Knappschaft

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Eine Knappschaft (auch Bergknappschaft) ist ein organisatorischer Zusammenschluss der in einem Bergwerk oder in einem Revier beschäftigten Bergleute mit dem Ziel der Arbeitnehmerinteressenvertretung (ähnlich einer Gewerkschaft) und der gegenseitigen sozialen Absicherung (ähnlich einer Genossenschaft).

Knappschaften bildeten anfangs privilegierte Korporationen unter gewählten Ältesten (Knappschaftsältesten) und Vorstehern, waren befreit vom Soldatendienst, von persönlichen Steuern, genossen einen gefreiten Gerichtsstand etc. Diese Vorrechte sind ebenso wie die ihnen entsprechenden Beschränkungen der Knappschaft heute beseitigt; dagegen haben sich die überlieferten Gebräuche der Knappschaft, die Abzeichen (Schlägel und Eisen), der Bergmannsgruß (Glück auf!), die eigentümliche Tracht bei festlichen Aufzügen etc. noch erhalten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

750 Jahre Knappschaft: Deutsche Briefmarke von 2010

Im Jahr 2010 beging die Knappschaft ihr 750-jähriges Jubiläum.[1] Eine Urkunde vom Rammelsberg bei Goslar – datiert auf den 28. Dezember 1260 – belegt die erste Bergbruderschaft und gibt damit den ersten Hinweis auf die Sozialfürsorge für Bergleute.

Bischof Johann I. von Brakel, der Hildesheimer Oberhirte in der Gründungszeit, sicherte in dieser Urkunde der „Sankt Johannes Bruderschaft“ am Rammelsberg seinen Schutz zu. Sie kümmerte sich um die Unterstützung kranker Bergleute und half, Hinterbliebene verstorbener Bergleute vor starker Notlage zu bewahren. Die ersten Bruderschaften im Mittelalter waren religiöser Natur. Ihr Bestreben war das Absichern ihrer Mitglieder vor bestimmten Fährnissen des Lebens.[2] Das Urkunden-Datum ist mehr als nur der Ursprung der Knappschaft als Institution berufsständischer Sozialfürsorge, mit diesem Datum verbindet sich auch der Ursprung der deutschen und europäischen Sozialversicherung. Die Knappschaft ist die älteste Sozialversicherung weltweit. Die Knappschaft wirkte in vielen Bereichen der sozialen und gesundheitlichen Absicherung als sozialer Pfadfinder.

Im Knappschaftswesen haben zahlreiche Errungenschaften der sozialen Sicherung und Krankheitsfürsorge in Deutschland ihren Ursprung. So gehören zur Geschichte der Knappschaft die Geburtsstunden von Rentenversicherung, Krankenversicherung und Hinterbliebenenversorgung, die Sozialversicherungspflicht, die Begründung der Selbstverwaltung, die gemeinsame Beitragszahlung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die erste Rentenformel und der erste Ärztekollektiv-Vertrag – vieles davon lange vor Bismarck und der kaiserlichen Sozialgesetzgebung von 1881.

Zum 1. April 2007 wurde die Knappschaft als traditionelle Krankenkasse der Bergleute für alle Versicherten geöffnet. Die ehemals regionalen Knappschaften wurden in der 1969 entstandenen Bundesknappschaft zusammengefasst, welche wiederum seit dem 1. Oktober 2005 in der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) integriert ist.[3]

Knappschaftskrankenhäuser

Ein erstes frühes Knappschaftskrankenhaus, das 1294 urkundlich erwähnt wurde, bestand wahrscheinlich bereits vor 1290 in der Nähe der St. Johanniskirche im Bergdorf vor den Toren Goslars.

Seit 1832[4] – Eröffnung des Knappschaftskrankenhauses in Waldenburg/Niederschlesien – betreibt die Knappschaft moderne Knappschaftskrankenhäuser und seit mehr als 110 Jahren Reha-Kliniken. Das alles sind Meilensteine auf dem Weg der Entwicklung unseres heutigen modernen Sozialstaates. Die Knappschaft hat in ihrer Geschichte bis heute zahlreiche bedeutende Beiträge zur Entwicklung des Sozialsystems in Deutschland und auch darüber hinaus geleistet. Sie ist das Musterbeispiel gesellschaftlicher Notwendigkeit für institutionelle soziale Absicherung.


Im Jubiläumsjahr 2010 werden die Leistungen der Knappschaft als Ursprung unseres heutigen sozialen Systems in vielfältiger Weise gewürdigt. So ist beispielsweise am 1. Juli 2010 eine Jubiläums-Ausstellung im Deutschen Bergbau-Museum Bochum eröffnet und am 11. November 2010 eine Sonderbriefmarke „750 Jahre Knappschaft“ herausgegeben worden.

Rolle als Sozialversicherung

Zur gegenseitigen Unterstützung, insbesondere gegen die Gefahren des Berufs, wurden bereits seit alter Zeit eigene Knappschaftskassen (Bruderladen, so besonders in Österreich genannt, Gnadengroschenkassen) gebildet, deren bereits die Kuttenberger Bergordnung von 1300 gedenkt. Ursprünglich war ihre Bildung der freien Vereinigung der Beteiligten (Knappschaftsvereine) überlassen. Die Gesetzgebung (Preußen seit 1854, Österreich 1854, bzw. 1892) hat die Bildung solcher Kassen allgemein (in Sachsen nur für Erzbergbau) vorgeschrieben. Alle Arbeiter müssen beitreten. Neben ihnen sind auch die Werksbesitzer an den Kosten und der Verwaltung beteiligt. Diese haben wenigstens die Hälfte der von den Arbeitern gezahlten Beiträge zuzuschießen. Die Verwaltung erfolgt durch einen von den Werksbesitzern und Arbeitern je zur Hälfte gewählten Vorstand unter der Aufsicht der Bergbehörde. [...] Die Kassen, welche bestimmte Bezirke zu umfassen haben, gewähren [...] für vollberechtigte Mitglieder in Krankheitsfällen freie Kur und Verpflegung, Krankenlohn, Beitrag zu den Begräbniskosten, Invaliden- sowie Witwen- und Waisenpension. Die Höhe der Pension wächst mit der Dauer der Mitgliedschaft, die der Unterstützungen und Beiträge wird durch Statut festgestellt. [...] Für das ganze Deutsche Reich ist zur Entschädigung aller Betriebsunfälle eine Knappschafts-Berufsgenossenschaft gebildet worden. Die Knappschaftsmitglieder genügen, sofern die Knappschaftskasse gewissen gesetzlich festgestellten Voraussetzungen entspricht, auch ihrer Alters- und Invaliditätsversicherungspflicht durch Beteiligung an dieser Kasse.

Literatur

  • Claus Brabant, Doris Grand-Ivic; Auer Beschäftigungsinitiative e. V. (Hrsg.): Knappschaften und Bergbrüderschaften im sächsischen Erzgebirge. Druckerei & Verlag Mike Rockstroh, Aue Juni 2004, S. 96 (Inhaltsverzeichnis, abgerufen am 22. Juni 2011).
  • Albert Caron: Die Reform des Knappschaftswesens und die allgemeine Arbeiterversicherung. Berlin 1882.
  • Martin H. Geyer: Die Reichsknappschaft. Versicherungsreformen und Sozialpolitik im Bergbau 1900–1945. Beck, München 1987, ISBN 9783406322679.
  • Günter Horn: Der Knappschaftsälteste in den mitteldeutschen Bergbauregionen. Bochum 2000.
  • Ulrich Lauf: Die Knappschaft. Asgard-Verlag Hippe, Sankt Augustin 1994.
  • Rudolf Knapp: Das Bruderladegesetz vom 28. Juli 1889, R.G.Bl.Nr. 127 und das Musterstatut hiezu. Hi1fsbuch für den praktischen Gebrauch. Manz, Wien 1892, XII, S. 165.
  • Adolf Menzel: Die Arbeiterversicherung nach österreichischem Rechte. Mit Berücksichtigung des deutschen Reichsrechtes systematisch bearb. von Adolf Menzel. Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 504 (http://www.archive.org/stream/diearbeitervers00menzgoog#page/n7/mode/2up, abgerufen am 22. Juni 2011).

Festschriften zu 750 Jahre Knappschaft

  • Georg Greve, Gilbert Gratzel, Eberhard Graf; Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Hrsg.): Die Knappschaft als sozialer Pfadfinder: 750 Jahre Knappschaft. Soziale Verantwortung zu jeder Zeit. Bochum 2010.
  • Holger Zürch, Eberhard Graf, Gilbert Gratzel; Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Hrsg.): Soziale Verantwortung für Sachsen - eine Festschrift. Festveranstaltung „750 Jahre Knappschaft“ und „20 Jahre Knappschaft wieder in Sachsen“ in Chemnitz am 21. Januar 2011 (mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich als Ehrengast). Bochum 2011.
  • Ulrich Lauf; Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Hrsg.): Das sächsische Knappschaftswesen. Zur Geschichte. 750 Jahre Knappschaft - Soziale Verantwortung zu jeder Zeit. Bochum 2011.
  • Michael Fessner et al (Hrsg.): Auf breiten Schultern. 750 Jahre Knappschaft. In: Katalog der Ausstellung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum. Bochum 2010.
  • Christoph Bartels, Lars Bluma et al (Hrsg.): Vergangenheit und Zukunft sozialer Sicherungssysteme am Beispiel der Bundesknappschaft und ihrer Nachfolger. Ein Forschungsprojekt der Leibniz-Gemeinschaft. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2009. Nr. 2, S. 195–217.
  • Christop Bartels (Hrsg.): Berufliches Risiko und soziale Sicherheit. Beiträge zur Tagung „Vergangenheit und Zukunft sozialer Sicherungssysteme am Beispiel der Bundesknappschaft und ihrer Nachfolger“. Bochum 2010.

Wörterbuchartikel

  • Emminghaus im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften« 
  • Haberer, Artikel »Bruderladen« in Mischlers »Österreichischem Staatswörterbuch« (Wien 1894 ff.)
  • Kratz, Artikel »Knappschaftsvereine« in Stengels »Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts« 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gilbert Gratzel: 750 Jahre Knappschaft. In: tag - Zeitschrift der Knappschaft, Ausgabe 1/2010, Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Bochum, online auf www.knappschaft.de
  2. Vorwärts, Heft Dezember/Januar 2010/2011, Seite 32: Mit dem Segen des Bischofs
  3. Vorwärts, Heft Dezember/Januar 2010/2011, Seite 32: Mit dem Segen des Bischofs
  4. http://www.750jahre.info/nn_171158/750/DE/Navi/Geschichte/node.html?__nnn=true

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