Klassische Yacht

Klassische Yacht

Eine klassische Yacht ist eine einrumpfige Segelyacht. Sie wurde meist als Langkieler aus Holz zwischen 1900 und 1960 in Europa und den USA gebaut. Heute finden sie in Häfen, bei Klassikertreffen und in der Literatur eine wachsende Schar von Liebhabern.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vom Aussterben bedrohte Windjammer wie die Gorch Fock oder Christian Radich sind schon immer Attraktionen für ein großes Publikum gewesen. In den 1990er Jahren wuchs das Interesse an der Erhaltung klassischer Yachten und ihrem Einsatz bei Regatten. Das führte zur Wiederbelebung einer der ältesten Regattaveranstaltungen der Welt, der 1860 in Cannes begonnene Régates Royales, deren Name von der Teilnahme des Prinzen von Dänemark in den 1920er Jahren stammt. Auch die Nioulargue in St. Tropez ist zum Treffpunkt für Eigner und Liebhaber geworden. In Deutschland ist die Robbe & Berking Classics neben den Klassiker Regatten Laboe seit 1993 die größte Veranstaltung.

Der Beginn des „Klassischen Yachtzeitalters“ lag in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als gut situierte Eigner die ersten Yachten ausschließlich für Rennzwecke in Auftrag gaben. Als Vorbild für diese Fahrzeuge zum „Lustsegeln“ dienten die in England und Skandinavien seit Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchlichen, am Winde schnell segelnden, einmastigen Postschiffe. Die Verbesserung der Formen, Baumethoden und Materialien führte zum Bau von hoch entwickelten Rennyachten. Ein Höhepunkt für das Streben nach Schönheit, Tauglichkeit und Geschwindigkeit wurde die 1907 von der International Yacht Racing Union (IYRC) in London verabschiedete Meterformel. Bekannte Yachtkonstrukteure wie Olin Stephens, William Fife, Johan Anker, Charles Nicholson, Henry Rasmussen und Nathanael Herreshoff ließen sich durch dieses Regelwerk zu ästhetischen und handwerklichen Höchstleistungen anspornen. Mit der Verbreitung dieser Formel wurde erstmals eine klare Unterscheidung zwischen Regattayacht und Fahrtenyacht getroffen.

Auf dem 20. Deutschen Seglertag 1911 stellte der Potsdamer Yacht Club im Namen der Berliner Vereine folgenden Antrag: „Um einem allseitig gefühlten Bedürfnis abzuhelfen, ist zur Hebung der Rennsegelei auf deutschen Binnengewässern eine rennfähige Kreuzerklasse zu schaffen, deren Größe etwa den 6-7 Segellängen-Kreuzern des alten Messverfahrens entspricht.“ Dieser Antrag richtete sich in erster Linie gegen die Meter-Klasse. Die Boote der internationalen Formel waren für Binnenreviere zu schwer gebaut, dadurch zu träge und vielen Seglern zu kostspielig. So entstanden die 35 m², 45 m², 75 m² und 125 m² Nationalen Kreuzer, sportliche Schiffe mit relativ großer Besegelung aber gleichzeitig ausführlichen Wohnlichkeitsvorschriften, sozusagen die ersten Cruiser-Racer.

Wettkampfklassen

Etliche der Anfang des 20. Jahrhunderts nach der International Rule, erst der First Rule und später nach der Second Rule entwickelten Rennyachten segeln noch heute, z. B. die R-Klasse: 6mR (z. B. Mellum, ex Klar Kimming), 8mR (z. B. Germania III) und 12mR (z. B. Thea). Die 12er lösten nach dem Zweiten Weltkrieg die überdimensionierten und teuren J-Yachten im America’s Cup ab. Besonders hervorzuheben ist die 1929 von Johan Anker entworfene Klasse der Drachen, die von 1948 bis 1972 olympisch gesegelt wurde und von europäischen Königshäusern in Skandinavien und Spanien noch heute aktiv zu Wettkampfzwecken genutzt wird. Die Bootsklassen werden von den Klassenverbänden in der Internationalen Segelvereinigung und in nationalen Segelverbänden bis heute gepflegt und treffen sich zu Regatten und zur Traditionspflege.

Bestandspflege

1994 wurde der Freundeskreis Klassische Yachten (FKY) gegründet, um traditionelle Yachten, in Vollholz gebaute Jollen und alte Motoryachten vor Verfall und Zerstörung zu bewahren. Seine Ziele sind Austausch von Wissen um Pflege und Restaurierung alter Schiffe, Veranstaltungen für Freunde und Eigner klassischer Yachten, Regatten mit Klassenvereinigungen, sowie die Förderung von Arbeiten zur Yachtsport- und Bootsbaugeschichte. Im Yachtregister des FKY sind circa 3.000 Klassiker dokumentiert. Daneben betreibt der Freundeskreis die Initiative „Rettet die Klassiker“.

2006 wurde in Flensburg der erste Verein nur für klassische Yachten mit eigener Marina gegründet. Aufgrund einer gemeinsamen Initiative der Vereine Museumshafen Flensburg, Alexandra und der Stadt Flensburg wurde die Ostseite des Flensburger Hafen zum Historischen Hafen Flensburg erklärt. Neues Mitglied und Bestandteil des Historischen Hafen ist der Verein Klassische Yachten Flensburg (KYF).

90-Jahr-Feier der L-Boote am Bodensee

Das Ende der „klassischen“ Periode – bis zu ihrer Renaissance – wurde mit dem Technologiesprung zur Massenfertigung von Booten auf der Basis von Rümpfen aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) in den 1960er Jahren eingeleitet.

Markt für Klassische Yachten

Klassische Yachten sind ein exklusives Hobby, und wer Segeln als die „teuerste und unbequemste Art, von A nach B zu kommen“ betrachtet, wird mit diesen Booten nicht glücklich werden. Wenn es sich dabei um besonders renommierte Yachten mit erfolgreicher Regattageschichte, prominenten Vorbesitzern oder berühmten Konstrukteuren handelt, werden gelegentlich Liebhaberpreise bezahlt. Aber ein Holzboot ist grundsätzlich arbeitsintensiv und deswegen je nach Zustand und Alter durchaus erschwinglich. Seit 2005 versteigerte die VEBEG im Auftrag der deutschen Bundesmarine mehrere Klassische Yachten von Abeking & Rasmussen (Ostwind, Westwind, Sleipnir II vom Baujahr 1936, Meerkönig von 1936). Diese Boote wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten beschlagnahmt, in den jeweiligen Offiziersclubs (Britischer Yachtclub Kiel, Amerikanischer Yachtclub Berlin u.a.) genutzt und später auch aufgrund hoher Unterhaltskosten an den Bund oder frühere Eigner zurückgegeben.

Literatur

  • Klaus auf dem Garten: Yacht- und Bootswerft Burmester, Bremen 1920–1979. Ein bedeutendes Kapitel deutscher Bootsbau- und Segelsportgeschichte. Hauschild, Bremen 2002, ISBN 3-89757-141-2
  • Klaus auf dem Garten: Abeking & Rasmussen. Eine Weserwerft im Spiegel des 20. Jahrhunderts. Hauschild, Bremen 1998, ISBN 3-931785-48-3
  • Franco Pace: Klassische Yachten. Delius Klasing, Bielefeld 1994, ISBN 3-7688-0859-9 (Bildband)
  • Franco Pace, Svante Domizlaff: Klassische Yachten im Mittelmeer. Delius Klasing, Bielefeld 2004, ISBN 3-7688-1553-6
  • Franco Pace: Olin Stephens - Sparkman & Stephens. Klassische Yachten der Moderne. Delius Klasing, Bielefeld 2002, ISBN 3-7688-1384-3
  • Mario Marzari: Faszination klassischer Yachten. Delius Klasing, Bielefeld 2000, ISBN 3-7688-1134-4
  • Timothy Jeffrey: Ocean racer. Die schnellsten Yachten ihrer Zeit. Edition Maritim, Hamburg 1998, ISBN 3-89225-380-3
  • Klassische Yachten. Edition Maritim, Hamburg ab 1985 (für Jahre ab 1986 jährlich erscheinender Kalender)
  • Gilles Martin-Raget: Traum-Yachten. Die Klassiker. Heyne, München 1999, ISBN 3-453-15955-1
  • Charles Daniel: Die Geschichte des Yachtsports. Delius Klasing, Bielefeld 2002, ISBN 3-7688-1300-2
  • Wladimir Aichelburg: K.u.k. Yachten und Yachtclubs Österreich-Ungarns in alten Photographien. Orac, Wien 1986, ISBN 3-7015-0026-6
  • Klaus Kramer: Vom Gondelcorso zum Ocean-Race. Als Kaiser Wilhelm II. den Yachtsport nach Deutschland brachte. Eine Dokumentation zur deutschen Yachtgeschichte 1815–1915. Kramer Schramberg 2002, ISBN 3-9805874-4-4 (Schriftenreihe zur Yacht- und Schifffahrtsgeschichte 2)
  • Yacht-Design, Franco Gioretti
  • Henry de Meville: Motorjachten, ihre Einrichtung und Handhabung. R. C. Schmidt, Berlin 1922 (Motorschiff- und Jacht-Bibliothek 6)
  • Detlef Jens: Die klassischen Yachten. 4 Bände, Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg. Bd. 1: Festivals in Nordeuropa. 2006, ISBN 978-3-7822-0943-4. Bd. 2: Die Kunststoffrevolution. 2007, ISBN 978-3-7822-0945-8. Bd. 3: Rennschiffe im Wandel der Zeit. 2007, ISBN 978-3-7822-0958-8. Bd. 4: Die Fahrtenyachten. 2010, ISBN 978-3-7822-0969-4.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Traditionsschiff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mariette (Yacht) — Mariette p1 …   Deutsch Wikipedia

  • Eleonora (Yacht) — Eleonora (Replika der Westward) Technische Daten (Überblick) Takelung: 2 Mast Schoner Segelklasse: Super Maxi Yacht Segelnummer: 5 Länge über alles (Lüa): 49,50 m (161 Fuß) Länge über Deck …   Deutsch Wikipedia

  • Dorade (Yacht) — Die Dorade ist eine klassische Segelyacht aus Holz, entwickelt vom amerikanischen Yachtkonstrukteur Olin Stephens und 1930 gebaut. Inhaltsverzeichnis 1 Siege 2 Technische Daten 3 Dorade Lüfter 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Segeljacht — Slupen während einer Regatta Der Begriff Segelyacht (auch Segeljacht) bezeichnet ein Segelschiff, das hauptsächlich für Freizeit oder Sportaktivitäten verwendet wird oder gelegentlich auch repräsentativen Zwecken dient. Der Begriff Segelyacht… …   Deutsch Wikipedia

  • Jacht — Segelyacht Motoryacht …   Deutsch Wikipedia

  • Holzboot — Ein Holzboot oder Holzschiff ist ein Boot oder Schiff, dessen Schiffskörper, Rumpf und Decksaufbauten ausschließlich aus Holz gefertigt sind. Ausnahmen von dem Material Holz können Nägel, Schrauben und Klebstoffe darstellen. Moderne Holzboote… …   Deutsch Wikipedia

  • Dorade — Unter Dorade versteht man: Dorade (Yacht), eine klassische Yacht, entwickelt von Olin Stephens Goldbrasse (Sparus aurata), ein im Mittelmeer beheimateter Speisefisch Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung meh …   Deutsch Wikipedia

  • Segelyacht — Slupen während einer Regatta Der Begriff Segelyacht (auch Segeljacht) bezeichnet ein Segelschiff, das hauptsächlich für Freizeit oder Sportaktivitäten verwendet wird oder gelegentlich auch repräsentativen Zwecken dient. Der Begriff Segelyacht… …   Deutsch Wikipedia

  • DG-Hull — Unter einem Verdränger versteht man im Schiffbau ein Boot, das sich zu jeder Zeit mit dem kompletten Unterwasserschiff im Wasser befindet und dieses verdrängt. Das Gegenteil von Verdrängern sind Gleiter, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit… …   Deutsch Wikipedia

  • Gleitboot — Unter einem Verdränger versteht man im Schiffbau ein Boot, das sich zu jeder Zeit mit dem kompletten Unterwasserschiff im Wasser befindet und dieses verdrängt. Das Gegenteil von Verdrängern sind Gleiter, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”