- Lee Child
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Lee Child (* 29. Oktober 1954 in Coventry, Großbritannien[1]) ist ein britisch-US-amerikanischer Thrillerautor. Er ist bekannt für seine Romane, in deren Mittelpunkt der ehemalige US-Militärpolizist Jack Reacher steht. Bei dem Namen Lee Child handelt es sich um ein Pseudonym für den tatsächlichen Namen Jim Grant [2].
Inhaltsverzeichnis
Leben
Child wuchs in Birmingham auf, studierte Jura an der Universität Sheffield und lebt heute in New York, USA, im Stadtteil Manhattan.
Er kam zum Schreiben, als seine Produzentenkarriere bei Granada Television in Manchester in den Neunzigerjahren aufgrund von Kosteneinsparungen mit einer Entlassung endete. Da er dort die letzten zwei Jahre als Betriebsrat tätig gewesen war, waren seine Anstellungschancen bei anderen Medienunternehmen minimal.
Er gibt in Interviews immer wieder unumwunden zu, dass ihn kommerzielle Gründe zum Schreiben brachten, wobei er sich offensichtlich sein Leben lang zum Entertainment hingezogen gefühlt hatte. Schon während seines Jurastudiums hatte er dem Theater an der Universität Sheffield so viel Zeit gewidmet, dass er einige Prüfungen wiederholen musste.
Die spätere Anstellung beim Unterhaltungsmedium Fernsehen scheint eine Konsequenz dieser Neigung gewesen zu sein. Von seiner Zeit beim Fernsehen wiederum, als Granada die ausgezeichneten Serien Brideshead Revisited, The Jewel in the Crown und Prime Suspect produzierte, hat er nach eigenen Angaben die Überzeugung mitgenommen, dass Kommerzialität den literarischen Anspruch nicht aufs niedrigst mögliche Niveau drücken muss.
Lee Child gibt als erste Bücher, die er verschlungen habe, spannende Kinderbücher von Enid Blyton und W. E. Johns, später die Romane von Alistair MacLean an. Western, mit denen man seine Bücher durchaus vergleichen könne, habe er in seiner Kindheit nicht gelesen. Erst nachdem er schon einige seiner Romane fertig hatte, habe er Zane Grey gelesen und Parallelen festgestellt, was aber wohl daran liege, dass die Muster viel älter seien als das jeweilige Genre.
Kurzbiografie
- 1954 - geboren in Coventry, England
- 1974 - Jurastudium in Sheffield, England
- 1976 - Teilzeitjob in einem Theater
- 1977 - Arbeit als „presentation director“ bei Granada Television
- 1995 - Entlassung bei Granada Television aufgrund von „Restrukturierungsmaßnahmen“
- 1997 - Beginn der schriftstellerischen Karriere
- 1998 - Übersiedlung in die Vereinigten Staaten
Werk
Die Hauptfigur aller bisherigen Romane Childs ist der ehemalige Militärpolizist Jack Reacher, ein Mann mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsgefühl, aufrecht und tough, ohne familiäre Bindungen, im Kampf gewalttätig und erbarmungslos.
Die Arbeit am ersten Reacher-Roman begann Child, als klar wurde, dass sich Granada von ihm trennen würde. Dieser Debütroman The Killing Floor wurde sofort ein Erfolg und erhielt den Anthony Award und Barry Award. Der zweite Roman Die Trying wurde mit dem W H Smith Thumping Good Read Award ausgezeichnet. Inzwischen hat Lee Child weltweit eine große Fangemeinde, die sich als Reacher Creatures bezeichnet.
Dass seine Bücher bei den US-amerikanischen „Rednecks“, also den Ultrakonservativen im Südwesten, Renner sind, weiß er, obwohl Reacher sich auch für Unterprivilegierte engagiert, die für diese Zielgruppe verachtenswert sind. Sein gewerkschaftliches Engagement bei Granada Television nennt Child seinen Reacher moment, also den Punkt, in dem er und sein Protagonist die größte Gemeinsamkeit haben: das Interesse, Gerechtigkeit um jeden Preis - selbst den der eigenen Existenz - durchzusetzen.
Seinen Stil hat Child nach eigenen Angaben nicht an literarischen, sondern an Sach- und Fachtexten geschult. Der sehr knappe, manchmal manieriert hauptsatzlastige Stil seiner ersten Romane ist im Lauf der Buchreihe geschmeidiger und leichter lesbar geworden und wird nur noch als eine Art Erkennungszeichen zu Beginn oder in Actionszenen eingesetzt. Sein Physiklehrer habe ihn gezwungen, knapp zu schreiben und Zweideutigkeiten zu vermeiden, sagt Child heute. Ebenso habe die Notwendigkeit präzise Büromemos oder auch Trailertexte fürs Fernsehen zu verfassen, in denen es auf eine klare Pointe angekommen sei, seinen Schreibstil geprägt.
Der Charakter Jack Reacher
Jack Reacher (geboren am 29. Oktober 1960 auf einer US-Militärbasis in West-Berlin) war von Anfang an als Serienheld geplant. Da Child überzeugt ist, dass der Held im Lesergedächtnis bleibt und nicht die jeweilige Handlung, in die er verstrickt ist, liegt das Hauptgewicht auf Reacher als Person, die in zwei Teilen der Romane als Ich-Erzähler in Erscheinung tritt.
Child wollte einen Protagonisten schaffen, der nicht die seiner Meinung nach inzwischen zur Krimikonvention gewordenen Depressionen, eine unverarbeitete Vergangenheit oder Alkoholismus aufwies. Sein Held sollte normal, unkompliziert und anständig sein. Einen amerikanischen Helden habe er sich aus pragmatischen Gründen ausgesucht: weil der US-Markt größer sei. Außerdem eröffne die amerikanische Geografie, mit ihrer Weite und den darin enthaltenen Enklaven, für ihn ideale Handlungsschauplätze - eine weitere Analogie zum Western.
Im Kontrast zu seinen positiven Eigenschaften (Intelligenz, Belastbarkeit, körperliche Attraktivität, Körperkraft, Führungs- und Willensstärke sowie unbedingtes Eintreten für Schwächere) steht Reachers Lebenswandel: Er hat keinen festen Wohnsitz, geht keine länger dauernden Beziehungen ein und verfügt seit der Ermordung seines Bruders über keinerlei familiäre Bindungen. Sein einziger ständiger Begleiter ist eine zusammenklappbare Reisezahnbürste. Seit der Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen in den USA nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 führt er außerdem gezwungermaßen ein Ausweisdokument und eine Geldautomaten-Karte mit sich. Er bemüht sich, bei seinen Reisen quer durch die USA so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen, und bevorzugt deshalb billige, anonyme Unterkünfte, in denen er unter falschem Namen absteigen kann.
Erst in dem 2007 erschienenen Band Bad Luck and Trouble beginnt Reacher, seinen eigenen unsteten Lebensstil kritisch zu hinterfragen, als er erfährt, dass mehrere Kameraden aus seiner ehemaligen Militärpolizei-Einheit inzwischen ein bürgerliches Leben führen und es teilweise zu beträchtlichen Vermögen gebracht haben. Schließlich entscheidet er sich aber trotzdem dafür, sein Dasein als Einzelgänger und ewiger Wanderer bis auf weiteres fortzusetzen.
Seine Gegner tötet Reacher ohne Gewissensbisse, weil die Trennung zwischen Gut und Böse für ihn sehr klar ist. So erklärt er einmal auf die schockierte Frage, warum es ihm offenkundig überhaupt nichts ausmache, soeben fünf Verbrecher getötet zu haben, es mache einem ja schließlich auch nichts aus, Anti-Kakerlaken-Pulver auszustreuen. Für seine Fälle tut er sich - absichtlich oder gezwungenermaßen - mit Polizei oder Geheimdienst zusammen.
Die genauen Gründe für Reachers Abschied aus der US-Armee, auf deren überall in der Welt verstreuten Basen er als Sohn eines Marine-Corps-Offiziers aufwuchs, werden im Buch "The Affair" (erschienen 2011) beschrieben. Meist wird von ihm selbst die Verkleinerung der US-Streitkräfte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs angegeben. Allerdings wird auch an mehreren Stellen deutlich, dass er sich gegen Ende seiner Dienstzeit innerlich zunehmend von der Armee distanziert hatte und sein Ausscheiden daher nicht unbedingt bedauerte. Im Roman Die Abschussliste, der während Reachers Militärzeit spielt, wird außerdem geschildert, wie er wegen seines kompromisslosen Gerechtigkeitsempfindens immer wieder mit Vorgesetzten in Konflikt gerät und schließlich sogar vom Major zum Captain degradiert wird. Als er 1997 nach seiner insgesamt 13-jährigen Dienstzeit ehrenhaft entlassen wird, ist er allerdings wieder Major. Eine seiner letzten Aufgaben während seiner aktiven Zeit bestand darin, eine Eliteeinheit der Militärpolizei zusammenzustellen und zu leiten.
Romane
- 1997 Killing Floor
- Größenwahn, dt. von Marie Rahn, München: Heyne 1998. ISBN 3-453-14306-X
- 1998 Die Trying
- Ausgeliefert, dt. von Heinz Zwack, München: Heyne 2000. ISBN 3-453-17867-X
- 1999 Tripwire
- Sein wahres Gesicht, dt. von Wulf Bergner, München: Goldmann 2002. ISBN 3-442-35692-X
- 2000 The Visitor - US-Titel: Running Blind
- Zeit der Rache, dt. von Georg Schmidt, München: Goldmann 2002. ISBN 3-442-35715-2
- 2001 Echo Burning
- In letzter Sekunde, dt. von Wulf Bergner, München: Goldmann 2003. ISBN 3-442-35577-X
- 2002 Without Fail
- Tödliche Absicht, dt. von Wulf Bergner, München: Goldmann 2003. ISBN 3-7645-0164-2
- 2003 Persuader
- Der Janusmann, dt. von Wulf Bergner, München: Goldmann 2005. ISBN 3-7645-0181-2
- 2004 The Enemy
- Die Abschussliste, dt. von Wulf Bergner, München: Goldmann 2006. ISBN 3-7645-0182-0
- 2005 One Shot
- Sniper, dt. von Wulf Bergner, München: Goldmann 2008. ISBN 3-7645-0237-1
- 2006 The Hard Way
- Way Out, dt. von Wulf Bergner; München: Blanvalet 2009. ISBN 978-3-7645-0238-6
- 2007 Bad Luck and Trouble
- Trouble, dt. von Wulf Bergner; München: Blanvalet 2010. ISBN 978-3-7645-0355-0
- 2008 Nothing to Lose
- Outlaw, dt. von Wulf Bergner; München: Blanvalet 2011. ISBN 978-3-7645-0420-5
- 2009 Gone Tomorrow
- 2010 61 Hours
- 2010 Worth Dying For
- 2011 Second Son (Story-Chronologie: Jack Reacher als Jugendlicher - nur eBook)
- 2011 The Affair (Story-Chronologie: Jack Reacher's letzter Fall in der Armee [zeitlich zwischen Second Son und Killing Floor)
Weblinks
- Offizielle Webseite (englisch)
- „Für alle Fälle Lee“ - Porträt von Martin Compart
- Interview mit Child im London Evening Standard, 31. März 2010 (englisch)
- Literatur von und über Lee Child im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Notes and references
- ↑ Lee Child auf Encyclopedia of World Biography; abgerufen am 30. November 2010
- ↑ David Smith: Sacked at 40 and on the scrapheap. Now Brummie tops US book charts. guardian.co.uk. Abgerufen am 8. Juli 2008.
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