Sitzungsber. d. Ges. f. Morphol. u. Physiol. 5 (1889) 82–86
  • Über Sternzellen der Leber, Anat Anz 14 (1898) (Ergänzungsh.) 80–86
  • Über die sog. Sternzellen der Säugetierleber, Arch Mikroskop Anat Entwicklungsgeschichte 54 (1899) 254–288

Literatur

  • Erhart Kahle: Kupffer, Karl von. In: Histor. Komm. b. d. Bayer. Akad. d. Wiss. (Hrsg.), Neue Deutsche Biographie, 13. Bd., Berlin 1982, S. 319
  • Julius Pagel (Hrsg.): Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des 19. Jahrhunderts. Berlin 1901, S. 930–931
  • August Hirsch (Hrsg.): Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Berlin 1929–1934, Bd. 3, S. 634–635
  • Rückert: Zum 70. Geburtstage Karl v. Kupffers. Münchn Med Wschr 46 (1899) 1539
  • Karl v. Bardeleben: Carl Wilhelm v. Kupffer. Dtsch Med Wschr 29 (1903) 58
  • Carl Voit, In: Sitzungsber. d. math.-physikal. Klasse d. Kgl. Bayer. Akad d. Wiss. 33 (1903) 492–512
  • Chronik d. Ludwig-Maximilians-Universität München. München 1903, S. 9–12
  • Gottfried Egerer: Personalbibliographie von Professoren und Dozenten der Anatomie an der Medizinischen Fakultät der Universität München im ungefähren Zeitraum von 1879–1945. Diss. Erlangen-Nürnberg 1970

Weblinks


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