Kurt-Schumacher-Akademie

Kurt-Schumacher-Akademie

Die Kurt-Schumacher-Akademie ist eine Bildungseinrichtung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Bad Münstereifel (Nordrhein-Westfalen). Sie wurde am 31. August 1971 unter dem Namen "Haus Münstereifel" eröffnet. Seit 1985 trägt sie den Namen des früheren SPD-Parteivorsitzenden und Fraktionsführers der SPD im ersten deutschen Bundestag Kurt Schumacher. Geleitet wird die Bildungseinrichtung von Helmut Mörchen.

In der Akademie tagte während der Amtszeit des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt regelmäßig der Vorstand der SPD-Fraktion unter der Führung ihres Vorsitzenden Herbert Wehner. Willy Brandt hielt sich von 1971 bis 1974 häufig in der Akademie auf. Hier traf sich die SPD-Spitze Anfang Mai 1974 unmittelbar vor dem Rücktritt Brandts als Bundeskanzler.

Inhaltsverzeichnis

Weiterbildung

Die Kurt-Schumacher-Akademie ist eine Tagungsstätte für Erwachsenenbildung, die Seminare zur politischen, gesellschaftlichen, ökologischen und kulturellen Weiterbildung anbietet. Ein Schwerpunkt der Arbeit sind Rhetorik-Seminare, zum Erarbeiten von Reden und die Qualifizierung zum Konfliktmanagement. Zum Themenbereich Ökologie werden Seminare zur Vereinbarkeit von Umweltschutz und Tourismus oder Handlungsmöglichkeiten der Teilnehmer im Umwelt- und Naturschutz angeboten. Politische Seminare beschäftigen sich beispielsweise mit der Zukunft des Sozialstaats im Zeichen der Globalisierung, Perspektiven sozialer Demokratie im 21. Jahrhundert, dem Parteiensystem oder der Situation im Nahen Osten. Im September 2008 fanden in der Akademie die 65. Münstereifeler Literaturgespräche statt.

Portugiesische Klausurtagung

Vom 17. bis 21. April 1973 fand auf Anregung von Willy Brandt eine Klausurtagung von Mário Soares und seinen im Untergrund oder im Exil arbeitenden politischen Freunden im Haus Münstereifel statt. Ziel dieser Tagung war die Vorbereitung des Sturzes der faschistischen Diktatur in Portugal. Hierbei wurde am 19. April 1974 die Portugiesische Sozialistische Partei wiedergegründet.

Tagung der SPD-Spitze vor dem Rücktritt Willy Brandts

Im Haus Münstereifel tagte am 4. und 5. Mai 1974 die Führungsspitze der SPD mit Gewerkschaftsvorsitzenden, um über die Konsequenzen aus der harten Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes, Verlusten der SPD im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf sowie bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein und Hessen, dem Ansehensverlust der SPD/FDP-Regierung in der Bevölkerung und die Konjunkturkrise zu beraten. Am Abend des 4. Mai führte Herbert Wehner ein längeres Vier-Augen-Gespräch mit Willy Brandt, „dessen Verlauf für den Entschluss zum Rücktritt (Willy Brandts als Bundeskanzler) wohl den Ausschlag gegeben hat“, wie Peter Merseburger das Geschehen beschrieb. Dabei wurde auch die Affäre um Brandts Hilfsreferenten Günter Guillaume angesprochen, der Brandt im Auftrag der DDR ausspioniert hatte. Wehner vertrat die Auffassung, Brandt sei erpressbar. Am 5. Mai kündigte Brandt in größerer Runde an, zurücktreten zu wollen. Er selbst nannte neben Wehner als Anwesende Finanzminister Helmut Schmidt, den SPD-Schatzmeister Alfred Nau, den SPD-Bundesgeschäftsführer Holger Börner und den Parlamentarischen Staatssekretär Karl Ravens. Nach seiner Rückkehr in die Bundeshauptstadt Bonn schrieb Brandt am Abend des 5. Mai seine Rücktrittserklärung, die am nächsten Tag an Bundespräsident Gustav Heinemann, der sich in Hamburg aufhielt, übergeben wurde. Willy Brandt selbst hielt in seinen „Erinnerungen“ über die Rolle Wehners fest: "Viel ist über den Einfluss gerätselt worden, der in jenen Tagen von Wehner ausgegangen ist. In der Woche nach meinem Rücktritt stellte ich – in einem Brief an die Mitglieder unserer Partei – fest: An der Behauptung, Wehner habe mich aus dem Amt gedrängt, sei ‚kein Wort wahr’". Andererseits schrieb Brandt, dass sich Wehner sehr zurückgehalten habe, als ihn Anwesende bei der Sechserrunde in Bad Münstereifel vom Rücktritt abzuhalten versuchten.

Namensgebung Kurt-Schumacher-Akademie

Seit dem Jahre 1985 trägt die Akademie den Namen des bereits 1952 verstorbenen früheren Partei- und Fraktionsvorsitzenden der SPD Kurt Schumacher. Die Namensgebung erfolgte anlässlich des neunzigsten Geburtstages Kurt Schumachers unter Anwesenheit seiner engsten Weggefährten Annemarie Renger und Fritz Heine.

Bombenanschlag 1986

Am Abend des 21. Dezember 1986 verübten Militante aus dem Umfeld der Rote Armee Fraktion einen Bombenanschlag auf den kurz vor der Fertigstellung stehenden Erweiterungsbau der Kurt-Schumacher-Akademie. Die zu jener Zeit allein im Akademiegebäude lebende Hauswirtschaftsleiterin wurde kurz vor dem Anschlag telefonisch gewarnt. Der Bombenanschlag richtete demzufolge lediglich erheblichen Sachschaden an. Von den Tätern fehlt bis heute jede Spur.

Einweihung des Erweiterungsbaus

Am 8. März 1987 wurde der Erweiterungsbau der Kurt-Schumacher-Akademie eingeweiht. Hierzu konnte der Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung Heinz Kühn, Manuel Tito de Morais, Holger Börner und Herbert Wehner begrüßen.

Literatur in der Kurt-Schumacher-Akademie

Seit 1987 finden in der Kurt-Schumacher-Akademie die Münstereifeler Literaturgespräche zweimal im Jahr statt. Hier treffen sich Autoren mit Lektoren, Kritikern, Literaturwissenschaftlern und interessierten Lesern zum gemeinsamen Gespräch.

Im Jahre 1992 wurde in Ergänzung zu den Münstereifeler Literaturgesprächen das Münstereifeler Autorentreffen initiiert. Es findet einmal im Jahr in der zweiten Märzwoche unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Weblink und Quelle

  • "Bilder, Dokumente und Notizen zur Geschichte der Kurt-Schumacher-Akademie Bad Münstereifel"; Broschüre der Friedrich-Ebert-Stiftung o.J.
  • Webseite der Kurt-Schumacher-Akademie

Literatur

  • Arnulf Baring: Machtwechsel. Die Ära Brandt-Scheel. In Zusammenarbeit mit Manfred Goertemaker. 3. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Stuttgart 1982, ISBN 3-421-06095-9.
  • Willy Brandt: Erinnerungen. 3. erweiterte Auflage. Propyläen Verlag u. a., Frankfurt am Main u. a. 1989, ISBN 3-549-07353-4.
  • Weitere Aussicht wechselhaft. Münstereifeler Lesebuch. Friedrich-Ebert-Stiftung, Bad Münstereifel 1996, ISBN 3-86077-524-3, (Münstereifeler Literaturgespräche).
  • Kalus Modick, Helmut Mörchen (Hrsg.): Von Lust und Last literarischen Schreibens. Ein Blick in die Werkstatt deutscher Schriftsteller. Eichborn-Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-8218-0888-8.
  • Helmut Mörchen (Hrsg.): Die Münstereifeler Literaturgespräche. Eine Chronik. Mit Bildern von Herbert Hering-Heidt. Friedrich-Ebert-Stiftung - Kurt-Schumacher-Akadademie, Bad Münstereifel 2006, ISBN 3-89892-541-2.
50.5536111111116.7536111111111

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kurt Schumacher — (* 13. Oktober 1895 in Culm, Westpreußen; † 20. August 1952 in Bonn; vollständiger Name: Curt Ernst Carl Schumacher) war ein deutscher Politiker. Er war Parteivorsitzender der SPD von 1946 bis 1952 …   Deutsch Wikipedia

  • Kurt Schumacher (Bildhauer) — Gedenktafel für Kurt Schumacher an der Berliner Schleusenbrücke Kurt Schumacher (* 6. Mai 1905 in Stuttgart; † 22. Dezember 1942 in Berlin Plötzensee) war Bildhauer und kommunistischer …   Deutsch Wikipedia

  • Schumacher — ist ein verbreiteter deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Der Name ist abgeleitet von der Berufsbezeichnung des Schuhmachers. Varianten Schuhmacher Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H …   Deutsch Wikipedia

  • Kurt Funk — Herbert Wehner (1966) Herbert Richard Wehner (* 11. Juli 1906 in Dresden; † 19. Januar 1990 in Bonn) war ein deutscher Politiker. Er war von 1966 bis 1969 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, ans …   Deutsch Wikipedia

  • Schumacher — Schumacher,   1) Emil, Maler und Grafiker, * Hagen 29. 8. 1912, ✝ San Jose (auf Ibiza) 4. 10. 1999; kam in den 1950er Jahren zu einer dem Materialbild angenäherten Sonderform der informellen Malerei mit pastos angelagertem Farbrelief und rissigen …   Universal-Lexikon

  • Kurt Rudolf Hoffmann — Sonderborg 1962 in Hannover K. R. H. Sonderborg (* 5. April 1923 in Sønderborg (Dänemark) als Kurt Rudolf Hoffmann; † 18. Februar 2008 in Hamburg) war einer der wichtigsten Maler der Kunstrichtung Informel. Er nahm seinen Künstlernamen in… …   Deutsch Wikipedia

  • Gerhard Fritz Kurt Schröder — Gerhard Schröder (2003) Gerhard Fritz Kurt Schröder (oft genannt Gerd Schröder; * 7. April 1944 in Mossenberg, heute Ortsteil von Blomberg, Kreis Lippe) ist ein deutscher SPD Politiker. Er war von 1998 bis 2005 der siebte …   Deutsch Wikipedia

  • Mendelssohn-Bartholdy-Akademie — Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig Gründung 2. April 1843 Trägerschaft staatlich Ort …   Deutsch Wikipedia

  • Gunnar Gaasland — Willy Brandt (1980) Unterschrift …   Deutsch Wikipedia

  • Herbert Ernst Karl Frahm — Willy Brandt (1980) Unterschrift …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”