Siemens AG

Siemens AG
Siemens AG
Siemens Logo
Unternehmensform Aktiengesellschaft
ISIN DE0007236101
Gründung 12. Oktober 1847
Unternehmenssitz Berlin und München, Deutschland
Unternehmensleitung
Mitarbeiter 428.000 [1] (2008)
Umsatz 77,327 Mrd. Euro [1] (2008)
Branche Elektro-, Antriebs-, Medizin-, Kraftwerkstechnik
Website

www.siemens.com

Siemens ist ein deutsches Unternehmen, das 1847 unter der Leitung von Werner Siemens und Johann Georg Halske als „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“ in Berlin gegründet wurde. Die heutige Aktiengesellschaft mit Doppelsitz in Berlin und München ist im DAX an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Der Konzernverbund ist in 190 Ländern weltweit vertreten und hat allein in Deutschland 125 Standorte.

Siemens beschäftigt nach eigenen Angaben rund 430.000 Mitarbeiter weltweit (2008), davon rund 130.000 (2008) in Deutschland[2]. Im Geschäftsjahr 2007 betrug der Gesamtumsatz des Konzerns 72,4 Mrd. Euro, nach 87,325 Mrd. Euro im Jahr 2006 und 75,445 Mrd. Euro im Jahr 2005. Der Gewinn nach Steuern stieg von 2,248 Mrd. Euro 2005 über 3,033 Mrd. Euro 2006 auf 4,038 Mrd. Euro im Jahr 2007. [3]

Siemens steht im Mittelpunkt eines der größten Korruptions-/Schmiergeldskandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte, in dessen Folge der Vorstandsvorsitzende Klaus Kleinfeld und der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer das Unternehmen verließen. Die Gesamtkosten mit erwarteten und bereits verhängten Strafen, Beraterkosten und Steuernachzahlungen belaufen sich auf 2,9 Milliarden Euro [4].

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Zentrale der SIEMENS AG am Wittelsbacherplatz in München
Siemens Forum Erlangen („Himbeerpalast“)
Siemens-Standort Berlin-Alt-Treptow
Siemens-Standort München-Perlach („Legoland“)
Siemens-Standort München St.-Martin-Str.
Siemens-Standort München Hofmannstraße
Siemens-Standort München Richard-Strauss-Straße
Siemens-Standort München Berliner Straße
Siemens-Standort Nürnberg Vogelweiherstr.

Neuaufstellung ab 2008

Der Aufsichtsrat hat am 29. November 2007 die Neuaufstellung der Siemens AG bestätigt [5]. Für jeden der drei Sektoren wurde ein CEO benannt: Heinrich Hiesinger (Industry), Wolfgang Dehen (Energy), Hermann Requardt (Healthcare). Auch die Unterteilung in Divisionen wurde bekannt gegeben.

Aufsichtsrat
Vorstand

Sector Industry

  • Industry Automation
  • Drive Technologies
  • Building Technologies
  • Osram
  • Industry Solutions
  • Mobility

Sector Energy

  • Fossil Power Generation
  • Renewable Energy
  • Oil & Gas
  • Service Rotating Equipment
  • Power Transmission
  • Power Distribution

Sector Healthcare

  • Imaging & IT
  • Workflow & Solutions
  • Diagnostics
  • Corporate Units
  • Cross-Sector Services
  • Strategic Equity Investments
Sektorübergreifende Geschäfte
  • Siemens IT Solutions and Services
  • Siemens Financial Services
Regionale Einheiten

Gemessen am jeweiligen Umsatz ist der Sektor Industry mit 40 Mrd Euro der größte. Der Sektor Energy soll vorerst 20 Mrd Euro und Healthcare 11 Mrd Euro beitragen. Den sektorübergreifenden Geschäften verbleibt damit ein Anteil von 6 Mrd Euro.[6]

Arbeitsgebiete bis 2007

Die Siemens AG unterteilt ihr operatives Geschäft zur Zeit (Stand: 1. April 2006) in sechs Hauptbereiche mit den folgenden Unterbereichen:

Information and Communications (Informationstechnik und Telekommunikation)

  • Communications (Com): Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Oktober 2006 wurden die beiden Geschäftsbereiche von Com aufgesplittet in die eigenständigen Gesellschaften Siemens Networks GmbH & Co. KG (ehemals Com Carrier) und in die Siemens Enterprise Communications GmbH & Co. KG. Die Siemens Networks sollte ursprünglich schon zum 1. Januar in das Joint Venture Nokia Siemens Networks GmbH & Co. KG übergehen – dies erfolgte schließlich verspätet zum 1. April 2007. Die Verschiebung war wegen der Ende 2006 bekannt gewordenen Korruptionsaffäre beschlossen worden.
  • Siemens IT Solutions and Services (SIS) (bis Januar 2007: Siemens Business Services (SBS))

Automation and Control (Automatisierungstechnik)

Power (Energieversorgung)

Transportation (Verkehrstechnik)

Medical (Medizintechnik)

Lighting (Beleuchtung)

Die SBT ist der einzige Bereich außerhalb Deutschlands. Der Hauptsitz der SBT ist in Zug. Sie wurde im Jahr 2005 mit der Siemens Schweiz AG fusioniert.

Daneben existieren vier Zentralabteilungen (Corporate Development (CD), Corporate Finance (CF), Corporate Personnel (CP), Corporate Technology (CT)) und sechs Zentralstellen (Corporate Communications (CC), Corporate Information Technology (CIT), Corporate Supply Chain and Procurement (CSP), Government Affairs (GA), Global Shared Services (GSS), Management Consulting Personnel (MCP)). In der Forschungsabteilung CT entsteht dabei ein großer Teil der derzeit 7.400 (Stand 2004) jährlichen Patentanmeldungen des Unternehmens.

Für das Finanz und Immobiliengeschäft wurden die Siemens Financial Services GmbH (SFS) und die Siemens Real Estate (SRE) gebildet.

Zudem existieren für einzelne Märkte so genannte Regionale Einheiten, d.h. die Regionalorganisation Deutschland (RD) sowie Regionalgesellschaften, Repräsentanzen und Vertretungen im Ausland (siehe Standorte).

Beteiligungen

Neben den unter den Geschäftsfeldern genannten 100%igen Siemens-Tochterunternehmen ist die Siemens AG unter anderem an folgenden Gesellschaften beteiligt:

In Österreich ist Siemens mit Siemens Österreich tätig. Seit dessen Übernahme der VA Technologie erwirtschaftet Siemens Österreich rund 8 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigt rund 34.000 Mitarbeiter.

Die Herstellung von passiven Bauelementen und Halbleiterbauelementen wurde 1999/2000 in die eigenständigen Unternehmen Infineon und Epcos ausgegliedert. An diesen Unternehmen ist die Siemens AG seit 2006 nicht mehr beteiligt. Die Anteile am Joint-Venture Fujitsu Siemens Computers (PC-Hardware, Software, IT-Services) wurden am 1. April 2009 vollständig an Fujitsu übertragen.

Vorstand

Der Vorstand der Siemens AG besteht zur Zeit aus acht Personen (Stand: 1. Dezember 2008)[7]:

  • Peter Löscher (Vorstandsvorsitzender/CEO)
  • Dipl.-Kfm. Wolfgang Dehen (CEO Energy)
  • Dr.-Ing. Heinrich Hiesinger (CEO Industry)
  • Joe Kaeser
  • Prof. Dr. phil. nat. Dipl.-Phys. Hermann Requardt (CEO Healthcare)
  • Dr.-Ing. Dipl.-Ing. Siegfried Russwurm
  • Peter Y. Solmssen
  • Barbara Kux

Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat der Siemens AG hat zwanzig Mitglieder (Stand: 1. Januar 2008)[8]:

  • Gerhard Cromme (Vorsitzender des Aufsichtsrats der Siemens AG und der ThyssenKrupp AG)
  • Ralf Heckmann* (1. stellv. Vorsitzender)
  • Josef Ackermann (2. stellv. Vorsitzender, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank)
  • Lothar Adler* (Stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Siemens AG)
  • Jean-Louis Beffa (Vorsitzender des Verwaltungsrats der Compagnie de Saint-Gobain S.A.)
  • Gerd von Brandenstein (Diplom-Volkswirt)
  • Michael Diekmann (Vorstandsvorsitzender der Allianz SE)
  • Dr. Hans Michael Gaul (Aufsichtsratsmitglied)
  • Prof. Dr. Peter Gruss (Präsident der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.)
  • Bettina Haller* (Mitglied des Gesamtbetriebsrats der Siemens AG)
  • Heinz Hawreliuk* (Mitglied der IG Metall)
  • Berthold Huber* (1. Vorsitzender der IG Metall)
  • Dr. Nicola Leibinger-Kammüller (Geschäftsführende Gesellschafterin und Vorsitzende der Geschäftsführung der TRUMPF GmbH + Co. KG)
  • Harald Kern* (Mitglied des Gesamtbetriebsrats der Siemens AG)
  • Werner Mönius* (Siemens Europe Committee)
  • Håkan Samuelsson (Vorsitzender des Vorstands der MAN AG)
  • Dieter Scheitor* (Mitglied der IG Metall)
  • Dr. Rainer Sieg* (Vorsitzender des Gesamtsprecherausschusses der Siemens AG)
  • Birgit Steinborn* (Mitglied des Gesamtbetriebsrats der Siemens AG)
  • Lord Iain Vallance of Tummel (Chairman, Amsphere Ltd.)

* = Arbeitnehmervertreter

Mitgliedschaften

Produkte

Zur umfangreichen Produktpalette der Siemens AG zählen unter anderem:

Standorte

Niederlassungen in Deutschland

Siemens unterhält Niederlassungen in insgesamt 43 Städten; unter anderem in:

Aachen Alzenau Augsburg Bayreuth
Berlin (Gasturbinenwerk Berlin Huttenstraße, Siemensstadt und Alt-Treptow) Bielefeld Braunschweig Bremen
Chemnitz Darmstadt Dresden Düsseldorf
Erfurt Erlangen Essen Frankfurt am Main Freiburg im Breisgau
Görlitz Hamburg Karben Karlsruhe
Kiel Köln Konstanz Koblenz
Krefeld Laatzen Leipzig Lingen (Ems)
Magdeburg Mannheim Mühlhausen/Thüringen Mülheim an der Ruhr
München Münster Nürnberg Offenbach am Main
Osnabrück Potsdam Rastatt Regensburg
Rostock Saarbrücken Schwalbach am Taunus Siegen
Stuttgart Ulm Villingen-Schwenningen Würzburg

Verwaltungs-, Fertigungs- und Entwicklungsstandorte in Deutschland

Siemens unterhält Fertigungs- und Entwicklungsstandorte unter anderem in folgenden Städten:

Amberg Bad Neustadt Berlin Böblingen
Braunschweig Bremen Bruchsal
Cham Chemnitz Dresden Duisburg
Düsseldorf Erlangen Erfurt Forchheim
Fürth Greifswald Görlitz Günzburg
Karlsruhe Kemnath Kiel Kirchheim unter Teck
Konstanz Krefeld Leipzig Lingen (Ems)
Mülheim an der Ruhr Nürnberg Paderborn Ruhstorf an der Rott
Tübingen Witten

Erlangen bildet den weltweit größten Standort (ca. 23.000 Mitarbeiter) und die zentrale Verwaltungsabteilung des Siemens-Konzerns.

Geschichte

Unternehmensgeschichte bis zum Ersten Weltkrieg

Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske

Am 12. Oktober 1847 gründete Werner von Siemens zusammen mit Johann Georg Halske die Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske in Berlin.[9] Grundlage bildet seine Erfindung des Zeigertelegrafen. Das Berliner Unternehmen entwickelte sich innerhalb weniger Jahrzehnte von einer kleinen Werkstatt, die neben Telegraphen vor allem Eisenbahnläutwerke, Drahtisolierungen und Wassermesser herstellte, zu einer der weltweit größten Elektrounternehmen. Der erste Standort des Siemens & Halske "Maschinenfabrik und Telegraphenbauanstalt" etablierte sich in Berlin-Kreuzberg, Markgrafenstraße 88-94/Charlottenstr. 6-7.1904 wurde das sogenannte Berliner Werk in Kreuzberg geschlossen. Ab 1883 wurde bereits am Salzufer in Charlottenburg durch den Kauf der ehemaligen Maschinenfabrik von Freund ein zweites Werk angelegt, das bis 1903 baulich erweitert wurde. Bereits seit 1899/1900 begann der Umzug zum dritten Werk nach Nonnendamm, in der späteren Siemensstadt. Das Charlottenburger Werk wurde 1929 aufgegeben. Die gesamte Produktion konzentrierte sich nunmehr am Nonnendamm.

1848 baute Siemens die erste Telegraphenlinie Europas über weite Entfernung, zwischen Berlin und Frankfurt am Main. Früh war das Unternehmen auch international tätig: Werners Bruder Carl Wilhelm Siemens eröffnete 1850 eine Repräsentanz des Unternehmens in London, die später in das selbstständige Unternehmen Siemens Brothers Co. umgewandelt wurde. Ab 1851 war das Unternehmen in Russland am Bau eines Telegraphen-Netzwerks beteiligt. 1855 eröffnet Siemens eine Zweigniederlassung in Sankt Petersburg, die durch Carl von Siemens, einem weiteren Bruder, geleitet wurde. Internationale Großprojekte wie der Bau der Indo-Europäischen Telegrafenlinie (1867–70) und ein mit Siemens Brothers verlegtes Transatlantikkabel (1870) führten zu steigenden Umsätzen. Entscheidend war jedoch die Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips durch Siemens im Jahr 1866, das die Voraussetzungen für die Nutzung der Elektrizität zur Kraftversorgung schuf (siehe Elektrischer Generator, Siemens baute die ersten Generatoren ohne Dauermagneten). Dadurch erschlossen sich für die Gesellschaft neue Geschäftsfelder wie zum Beispiel bei der Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken und Eisenbahnzügen sowie der Produktion von Glühlampen.

Elektromote 1882

Im Jahr 1882 wurde ein elektrisch angetriebener Kutschenwagen als „Elektro-Motte“/Elektromote benannter Oberleitungswagen gebaut und der Betrieb auf einer 540 Meter langen Versuchsstrecke in Halensee bei Berlin getestet; wegen der schlechten Straßen wurde der Versuch allerdings nach sechs Wochen beendet. Der Name Elektro-Motte stammt persönlich von Werner von Siemens. Der Strom wurde von der zweipoligen Oberleitung durch einen Kontaktschlitten (Trolley), der oben auf den Fahrleitungsdrähten fuhr, entnommen. Durch ein biegsames Kabel wurde der Kontaktschlitten mit seinen acht kleinen Rädern vom Fahrzeug auf der Oberleitung nachgezogen. Dieser elektrisch betriebene Kutschenwagen gilt mit seinen Merkmalen als der erste Oberleitungsbus der Welt.

1890[10] schied Werner von Siemens aus der Geschäftsführung aus, Inhaber waren nun Bruder Carl und die Söhne Arnold und Wilhelm. 1897 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Zunehmend entwickelte sich jedoch die Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft (AEG) zum Gegenspieler von Siemens auf dem Elektromarkt. Beide Unternehmen verschafften sich 1891 auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung grenzübergreifende Aufmerksamkeit.

Der Messestand auf der Elektrotechnischen Ausstellung
Obus in Eberswalde 1901

1899 baute Siemens & Halske einen Straßenbahn-Omnibus, der als Duo-Bus bzw. „O-Bus“ in Berlin und Eberswalde erfolgreich eingesetzt wurde.

Als es nach der Jahrhundertwende zu einem Konzentrationsprozess in der Branche kam, entschloss sich Siemens, den eigenen Starkstrombereich zusammen mit dem Nürnberger Unternehmen Elektrizitäts-AG, vormals Schuckert & Co. in die gemeinsame Siemens-Schuckertwerke GmbH (SSW) einzubringen. Im Bereich der drahtlosen Telegrafie gründete man gemeinsam mit der AEG die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie System Telefunken, um die andauernden Streitigkeiten um Patente zu beenden. Die Berliner Produktionsstätten wurden in der Folgezeit zunehmend in ein Gebiet im Nordwesten Berlins zwischen Spandau und Charlottenburg verlegt, das schließlich die offizielle Bezeichnung Siemensstadt erhielt.

Der Siemens-Konzern gehörte zu den ersten multinationalen Industrieunternehmen Europas. Die Auslandsproduktion setzte 1863 mit einem Kabelwerk bei Woolwich (England) ein, 1882 folgte ein Kabelwerk in Sankt Petersburg. Die von Arnold von Siemens aufgebaute Wiener Filiale nahm 1883 ebenfalls eine eigene Produktion auf. 1892 wurde die erste Siemens-Niederlassung in Übersee, die Siemens & Halske Japan Agency in Tokio, gegründet, die 1914 durch den Siemens-Skandal für den Sturz des japanischen Kabinetts verantwortlich war. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges bestanden Produktionsstätten in Großbritannien, Russland, Österreich-Ungarn, Frankreich, Belgien und Spanien. Insgesamt besaß Siemens in 49 Ländern 168 Vertretungsbüros.

1912 begann man bei Siemens & Halske mit dem Bau von Flugzeugmotoren, die im Blockwerk I in Berlin-Spandau am Nonnendamm gefertigt wurden.[11]

Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg

Geschäftsführer und
Vorstandsvorsitzende
der Siemens AG

Nach den Verlusten des Ersten Weltkrieges gehörte Siemens schon Mitte der 1920er Jahre wieder zu den fünf weltweit führenden Elektrokonzernen. 1939 war Siemens mit 187.000 Beschäftigten der größte Elektrokonzern der Welt. Neue Anwendungsbereiche wie die Medizintechnik, die Rundfunktechnik, elektrische Wärme- und Haushaltsgeräte oder auch das Elektronenmikroskop gewannen rasch an Bedeutung für das Unternehmen.

Kurzfristig kooperierte Siemens nach 1920 in der Siemens-Rheinelbe-Schuckert-Union unter der Führung von Hugo Stinnes eng mit Unternehmen der Eisen-, Stahl- und Kohleindustrie. Später wurden einzelne Produktbereiche in spezialisierten Tochter- und Beteiligungsgesellschaften ausgegliedert. So entstanden unter anderem die Glühlampen-Gesellschaft Osram GmbH KG (1920), die Siemens-Bauunion GmbH (1921), die Siemens-Reiniger-Veifa Gesellschaft für medizinische Technik mbH (1925, ab 1932 Siemens-Reiniger-Werke AG) und nach Übernahme der Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co in Braunschweig die Vereinigte Eisenbahn-Signalwerke GmbH (1929). Das Flugmotorenwerk, das 1926 in eine eigenständige Gesellschaft ausgegliedert worden war, wurde endgültig 1936 verkauft (s. Brandenburgische Motorenwerke).

Auch im Ausland baute Siemens seine Position wieder aus. 1936 gab es in Europa 16 Fertigungsstätten (u. a. in Wien, Budapest, Mailand und Barcelona). Außerhalb Europas entstanden Produktions-Joint-Ventures in Tokio und Buenos Aires. In Japan wurde hierzu gemeinsam mit dem Furukawa-Konzern 1923 die Fusi Denki Seizo KK gegründet. In die Zwischenkriegszeit fallen auch eine Reihe von internationalen Großprojekten, etwa der Bau der U-Bahnen in Athen (1926–8) und Buenos Aires (1933–38). Besonders prestigeträchtig war das Wasserkraftwerk Ardnacrusha am Shannon (1925–1929) und die damit verbundene Elektrifizierung Irlands. Lediglich in den USA war Siemens aufgrund eines Austauschvertrags mit dem Westinghouse-Konzern nicht aktiv.

Die Weltwirtschaftskrise nach 1929 führte auch bei Siemens zu erheblichen Umsatzeinbußen und Personalentlassungen. Rüstungsaufträge nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 waren für die positive Entwicklung bei Siemens mitentscheidend. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 waren die Siemens-Kapazitäten mit kriegswichtigen Bestellungen voll ausgelastet. Im Verlauf des Krieges wurden Produktionsstätten in alle Gegenden Deutschlands und in die besetzten Gebiete ausgelagert, wo auch Siemens in großem Umfang Zwangsarbeiter (so genannte „Fremdarbeiter“) ausbeutete. Zahlreiche Siemens-Produktionsstätten wurden durch den Krieg zerstört. Am 20. April 1945 kam es nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen zur Schließung der Siemens-Werke in Berlin.

Nachkriegsentwicklung

Schon in den letzten Monaten des Krieges hatte sich das Unternehmen auf die militärische Niederlage vorbereitet und regionale Unterorganisationen gebildet. Erst 1949, nachdem eine Zerschlagung durch die Alliierten abgewendet worden war, erhielt Siemens wieder eine einheitliche Führung für ganz Deutschland. Die Konzernzentrale wurde nach München (Siemens & Halske) und Erlangen (Siemens-Schuckertwerke und Siemens-Reiniger-Werke) verlegt. Bayern wurde somit zum neuen Zentrum des Konzerns, nachdem die Fabrikationsstandorte in der Sowjetischen Besatzungszone und im Ausland verloren gegangen waren.

1950 erreichte das Unternehmen wieder 90 Prozent der Vorkriegsproduktion von 1936. Dabei wurde die Produktpalette weiter ausgebaut, auch wenn Großprojekte und Investitionsgüter an Bedeutung gewannen. Ab 1954 stieg man in die Datenverarbeitung ein und produzierte Halbleiterbauelemente und Computer, etwa den Siemens 2002. Für den Konsumgüterbereich (z. B. Waschmaschinen, Fernsehgeräte) wurde 1957 die Siemens-Electrogeräte AG gegründet. Auch in der Medizintechnik konnte man etwa mit der Produktion von Herzschrittmachern die eigene Position ausbauen. 1962 beschäftigte der Konzern 240.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von 5,4 Milliarden DM. Dieser hatte sich damit innerhalb eines Jahrzehnts vervierfacht.

1966 wurden Siemens & Halske AG, Siemens-Schuckertwerke AG und Siemens-Reiniger-Werke AG (bis 1969 als Siemens AG, Wernerwerk für Medizinische Technik, später Siemens Medical Solutions) zur Siemens AG zusammengefasst. Die Neuordnung wurde 1969 mit der Bildung von sechs Unternehmensbereichen (Bauelemente, Datentechnik, Energietechnik, Installationstechnik, Medizinische Technik, Nachrichtentechnik), fünf Zentralbereichen (Betriebswirtschaft, Finanzen, Personal, Technik, Vertrieb) und zahlreiche so genannte Regionale Einheiten (Zweigniederlassungen, Auslandsniederlassungen) abgeschlossen. Dennoch blieb ein umfangreiches Netz an Tochter- und Beteiligungsgesellschaften bestehen. 1967 übernahm man von Brown, Boveri & Cie. die Zuse KG zu 70 %, zwei Jahre später zu 100 %. Gleichzeitig wurde der Haushaltsgerätesektor mit dem von Bosch zur BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH (BSH) zusammengelegt. 1969 erfolgte zusammen mit der AEG die Gründung der Tochterunternehmen Transformatoren Union (TU) und Kraftwerk Union (KWU). 1978 ging die Osram GmbH ganz in Siemens-Besitz über. Andere Tochtergesellschaften wie die Siemens-Bauunion oder die Siemens-Planiawerke wurden jedoch abgestoßen.

Zu den technischen Erfolgen der 1980er Jahre gehört die 1980 gemeinsam mit den Deutsche Telephonwerken in Berlin produzierte weltweit erste digitale Telekommunikationsanlage. Auch im Schienenfahrzeugbau, der 1989 in die Siemens-Verkehrstechnik ausgegliedert wurde, war Siemens durch seine Beteiligung am ICE-Projekt erfolgreich. Hier wurde zudem das Projekt der Magnetschwebebahn Transrapid verfolgt.

1986/87 war der Konzernumsatz auf 51,4 Mrd. DM angewachsen. 1987 wurde die Siemens AG um die Unternehmensbereiche KWU und Halbleiter erweitert, bevor 1989/90 dann eine erneute Umorganisation mit nun vierzehn Unternehmensbereichen (Energieerzeugung (KWU); Energieübertragung und -verteilung; Anlagentechnik, Antriebs-, Schalt- und Installationstechnik; Automatisierungstechnik; Daten- und Informationstechnik; private Kommunikationssysteme; Sicherungstechnik; Verkehrstechnik; Automobiltechnik; medizinische Technik; Halbleiter; Bauelemente und Röhren) umgesetzt wurde. Diese Gliederung entspricht noch weitgehend den heutigen, nun englisch bezeichneten, Konzernteilen.

Die Geschäftsentwicklung verlief in den letzten Jahrzehnten keineswegs uneingeschränkt positiv. Zwischen 1971 und 1976 sowie zu Beginn der 1980er Jahre sank die Zahl der Mitarbeiter um mehrere Tausend. Ein vorläufiger Mitarbeiterhöchststand wurde dann 1991 mit 427.000 Arbeitnehmern erreicht. 1985/86 kam es zudem zu einem kurzzeitigen Umsatzeinbruch von 14 %. Vor allem der deutsche Heimatmarkt verlor im Vergleich zu den außereuropäischen Märkten stark an Bedeutung. Schon Anfang der 1980er produzierte Siemens in 37 Ländern in 141 Fabriken. Das Ausland war zu diesem Zeitpunkt mit 50 % stark am Konzernumsatz beteiligt, während dieser Anteil in den 1990er Jahren auf zwei Drittel anstieg. 1989 gehörte Siemens nach dem Volkswagen-Konzern und Veba zur größten Publikumsgesellschaft in der BR Deutschland, deren Anzahl der Aktionäre rund 538.000 betrug.

FujitsuSiemens Celvin

1991 übernahm man von Texas Instruments deren Abteilung für Automatisierung.

Die Siemens AG geriet 1992 in die Schlagzeilen, weil sie ein Waffenprogramm im Nahen Osten unterstützte.

Im Frühjahr 1996 wurde Siemens in Singapur wegen Korruptionsvorwürfen zusammen mit vier weiteren ausländischen Unternehmen für fünf Jahre von allen öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen. Um im Bereich EDV-Technik konkurrenzfähig zu bleiben, erwarb Siemens 1990 einen Anteil von 51 % an der Nixdorf Computer AG und brachte den Siemens-Unternehmensbereich mit in die Siemens Nixdorf Informationssysteme AG ein. Das Unternehmen wurde jedoch 1999 wieder ausgegliedert und firmiert heute als Wincor Nixdorf International GmbH. Lediglich die PC-Sparte wurde in die Fujitsu Siemens Computers GmbH integriert, die 1999 aus dem Joint Venture der Fujitsu Computers Europe mit Siemens Computer Systems hervorging.

1999 verkauft Siemens die Hanauer Tochter Vacuumschmelze für 360 Millionen Mark an Morgan Crucible, die sie im Jahre 2005 für 360 Mio Euro an die One Equity Group weiterveräusserte. Ebenfalls 1999 ausgegliedert wurde der Bereich der passiven Bauelemente und Röhren unter dem Namen Epcos AG und der Halbleiterbereich unter dem Namen Infineon Technologies AG. Die letzten Anteile an diesen beiden Unternehmen verkaufte die Siemens AG 2006.

2001 erwarb Siemens eine Mehrheitsbeteiligung an der Atecs Mannesmann AG, deren Unternehmensaktivitäten Dematic, VDO und Demag in den Bereich Siemens Dematic (später Logistics and Assembly Systems, L&A) umgewandelt wurden. Dieser wurde am 1. Oktober 2005 wieder aufgelöst. Seine Teil-Geschäftsgebiete Postal Automation (PA) und Airport Logistics (AL) wurden in den Bereich Industrial Solutions and Services (I&S) integriert. Das Geschäftsgebiet Electronic Assembly Systems (EA) gehört nun Automation and Drives (A&D) an. Distribution and Industry (DI), Material Handling and Production (MHP) und Customer Services (CS) werden zur Dematic GmbH & Co. KG. Diese rechtlich eigenständige Gesellschaft ist vorerst eine 100 %ige Tochter der Siemens AG und nahm am 1. Januar 2006 ihre Tätigkeit auf. Hauptgründe für diesen Umbau waren anhaltende operative Verluste, hauptsächlich der ausgegliederten Geschäftsgebiete. Im Juni 2006 gab Siemens schließlich den Verkauf von Dematic an den europäischen Private-Equity-Investor Triton bekannt.

Am 7. Juni 2005 gab das Unternehmen bekannt, dass die Handysparte mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 an das taiwanische Unternehmen BenQ abgegeben wird, dieses führte das Mobilfunkgeschäft mit einer Zentrale in München kurz weiter bis BenQ im Herbst 2006 die Zahlungen für die Mobilfunksparte einstellte und diese insolvent wurde, tausende Arbeitsplätze, v. a. in München und Kamp-Lintfort/Nordrhein-Westfalen gingen verloren.

Korruptions-Affäre und Skandale

Am 15. November 2006 durchsuchten 200 Beamte, Steuerfahnder und Staatsanwälte mehr als 30 Bürogebäude an allen großen Siemensstandorten, außerdem Privatwohnungen von ranghohen Mitarbeitern, auf Verdacht der Untreue wie der Münchner Oberstaatsanwalt Anton Winkler mitteilte. Dabei wurden Akten geprüft und Unterlagen sichergestellt. Anschließend wurde neben anderen das ehemalige Vorstandsmitglied Thomas Ganswindt vorübergehend in Untersuchungshaft genommen.

Die Ermittlungen ergaben, dass bei Siemens über längere Zeit ein System von Schmiergeldzahlungen existierte. Über eine angeblich bis 1997 bei Siemens für Anweisungen zu Schmiergeldzahlungen benutzte Verschlüsselung zur Umwandlung von Ziffern in Buchstaben berichtete am 31. Januar 2007 The Wall Street Journal. Der ehemalige Siemens-Manager Michael Kutschenreuter soll der Staatsanwaltschaft München berichtet haben, dass zum Beispiel eine Anmerkung „legen sie das in der Datei APP ab“ bedeutet habe, Schmiergelder in Höhe von 2,55% des Preises seien genehmigt (A=2, P=5). Das Schlüsselwort sei „MAKEPROFIT“. Den Buchstaben darin seien die Ziffern „1234567890“ zugeordnet. Ein Siemens-Sprecher meinte dazu, ihm sei von einem solchen Code nichts bekannt. Der Code könnte sich als entscheidendes Hilfsmittel für die Staatsanwaltschaft erweisen,[12] da er auf Dokumenten als Hinweis auf Anweisungen zu Schmiergeldzahlungen dienen kann.

Die Korruptions-Äffäre hatte unter anderem zahlreiche personelle Konsequenzen. Heinrich von Pierer stellte am 25. April 2007 den Vorsitz des Aufsichtsrats zur Verfügung. Zum 30. Juni 2007 legte Klaus Kleinfeld sein Amt als Vorstandsvorsitzender nieder.[13] Neuer Aufsichtsratsvorsitzender wurde Gerhard Cromme, Peter Löscher folgte als Vorstandsvorsitzender nach. Sie bestellten zum 1. Juli einen neuen Chief Compliance Officer, beschlossen ein Anti-Korruptionsprogramm und änderten die Anti-Korruptionsrichtlinien.

Im Oktober 2007 wurde das Unternehmen vom Landgericht München wegen Schmiergeldzahlungen im Bereich der Telekommunikationssparte Com zu einer Geldbuße in Höhe von 201 Millionen Euro verurteilt. Siemens akzeptierte das Urteil[14].

Neben der Korruptions-Affäre war die Siemens AG mit verschiedenen anderen Vorfürfen konfrontiert. Im Januar 2007 wurden 11 multinationale Konzerne wegen illegaler Preisabsprachen von der EU zu Geldstrafen in der Gesamthöhe von über 750 Mio. Euro verurteilt (EU-Wettberwerbskommissarin Neelie Kroes: „Diese Unternehmen haben ein Kartell gebildet, das öffentliche Versorgungsunternehmen und Verbraucher mehr als 16 Jahre lang betrogen hat“). Knapp 400 Mio. Euro dieser Geldstrafe entfielen auf den Siemens-Konzern.[15] Dies ist die zweithöchste Geldstrafe, zu der ein Unternehmen innerhalb der EU verurteilt wurde. Die ThyssenKrupp AG wurde wegen Bildung eines Preiskartells zu ca. 479 Mio. Euro verurteilt (Liftkartell).

Im Zusammenhang mit der Verhaftung ihres Beraters Wilhelm Schelsky am 14. Februar 2007 [16] bestätigte ein Siemens-Sprecher, dass Schelsky seit 2001 unter anderem für Beratungsleistungen und Mitarbeiterschulungen über 14 Millionen Euro erhalten habe. Laut Siemens habe Schelsky aber seine Leistungen als Unternehmensberater nicht ausreichend nachgewiesen, weswegen das Unternehmen Ende 2006 seinen Beratervertrag fristlos gekündigt habe. Schelsky und Siemens waren bis vor einiger Zeit an zwei Unternehmen beteiligt: die ML&S GmbH in Greifswald und die NSG Netzwerk-Service GmbH in Feldkirchen bei München, die heute unter dem Namen CANCOM Netzwerk-Service GmbH ihren Sitz in Jettingen-Scheppach hat [17]. Schelsky war Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB), einer Arbeitnehmervereinigung, die sich als „die andere Gewerkschaft“ darstellt [18] und wurde von der AUB über 20 Jahre lang mit sehr großen Mehrheiten siebenmal wiedergewählt, bevor er sein Amt im Frühjahr 2007 niederlegte und die AUB ihm Ende Mai 2008 seine Mitgliedschaft aberkannte.

Siemens-Vorstand Johannes Feldmayer wurde nach Unternehmensangaben am 27. März 2007 festgenommen. Laut einer Siemens-Sprecherin stand die Verhaftung im Zusammenhang mit der Affäre um die unabhängige Betriebsräteorganisation AUB. Am 4. April 2007 wurde Feldmayer mit Auflagen aus der Untersuchungshaft wieder entlassen.

Jüngste Entwicklungen

Die Zahl der Mitarbeiter des Siemens-Konzerns (inkl. Joint Ventures und Beteiligungen) beträgt heute weltweit rund 475.000 Mitarbeiter (2006). Dabei ist eine Entwicklung hin zum Offshoring zu erkennen. So waren 2001 über 41 % der Siemens-Mitarbeiter in Deutschland tätig, 2006 waren es noch 34 %. Gleichzeitig schuf Siemens in Osteuropa und Asien neue Beschäftigung.

Bereich COM
Zum 1. Oktober 2004 wurden die Siemens Bereiche ICM und ICN zum neuen Bereich Communications (Com) zusammengefasst. Daraus ergibt sich der größte Einzelbereich der Siemens AG. Zum 3. März 2005 übernahm die a&o Gruppe aus Neuss die SBS-Tochter Sinitec. Dieser Verkauf wird als Beginn einer Umstrukturierung innerhalb des Siemens-Konzerns angesehen und wurde seinerzeit als richtungsweisend bezeichnet. Im Juli 2007 musste die a&o iTec (seinerzeit Sinitec) Insolvenz anmelden, wodurch am 1. Oktober 2007 der Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt wurde. Weiterhin hat der Vorstand von Siemens am 19. Juni 2006 bekannt gegeben, die Konsolidierung in der Enterprise-Communications-Industrie (Netzwerkgeschäft mit Geschäftskunden) aktiv zu verfolgen. Siemens ist nach eigenen Angaben in Verhandlungen mit mehreren Interessenten zur Umsetzung dieser Strategie. Das Wireless-Modules-Geschäft (Geschäft mit drahtlosen Funkmodulen in der Maschine-zu-Maschine Kommunikation, z. B. in Verkaufsautomaten) soll zum 1. Oktober 2006 in den Siemens-Bereich Automation and Drives integriert werden. Durch diese jüngsten Umstrukturierungen löst die Siemens AG den Communications (Com) Geschäftsbereich somit knapp zwei Jahre nach seiner Gründung wieder auf.

Nokia Siemens Networks
Im Februar 2006 kamen Gerüchte auf, der Siemens-Vorstand erwäge den Verkauf bzw. Ausgliederung von Teilen des Com-Bereichs. Am 19. Juni 2006 gab Siemens die Zusammenlegung seiner Sparten für das Geschäft mit Netzbetreibern mit dem finnischen Konkurrenten Nokia in einem neuen, rechtlich eigenständigen Unternehmen bekannt. Zum 1. Januar 2007 sollte durch dieses Joint Venture ein global führender Infrastrukturanbieter für Fest- und Mobilnetze unter dem Namen Nokia Siemens Networks entstehen, an dem Nokia und Siemens je zur Hälfte beteiligt sind. Durch das Bekanntwerden von Korruption im großen Stil im Dezember 2006 verzögerte sich dieses Vorhaben um ein Quartal, sodass das Gemeinschaftsunternehmen zum 1. April 2007 startete. Sitz der in den Niederlanden registrierten Gesellschaft Espoo, Finnland. Simon Beresford-Wylie, vormals Executive Vice President und General Manager von Nokia Networks, übernahm den Vorstandsvorsitz von Nokia Siemens Networks. Das neue Unternehmen Nokia Siemens Networks beschäftigt ca. 60.000 Mitarbeiter. Angestrebt werden Synergieeffekte von rund 1,5 Mrd. EUR bis zum Jahr 2010 (etwa 10 Prozent des summierten Pro-Forma-Umsatzes der beiden Unternehmensteile im Jahr 2005), auch durch den Abbau von Personal (geschätzt 9.000 Stellen sollen ab Anfang 2007 entfallen).[19]

Suchmaschine Quaero / Theseus-Projekt
Siemens war 2006 an dem Projekt zur Entwicklung der europäischen Suchmaschine Quaero beteiligt,[20] deren deutscher Teil Ende 2006 in das Forschungsprogramm Theseus überging.[21]

Verkauf von VDO, Kauf von Dade Behring
Am 25. Juli 2007 entschied der Aufsichtsrat der Siemens AG, seine Tochter Siemens VDO Automotive für 11,4 Mrd € an die Continental AG zu verkaufen und für fünf Mrd. € Dade Behring zu übernehmen.

Stellenabbau bei SEN
Am 23. Februar 2008 wurde bekannt, dass Siemens sich von der Hälfte der rund 6.200 Mitarbeiter bei Siemens Enterprise Communications trennen will.[22]

Ausstieg aus FSC
Im Juli 2008 gab Siemens bekannt, dass man das auf 10 Jahre geschlossene Joint Venture mit Fujitsu (Fujitsu Siemens Computers) nicht weiter führen werde.

Trennung von Siemens Home and Office Communication Devices (SHC)
Am 1. August 2008 gab der Siemens Vorstand den Verkauf von 80,2 Prozent seiner Anteile der Kommunikationssparte "Siemens Home and Office Communication Devices (SHC)" an den Starnberger Finanzinvestor Arques Industries zum 1. Oktober 2008 bekannt. Die restlichen 19,8 Prozent sollen für zunächst zwei Jahre im Unternehmensbesitz verbleiben, wobei Arques berechtigt ist, zwei weitere Jahre die Produkte unter dem Namen "Siemens" zu vertreiben. Eine Beschäftigungsgarantie wurde den 1.650 Mitarbeitern der abgetretenen Sparte an den Standorten Bocholt und München für drei Jahre zugesichert. Der Verlust der Aktion belaufe sich nach Unternehmensinformationen auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Um eine ähnliche Pleite wie die nach der Abtretung der Handy-Sparte an BenQ Mobile zu verhindern, wurde eine Mitgift von 50 Millionen Euro der SHC Sparte vereinbart. Dadurch soll auch ein positives Signal in Richtung der Belegschaft in Bezug auf Jobsicherung gesendet werden.[23]

Anteilseigner

Anteil Anteilseigner
6,2 % Von Siemens-Vermögensverwaltung GmbH
2,5 % Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Aktiengesellschaft in München
1,4 % Allianz Aktiengesellschaft
89,9 % Streubesitz
<1 % Eigene Anteile

Stand: Mai 2006 [1]

Kritik an der Siemens AG

Massenvertreibung, unsichere Atomreaktoren

Im Schwarzbuch Markenfirmen – Die Machenschaften der Weltkonzerne wird Siemens die Massenvertreibung und Zerstörung der Lebensgrundlagen durch Staudammprojekte sowie die Beteiligung am Bau von unsicheren Atomreaktoren vorgeworfen. Ebenso wird Siemens eine Beteiligung am nordkoreanischen Atomprogramm unterstellt. (siehe Schwarzbuch Markenfirmen, S. 362ff.)

Gehaltspolitik

Am 17. September 2006 wurde bekannt, dass der Aufsichtsratsvorsitzende von Pierer die Vorstandsgehälter um durchschnittlich 30 % erhöhen wollte. Da sich viele Siemens-Mitarbeiter hingegen auf Lohnkürzungen einstellen müssen sowie durch eine vermutete Zusammenlegung von Bereichen mit Nokia Tausende Arbeitsplätze wegfallen[24], gab dies Anlass zu Kritik aus der Politik, Wirtschaft und sogar von Kirchen[25]. Diese geplante Erhöhung wird nun jedoch um ein Jahr verschoben[26] zugunsten des medienwirksamen Versuchs, die Arbeitsplätze des abgespalteten Unternehmens BenQ Mobile zu erhalten (Die umstrittene Gehaltserhöhung für den Siemens-Vorstand tritt doch früher in Kraft als angenommen. Stand: 7. November 2006). BenQ Mobile musste in Deutschland am 29. September 2006 Insolvenz anmelden, nachdem der Mutterkonzern BenQ die Zahlung an seine deutsche Tochter einstellte.[27]

Geschäfte mit dem Iran

Siemens steht, neben anderen deutschen Unternehmen, durch Geschäfte mit dem Iran in der Kritik. Die USA etwa forderte weltweit Unternehmen - darunter auch Siemens - auf, Geschäfte mit dem Iran einzustellen bis dieser sein umstrittenes Atomprogramm aufgibt[28][29]. Die Jerusalem Post meldete 2008, das gesamte Handelsvolumen des Siemens-Konzerns mit dem Iran betrage jährlich mehr als 500 Millionen US-Dollar[30].

Literatur

  • Ute Böhme; Universität Erlangen-Nürnberg (Hrsg.): Die Enteignung von Großbetrieben und der Aufbau einer sozialistischen Planwirtschaft in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). 1945 bis 1949. Am Beispiel der Firma Siemens. Erlangen-Nürnberg 2006 (Volltext ; Stand: 14. Januar 2009; Dissertation). 
  • Friedrich Christian Delius: Unsere Siemens-Welt - Eine Festschrift zum 125jährigen Bestehen des Hauses S.. Erweiterte Neuausgabe, 1. Auflage. Rotbuch-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-88022-480-3. 
  • Wilfried Feldenkirchen: Siemens. Von der Werkstatt zum Weltunternehmen. 2. Auflage. Piper, München 2003, ISBN 3-492-04534-0. 
  • Wilfried Feldenkirchen, Eberhard Posner: Die Siemens-Unternehmer. Kontinuität und Wandel 1847–2005. Zehn Portraits. Piper, München 2005, ISBN 3-492-04801-3. 
  • Heidrun Homburg: Rationalisierung und Industriearbeit: Arbeitsmarkt, Management, Arbeiterschaft im Siemens-Konzern Berlin 1900–1939. Haude & Spener, Berlin 1991, S. 306-310. 
  • Miron Mislin: Industriearchitektur in Berlin 1840-1910. Wasmuth Verlag, Tübingen 2002, ISBN 3-8030-0617-1. 
  • Carola Sachse: Siemens, der Nationalsozialismus und die moderne Familie: eine Untersuchung zur sozialen Rationalisierung in Deutschland im 20. Jahrhundert. Rasch & Röhring, Hamburg 1990. 
  • Georg Siemens: Der Weg der Elektrotechnik: Geschichte d. Hauses Siemens. Alber, Freiburg, München 1961 (DNB). 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Infoblatt Siemens AG
  2. heise.de Meldung; Mitarbeiterzahlen im 3. Absatz
  3. Bezugsangabe
  4. manager-magazin.de Meldung; Zahlen im 4. Absatz
  5. Neue Konzernstruktur für Siemens, auf siemens.com
  6. Präsentation zur Bekanntgabe der neuen Unternehmensstruktur vom 28.11.2007
  7. Siemens AG – Management & Unternehmensstruktur auf www.siemens.com
  8. Aufsichtsrat der Siemens AG, auf siemens.com.
  9. Zeitleiste, auf siemens.de.
  10. http://w4.siemens.de/archiv/de/dokumente/werner_von_siemens.pdf
  11. Die Siemensstadt
  12. T-online / Manager Magazin, Der Code zum Schmiergeld, 8. Februar 2007.
  13. Quartalsbericht III/2007, auf siemens.com.
  14. FAZ-Net vom 4. Oktober 2007
  15. 24. Januar 2007: Siemens droht Kartellstrafe über 400 Mio. Euro
  16. Süddeutsche Zeitung, 16. Februar 2007
  17. http://www.nci-net.de, 16. Februar 2007
  18. http://www.aub.de/web/ww/de/pub/organisation/geschichte.htm, 19. Februar 2007, CONTENS Software GmbH
  19. http://www.ove.at/infozone/var1.php?newsID=8624
  20. Siemens beteiligt sich an europäischer Suchmaschine Quaero, heise online vom 2. Februar 2006.
  21. IT-Gipfel: Quaero heißt jetzt Theseus, heise online vom 18. Dezember 2006.
  22. Siemens will 3000 Stellen streichen vom 23. Februar 2008 bei faz.net
  23. http://www.tagesschau.de/wirtschaft/siemens162.html
  24. Siemens will Vorstandsgehälter kräftig erhöhen bei Heise-Online
  25. Kirche nennt Erhöhung der Vorstandsgehälter maßlos bei Spiegel Online
  26. Die guten Menschen von Siemens bei Heise Online
  27. BenQ-Handygeschäft in Deutschland am Ende bei Heise Online
  28. Handelsblatt: „USA drängen deutsche Firmen aus Iran“ - 11. Januar 2007
  29. Spiegel online: „Geschäfte mit dem Iran - Florida straft Daimler und Siemens ab“ - Marc Pitzke - 18. Juni 2007
  30. The Jerusalem Post: „German firm helps Iran monitor Israel“ (en) - Benjamin Weinthal - 8. April 2008


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