- Kastelle von Neckarburken
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Kastell Neckarburken (Westkastell) Limes ORL 53 (RLK) Strecke (RLK) ORL Strecke 10
Neckar-Odenwald-Limes
OdenwaldlinieDatierung (Belegung) trajanisch[A 1]
bis max. 159Typ Kohortenkastell Einheit a) unbekannte Kohorte
b) Cohors III Aquitanorum equitata civium RomanorumGröße 131,5x158 m = 2,1 ha Bauweise a) Holzkastell
b) SteinkastellErhaltungszustand Kastell überbaut, Bad restauriert Ort Elztal-Neckarburken Geographische Lage 49° 22′ 36″ N, 9° 10′ 13″ O49.3766666666679.1702777777778175 Höhe 175 m ü. NHN Vorhergehend Kleinkastell Trienz (nördlich) Anschließend Kleinkastell Gundelsheim (südlich) Die römischen Kastelle von Neckarburken befinden sich auf dem Gebiet der gleichnamigen Ortschaft Neckarburken, einem Ortsteil der Gemeinde Elztal im Neckar-Odenwald-Kreis. Auch wenn in der Literatur und auf diversen Webseiten des Öfteren von dem (einen) Kastell Neckarburken die Rede ist, handelt es sich gleichwohl um zwei verschiedene und räumlich getrennte Kastelle derselben Zeitstellung, das Westkastell und das Ostkastell.[A 2] Beide gehören zur älteren Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes und waren von etwa dem Jahr 100 unserer Zeitrechnung bis spätestens 159 belegt, das Ostkastell möglicherweise etwas länger.
Ein Vicus befand sich zwischen den zwei Kastellen bzw. westlich des Kohortenkastells. Von ihm ist heute nichts mehr zu sehen. Die Gräberfelder konnten bislang nicht sicher lokalisiert werden.
Inhaltsverzeichnis
Forschungsgeschichte
Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts war eine überdurchschnittliche Häufung von Oberflächenfunden römischer Provenienz im Bereich des Ortes Neckarburken aufgefallen. Erste Ausgrabungen wurden 1881 am Ostkastell durch den Mannheimer Altertumsverein durchgeführt. Systematische Untersuchungen beider Kastelle erfolgten durch die Reichs-Limes-Kommission zwischen 1892 und 1894. Weitere archäologische Aktivitäten fanden, oft als Notgrabungen im Zusammenhang mit städte- oder straßenbaulichen Maßnahmen, im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts statt.
Westkastell
Kastell
Das Westkastell liegt unmittelbar südlich der Bundesstraße 27 im Bereich des südöstlichen Ortskerns[A 3] von Neckarburken. Bei diesem Lager handelt es sich um ein rechteckiges Kohortenkastell von etwa 20.800 m² Größe, das von einem etwa 5 m breiten und gut 1,6 m tiefen Graben umgeben war. Insgesamt gelten eine Holz-Erde-Bauphase und ein Steinkastell als gesichert. Die Porta Praetoria des insgesamt viertorigen Bauwerks war gut doppelt so breit wie die anderen Tore und nach Osten, zu dem in rund 300 m entfernt verlaufenden Limes hin ausgerichtet. Von den Innenbauten konnten die Principia (Stabsgebäude) mit dem Fahnenheiligtum (Aedes) sowie ein als Geschützplattform gedeuteter Bau und ein vermutlich zum Praetorium (Kommandantenwohnhaus) gehörendes kleines Badegebäude nachgewiesen werden. Möglicherweise wurden die beiden letztgenannten Gebäude aber auch erst nach der Auflassung des Kastells errichtet und dienten zivilen Zwecken.
Von welcher Kohorte (Einheit von etwa 480 Mann) das Kastell errichtet und in der ersten Zeit genutzt worden war ist nicht bekannt. Für die spätere Zeit ist eine Cohors III Aquitanorum equitata civium Romanorum (3. Teilberittene Aquitanerkohorte römischen Bürgerrechts) belegt. In der deutschen Fachliteratur wird ihre Anwesenheit schon zur Frühzeit des Lagers Neckarburken ausgeschlossen, da sie in trajanischer Zeit noch im Kastell Stockstadt stationiert gewesen sei.[1]
Das Kastellareal ist weitgehend überbaut, so dass keine Spuren im Gelände mehr sichtbar sind.
Kastellbad
Etwa 40 m östlich der NO-Ecke des Kastells, direkt an der B27, befindet sich das Kastellbad, das vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg in den Jahren 1974 und 1975 eingehend nachuntersucht werden konnte. Alle typischen Gebäudeteile eines römischen Bades wurden dabei nachgewiesen, ferner bleierne Wasserleitungen und ein Abwasserkanalisationssystem.
Der nördliche Teil des Bades ist durch den Verlauf der Bundesstraße gestört, der südliche Bereich wurde restauriert und kann besichtigt werden.
Ostkastell
Kastell Neckarburken (Ostkastell) Limes ORL 53 (RLK) Strecke (RLK) Neckar-Odenwald-Limes Datierung (Belegung) trajanisch[A 1]
bis um 159Typ Numeruskastell Einheit Numerus Brittonum Elantiensium Größe 80x80 m = 0,64 ha Bauweise a) Holzkastell
b) SteinkastellErhaltungszustand Westtor restauriert, Bad nicht sichtbar Ort Elztal-Neckarburken Geographische Lage 49° 22′ 40″ N, 9° 10′ 26″ O49.3777777777789.1738888888889175 Höhe 175 m ü. NHN Vorhergehend Kleinkastell Trienz (nördlich) Anschließend ORL 54/55 Kastell Wimpfen im Tal (südlich) Kastell
Beim Ostkastell von Neckarburken handelt es sich um ein etwa 6400 m² großes, dreitoriges Numeruskastell in Form eines unregelmäßigen Vierecks. Die Porta Praetoria war nach Norden auf die Elz hin ausgerichtet.[A 4] Die ältesten Befunde sprechen für eine Erbauung des Kastells in trajanischer Zeit.[A 1] Es dürfte alle für die Numeruslager des Odenwaldlimes typischen Bauphasen durchlaufen haben, wie sie beispielsweise auch für die Kastelle Würzberg und Hesselbach nachgewiesen wurden. Auf die Zeit zwischen 145 und 161 datierbar[2] ist eine Bauinschrift[3] der Porta Principalis Sinistra (Osttor), mit der ein dort stationierte Numerus, der Numerus Brittonum Elantiensium (Numerus der Elzbrittonen) sicher nachgewiesen ist. Möglicherweise war auch nach der Verschiebung des Limes um das Jahr 159 das Numeruskastell Neckarburken noch einige Zeit weiter belegt[A 5] und erfüllte logistische Funktionen im Hinterland der Grenze. Nach der Auflassung des Kastells wurde ein Zivilgebäude, wohl eine Villa Rustica in das Areal gesetzt.
Das Westtor des Neckarburkener Ostkastells ist konserviert und kann, unmittelbar an der B27 liegend, besichtigt werden.
Kastellbad
Etwa 70 m nordwestlich der NW-Ecke des Numeruskastells befindet sich das zugehörige Kastellbad. Es wurde erst 1982 bei Kanalbauarbeiten entdeckt. Das Bad erfuhr unter der Bauaufsicht des damaligen Centurios der Elzbrittonen, Veranius Saturninus, noch im Jahre 158 eine erhebliche Erweiterung, was für eine militärische Nutzung des Kastells über das Jahr 159 hinaus sprechen könnte. Von dem Badegebäude ist nichts mehr im Gelände zu erkennen.
Zusammenhang
Die Kombination von zwei Lagern, einem größeren mit einer Kohorte oder Ala und einem kleinerem mit einem Numerus oder einer Exploratio, ist kein Einzelfall an den deutschen Limites. Ähnliche Kombinationen gibt es beispielsweise in Murrhardt und Osterburken. Während die größeren Auxiliareinheiten ja auch Bestandteil des römischen Bewegungsheeres waren und sich somit während der Dauer von Feldzügen gegebenenfalls anderenorts aufhielten, standen die kleineren Numeruseinheiten dauerhaft vor Ort, so dass auch in Kriegszeiten eine permanente Überwachung des Limes gewährleistet war.
Museum am Odenwaldlimes
Im ehemaligen Rathaus von Neckarburken ist das Museum am Odenwaldlimes[4] untergebracht. Neben der Informationen und Fundstücken zur allgemeinen Geschichte des Odenwaldlimes sind hier natürlich auch die Neckarburkener Kastelle präsentiert. Das kleine Museum ist nur zwischen April und Oktober, sonntäglich nachmittags geöffnet. Besucher des Museums haben auch die Möglichkeit, die benachbarte Kirche zu besichtigen.
Denkmalschutz
Die Kastelle von Neckarburken und die erwähnten Bodendenkmale sind geschützt als Kulturdenkmale nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg (DSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.
Siehe auch
Literatur
- Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage, Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0
- Dietwulf Baatz: Kastell Hesselbach und andere Forschungen am Odenwaldlimes. Gebr. Mann, Berlin 1973, ISBN 3-7861-1059-X, (Limesforschungen, Band 12)
- Philipp Filtzinger (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Auflage, Theiss, Stuttgart 1986, ISBN 3-8062-0287-7
- Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Entlang der römischen Grenze zwischen Main und Neckar. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2309-5, S. 135–146.
Grabungsberichte der Reichs-Limes-Kommission:
- Karl Schumacher in Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches (Hrsg. Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey): Abteilung B, Band 5, Kastell Nr. 53/53,1 (1898)
- Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches, Abteilung A, Band 5: Strecke 10 (Der Odenwaldlimes von Wörth am Main bis Wimpfen am Neckar), 1926, 1935
Einzelnachweise
- ↑ Dietwulf Baatz: Zur Datierung des Bades am Limeskastell Stockstadt. In: Bayerische Vorgeschichtsblätter 34, 1969 S. 63–75.
- ↑ Epgraphische Datenbank Heidelberg.
- ↑ CIL 13, 6490: Imp(eratori) Caes(ari) Tit(o) Ael(io) Had(riano) Ant(onino) Aug(usto) / Pio pon(tifici) max(imo) trib(unicia) pot(estate) co(n)s(uli) IIII / p(atri) p(atriae) n(umerus) Brit(tonum) Elant(iensium). Übersetzung: „Dem Imperator Caesar Titus Aelius Hadrianus Antoninus Pius Augustus, höchster Priester, ausgestattet mit tribunizischer Gewalt, viermal Konsul, Vater des Vaterlandes, vom Numerus der Elzbrittonen.“
- ↑ Museum am Odenwaldlimes bei netmuseum.de
Anmerkungen
- ↑ a b c Die konventionelle Anfangsdatierung auf das Jahr 100 (+/-5) stützt sich auf die Ergebnisse der Ausgrabungen, die Dietwulf Baatz in den Jahren 1964 bis 1966 im Kastell Hesselbach vornahm. Sie basiert im Wesentlichen auf der Auswertung der dabei gefundenen Sigillaten (vgl. den entsprechenden Abschnitt im Hesselbach-Artikel und Dietwulf Baatz: Kastell Hesselbach und andere Forschungen am Odenwaldlimes. Gebr. Mann, Berlin 1973, ISBN 3-7861-1059-X, (Limesforschungen, Band 12), S. 85–96). In der jüngeren Literatur wird einer Anfangsdatierung des Kastells Hesselbach wie des gesamten Odenwaldlimes auf den Zeitraum 107/110 der Vorzug gegeben. Dieser Datierungsansatz stützt sich nicht auf neue Ausgrabungsbefunde, sondern auf eine statistische Neubewertung der Münzfunde aus allen Kastellen des Obergermanisch-raetischen Limes, die der Archäologe Klaus Kortüm 1998 erstmals vorgelegt hat und auf die sich inzwischen einige Autoren der jüngeren Literatur stützen. (vgl. Klaus Kortüm: Zur Datierung der römischen Militäranlagen im obergermanisch-raetischen Limesgebiet. In: Saalburg-Jahrbuch 49, 1998. Zabern, Mainz 1998, S. 5−65 und Egon Schallmayer: Der Limes. Geschichte einer Grenze. Beck, München 2006, ISBN 3-406-48018-7, S. 49–52 sowie S. 54f.)
- ↑ Die Koordinate im Kopf des Artikels bezieht sich auf das Westkastell.
- ↑ Die heutige Sulzbacher Straße und die Schillerstraße verlaufen ungefähr dort, wo sich West- und Südmauer befunden haben, die Bürgstraße geht also, leicht südlich versetzt, mitten durch den Kastellbereich.
- ↑ Karl Schumacher geht 1898 noch davon aus, dass es sich bei dem Osttor um die Porta Praetoria handelt (ORL, Abt. B, Nr. 53/53,1. Die Kastelle bei Neckarburken. K. Schumacher (1898).), Baatz widerspricht ihm diesbezüglich.
- ↑ Der nächste Standort des Numerus Brittonum Elantiensium, das Annexkastell des Kohortenkastells Osterburken, ist erst für die Zeit zwischen 185 und 192 nachweisbar.
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