Kurdische Literatur

Kurdische Literatur

Die kurdische Literatur ist nicht so stark entwickelt wie die anderen Literatur der Region (Türkische Literatur, Persische Literatur). Der allergrößte Teil der kurdischen Erzählungen wurde und wird mündlich überliefert und weitergegeben. Die schriftliche Literatur bestand bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts größtenteils aus Poesie. Aufgrund von politischen und sozialen Entwicklungen wurde der Anteil der Prosa größer. Die kurdische Literatur war im 20. Jahrhundert jahrzehntelang in ihrer Heimat Restriktionen und Verboten ausgesetzt. Mit der Auswanderung nach Europa entwickelten die Kurden hier eine Exilliteratur, die für die Entwicklung in den Heimatländern nicht unbedeutend war.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bekannte und weitverbreitete Geschichten sind die Lieder und Epen von Memê Alan und Siyamend u Xecê. Diese Geschichten wurden von Barden (Dengbêj) und Geschichtenerzählern (Çirokbêj) überliefert. Die frühesten bekannten kurdischen Dichter waren Elî Herîrî, Melayê Cezîrî, Feqiyê Teyran, Ehmedê Xanî und Melleye Bate. Diese Dichter lebten zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert und dichteten auf Kurmandschi. Literarisches Zentrum der Kurden war damals das Fürstentum Botan mit Hauptstadt Cizre. Neben Cizre waren die Städte Sulaimaniyya und Sanandadsch weitere wichtige Literaturzentren. In Sulaimaniyya, die Hauptstadt des Fürstentums Baban, entwickelte sich das Sorani zur Literatursprache und ist heute im Irak Amtssprache, während das irakische Kurmandschi nicht so stark entwickelt ist. Eine weitere wichtige Literatursprache ist das Gorani. Obwohl es nicht kurdisch ist, wird es auch zur kurdischen Literatur gerechnet. Förderer des Gorani war das Fürstentum Ardalan mit Sanandadsch. Die Goraniliteratur nahm mit der Zeit an Bedeutung ab. Diese Literatur war durch die Nähe zum Iran noch stärker vom persischen Stil beeinflusst als das Kurmandschi.

Mit dem Ende des Osmanischen Reiches wurde das kurdische Siedlungsgebiet zwischen mehrere Staaten (Türkei, Irak, Iran und Syrien) aufgeteilt. Ab dann verlief die Entwicklung der kurdischen Literatur in den einzelnen Teilen Kurdistans unterschiedlich. Es konnte keine gemeinsame Literatur und Hochsprache durch die dort gesprochenen verschiedenen Dialekte und die Verwendung unterschiedlicher Alphabete entstehen. Die kurdische Literatur konnte jedoch unter beschränkten finanziellen Bedingungen im Exil kontinuierlich gefördert werden.

Aufgrund der günstigsten Entwicklungsbedingungen für Sprache und Kultur im Irak konnte die kurdische Literatur dort sehr gefördert werden. Viele kurdische Intellektuelle mussten nach der Gründung der türkischen Republik und der neuen türkischen Politik in den Irak fliehen. Dazu gehörten unter anderem Refîk Hilmî, Tewfîk Wehbî, Pîremêrd und M. Emîn Zekî. Hier entstand im Jahre 1939 die Zeitschrift Gelawêj. Dadurch konnte die Grundlagen der modernen kurdischen Prosa weiterentwickelt werden. Die führenden Namen um Gelawêj waren Alladdin Seccadi, Ibrahim Ahmed, und Äakir Fattah. An den Universitäten von Südkurdistan kann heute die kurdische Literatur und Sprache studiert werden.

Die in Sowjetunion lebenden kurdischen Schriftsteller veröffentlichten 1930 die Zeitung Riya Teze in lateinischem Alphabet. Andere Inskripte sind unter anderem die Bücher von Emînê Evdal, Erebê Şemo und Hecîyê Cindî. Die kurdische Literatur erreichte ihren Höhepunkt in den 1960er Jahren durch Namen wie Fêrîkê Ûsiv, Emerîkê Serdar, Wezîrê Eşo, Sîma Semend, Tosnê Reşîd, Ahmedê Hepo und Ezîzê Îsko.

Die Situation in der Türkei, wo die meisten Kurden leben, war jahrzehntelang von Verboten und Restriktionen geprägt. Kurdische Schriftsteller konnten daher nur im Ausland auf kurdisch schreiben. Doch durch die Annäherung der Türkei an der EU, hat sich die Lage sichtlich entspannt. Trotzdem ist die kurdische Literatur nicht soweit entwickelt wie diejenige im Irak.

In deutscher Übersetzung sind unter anderem erhältlich ein Erzählband von Helîm Yûsiv "Der schwangere Mann", Mehmed Uzuns Roman "Im Schatten der Verlorenen Liebe" sowie ein Gedichtband von Sherko Bekas "Geheimnisse der Nacht pflücken".

Unter den Schriftstellern kurdischer Herkunft gibt es einige, die mit ihrer Prosa bekannt geworden sind, aber nicht auf Kurdisch schreiben, sondern auf Türkisch, Arabisch oder Persisch wie z. B. Muhittin Zengane, Mahmud Taymur, Salim Barakat (Arabisch), Nezir Bülbül (Deutsch), Ali Eşref Derwişan, Mansur Yakutî (Persisch), Yaşar Kemal und Bekir Yildiz (Türkisch).

Exilliteratur

Im Exil prägen die kurdische Literatur Lebensumstände der kurdischen Schriftsteller, die sie seit ihrer Flucht aus ihrem Heimatland begleiten. Die kurdischen Schriftstellen arbeiten weitgehend isoliert. Es gibt kaum geeignete Übersetzungen ihrer Werke und damit bleibt die kritische Resonanz einer anderssprachigen Leserschaft aus. Sie sind somit überwiegend auf die Leserschaft ihrer Exilländer, ebenfalls kurdische Emigranten, angewiesen. Die Exilautoren werden meist in ihrer Heimat verfolgt. Daher sind ihre auf Kurdisch verfasste Werke verboten.

Zu den Exilautoren gehören unter anderem:

Bekannte Schriftsteller

Kurmanci

  • Elî Herîrî (1425–1490?)
  • Mulla Ehmed (1417–1494) aus Hakkari, der Autor des Mewlud, eine Kollektion von Versen und einer Anthologie
  • Selîm Selman (Mitte 16. Jahrhundert) (Romanze von Yusif und Zulaykha in 1586)
  • Melayê Cezîrî (1570–1640) aus Botan
  • Feqiyê Teyran (1590–1660) Schüler von Melayê Cezîrî. Schrieb als erster über die Schlacht von Dimdim in 1609–1610 zwischen Kurden und Safawiden
  • Ehmedê Xanî (1651–1707) (Mem û Zîn)

Sorani

Gorani

  • Perîşan Dînewerî (ca. 1395)
  • Mustefa Bêsaranî (1642-1701)
  • Muhemmed Kendulaî (l7 Jh.)
  • Khana Qubadi (Xana Qubadî) (1700-1759),
  • Muhemmed Zengene Xemnakî Kerkûkî (18. Jh.)
  • Mîrza Şafî Dînewerî (18 Jh.)
  • Şeyda Hewramî (1784-1852)
  • Ehmed Beg Kumsî (1796-1889)
  • Mastura Ardalan (Mestûrey Erdelan) (1805-1848)
  • Mawlawi Tawagozi (Mewlewî Tawegozî) (1806-1882)
  • Muhammad Welî Kirmanşahî (ca. 1901)

20. Jahrhundert

Siehe auch

Literatur

  • Andrea Fischer-Tahir: »Wir gaben viele Märtyrer«. Widerstand und kollektive Identitätsbildung in Irakisch-Kurdistan. Unrast, Münster 2004. ISBN 3-89771-015-3
  • Azad Salih: Freies Kurdistan. Die selbstverwaltete Region Kurdistans. Hintergründe, Entwicklungen und Perspektiven. Köster, Berlin 2005. ISBN 3-89574-581-2
  • Hans-Lukas Kieser (Hrsg.): Kurdistan und Europa. Chronos, Zürich 1997. ISBN 3-905312-32-8
  • Karin Kren: Kurdologie, Kurdistan und Kurden in der deutschsprachigen Literatur. LIT, Münster 2000. ISBN 3-8258-4642-3
  • Martin Strohmeier, Lale Yalçin-Heckmann: Die Kurden. Beck, München 2000, 2003. ISBN 3-406-42129-6
  • Mehmet Şahin, Kauffeld: Daten und Fakten zu Kurden und Kurdistan. Pro Humanitate, Köln 2002. ISBN 3-933884-08-X
  • Namo Aziz: Kein Weg nach Hause. Schmerz und Traum der Kurden. Reihe Spektrum. Herder, Freiburg im Breisgau 1991. ISBN 3-451-04074-3 (Widmung: Den Toten von Halabdscha)
  • Nazif Telek: Das Volk ohne Anwalt. Geschichte, Kultur, Literatur und Religion in Kurdistan. Referat in Nordhausen. Erfurt 2003, Weimar 2004.
  • Sabine Skubsch: Kurdische Migration und deutsche (Bildungs-)Politik. Beiträge zur Kurdologie. Bd 5. Unrast, Münster 2003. ISBN 3-89771-013-7
  • Selahaddin Mihotuli: Arya Uygarliklarindan Kürtlere. Koral Yayınları, İstanbul 1992. ISBN 975-7780-01-4
  • Gender in Kurdistan und der Diaspora. Beiträge zur Kurdologie. Bd 6. Unrast, Münster 2004. ISBN 3-89771-014-5
  • Şerafettin Kaya: Diyarbakır - Erfahrung in einem türkischen Kerker. Edition CON, Bremen 1984. ISBN 3-885261-35-9
  • Celalettin Kartal: Der Rechtsstatus der Kurden im Osmanischen Reich und in der modernen Türkei. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2002, ISBN 3-8300-0599-7
  • Wolfgang Benz (Hrsg.): Das zwanzigste Jahrhundert. Weltprobleme zwischen den Machtblöcken (Fischer Weltgeschichte; Bd 36). Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. 2000, ISBN 3-8289-0400-9
  • Türkei (Informationen zur politischen Bildung; Heft 277). Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 4. Quartal 2002, ISSN 0046-9408
  • Günter Kettermann: Atlas zur Geschichte des Islam. Primus-Verlag, Darmstadt 2001, ISBN 3-89678-194-4
  • Klaus Kreiser, Rotraud Wielandt (Hrsg.): Lexikon der Islamischen Welt. Kohlhammer, Stuttgart 1992, ISBN 3-17-011770-X (3 Bde.)
  • Martin Strohmeier, Lale Yalçin-Heckmann: Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. Beck Verlag, München 2003, ISBN 3-406-42129-6

Weblinks


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