Landwirtschaftliche Akademie Möglin

Landwirtschaftliche Akademie Möglin

Die Landwirtschaftliche Akademie Möglin (Provinz Brandenburg) war ein 1806 von Albrecht Daniel Thaer gegründetes und bis 1861 bestehendes Lehrinstitut für gebildete Landwirte, das seit 1819 offiziell die Bezeichnung Königliche Preußische Akademie des Landbaus führen durfte.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Albrecht Daniel Thaer (1752–1828), der 1802 in Celle ein landwirtschaftliches Lehrinstitut gegründet hatte, nahm 1804 ein Angebot des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. an, mit staatlicher Hilfe eine ähnliche Ausbildungsstätte in Preußen einzurichten. Thaer erwarb das auf dem westlich der Stadt Wriezen auf den Höhen am Rande des Oderbruchs gelegene Rittergut Möglin, zu dem eine landwirtschaftliche Nutzfläche von ca. 300 Hektar gehörte. Innerhalb von zwei Jahren errichtete er ein Lehrgebäude und ein Wohnhaus für die Studenten. Der erste Studienlehrgang begann am 1. November 1806.

Lehrkonzeption

Die Grundidee von Thaers Lehrkonzeption war es, jeweils nur eine begrenzte Zahl von Studenten, etwa 20 gleichzeitig, für ein Jahr aufzunehmen. Voraussetzung für die Aufnahme war eine gute Allgemeinbildung und der Nachweis landwirtschaftlicher Praxis. Für die internatsmäßige Unterbringung, für Verpflegung und für den Unterricht mussten Studiengebühren bezahlt werden. Es gab ein relativ streng organisiertes Lehrsystem. Die regelmäßige Teilnahme an den Lehrveranstaltungen war Pflicht. Thaer betrachtete seine Ausbildungsstätte jedoch keineswegs als frontale Lernschule. Im Mittelpunkt des Unterrichts standen Gespräche in kleinen Gruppen, praktische Übungen im Laboratorium und auf Versuchsfeldern sowie Exkursionen zu landwirtschaftlichen Betrieben im regionalen Umfeld.

Wichtigster pädagogischer Grundsatz Thaers für sein Ausbildungskonzept war die Einheit von Theorie und Praxis. Den Naturwissenschaften räumte er dabei einen hohen Stellenwert ein: Zu den grundlegenden Lehrfächern gehörten Chemie, Physik, Botanik, Zoologie, Geographie und Mathematik. Im Mittelpunkt der landwirtschaftlichen Unterrichtsfächer stand die „Gewerbslehre“ (Agrarökonomie), gefolgt von der „Agronomie“ (Bodenkunde, Düngerlehre, Acker- und Pflanzenbau) und den Fachgebieten aus der Tierproduktionslehre. Zu den Dozenten an seinem Lehrinstitut gehörten u. a. sein „Hauschemiker“ Heinrich Einhof und seine beiden Schwiegersöhne Georg Ernst Wilhelm Crome und Franz Körte.

Entwicklungsgeschichte

Bedingt durch die Freiheitskriege musste Thaer 1813 sein Institut schließen. Mit der Wiedereröffnung 1815 folgte ein Jahrzehnt erfolgreichen Ausbaus. Durch ökonomische Erfolge seines Gutsbetriebes konnte er beachtliche Beträge in sein Lehrinstitut investieren. 1817 gründete er als „Hauszeitschrift“ die „Möglinschen Annalen der Landwirtschaft“, von denen bis 1833 insgesamt 30 Bände erschienen sind und die heute in die Reihe der „klassischen“ Zeitschriften des Landbaus eingestuft werden. Im Oktober 1819 erhielt Thaer das Recht, sein Lehrinstitut, das bisher „Königliche Akademische Lehranstalt des Ackerbaus zu Möglin“ hieß, fortan als „Königliche Preußische Akademie des Landbaus“ zu bezeichnen. Nach dem Vorbild der Mögliner Ausbildungsstätte wurden in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ähnlich konzipierte landwirtschaftliche Akademien gegründet, u. a. in Eldena bei Greifswald, in Proskau (Schlesien), in Poppelsdorf, in Tharandt und in Hohenheim.

Um 1825 hatte die weitgehend privat geführte Mögliner Akademie den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht. 1828 verstarb Albrecht Daniel Thaer. 1830 übernahm sein dritter Sohn, Albrecht Philipp Thaer, die Direktion des Lehrinstituts. Durch die Existenz der inzwischen an anderen Orten neu gegründeten Akademien und nicht zuletzt durch die jetzt stärker ins Gewicht fallende geographisch isolierte Lage Möglins nahm die Anzahl der Studenten, besonders nach 1850, deutlich ab. Aus ökonomischen Gründen konnte die Familie Thaer organisatorische und wissenschaftliche Erneuerungsmaßnahmen kaum noch durchführen.

55 Jahre nach der Gründung, im Jahre 1861, musste das Lehrinstitut seine Pforten schließen. Die vorhandenen Lehrsammlungen und Laboratoriumseinrichtungen wurden mit dem 1859 neu gegründeten Berliner Landwirtschaftlichen Lehrinstitut vereinigt. Insgesamt haben von 1806 bis 1861 in dem einjährigen Ausbildungsgang in Möglin 773 Studenten ein Landwirtschaftsstudium absolviert.

Literatur

  • Bruno Skibbe: Zur Vorgeschichte der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät (1806 bis 1881). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin, Beiheft zum Jg. 9, 1959/60, S. 229–256.
  • Volker Klemm unter Mitwirkung von Reinhard Deutsch, Paul Hagelschuer, Udo Kummerow, Ernst Lindemann und Kerstin Neumann: Von der Königlichen Akademie des Landbaus in Möglin zur Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Verlag der Humboldt-Universität Berlin 1998.

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