- Naturraum
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In der Geographie wird Naturraum, auch Großraum, als eine Einheit des geographischen Raums beschrieben, die mit abiotischen Faktoren (Klima, Relief, Wasserhaushalt, Boden, geologischer Bau) und biotischen Faktoren (Flora und Fauna) ausgestattet ist. Der Begriff Naturraum soll sich deutlich gegen den Begriff Landschaft abgrenzen. In einem Ordnungsprinzip werden die Naturräume in immer kleinteiligeren Einheiten dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
Naturräumliche Gliederung
Die naturräumliche Gliederung grenzt naturräumliche Einheiten oder Naturräume auf mehreren Skalen voneinander ab. Schon sehr lange (19. Jahrhundert) wird dieses Thema bei Landeskundlern, Geographen, Biologen und anderen mit den räumlichen Strukturen Beschäftigten intensiv diskutiert. Die einzelnen Naturräume sind räumliche Individuen, die in ihrem Gesamtcharakter sich in einzelnen, mehreren oder auf kleiner Ebene sogar in allen Geofaktoren von den benachbarten Flächeneinheiten unterscheiden. Abgegrenzt wird vorrangig nach geomorphologischen und hydrographischen Gesichtspunkten. Landschaftliche Einheiten von bestimmter Erscheinung und Standortausprägung sowie Lagequalität sind somit gegenüber benachbarten Flächen mit unterscheidbarer Charakteristik abgetrennt. Ebenso werden weniger dominante und ins Auge fallende Faktoren wie Relief, Vegetation, Gewässer, Geologie und Klima zur Kartierung mit herangezogen, was aber auch gewisse Grenzen setzt. Denn aktuelle dynamische Prozesse werden dabei meist nicht oder kaum berücksichtigt. In Deutschland dient seit den 50er-Jahren das Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands allgemein als Planungs- und Beobachtungsgrundlage, wird auch in leicht abgewandelter Form zum Beispiel vom Deutschen Wetterdienst bei seinen phänologischen Untersuchungen herangezogen. Es gibt weitere Konzepte, die regional zu einer anderen Gliederungsstruktur und auch zu anderen Landschaftsbezeichnungen kommen.
Physiographische Regionen nach Fenneman
→ Hauptartikel: Physiographische Regionen der Erde nach Fenneman
Die Landschaftsformen oder physiographischen Regionen der Erde – ihre naturräumlichen Einheiten – werden vor allem in der angloamerikanischen Literatur nach Nevin Fenneman (1916) unterteilt. [1][2][3] .[4] In der deutschen Geographie, die sich teilweise von dieser fast rein auf Geomorphologie, beziehungsweise der Kombination aus geologischen Verhältnissen und Topographie gestützten Betrachtungsweise davon unterscheidet, brachte unter anderem Ernst Neef[5] diese Übersicht näher.
Die Grobeinteilung folgt in Kontinente, wobei es zwischen den einzelnen Kontinentalblöcken durchaus wegen gemeinschaftlicher Vergangenheit oder ähnlicher Genese Verbindungen gibt. Unterhalb der Kontinente als oberstes Gliederungskriterium folgen in diesem Schema Divisions, Provinces (Provinzen) und Sections (Sektionen), entsprechend der Nomenklatur des USGS.
Naturräumliche Gliederung der Staaten
Deutschland
Deutschlands Festland besteht aus vier Großregionen 1. Ordnung[6] die sich nach aktuellem Stand jeweils in Großregionen 2. Ordnung (vorangestellter Pfeil „→“) aufspalten:[7]
- Norddeutsches Tiefland
- → Marschen (D21, D24-25)[8]
- → Mecklenburgisch-Vorpommersches Küstengebiet (D01)
- → Nord(ost)deutsche Seenplatte[8]
(D02-04, N v. D07) - → Norddeutsches Heide-, Geest-, Hügel- und Flachland[8]
(D05-13 ohne N v. D07, D22, D26-31 ohne SE v. D30, D34-35) - → Lössbörden[8]
D14 ohne S, D19-20, D32-33, SE v. D30)
- Mittelgebirge[9]
- Grundgebirgsschollenland
- → Rheinisches Schiefergebirge (D38-45)
- → Harz (37)
- → Sächsisch-Thüringisch-Bayrisches Mittelgebirge[8]
- Thüringisch-Fränkisches Mittelgebirge (D48, NW v. D17)
- Sächsisches Bergland und Mittelgebirge (S v. D14, D15-17 ohne NW v. D17)
- Oberpfälzisch-Bayerischer Wald (D63)
- Bruchschollentafelland
- → Niedersächsisch-Hessisches Bergland
- Niedersächsisches Bergland (D36)
- West-[10] und Osthessisches Bergland (D46-47)
- → Thüringer Becken (mit Randplatten) (D18)
- → Niedersächsisch-Hessisches Bergland
- Schichtstufenland
- → Nordfranzösisches Schichtstufenland (D49-52)
- → Oberrheinisches Tiefland (D53)
- → Südwestdeutsches Stufenland (D54-D63, D69)
- Grundgebirgsschollenland
- Alpenvorland
- → Nördliches Alpenvorland[8] (D64-65)
- → Voralpines Hügel- und Moorland (D66)
- Alpen
- → Nördliche Kalkalpen (D67-68)
Otto Klausing bezeichnet die zweite Ordnungsstufe der naturräumlichen Einheiten als Region.[11]
Die Einheiten 3. Ordnung entsprechen im Regelfalle den Haupteinheitengruppen, sofern diese nicht bereits Großregionen 2. Ordnung darstellen (z. B. Harz und Oberrheingraben). Jedoch wurden sehr viel Raum einnehmende Einheiten 3. Ordnung oftmals auf zwei oder mehr Gruppen aufgeteilt, im Schichtstufenland etwa die Schwäbisch-Fränkischen Gäue (D57/56), Keuper-Lias-Länder (D58/59) und Alben (D60/61) – im vorliegenden Falle auch aus kulturräumlichen Aspekten heraus. Das Rheinische Schiefergebirge stellt, trotz seiner Aufspaltung in immerhin 8 Haupteinheitengruppen, gleichzeitig eine Einheit zweiter und dritter Ordnung dar.
Es folgen weiterhin folgende Untergliederungen:
- 4. Ordnung: Haupteinheit (dreistellige Kennziffer)
- 5. Ordnung: Untereinheit (dreistellige Kennziffer mit einer Nachkommastelle)
- 6. Ordnung: Teileinheit (dreistellige Kennziffer mit zwei Nachkommastellen)
- 7. Ordnung: Grundeinheit (Fliese; dreistellige Kennziffer mit drei Nachkommastellen))
- Singularität/Einzelform (Fliese; meistens ohne Kennziffer)
Siehe auch
- Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands
- Naturräumliche Großregionen Deutschlands nach Definition des Bundesamtes für Naturschutz
- Listen nach Bundesländern
Österreich
Traditiononelle wissenschaftliche Gliederung:
- Vorländer und randalpine Becken:
- Alpen- und Karpatenvorland
- Wiener Becken
- Südöstliches Alpenvorland
- Gneis- und Granithochland
- Österreichische Alpen
- Nordalpen
- Zentralalpen
- Südalpen (wobei der österreichisch Anteil an diesem Gebirgszug recht gering ist)
Schweiz
In der Schweiz ist die geographische Gliederung historisch dreiteilig:[12][13]
- Jura
- Mittelland
- Alpen (→ Schweizer Alpen)
Die biogegraphischen Regionen der Schweiz:[14]
- Jura und Randen
- Östliches Mittelland
- Westliches Mittelland
- Hochrhein und Genferseeregion
- Voralpen
- Nordalpen
- Östliche Zentralalpen
- Westliche Zentralalpen
- Südalpen
- Südlicher Tessin
Die Zuteilung erfolgt auf Gemeindeebene. Da es sich um eine Gliederung zu statistischen Zwecken handelt, wurde keine feinere Gliederung vorgenommen.
- Siehe auch: Liste der Regionen in der Schweiz
Siehe auch
- Landschaft
- Geologische Provinz
Literatur
- Institut für angewandte Geodäsie (Hrsg.): Landschaften - Namen und Abgrenzungen, Bad Godesberg
Einzelnachweise
- ↑ Physiographic divisions of the conterminous U. S.. U.S. Geological Survey. Abgerufen am 6. Dezember 2007.
- ↑ Physiographic & Landform - World, U.S.. Indiana University of Pennsylvania. Abgerufen am 7. Dezember 2007.
- ↑ The Atlas of Canada - Physiographic Regions. Abgerufen am 7. Dezember 2007.
- ↑ Defining Physiographic Realms and Regions: The Spatial Variation of Landscapes. Oxford University Press. Abgerufen am 7. Dezember 2007.
- ↑ Ernst Neef: Das Gesicht der Erde. Brockhaus DDR 1956
- ↑ Emil Meynen (Hrsg.): Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde, Remagen/Bad Godesberg 1953-1962
- ↑ Die Grenzziehung der Großregionen 1. und 2. Ordnung stammt in der Hauptsache aus den Einzelblättern beiliegenden Übersichten (hier jene von Blatt Arnsberg 1968, die Grenzziehung auf Blatt Coburg von 1987 ist identisch), in Sachsen Grenzziehung nach Naturräume in Sachsen; Übersicht mit Haupteinheitengruppen.
- ↑ a b c d e f Genauer Name der Großregion 2. Ordnung nicht bekannt bzw. nicht vergeben.
- ↑ Der geläufige Begriff Mittelgebirgsschwelle fasst die jüngeren Bruchschollentafelländer und die älteren Grundgebirgsschollenländer zwischen Rheinischem Schiefergebirge und Böhmischer Masse zusammen. Die Erstgenannten bilden eine einfach zusammenhängende Mittelgebirgslandschaft, während die Grundgebirgsschollenländer in 3 Segmente geteilt werden, deren kleinstes und nördlich-mittleres der Harz darstellt.
- ↑ In der Haupteinheitengruppe Westhessisches Bergland zählt der Kellerwald nicht zum Bruchschollentafelland, sondern als West-Ausläufer des Rheinischen Schiefergebirges zum Grundgebirgsschollenland.
- ↑ Zur Systematik der naturräumlichen Gliederung - Die Naturräume Hessens (Otto Klausing 1974/1988), Nachdruck im Umweltatlas Hessen
- ↑ Jürg Früh: Geographie der Schweiz. Die Einzellandschaften der Schweiz. Band III (1938)
- ↑ René Ch. Schilter: Versuch einer Landschaftsgliederung und -typologie der Schweiz. Zürich 1977
- ↑ Yves Gonseth, Thomas Wohlgemuth, Bertrand Sansonnens, Alexandre Buttler: Die biogeographischen Regionen der Schweiz UM-137-D BAFU (2001)
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