- Lama Ole
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Ole Nydahl (* 19. März 1941, nahe Kopenhagen, Dänemark), auch bekannt als Lama Ole, ist ein Lehrer (Lama) des Diamantweg-Buddhismus. Er repräsentiert die Lehren der tibetischen Karma-Kagyü-Schule, einer der vier großen Schulen des tibetischen Buddhismus. Seit Anfang der 1970er Jahre bereist er die Welt, hält Vorträge und Meditationskurse und gründet buddhistische Meditationszentren.
Inhaltsverzeichnis
Ausbildung, Drogenerfahrungen und erste Begegnung mit buddhistischen Lehrern
Ole Nydahl wuchs in Dänemark auf, studierte von 1960 bis 1969 Englisch, Deutsch und Philosophie in Kopenhagen und einige Semester auch in Tübingen und München. Er bestand das Philosophicum mit Bestnote und begann eine Doktorarbeit über „Aldous Huxley und die Glückbringende Vision“, ohne sie abzuschließen.
1966 lernte Ole Nydahl seine 2007 verstorbene Frau Hannah kennen. Auf der Suche nach bewusstseinserweiternden Erfahrungen nahmen sie eine Zeitlang unterschiedliche Drogen und schmuggelten Haschisch aus dem Nahen Osten. 1969 wurden das Paar wegen Drogenschmuggels verhaftet. Die Zeit der Untersuchungshaft nutzte er zur Meditation. 1970 beschloss Nydahl, keinerlei Drogen mehr zu nehmen[1]. Das Paar war zu dem Schluss gekommen, dass die Drogen ihre Meditationserfahrungen beeinträchtigten; außerdem waren viele ihrer damaligen Freunde durch Drogenkonsum gestorben. Daher rät Nydahl seinen Schülern von Drogen ab.
Die Hochzeitsreise führte das Paar 1968 nach Nepal. Dort begegneten sie dem Drukpa-Siddha Lopön Tsechu Rinpoche. 1969 reisten sie zum zweiten Mal in das Land und nahmen in Kathmandu an der vom 16. Karmapa abgehaltenen Kronzeremonie teil.
Buddhistische Ausbildung
Ole und Hannah Nydahl gehörten zu den ersten westlichen Schülern des 16.Karmapa Rangjung Rigpe Dorje, dem Haupt-Linienhalter der Karma-Kagyü-Schule, zu dem sie ein enges Verhältnis entwickelten. Sie lernten und meditierten über drei Jahre bei ihm. In dieser Zeit wurden sie auch von weiteren Kagyü-Lehrern wie Kalu Rinpoche, Künzig Shamar Rinpoche, Jamgön Kongtrul Rinpoche, Situ Rinpoche und anderen unterrichtet. Beide wurden auch Schüler von Lopön Tsechu Rinpoche und Künzig Shamar Rinpoche. Ole Nydahl hat keine traditionelle klösterliche Ausbildung und auch kein 3-Jahres-Retreat durchgeführt, das Lamas der Karma-Kagyü-Linie üblicherweise absolvieren.
Diamantweg-Zentren und -Stiftung
Seit den frühen 1970er Jahren hat Ole Nydahl gemeinsam mit seiner Frau Hannah etwa 500 buddhistische Meditationszentren in Mittel- und Osteuropa, Asien, Amerika und Australien gegründet. In Deutschland sind diese Zentren unter dem Namen Diamantweg-Zentren bekannt. Nach eigenen Angaben wurde er vom 16. Karmapa, dem verstorbenen Oberhaupt der Karma-Kagyü-Schule, beauftragt, Zentren der Karma-Kagyü-Linie im Westen aufzubauen. Dem Wunsch ihres Lehrers folgend, unternahmen Hannah und Ole Nydahl ab 1973 ausgedehnte Vortragsreisen. Das erste von ihnen gegründete Meditationszentrum in Kopenhagen wurde im Oktober 1973 vom XIV. Dalai Lama Tenzin Gyatso eingeweiht.
Ole Nydahl ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender der „Buddhismus Stiftung Diamantweg der Karma Kagyü Linie“, einer Stiftung nach deutschem Recht. Sie unterstützt weltweit Projekte wie z.B. eine Bibliothek in Karma Guen (Spanien), in der buddhistische Texte gesammelt und übersetzt werden, eine Retreat-Stelle im Altai (Russland) und ein Zentrum des Diamantweges in Hamburg.[2]
Lehrtätigkeit
Ole Nydahl bereist ständig weite Teile der Welt, um seine Schüler und andere am Buddhismus interessierte Menschen zu unterrichten. Kurse zu verschiedenen Themen, wie zum Mahamudra (Großes Siegel), sollen dem Publikum ein tieferes Verständnis des Diamantweg-Buddhismus vermitteln. Nydahl legt Wert darauf, dass seinen Schülern Lehr- und Meditationstexte weitestgehend in ihrer jeweiligen Landessprache zur Verfügung stehen[3].
Eine wichtige von ihm weitergegebene Lehre ist das Phowa, eine Meditation, die der Vorbereitung auf die Sterbestunde dienen soll und daher im Diamantweg auch Meditation des Bewussten Sterbens genannt wird; den ersten Kurs darüber gab Nydahl 1987. Im Jahr 1972 hatte er diese Meditation bei dem Drikung-Kagyü-Lama Ayang Rinpoche erlernt. Die von Ole Nydahl gelehrte Phowa-Variante entstammt der Longchen-Nyingthig-Tradition der Nyingma-Schule.
Die Schüler Ole Nydahls sind ohne Ausnahme Laien, die vorwiegend im westlichen Kulturkreis leben, da eine traditionelle Ausbildung in der zölibatären, klösterlichen Zurückziehung nach Ansicht Ole Nydahls für die westliche Lebensweise wenig geeignet ist. Diese Ansicht wird von vielen Lamas der Karma-Kagyü-Linie und Lehrern anderer buddhistischer Gemeinschaften nicht geteilt.
Der 16. Karmapa bescheinigt Ole Nydahl in Briefen von 1972 und 1978 die Fähigkeit, die Grundlagen der buddhistischen Lehre zu vermitteln und setzt ihn als Leiter der europäischen Karma-Kagyu Zentren ein. Ole Nydahl erklärt, dass der Shamarpa ihm 1982 den Lama-Titel verliehen habe, auf seiner Internetseite präsentiert er dazu kein Dokument. In aus den Jahren 1983, 1995 und 2006 datierte Briefen gehen die hochrangigen Kagyü-Autoritäten Khenpo Chödrak Thenpel Rinpoche und Shamar Rinpoche auf seine Lehrqualifikation ein. Im Brief von 1983 bestätigt ihn Shamar Rinpoche als Buddhistischen Meister [4] und bescheinigt ihm die Fähigkeit, Meditationen zu leiten und Interessierte in die buddhistischen Lehren einzuführen. In den Briefen von 1995 und 2006 bestätigen ihn Shamar Rinpoche und Khenpo Chödrak Thenpel Rinpoche als Reaktion auf Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Titels als Lama und befinden ihn als zur Weitergabe der buddhistischen Lehre (Dharma) befähigt[5].
Während seiner Vorträge macht Nydahl auch Aussagen zu Politik und Weltgeschehen, insbesondere zu Themen, denen seiner Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Er begründet dies mit der Absicht, zum Nachdenken anzuregen und bei seinen Schülern ein politisches Verantwortungsbewusstsein zu wecken, das seiner Meinung nach mit der Annahme der buddhistischen Philosophie einhergehen sollte[6].
So warnt Nydahl u. a. vor dem zunehmenden globalen Bevölkerungswachstum, denn dieses gehe einher mit allgemeiner Verschlechterung der Lebensbedingungen sowie mit einem Verlust an Menschenwürde. Nydahl verweist außerdem auf Kulturgegensätze zwischen Islam und westlicher Wertegesellschaft, eine sich ausbreitende islamische Parallelgesellschaft und Menschenrechtsverletzungen durch die Scharia. Er kritisiert dabei auch die Unterdrückung der Frau im Islam.
Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit verfasste Ole Nydahl mehrere buddhistische (teils autobiographische) Bücher, die in mehreren Sprachen erschienen.
Im Karmapa-Konflikt um die Nachfolge des 16. Karmapa, des Linienhalters der Karma-Kagyü-Linie, unterstützt Nydahl Trinley Thaye Dorje.
Rezeption und Kritik
Von Ende 1999 bis April 2000 gab es eine öffentliche Auseinandersetzung zwischen der Deutschen Buddhistischen Union e.V. (DBU) und dem Buddhistischen Dachverband Diamantweg e.V. (BDD), da die DBU Nydahl in einer offenen Stellungnahme[7] wegen seiner Einstellung zum Islam, seiner politischen Aussagen, seiner Redeweise, seiner Selbsteinschätzung und seines Umgangs mit Frauen kritisiert hatte. Es gab ein Treffen beider Seiten am 4. Oktober 2000 und „obwohl unterschiedliche Sichtweisen deutlich wurden, so zeigten doch beide Seiten Bereitschaft aus der Vergangenheit zu lernen und Gemeinsamkeiten zu bestärken.“ Das Gespräch wurde als „ein erster Schritt“ gesehen „und sollte dazu führen, Missverständnisse auszuräumen, Klarheit zu schaffen und Zusammenarbeit zu fördern.“.[8]
Der Religionswissenschaftler Dr. Oliver Freiberger sah die Auseinandersetzung mit der DBU als bedeutend genug an, um sie in einer Studie über „interbuddhistische und interreligiöse Verhältnisse im Westen“ als Beispiel für Konflikte bei der Entwicklung des Buddhismus im Westen zu wählen.[9]
Nach Ansicht des Religionswissenschaftlers Prof. Dr. Burkhard Scherer, selbst ein Schüler[10] Ole Nydahls, steht die akademische Rezeption zeitgenössischer tibetisch-buddhistischer Strömungen wie der des Diamantweg-Buddhismus in der Tibetologie noch am Anfang. Scherer stellt die Praxis des Diamantweg-Buddhismus und Nydahl selbst in den historischen Kontext der für die Karma-Kagyu-Linie charakteristischen Praxis des "Essenz-Mahamudra" der indischen Mahasiddhas.[11]
Einige kirchennahe Organisationen, wie die EZW[12] und die schweizerische evangelische Informationsstelle[13], kritisieren Ole Nydahls Lehrstil und seine Lebensweise. Der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Martin Baumann schließt sich den evangelischen Stellungnahmen bezüglich Nydahls Lehrstil an.[14]
Werke
- Ole Nydahl: Vom Reichtum des Geistes. Buddhistische Inspirationen, Knaur MensSana, München Okt. 2006, ISBN 3-426-66590-5
- Ole Nydahl: Der Buddha und die Liebe, Knaur, München Sept. 2005, ISBN 3-426-66692-8
- Ole Nydahl: Wie die Dinge sind. Eine zeitgemäße Einführung in die Lehre Buddhas, Joy-Verlag, Oy-Mittelberg Okt. 2002, ISBN 3-928554-13-1; Droemer/Knaur, München Apr. 2004, ISBN 3-426-87234-X
- Ole Nydahl: Das große Siegel. Die Mahamudra-Sichtweise des Diamantweg-Buddhismus, Droemer/Knaur, München Juli 2006, ISBN 3-426-87292-7, Joy-Verlag, Oy-Mittelberg 1998, ISBN 3-928554-30-1
- Ole Nydahl: Über alle Grenzen. Wie die Buddhas in den Westen kamen; Joy-Verlag, Oy-Mittelberg Juli 2002,ISBN 3-928554-02-6; Kamphausen, Bielefeld Juli 2005, ISBN 3-89901-053-1
- Ole Nydahl: Die Buddhas vom Dach der Welt, Eugen Diederichs Verlag, München Juni 1986, ISBN 3-424-00664-5; Aurum im Kamphausen Verlag, Bielefeld Okt. 2003, ISBN 3-89901-023-X
- Ole Nydahl: Mahamudra. Freude und Freiheit grenzenlos, Joy Verlag GmbH, Oy-Mittelberg 1988, ISBN 3-9801624-3-5
- Ole Nydahl: Die Vier Grundübungen, Joy-Verlag, Oy-Mittelberg 2000, ISBN 3-928554-32-8
- Ole Nydahl: Der buddhistische Weg, Hörkassette, perspectiva GmbH, Mai 1997, ISBN 3-03770-058-0
Einzelnachweise
- ↑ Ole Nydahl: Die Buddhas vom Dach der Welt, Aurum im Kamphausen Verlag, Bielefeld Okt. 2003, ISBN 3-89901-023-X, S. 127ff.
- ↑ Diamantweg-Stiftung
- ↑ Interview im Diners Club Magazine und Kagyü Life, Nr. 23 Juli 1997, S36
- ↑ Dieser Titel ist nicht mit dem Titel "Lama" identisch.
- ↑ Anerkennungsbriefe zum Lamatitel (Homepage Nydahl)
- ↑ Ole Nydahl über Meditation (Homepage Nydahl)
- ↑ Lotusblätter 13/1999, Nr. 4, S. 64f.
- ↑ Buddhismus Heute 32/2001 Nr. 1, S. 77 http://www.buddhismus-heute.de/archive.issue__32.de.html
- ↑ Oliver Freiberger: Inter-Buddhist and Inter-Religious Relations in the West. in: Journal of Global Buddhism 2/2001, S. 59-71 (insb. S. 65 und Anmerkung Nr. 30) http://www.globalbuddhism.org/contents2.html
- ↑ http://www.randomhouse.de/author/author.jsp?per=156968
- ↑ Burkhard Scherer: Interpreting the Diamond Way: Contemporary Convert Buddhism in Transition. in: Journal of Global Buddhism 10/2009, S. 17ff. http://www.globalbuddhism.org/contents.html
- ↑ Der Lifestyle-Buddhismus von „Lama“ Ole Nydahl. in: EZW-Texte Nr. 185 "Wenn Eisenvögel fliegen ..." Der tibetische Buddhismus und der Westen. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin, 2006. http://www.ekd.de/ezw/42714_wenn_eisenvoegel_fliegen_der_tibetische_buddhismus_und_der_westen.php
- ↑ Georg Schmid: Eine schillernde Persönlichkeit. in: Leben & Glauben Nr 38/1999. http://www.relinfo.ch/nydahl/person.html
- ↑ Martin Baumann: Eine Art „Buddhismus Light“? in: Neue Luzerner Zeitung, 4.11.2005. http://www.religionenlu.ch/pdf/2005-11-04.pdf
Weblinks
- Literatur von und über Ole Nydahl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Ole Nydahl
- Die Karma Kagyue Tradition und Ole Nydahl. Zusammenfassung verschiedener Links.
Personendaten NAME Nydahl, Ole KURZBESCHREIBUNG dänischer Buddhist, Lama GEBURTSDATUM 19. März 1941 GEBURTSORT nahe Kopenhagen
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