Leid

Leid

Leid ist eine Grunderfahrung und bezeichnet als Sammelbegriff alles, was körperlich und seelisch belastet. Unter anderem werden die Nichterfüllung von Bedürfnissen, Hoffnungen und Erwartungen, der Verlust von nahestehenden Individuen, die Trennung von sozialen Gruppen, äußere Zwänge und Begrenztheiten, Alter, Krankheit, Tod und Schmerzen als Leid empfunden.[1] Leid ist immer subjektiv. Was tatsächlich als Leid empfunden wird, hängt vom Individuum ab, also von eigenen Erfahrungen und Einstellungen.

Inhaltsverzeichnis

Wortgeschichte

In Klassifikationen von Affekten (Passionslisten) ist achos bei Pseudo-Andronikus die griechische Entsprechung für Leid, im Lateinischen luctus bei Tusculanus.[2]

Leiderfahrung und Leidbewältigung in den Religionen

Die Religionen beschäftigen sich mit den Fragen: „Warum existiert das Leid?“, „Welchen Sinn und Zweck hat das Leid?“ und „Wie kann das Leid überwunden werden?“.

Die abrahamitischen Religionen fassen das Leid meist als Strafe Gottes für die Missachtung seines Willens und seiner Gebote auf.

Die Leiden Christi, also die Passion und der Kreuzestod Jesu, bilden für die Erlösung im Christentum eine wesentliche Voraussetzung.

Im Islam prüft Allah die Gläubigen durch das Leid. Bei den Sunniten hat das Leid keine Heilsbedeutung. Bei den schiitischen Passionsspielen jedoch können die Gläubigen durch ertragenes Leiden ihre Sünden abbüßen

Der Konflikt zwischen der Existenz des Leids und der Glaube an einen allmächtigen und gütigen Gott führen zum Theodizeeproblem. Das Buch Ijob beschäftigt sich mit dieser Frage.

Für den Buddhismus spielt das Leid als Dukkha in den Vier Edlen Wahrheiten eine zentrale Rolle. Das Leben im Daseinskreislauf ist leidvoll. Das Konzept des Karma erklärt das Leid als Ergebnis früherer Handlungen. Völlige Auslöschung der Gier kann zur Überwindung des Leidens (Nirwana) führen.

Tierethik

In seinem 1975 erschienenen Buch Animal Liberation postuliert der australische Philosoph und Ethiker Peter Singer, der zusammen mit Tom Regan als Begründer der modernen Tierethik gilt, dass auch andere Tierarten die Fähigkeit besitzen, Leid zu empfinden, mit Ausnahme der sogenannten „niederen Tiere“ wie Krebstieren oder Insekten, bei denen dies nicht gesichert sei. Schon 1780 sah Bentham in der Leidensfähigkeit das entscheidende Kriterium hinsichtlich einer moralischen Rücksichtnahme, die auch auf die Tiere ausgedehnt werden sollte, was heute als Pathozentrismus bezeichnet wird.

Das Kriterium der Leidensfähigkeit bildet daher auch einen wichtigen Ansatz in der Philosophie der Tierrechte.

Das deutsche Tierschutzgesetz verbietet es grundsätzlich in § 1, „[...] einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden [zu]zufügen.“

§ 5 des österreichischen Bundesgesetzes über den Schutz der Tiere besagt u. a.: „Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.“[3]

Siehe auch

Literatur

Verschiedene Religionen
  • John Bowker: Problems of suffering in religions of the world, Cambridge University Press, Cambridge 1975, ISBN 052109903X.
  • Andreas Renz/ Hansjörg Schmid/ Jutta Sperber/ Abdullah Takım (Hrsg.): Prüfung oder Preis der Freiheit? Leid und Leidbewältigung in Christentum und Islam, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7917-2113-2 (Theologisches Forum Christentum – Islam).
Islam
  • U. Austin: Suffering in Muslim religious thought, in: Islamic Quarterly 26 (1982), 28-39.
  • M. M. Ayoub: The Problem of Suffering in Islam, in: Alserat 8/2-4 (1982), 11-21. 26-35.
  • Ders.: Redemptive Suffering in Islam: A Study of the Devotional Aspects of ‘Ashura’ in Twelver Shi’ism, Mouton, The Hague 1975 (Diss. bei A. Schimmel).
  • John Bowker: The Problem of Suffering in the Qur’an, in: Religious Studies 4 (1968), 183–202.
  • Margaretha T. Heemskerk: Suffering in Mu‘tazilite Theology, E. J. Brill, Leiden 2000.
Judentum
  • Oliver Leaman: Evil and Suffering in Jewish Philosophy, New York 1995.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Leid – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Leid – Zitate
 Commons: Menschliches Leid – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 21. Auflage: „Leid, Sammelbegriff für alles, was den Menschen körperlich und seelisch belastet, …“ Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Auflage: „Leid, Schmerz, Krankheit, … v.a. seel. Betrübnis. Die Frage nach Ursprung, Zweck und Überwindung des L.s ist in der Religionsgeschichte sehr unterschiedl. beantwortet worden. …“ Das Große Dudenlexikon (o.J.): „Leid, menschl. Grunderfahrung der Unterbrechung des glückl.-friedvollen Lebensverlaufs, …“
  2. Übersichten bei Catherine Newmark: Passion - Affekt - Gefühl: philosophische Theorien der Emotionen zwischen Aristoteles und Kant, Hamburg: Meiner 2008, ISBN 3787318674, 227.229
  3. [www.austria.gv.at/2004/10/7/animalprotectionact_neu.pdf Bundesgesetz über den Schutz der Tiere]

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • leid — Leid …   Deutsche Rechtschreibung Änderungen

  • Leid — (et) …   Kölsch Dialekt Lexikon

  • leid — Leid …   Wörterbuch Veränderungen in der deutschen Rechtschreibung

  • Leid — Leid …   Deutsch Wörterbuch

  • Leid — Leid, das; [e]s; vgl. leid / Leid   • leid / Leid (als Adjektiv schweizerisch mundartlich auch für hässlich, ungut, unlieb) Großschreibung: – das Leid, des Leid[e]s – geteiltes Leid ist halbes Leid – jemandem sein Leid klagen – [sich] ein Leid,… …   Die deutsche Rechtschreibung

  • leid — • leid / Leid (als Adjektiv schweizerisch mundartlich auch für hässlich, ungut, unlieb) Großschreibung: – das Leid, des Leid[e]s – geteiltes Leid ist halbes Leid – jemandem sein Leid klagen – [sich] ein Leid, veraltet Leids [an]tun – ihr soll… …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Leid — das; (e)s; nur Sg; 1 sehr große seelische Schmerzen ≈ Kummer, Qual <bitteres, schweres, tiefes, unsägliches Leid; jemandem Leid zufügen; Leid erfahren, erdulden>: Der Tod ihres Sohnes hat den Eltern tiefes Leid zugefügt 2 jemand / etwas tut …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Leid — Leid, adv. welches ehedem in einem größern Umfange der Bedeutung üblich war als jetzt, indem es, 1) * einen jeden beträchtlichen Grad der unangenehmen Empfindung und eine solche Eigenschaft der Dinge bedeutete, welche dieselbe verursacht. So… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Leid — Sn std. (9. Jh.), mhd. leit, ahd. leid Stammwort. Wie ae. lāđ Beleidigung, Unrecht eine Substantivierung des Adjektivs g. * laiþa betrüblich, widerwärtig in anord. leiđr feindlich, verhaßt , ae. lāđ, afr. lēth, as. lēth, ahd. leid, mhd. leit.… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • leid — leid: Das alte Adjektiv, das noch schweiz. mdal. im Sinne von »hässlich, ungut, unangenehm« gebräuchlich ist, wird heute nur noch prädikativ verwendet, beachte z. B. die Verbindung »mir ist etwas leid«. Mhd. leit, ahd. leid »betrübend,… …   Das Herkunftswörterbuch

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”