Kartiden

Kartiden

Die Kartiden waren eine iranische Dynastie in Chorasan[1][2], mit Sitz in Herat von ca. 1244 bis 1383. Sie betrieb eine ausgesprochen zähe, wenn auch nur lokal angelegte Interessenpolitik zur Unterminierung der Mongolenherrschaft. Nach kurzer Blütezeit Mitte des 14. Jh. wurde sie von Timur Lenk beseitigt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Herkunft und Aufstieg

Der Begründer dieser Dynastie in Herat war Sams od-Din, der Sohn des Rokn od-Din Abu Bakr aus der Sippe der Kart[3] (alte Schreibweise Kurt, heute als Kart ausgesprochen). Sein Vater war der Bruder eines ghuridischen Würdenträgers und selbst mit einer ghuridischen Prinzessin verheiratet, und dadurch legitimiert zu einer Zeit, als die Ghuriden-Macht an die Choresmier überging und erlosch.

Stadt und Umland von Herat wurden 1221 durch den Mongolensturm unter Dschingis Khan schwer zerstört und mit dem Wiederaufbau wurde angesichts der Menschenverluste und der destruktiven Machtverhältnisse erst viele Jahre später begonnen. Sams od-Din übernahm nach dem Tod seines Vaters das Gebiet bis zum Indus, aber nur als Vasall der Mongolen, mit denen zusammen er 1246 Multan in Indien angriff. Dabei wurde er diesen verdächtig und verschwand für einige Jahre. 1251 begab er sich zu dem neuen Großchan Möngke in die Mongolei, wurde dort freundlich aufgenommen und in seiner Herrschaft bestätigt. Danach stellte er sich noch bei dem Statthalter Khorasans vor.

So abgesichert, betrieb eine gerissene und dauernd hin- und herschwankende Politik zur Unterminierung der Mongolenherrschaft auf seinem Gebiet. 1258 wurde er wegen Missachtung einiger Mongolenprinzen angeklagt, floh in eine Burg und ermordete einen gegen ihn geschickten Anführer unter dem Vorwand von Verhandlungen. Dann berief er sich auf Möngke und begab sich zu dem Ilchan Hulagu, der ihn gnädig entließ, aber die Regierung 1261 einem anderen übertrug. Abaqa, der nächste Ilchan, setzte dann Sams ed Din wieder als Herrscher von Herat ein und dieser unterstützte ihn auch in einem Krieg im Kaukasus. Sams od-Dins zweideutige Haltung im Krieg Abaqas mit dem Dschagatai-Khan Boraq (1269/70) sorgte dann aber für seine Abberufung ins Zweistromland, nach Baku und weiter nach Täbriz, und schließlich für seine Vergiftung (1278).

Unruhen in Herat bewogen den Ilchan, Sams od-Dins Sohn Rokn od-Din als Herrscher einzusetzen. Er wird Sams od-Din II. genannt. Die Stadt Kandahar musste aber mit Waffengewalt zur Huldigung gezwungen werden (1280/1), und einzelne Städte blieben unabhängig. Schon 1283/84 gab Sams od-Din II. die Verwaltung zugunsten seines Sohnes Ala od-Din auf und zog sich auf die Burg Haisar zurück. Er wurde beim Ilchan Arghun verleumdet und verließ die Burg nicht mehr. Dadurch entstand ein Machtvakuum, und die nun ausbrechenden Unruhen nötigten die mong. Statthalter von Khorasan, mit Fahr od-Din einen weiteren Sohn von Sams od-Din II. als Herrscher einzusetzen.

Fahr od-Din setzte die gerissene, dauernd hin- und herschwankende Politik seines Großvaters fort. Er lehnte sich dabei gegen das Ilchanat auf, indem er mißbeliebige Personen schützte oder in seine Dienste nahm und auch nicht zu Ilchans Ölgäitüs Thronbesteigung 1304 erschien. Die Mongolen mussten daher Herat dreimal belagern. Einer Belagerung entfloh er, während sich die Stadt freikaufte (1299), und eine zweite beendete er durch Verhandlungen, bei denen der mongolische Kommandant in der Stadt ermordet wurde. Bei der daraufhin folgenden dritten Belagerung erschien er im mongolischen Lager und erklärte, an der Ermordung unschuldig zu sein (1307). Er verstarb noch während der Belagerung, wobei die Besatzung unter dem Druck der Bevölkerung schließlich aufgab.

Nach dem Tod Fahr od-Dins wurde dessen Bruder Gijas od-Din (reg. 1308-1328/9) vom Ilchan als Herrscher eingesetzt. Der überlebte seinen Bruder Ala od-Din, eine mehrjährige Gerichtsverhandlung vor dem Ilchan, den Angriff eines ehrgeizigen Dschagatai-Prinzen namens Jasawur und einen Aufstand, und vergrößerte zudem noch sein Gebiet. Schließlich konnte er es sich leisten, seinem Sohn Sams od-Din (III.) die Verwaltung zu übergeben und eine mehrjährige Pilgerfahrt nach Mekka zu unternehmen, bevor er starb (1326/28).

Machthöhepunkt und Untergang

Zwei Todesfälle brachten dann Moezz od-Din (re. 1331/2-1369/70) an die Macht, unter dem die Dynastiegeschichte ihren Höhepunkt erreichte. Moezz od-Din erlebte den schnellen Verfall des Ilchanats, schlug 1337 einen Aufstand in Termez nieder und kämpfte hauptsächlich mit den Sarbadaren um den Besitz des westlichen Chorasan. Des Weiteren provozierte er einen Angriff des Dschagatai-Emirs Kazagan (gest. 1357), als er sich ca. 1349 die Attribute eines Sultans zulegte und sich damit dem Dschagatai-Khan gleichstellte. Während er die Sarbadaren zurückhalten bzw. bei Zava 1342 auch besiegen konnte, erlitt er gegen Kazagan eine Niederlage. Trotzdem wurde er angesichts des fortschreitenden Verfalls der Mongolenmacht schließlich wirklich unabhängig. Moezz od-Din verstarb 1370 kurz nach dem Empfangs eines Botschafters des künftigen Eroberers Timur Lenk (reg. 1370-1405), seines ehemaligen Dienstmannes.

Der letzte Herrscher, Gijas od-Din II. Pir Ali musste sich mit seinem Stiefbruder Malik Mohammed auseinandersetzen, der einen Teil des Reiches erbte. Beide Rivalen versuchten sich Timur Lenks Unterstützung zu sichern, was dieser umgehend politisch ausnutzte. Als Pir Ali sein Erscheinen auf Timurs Kuriltai vermeiden wollte, erschien dieser 1381 vor den Toren Herats und wurde von zahlreichen Würdenträgern willkommen geheißen. Die Stadt wurde ohne Schwierigkeiten eingenommen, und Pir Ali wurde noch einmal als Vasall eingesetzt. Aber schon 1383 wurde Herat nach einer Verschwörung annektiert und Pir Ali unter Verdacht auf Beteiligung beseitigt. Die überlebenden Kartiden wurden 1396 ermordet.

Sonstiges

Die Kartiden vertrieben auch die Khilijs (Pandjab, Ghazni) nach Osten über den Chaiber-Pass.

Anmerkungen

  1. The Rise and Rule of Tamerlan; p. 11, by Beatrice Forbes Manz
  2. http://www.iranica.com/articles/al-e-kart-or-perhaps-al-e-kort-an-east-iranian-dynasty-643-791-1245-1389 Kart Maliks
  3. Die Kart waren ein sehr großes Adelsgeschlecht bzw. ein Stamm aus dem mittleren Khorasan (heute Afghanistan), aber auch aus Baghlan, Kabul, Nord-Kandahar und Ghor. Schon im 12. Jahrhundert begann der Aufstieg der Stammesführer als Emire der persischen Ghuriden.

Regententabelle

(Kleinere Unterbrechungen durch Eingriffe der mongolischen Oberherrscher, z.B. 1261 wurden ignoriert.)

  • Tag od-Din Osman Margani aus der Sippe der Kurt/Kart (um 1200)
  • Rokn od-Din Abu Bakr (reg. ca. 1236/44), Sohn des vorigen
  • Sams od-Din I. (reg. 1244-1278), Sohn des Rokn od-Din
  • Sams od-Din II. (reg. 1278-1283/4, gest. 1305/6), Sohn Sams od-Din I.
  • Ala od-Din (reg. 1283/4, gest. 1314/5), Sohn Sams od-Din II.
  • Fahr od-Din (reg. ?-1308), Sohn Sams od-Din II.
  • Gijas od-Din (reg. 1308-1328/9), Sohn Sams od-Din II.
  • Sams od-Din III. Mohammed (gest. 1329/30), Sohn von Gijas od-Din
  • Hafez (gest. 1331/2), Sohn von Gijas od-Din
  • Moezz od-Din Hosain (re. 1331/2-1369/70), Sohn von Gijas od-Din
  • Gijas od-Din II. Pir Ali (reg. 1370-1383), Sohn des vorigen

Literatur

  • Berthold Spuler: Die Mongolen im Iran, Berlin 1968
  • The Cambridge History of Iran: Vol. 5 (edited by J. A. Boyle): The Saljuq and Mongol Periods. Cambridge 1968
  • The Cambridge History of Iran: Vol. 6 (edited by P. Jackson): The Timurid and Safavid Periods. Cambridge 1986

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