Kulturlandschaft

Kulturlandschaft
Kulturlandschaft in der rumänischen Maramuresch

Kulturlandschaft bezeichnet die durch den Menschen geprägte Landschaft. Wichtige Faktoren („Wirkfaktoren“) für die Entstehung und Entwicklung der Kulturlandschaft sind sowohl Beschaffenheit (Standortbedingungen) des Naturraums, die ursprüngliche Fauna und Flora, die menschlichen Einflüsse, als auch die daraus resultierenden Wechselwirkungen.

Die mitteleuropäische Kulturlandschaft ist durch die landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Diese Nutzungsform schuf bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr artenreiche Biotope (beispielsweise Feuchtgebiete, (keine Moorbiotope), Heiden, Streuobstwiesen), die danach im Zuge der Intensivierung aus wirtschaftlich-profitorientierten Beweggründen zu großen Teilen wieder verloren gingen. Doch noch immer sind die bestehenden Kulturlandschaften – je nach Grad der regional erheblich differenzierten Intensivierung – in ihrer Gesamtheit (Biodiversität) artenreicher, als es eine vom Wald beherrschte, humide Florenregion erlaubt.

Inhaltsverzeichnis

Definitionen

Definition „Kulturlandschaft“

  • „Eine vom Menschen zwar intensiv genutzte, jedoch durch kleinräumige Wirtschaftsweisen geprägte Agrarlandschaft, deren Haushalt durch eine Vielzahl von Landschaftselementen ökologisch relativ stabil ist und in ihrer Physiognomie naturräumliche Verschiedenheiten wahrt.“ [1]
  • „Die Kulturlandschaft entsteht durch die dauerhafte Beeinflussung, insbesondere auch die wirtschaftliche und siedlungsmäßige Nutzung der ursprünglichen Naturlandschaft durch menschliche Gruppen und Gesellschaften im Rahmen der Ausübung ihrer Grunddaseinsfunktionen. Ihre regional differenzierte Ausprägung ist nicht durch die Natur determiniert, wohl aber von ihr beeinflusst und zwar um so stärker, je geringer die technologische Entwicklung der die Kulturlandschaft gestaltenden Gruppe ist. Die Kulturlandschaft erhält ihre regionale Ausprägung insbesondere durch die Wohnfunktion (Art und Verteilung der menschlichen Siedlungen), die Art der wirtschaftlichen Tätigkeit (agrarische Landnutzung, Rohstoffgewinnung, Industrie und Gewerbe) und die Ausbildung des Verkehrsnetzes.“ [2]

Das Wort Kultur (im landbaulichen Sinne) wird dabei nicht nur verstanden als Urbarmachung und Pflege des Bodens, sondern vielmehr als Ausdruck des menschlichen Schaffens im ländlichen Raum schlechthin. Für die landschaftliche Ausstattung gelten somit die gleichen Maßstäbe wie für die kulturellen Bauten und das geistig-kulturelle Gedanken- und Brauchtumsgut. Demzufolge ist nicht nur die Pflanzendecke relevant, sondern auch jedes sichtbare Zeichen für die Landschaftsverbundenheit des Bauern. Bei Art, Umfang und Intensität der Bewirtschaftung machte er sich den sich weitgehend selbst stabilisierenden Naturhaushalt zunutze. Solche von Menschen geschaffene Landschaftselemente sind z. B. Heckensäume und Gehölzinseln neben Feldern zum Schutz vor Wind und Austrocknung. Einzelbäume wie Obsthochstämme oder Eichen als Schattenbäume auf Viehweiden. Aber auch Feldraine und Trockenmauern zur Minderung von Erosionsschäden und zur Erleichterung der Bewirtschaftung. Lesesteinriegel wurden bei der Urbarmachung von steinigen Wiesen oder Feldern angelegt. Diese ehemals in Sinne einer bäuerlichen Landwirtschaft nützlichen Landschaftselemente stören heute oftmals bei der Bewirtschaftung großer Flächen. Sie erfahren Schutz z. B. durch die Ausweisung als Kulturdenkmäler.

Demgegenüber weisen Industriegebiete und viele Großstädte eine entsprechende durch Industrie- und Verkehrsanlagen gekennzeichnete Kulturlandschaft auf.

Definition „Wirtschaftslandschaft“

  • „Eine durch großräumige Wirtschaftsweisen intensiv genutzte Agrarlandschaft, die durch nivellierende Eingriffe des Menschen, Ausräumung von raumgliedernden Landschaftselementen sowie durch Uniformität geprägt ist und deren Haushalt über künstliche Eingriffe im ökologischen Gleichgewicht gehalten wird.“ [1]

Diese Definition beschränkt sich nicht nur auf die Pflanzendecke als Indikator für die Intensität der Landnutzung, sondern bezieht auch den Grad der Entfernung des Menschen von einer gewachsenen Kulturlandschaft ein, zu welcher der gestaltende Landwirt noch ein inniges Verhältnis hatte. Aus sozioökologischen Gründen ist es ein Anliegen der Industriestaaten, ihre gewachsenen Kulturlandschaften zu erhalten und nachhaltig zu pflegen (siehe auch Landschaftspflege).

Kulturlandschaften in der Liste der UNESCO-Welterbestätten

Das Welterbekomitee versieht seit 1992 bestimmte Stätten des Weltkulturerbes mit dem Zusatz „Kulturlandschaft“. Dazu schreibt es in seinen Durchführungsbestimmungen:

„Kulturlandschaften sind Kulturgüter und stellen die in Artikel 1 des Übereinkommens bezeichneten‚ gemeinsamen Werke von Natur und Mensch‘ dar. Sie sind beispielhaft für die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und Ansiedlung im Verlauf der Zeit unter dem Einfluss der physischen Beschränkungen und/oder Möglichkeiten, die ihre natürliche Umwelt aufweist sowie der von außen und innen einwirkenden aufeinander folgenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte.[3]

Folgende Kulturlandschaften im deutschsprachigen Raum wurden bisher in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen, da sie durch ihren „außergewöhnlich universellen Wert“ besonders erhaltenswert sind:

Deutschland

Österreich

Schweiz

  • 2007 – Weinberg-Terrassen in Lavaux

Die Aufnahme in die UNESCO-Liste beinhaltet eine besondere Verpflichtung zum Erhalt dieser Kulturlandschaften.

Das wissenschaftliche Studium von Kulturlandschaften

Die Cultural Landscape als System der Interaktion menschlicher Tätigkeit und natürlicher Umwelt ist in einem Sinne, der über die UNESCO-Definition hinausgeht, Gegenstand des Studiengangs Master of Cultural Landscapes (MaCLands), der als European Master gemeinsam von den Universitäten Neapel, St.-Étienne und Stuttgart angeboten wird: (www.maclands.eu).

Siehe auch

Literatur

  • A. Bauerochse, H. Haßmann, U. Ickerodt (Hrsg.), Kulturlandschaft – administrativ – digital – touristisch, Berlin, 2007, ISBN 978-3-503-09794-4
  • BMVBS/BBR (Hrsg.): Regionale Kulturlandschaftsgestaltung. Neue Entwicklungsansätze und Handlungsoptionen für die Raumordnung. BBR-Online-Publikation 18/2007, Bonn 2007, ISSN 1863-8732
  • K. Buchwald, W. Engelhard: Handbuch für Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt. 4 Bände. BLV, München u. a. 1980, ISBN 3-405-12033-0
  • K. Buchwald, W. Engelhard: Landschaftspflege und Naturschutz in der Praxis. BLV, München u. a. 1984, ISBN 3-405-11200-1
  • P. Burggraaff, K.-D. Kleefeld: Historische Kulturlandschaft und Kulturlandschaftselemente. Angewandte Landschaftsökologie 20, Bonn-Bad Godesberg 1998, ISBN 3-89624-318-7
  • P. Burggraaff (Red.): Kulturlandschaftspflege. Sukzession kontra Erhalten. NUA-Seminarbericht 3, 1999, ISSN 1436-0284
  • V. Denzer u. a. (Hrsg.): Kulturlandschaft. Wahrnehmung – Inventarisation – Regionale Beispiele. Fundberichte aus Hessen, Beiheft 4, Wiesbaden 2005, ISBN 3-7749-3334-0
  • D. Fürst u.a. (Hrsg.): Kulturlandschaft als Handlungsraum. Institutionen und Governance im Umgang mit dem regionalen Gemeinschaftsgut Kulturlandschaft, Dortmund 2008, ISBN 978-3-939486-06-0
  • U. Harteisen u.a. (Hrsg.): Kulturlandschaftsforschung und Umweltplanung. Tagungsdokumentation, GCA-Verlag, Herdecke 2000, ISBN 3-89863-043-9
  • H. Küster: Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa. Von der Eiszeit bis zur Gegenwart. C. H. Beck, München 1995, ISBN 3-406-39525-2
  • Landschaftsverband Rheinland u. a. (Hrsg.): Kulturlandschaft digital – Forschung und Anwendung. Tagungsdokumentation, Beiträge zur Landesentwicklung 58, Selbstverlag, Köln 2005
  • S. Lütgert (Hrsg.): Zukunft der Vergangenheit? Nachhaltige Inwertsetzung kulturlandschaftlicher Potenziale in marginalisierten Räumen. Tagungsband, Selbstverlag, Schöningen 2004, ISBN 3-00-010977-3
  • U. Matthiesen u.a. (Hrsg.): Kulturlandschaften als Herausforderung für die Raumplanung. Verständnisse – Erfahrungen – Perspektiven. Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover 2006, ISBN 3-88838-057-X
  • C. Troll: Landschaftsökologie (Geoecology) und Biogeocoenologie. Eine Terminologische Studie. In: Revue Roumaine de Geologie Geophysique et Geographie, Série de Géographie, 14 (1971), S. 9–18
  • B. von Dziembowski, D. von König, U. Weilacher (Hrsg.): NEULAND. Bildende Kunst und Landschaftsarchitektur. Birkhäuser Verlag, Basel 2007, ISBN 9783764386191
  • C. Wiegand: K.-D. Kleefeld (Red.), Kulturlandschaften in Europa – Regionale und Internationale Konzepte zur Bestandserfassung und Management. Hannover 2001, ISSN 0175-5951
  • B. von Dziembowski, U. Weilacher, J. Werren (Hrsg.): NEULAND. Landschaft zwischen Wirklichkeit und Vorstellung. Birkhäuser Verlag, Basel 2009, ISBN 9783034600859
  • Landschaftsverband Rheinland und Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.): Lebendiges Erbe. Kulturlandschaften in Nordrhein-Westfalen, Schnell + Steiner, Regensburg 2009, ISBN 978-3-7954-2127-4.
  • Tobias Reeh, Gerhard Ströhlein, Axel Bader (Hg.): Kulturlandschaft verstehen. ZELTForum - Göttinger Schriften zu Landschaftsinterpretation und Tourismus - Bd. 5, Göttinger Universitätsverlag: Göttingen 2010 ISBN 978-3-941875-33-3 online-version

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Gottfried Briemle: Flurbereinigung – Bereicherung oder Verarmung der Kulturlandschaft? In: Schwäbische Heimat, 29. Jg. (Stuttgart 1978), Heft 4, S. 226–233
  2. Diercke – Wörterbuch der Allgemeinen Geographie, Braunschweig 1984, ISBN 9783423034227
  3. Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt in der Übersetzung der Deutschen UNESCO-Kommission, Abschnitt II.A., Nummer 47. Das Übereinkommen ist die Welterbekonvention, deutscher Text unter http://www.unesco.de/650.html

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