- Klaus Christian Kleinfeld
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Klaus Christian Kleinfeld (* 6. November 1957 in Bremen) ist ein deutscher Manager und war vom 27. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2007 Vorstandsvorsitzender der Siemens AG. Während der Aufdeckung einer „Schmiergeldaffäre“ im Unternehmen verzögerte der Aufsichtsrat eine Vertragsverlängerung, woraufhin Kleinfeld zurücktrat. Seit dem 8. Mai 2008 ist er Chief Executive Officer des amerikanischen Aluminiumkonzerns Alcoa.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kleinfeld studierte Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik an der Georg-August-Universität Göttingen und schloss sein Studium 1982 mit dem Grad des Diplom-Kaufmanns ab. Anschließend ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Institut der Stiftung für empirische Sozialforschung in Nürnberg. 1992 promovierte er an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg mit der Arbeit „Corporate Identity und strategische Unternehmensführung“[1] zum Dr. rer. pol..
Seine Wirtschaftskarriere begann Kleinfeld 1986 bei Ciba-Geigy in Basel. 1987 wechselte er zur Siemens AG, zunächst als Referent im Zentralbereich Vertrieb. Er gründete und leitete die interne Managementberatung Siemens Management Consulting (SMC). In dieser Funktion war er maßgeblich an der Entstehung und Einführung des Unternehmensprogramms top+ beteiligt. 1998 wechselte er in den Bereich Medizintechnik in der Nähe von Erlangen und leitete dort das weltweite Geschäft für Röntgen- und Angiografie-Anlagen. Im April 2000 wurde er zum Mitglied des Bereichsvorstandes ernannt.
2001 wurde Kleinfeld zum Chief Operating Officer der Siemens-Landesgesellschaft in den USA berufen. In den Jahren 2002 bis Ende 2003 verantwortete er als President and Chief Executive Officer das US-Geschäft des Konzerns mit 65.000 Mitarbeitern und einem Geschäftsvolumen von rund 17 Milliarden US-Dollar.
Im Januar 2004 folgte Kleinfelds Berufung in den Siemens-Zentralvorstand, wo er für einige Monate das Arbeitsgebiet Information and Communications sowie die Regionalgesellschaften in Afrika, dem Mittleren Osten, Russland und in den übrigen Ländern der GUS betreute. Gleichzeitig leitete Kleinfeld die zentrale Strategieabteilung der Siemens AG. Mit der Ernennung zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Mitte 2004 gab er diese Aufgaben jedoch wieder ab.
Am 27. Januar 2005 löste Kleinfeld Heinrich von Pierer als Vorsitzenden des Vorstands der Siemens AG ab, der in den Aufsichtsrat wechselte. Kleinfeld wurde damit der elfte Vorstandsvorsitzende in der Geschichte des Unternehmens.
Am 25. April 2007 teilte Kleinfeld mit, dass er für eine Vertragsverlängerung nicht zur Verfügung stehe. Vorausgegangen war eine Verschiebung der Entscheidung über die Vertragsverlängerung, die der Siemens-Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Cromme mit Bedenken wegen der US-Börsen-Aufsichtsbehörde SEC und damit einhergehenden schwerwiegenden Risiken für den Konzern im Zuge der Aufdeckung einer "Schmiergeldaffäre" im Unternehmen begründete. Kleinfeld bot an, bei Finden eines Nachfolgers auch früher auszuscheiden. Dieser Fall trat am 20. Mai 2007 ein, als der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Siemens AG Gerhard Cromme nach einer Sondersitzung des Gremiums in München den Österreicher Peter Löscher mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007 als neuen Vorstandsvorsitzenden der Öffentlichkeit präsentierte.
Seit dem 8. Mai 2008 ist Kleinfeld Chief Executive Officer des amerikanischen Aluminiumkonzerns Alcoa.
Geschäftspolitik
Unter der Aufsicht von Kleinfeld erfolgte zum Oktober 2004 die Zusammenlegung der Festnetz- und Mobilfunksparten der Siemens AG zum neuen Geschäftsbereich Communications (Com). Da es auch in der Folge nicht gelang, einen verlustbringenden Teil des Geschäftsbereiches (Mobile Devices, d.h. Handygeschäft ohne schnurlose Festnetztelefone) aus eigener Kraft zu sanieren, wurde dieser ein Jahr später an das taiwanische Unternehmen BenQ Corporation abgetreten.
Führungsstil
Der amerikanisch geprägte Führungsstil brachte Kleinfeld nicht nur erhebliche Kritik durch Arbeitnehmervertreter, Gewerkschafter, Aktionärsvereinigungen und Mitarbeiter ein, [2] er führte auch zunehmend zu Spannungen innerhalb der Unternehmensführung. So berichtet das „Handelsblatt BusinessNews“ am 25. August 2006 ausführlich über Kritik des Aufsichtsrats der Siemens AG. Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer wird mit den Worten zitiert, Kleinfelds „Hauruck-Management“ überfordere den Konzern, „Parforceritte wie beim Verkauf der Kommunikationssparte“ hätten künftig zu unterbleiben und mit Kleinfelds „Aktionismus“ müsse Schluss sein. Über Auseinandersetzungen innerhalb der Führungsspitze der Siemens AG berichtete das „manager magazin“ in einer Titelgeschichte (9/2006). [3]
BenQ-Insolvenz
Anhaltender Kritik und öffentlichem Druck sah sich Kleinfeld ausgesetzt, nachdem die unter seiner Führung an die taiwanische BenQ abgegebene Sparte Mobilkommunikation am 28. September 2006 Insolvenz anmeldete. Kleinfelds Verhalten wurde Gegenstand von Kritik durch Politik, Gewerkschaftsvertreter und Arbeitnehmer.[4] Obwohl Kleinfeld und die BenQ-Führung versichert hatten, dass die Handy-Produktion in Deutschland mindestens noch fünf Jahre fortgesetzt werden solle, stehen wenige Tage nach dem Auslaufen der Beschäftigungszusage rund 3000 Beschäftigte in den deutschen Werken vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes. Es wurde der Verdacht geäußert, dass die Werke in Deutschland ohnehin geschlossen werden sollten und BenQ nur an den Markenrechten und Patenten von Siemens interessiert war. [5] [6]
Die Patente, die von Siemens verkauft wurden, sind für die Entwicklung und Vertrieb von Mobiltelefonen nicht strategisch entscheidend. Die wichtigen Patente liegen nach wie vor bei Siemens, dürfen jedoch von BenQ lizenzfrei genutzt werden. Bei dem Verkauf hat sich BenQ verpflichtet, die bestehenden Beschäftigunsgverträge gem. §613a BGB zu übernehmen, außerdem wurden die geschlossenen Tarifergänzungsverträge übernommen. Die BenQ Mobile GmbH & Co oHG und ihre Muttergesellschaften (BenQ Wireless GmbH, BenQ Managemement GmbH, BenQ Mobile Holding B.V.) wurden erst nach dem Vertragsabschluss gegründet. Ihr - kurzzeitiges - Bestehen erscheint daher als Konsequenz des Vertrages zwischen Siemens und BenQ.
Bezüge des Vorstands
Am 16. September 2006 berichtete der Spiegel von dem Vorhaben, die Bezüge des Vorstands sollten im Schnitt um 30% angehoben werden [7], während sich die Mitarbeiter des Konzerns eher mit Sorgen um Gehaltskürzungen oder Arbeitsplatzverlust konfrontiert sehen. Bei Siemens werden in naher Zukunft erneut über 5000 Stellen abgebaut, während gleichzeitig das Gehalt von Kleinfeld von 3,2 Mio. € auf 4,3 Mio. € steigt. Mit diesem Schritt setzte sich die Geschäftsführung einem Sturm der Entrüstung aus. [8] Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wird mit den Worten zitiert: „Ich halte dies für verwerflich und geschmacklos.“ [9]
Würdenträger der katholischen und evangelischen Kirche kritisieren die „maßlose Bereicherung“ der Siemens-Manager.[10]
Kleinfeld versuchte die öffentliche Debatte am 2. Oktober zu entschärfen, indem er den vorübergehenden Verzicht auf die geplante Gehaltserhöhung ankündigte. Die ursprünglich dafür vorgesehenen fünf Millionen Euro sollen angeblich zur Aufstockung eines Härtefonds für die Betroffenen der BenQ-Insolvenz genutzt werden. Der Gehaltssprung soll jedoch lediglich um ein Jahr hinausgezögert werden. Für die folgenden Jahre bleibt der Beschluss, die Vorstandsgehälter um jährlich fünf Millionen Euro anzuheben, unverändert in Kraft. Kleinfeld äußerte sich in der Bild-Zeitung, welche ihn zuvor besonders harsch kritisierte und eine tagelange Kampagne gegen ihn gefahren hatte. [11]
Schmiergeldaffären
Seit Ende 2006 befindet sich Siemens im Zentrum einer aufsehenerregenden Schmiergeldaffäre mit einem Umfang von mindestens 1.5 Milliarden €. Kurz vor Weihnachten 2006 musste Kleinfeld gegenüber der „Financial Times“ zugeben, bereits seit Ende Januar von den Schmiergeldkonten gewusst zu haben, bereits bei der Durchsuchung von Siemens-Büros Mitte November sei er von einem Zusammenhang ausgegangen. Während Kleinfeld laut Recherchen der „Financial Times“ im Rahmen der staatsanwaltlichen Befragung seine Kenntnis von der Existenz derartiger Transaktionen einräumte, relativierte er diese Aussage später durch die Behauptung, allein „das Ausmaß der vermutlichen Schmiergeldzahlungen habe er aber nicht geahnt“ [12].
Im Februar 2007 berichten übereinstimmend mehrere Nachrichtenmagazine über eine zweite Schmiergeldaffäre, als Teil deren Aufklärung nun auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg mit der Durchsuchung von Siemens-Geschäftsräumen und der Beschlagnahme von Belastungsmaterial begonnen hat [13].
Am 25. April 2007 teilte Kleinfeld mit, dass er für eine Vertragsverlängerung nicht zur Verfügung stehe, dies aber nichts mit den Schmiergeldaffären (Zitat: „Ich habe mir nichts zu Lasten gelegt bekommen.“) zu tun habe. Dagegen hat der neue Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme am 26. April 2007 laut einem Bericht von „Spiegel Online“[14] die Trennung von Vorstandschef Kleinfeld (erstmals) damit begründet, dass die US-Börsen-Aufsichtsbehörden im Zuge der Schmiergeldaffäre „ernste Bedenken“ geäußert hätten, weshalb eine Vertragsverlängerung nicht erfolgt sei. Zuvor war - im Laufe des 26. April 2007 - bekannt geworden, dass die Schmiergeldaffäre bei Siemens vermutlich größer als bisher bekannt sein könnte, da die internen Ermittler neue Konten entdeckt hätten, die als Schmiergeldkassen gedient haben könnten; es könne nun um mehr als drei Milliarden Euro an bedenklichen Zahlungen gehen.
Kritik an der Unternehmensführung
In der breit geführten Debatte über Teilverkäufe und Vorstandsbezüge wurde auch Kritik an Kleinfelds Unternehmensführung geäußert. Das Handelsblatt berichtet unter anderem von Forderungen, „der Chef müsse neues Wachstum mit der gleichen Verve schaffen, mit der er Bereiche abgestoßen hat“.[15]
Von anderer Seite sei die Kritik geäußert worden, Kleinfeld habe „das einstige Hightech-Unternehmen zu einem farblosen Produzenten von Anlagegütern verkommen lassen“. [16]
Mandate
- Seit 2005 ist er Mitglied im Aufsichtsrat der Bayer AG.
Ehemalige Mandate
- Von 2005 bis 2007 war Kleinfeld Vorstandsvorsitzender der Siemens AG.
- Ebenfalls von 2005 bis 2007 war er Mitglied des Board of Directors der Citigroup Inc..
- Von 2007 bis 2008 war Kleinfeld Chief Operating Officer (COO) der Alcoa Inc..
- Von 2005 bis 2008 Mitglied des Hochschulrats der Technischen Universität München.
Persönliches
Klaus Kleinfeld ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Wahrnehmung in der Öffentlichkeit
Die Wahrnehmung Kleinfelds in der Öffentlichkeit wird vielfach von in Medien kolportierten Anekdoten und Kleinigkeiten bestimmt. Ein Beispiel ist die Diskussion um ein retuschiertes Foto. Schon im Sommer 2004 war ein repräsentatives Foto von Kleinfeld veröffentlicht worden, auf dem er am linken Handgelenk eine Rolex-Armbanduhr trug. Anlässlich der Ernennung zum Vorstandsvorsitzenden verbreitete Siemens eine digital bearbeitete Version des Fotos ohne Uhr. Nicht die teure Uhr, sondern der Umstand des Versuchs einer heimlichen Retusche sorgte für großes Aufsehen und wurde wiederholt in den Medien thematisiert[17] – etwa im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Vorstandsbezüge oder die BenQ-Insolvenz. Auch das wiederholte Löschen oder Umschreiben von für sein Image unvorteilhaften Passagen in der Wikipedia wird Siemens vorgeworfen.[18]
Werke
- Corporate Identity und strategische Unternehmensführung. Akademie-Verlag München 1994, ISBN 3-929115-16-6.
Weblinks
- Literatur von und über Klaus Kleinfeld im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Markus Balser: "Der Aufsteiger aus dem Arbeiterviertel" - Porträt in der Süddeutschen Zeitung vom 21. Januar 2005
- Thomas Fromm: "Neue Schnelligkeit" - Porträt in der Financial Times Deutschland vom 20. September 2005
- "Gnadenlos freundlich" - Porträt in der Zeit Nr. 5 vom 26. Januar 2006
Einzelnachweise
- ↑ Klaus Kleinfeld: Corporate Identity und strategische Unternehmensführung. Akademischer Verlag, München 1994, ISBN 3-929115-16-6 (Schriftenreihe Produktentwicklung & Industriedesign, Bd. 5; Zugl.: Dissertation, Universität Würzburg, 1992).
- ↑ Siemens-Mitarbeiter revoltieren im Intranet, Spiegel Online, 26. September 2006
- ↑ Interne Strategiedebatte: Verspielt Siemens seine Zukunft? manager magazin, Ausgabe 9/2006
- ↑ BenQ macht für Siemens den Drecksjob Spiegel Online, 28. September 2006
- ↑ BenQ-Mitarbeiter wollen Ex-Arbeitgeber verklagen, Tagesschau Online
- ↑ Politiker kritisieren Siemens nach BenQ-Mobile-Insolvenz Heise Online, 30. September 2006
- ↑ Siemens erhöht Vorstandsgehälter um 30 Prozent, Der Spiegel, 16. September 2006
- ↑ Politiker finden 30-Prozent-Plus geschmacklos, Der Spiegel, 20. September 2006
- ↑ Vorstandsgehälter: Siemens verteidigt massive Erhöhung, Handelsblatt BusinessNews, 20. September 2006
- ↑ Kirche nennt Erhöhung der Vorstandsgehälter maßlos, Spiegel Online, 24. September 2006
- ↑ BenQ bleibt kaum noch Zeit, Financial Times Deutschland, 2. Oktober 2006
- ↑ Financial Times Deutschland: 'Kleinfeld wusste von verdächtigem Konto' [1]
- ↑ Spiegel Online: 'Siemens hat einen neuen Schmiergeldskandal'[2]
- ↑ http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,479732,00.html
- ↑ Interne Strategiedebatte: Verspielt Siemens seine Zukunft? manager magazin, Ausgabe 9/2006
- ↑ Daumenschrauben für Klaus Kleinfeld, Handelsblatt BusinessNews, 25. August 2006
- ↑ Abendblatt: Die Rolex-Story, 29. Januar 2005
- ↑ Walter Hillebrand, Wolfgang Zdral: Die dunkle Seite der Macht. Capital.de, 4. Oktober 2006
Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzende der Siemens AGWerner von Siemens (1847–1890) | Georg Wilhelm von Siemens (1890–1919) | Carl Friedrich von Siemens (1919–1941) | Hermann von Siemens (1941–1956) | Ernst von Siemens (1956–1968) | Gerd Tacke (1968–1971) | Bernhard Plettner (1971–1981) | Karlheinz Kaske (1981–1992) | Heinrich von Pierer (1992–2005) | Klaus Kleinfeld (2005–2007) | Peter Löscher (seit 2007)
Personendaten NAME Kleinfeld, Klaus ALTERNATIVNAMEN Kleinfeld, Klaus Christian (voller Name) KURZBESCHREIBUNG deutscher Manager GEBURTSDATUM 6. November 1957 GEBURTSORT Bremen
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