- Kolonialrat
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Der Kolonialrat war eine von 1890 bis 1907 und 1911 bis 1913 bestehende, dem Reichskolonialamt des Auswärtigen Amtes des Deutschen Kaiserreiches als sachverständiger Beirat für koloniale Angelegenheiten beigeordnete Körperschaft.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Gestützt auf einen kaiserlichen Erlass vom 10. Oktober 1890 [1] verfügte Reichskanzler Caprivi gleichentags [2] die nötigen Ausführungsvorschriften in betreff des Kolonialrats. Dessen Mitglieder sollten hiernach vom Reichskanzler ernannt werden.
Der Kolonialrat sollte als Nahtstelle politischer und wirtschaftlicher Kolonialinteressen dem Reichskolonialamt zur Seite stehen. Häufig bezeichnete man ihn als Nebenparlament, weswegen es immer wieder Debatten über eine Auflösung des Rates gab. Der erste Kolonialdirektor Paul Kayser wollte mit dem Kolonialrat der öffentlichen Meinung, die Verwaltung verstünde nichts von den Kolonien, entgegenwirken.
Die Tagungen des Kolonialrates fanden auf Einladung des Reichskanzlers in Berlin statt, anfangs in Tagungsräumen des Reichstages, später im Großen Sitzungssaal des Reichskolonialamtes. An der ersten Sitzung nahmen zwanzig Vertreter auf Einladung Kanzler Caprivis teil. Bei der vorübergehenden Auflösung des Kolonialrates 1907 betrug die Mitgliederzahl das doppelte.
In den ersten sechzehn Jahren seines Bestehens fanden insgesamt 75 Sitzungen statt. 1911-1913 wurde zweimal jährlich getagt.
Die mit einem kaiserlichen Schutzbrief ausgestatteten oder in den Schutzgebieten durch die Anlage wirtschaftlicher Unternehmungen von bedeutendem Umfang in Tätigkeit befindlichen Kolonialgesellschaften konnten aus ihrer Mitte Mitglieder für den Kolonialrat in Vorschlag bringen; im übrigen erfolgte die Berufung der Mitglieder aus den Kreisen der Sachverständigen nach dem Ermessen des Reichskanzlers. Die Sitzungsperiode, für welche die Ernennung jeweilig erfolgte, betrug ein Jahr. Den Vorsitz führte der Leiter der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes oder der mit seiner Stellvertretung beauftragte Beamte der Kolonialabteilung.
Der Kolonialrat hatte sein Gutachten über alle Angelegenheiten abzugeben, welche ihm von der Kolonialabteilung (Kolonialamt) überwiesen wurden. Er konnte aber auch über selbständige Anträge seiner Mitglieder Beschluss fassen. Der Kolonialrat wählte aus seiner Mitte einen ständigen Ausschuss von drei Personen, welcher außerhalb der Sitzungen der Hauptversammlung von der Kolonialabteilung um sein Gutachten befragt werden konnte. Mitglieder der Kolonialabteilung sowie Vertreter andrer Behörden konnten mit beratender Stimme den Sitzungen beiwohnen, wenn hierzu die Genehmigung des Reichskanzlers vorlag.
Die Mitglieder des Kolonialrats versahen ihr Amt als Ehrenamt, doch erhielten die auswärtigen eine ihren baren Auslagen entsprechende Vergütung.
Besondere Bedeutung kam dem Kolonialrat in den Bereichen Eisenbahnbau, Plantagenwirtschaft, Schifffahrt und Missionswesen zu.
Mitglieder des Kolonialrates
unvollständig
Als Leiter der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes bzw. des Reichskolonialamtes als Vorsitzende im Kolonialrat vertreten (in Klammern: Zeit des Vorsitzes):
- Paul Kayser 1890-1896
- Oswald Freiherr von Richthofen 1896-1898
- Gerhard von Buchka 1898-1900
- Oscar Wilhelm Stübel 1900 1905
- Ernst Fürst von Hohenlohe-Langenberg 1905-1906
- Bernhard Dernburg1906-1907
- Wilhelm Solf 1911-1913
Als einfache Mitglieder:
- Franz Hespers, katholischer Kleriker
- Karl Rudolf Jacobi, protestantischer Vertreter, Staatssekretär des Reichsschatzamtes a.D.
- Adolph von Hansemann, Bankier, Direktor der Disconto-Gesellschaft
- August Freiherr von der Heydt, Kunstsammler, Teilhaber des Bankhaus von der Heydt-Kersten & Söhne
- Eugen Langen, Industrieller
- Adolph Woermann, Reeder
- Julius Scharlach, Rechtsanwalt
- Georg Schweinfurth, Afrikaforscher
- Paul Staudinger, Afrikaforscher
- Wilhelm von Oechelhäuser, Vertreter der Deutschen Bank
- Johannes von Miquel, Vertreter des Deutschen Kolonialvereins
- Emil Kirdorf, Vertreter des Alldeutschen Verbandes
- Johann Albrecht zu Mecklenburg, Vertreter der Deutschen Kolonialgesellschaft
- Karl Schmeißer, Geologe
- Victor Valois, pensionierter Vizeadmiral
Literatur
- Hartmut Pogge von Strandmann: Der Kolonialrat aus: Zeller, Joachim; von der Heyde, Ulrich: Kolonialmetropole Berlin. Berlin-Ed., 2002
Weblinks
Wikisource: Allerhöchster Erlaß, betreffend die Errichtung eines Kolonialraths. Vom 10. Oktober 1890. – Quellen und VolltexteEinzelnachweise
Kategorie:- Deutsche Kolonialgeschichte
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