Leider

Leider

Leider ist ein Stadtteil der kreisfreien Stadt Aschaffenburg mit 3.270 Einwohnern (2007) und gehört zum Regierungsbezirk Unterfranken im Freistaat Bayern der Bundesrepublik Deutschland.

Luftbild 2008

Inhaltsverzeichnis

Lage

Der Stadtteil liegt der auf der linken Mainseite und grenzt im Westen an Stockstadt am Main Landkreis Aschaffenburg und im Süden an den Stadtteil Nilkheim.

Geschichte

Leider, Nilkheim, Stockstadt und das Siechenhaus auf einer Karte aus dem Jahr 1594
Urkundenteil mit Leiders Ersterwähnung von 1151
Ortsschild

Leider wurde 1151 erstmals urkundlich erwähnt. Nach Absprache im Kloster Theres am 8. Juli 1151 belehnte Bischof Eberhard II. von Bamberg auf dem am 15. September 1151 beginnenden Reichstag in Würzburg die Brüder Burggraf Popo von Würzburg und Graf Berthold von Henneburg mit Leider (Lyderen), Niedernberg und Hausen (Hausen hinter der Sonne, Wüstung bei Mömlingen). Die Urkunde über dieses Rechtsgeschäft wurde erst nach dem 15. Februar 1152 ausgestellt.[1]

Wahrscheinlich ist Leider noch älter; bei Ausschachtungsarbeiten für ein Grab auf dem Waldfriedhof wurden 1970 ein 4.000 Jahre alter Glockenbecher und menschliche Skelettteile gefunden. Aus der Bronzezeit (etwa 1800-1550 v. Chr.) wurde ein Randleistenbeil gefunden. Aus der Römerzeit erhalten ist eine Kupfermünze mit dem Bildnis des Kaisers Constantin I. Chlorus (305 n. Chr.).[2]

Das Kapellsche im Leiderer Stadtweg
Laurentiuskirche in Aschaffenburg-Leider

Älteste Gebäudeteile sind in der heutigen evangelischen St. Lukaskirche erhalten, die Anfang des 14. Jahrhunderts als St. Laurentiuskapelle erbaut wurde und eine Filiale der Aschaffenburger Muttergottespfarrei war. Aus dem 15. Jahrhundert stammt das so genannte Siechenhaus, das mittelalterliche Pesthaus der Stadt. Die Bürger Aschaffenburgs verbannten die Lepra- und Pestkranken über den Main, an den Rand des damaligen Bauerndorfes Leider. Dieses „Sondersiechenhaus im Leiderer Feld“ (Leprosorum) wurde 1471 erstmals erwähnt. Im Protokollbuch des Stiftes St. Peter und Alexander zu Aschaffenburg ist unter dem 4. Juni 1574 eine zum Sondersiechenhaus gehörende Kapelle aufgeführt. Sie steht heute noch Ecke Leiderer Stadtweg/Kapellenstraße. Ein Bildstock aus dem 15. Jahrhundert einst am alten Wege nach Aschaffenburg, hat heute vor dem Eingang zum Leiderer Friedhof seine Aufstellung gefunden.

Am 1. März 1901 wurde Leider, damals noch ein selbstständiges Dorf, nach Aschaffenburg eingemeindet.[3]

1907 wurde das städtische Elektrizitätswerk in Leider errichtet. Erstmals wird Strom zur Beleuchtung mit Motorkraft erzeugt. Am 8. Oktober 1907 wird eine elektrische Straßenbeleuchtung im Stadtteil erprobt, während in der Stadt noch Gaslicht die Straßen beleuchtet.

Gedenktafel für Pfarrer Krane

Dem aufstrebenden Stadtteil Leider mit seinem vor dem 1. Weltkrieg begonnenen und 1921 eingeweihten Staatshafen folgte 1923 der Neubau der St. Laurentiuskirche durch den 1. Pfarrer Friedrich Bruno Krane (1880-1944) zusammen mit den Frankfurter Architekten Hans und Christoph Rummel. Die Grundzüge der Planung, ein wuchtiger Turm, das große Ziegeldach und die auf Säulen ruhende Vorhalle konnten in den Krisenjahren der Republik 1921–1923 verwirklicht werden. Es war geplant den vereinfachten Turmhelm später zu einer achteckigen Kuppel auszubauen. Der Turmhelm blieb und das Provisorium wurde zum Wahrzeichen von Leider.

Einrichtungen

In Leider befindet sich das Schulzentrum Aschaffenburgs mit Berufsschule, dem Friedrich-Dessauer Gymnasium (ehemals „Oberrealschule für Jungen“), sowie den Aschaffenburger Staatlichen Realschulen für Mädchen und Jungen.

Außerdem existiert dort eine Grundschule (Erthalschule, erbaut 1958) sowie eine katholische Pfarrei und Kirche (St. Laurentius), erbaut um 1920). Das alte vierklassige Schulgebäude wurde zum Bürgerhaus umgebaut. Die daneben stehende ehemals katholische Kirche wurde nach dem Neubau von St. Laurentius dann zur evangelischen Kirche (St. Lukas). Das zwischen Lukaskirche und altem Schulgebäude, heute nicht mehr existierende alte Backhaus wurde nach dem Kriege abgerissen. Dort entstand die Polizeistation der Stadtpolizei Aschaffenburg bis zu deren Auflösung und Übernahme in die Bayerische Polizei am 1. Januar 1970.

Die durch die Überbelegung der innerstädtischen Friedhöfe notwendig gewordene Neuanlage des Waldfriedhofs mit ausreichend Platzangebot befindet sich ebenfalls am Rande des Stadtteils an der Grenze zu Stockstadt.

Sport und Freizeit

In Leider befinden sich auch einige der zahlreichen Sportanlagen der Stadt Aschaffenburg:

sowie Fußballplätze und Tennisplätze vieler Aschaffenburger Sportvereine. Jedes Jahr im Juni findet auf dem ehemaligen Exerzierplatz am Main (jetzt „Volksfestplatz“) das so genannte Aschaffenburger Volksfest, ein auch in der weiteren Umgebung bekannter Rummel mit Fahrgeschäften und Bierzelt statt. Auch riesige Open-Air Veranstaltungen mit Elton John, Whitney Houston, Luciano Pavarotti und Eros Ramazzotti hatten hier ihren Platz.

Kirchweihfest

Das Leiderer Kirchweihfest, in der Region auch kurz Leiderer Kerb genannt, geht auf eine lange Tradition zurück. Der aus Zinn gefertigte und zwei Liter Wein fassende Laurentiuskrug, 1812 von Karl Philipp Scheidel, einem aus Frankfurt am Main stammenden Gastwirt gestiftet, zeugt von den alljährlichen Festivitäten zum Namenstag des Hl. Laurentius von Rom am 10. August. Die Tradition wurde durch die Weltkriege unterbrochen und wird noch heute an vier Tagen gefeiert.[4]

Wirtschaft

Hafen in Leider

Mit der Fertigstellung des Staatshafens 1921 nahm auch die Stadt Aschaffenburg einen wirtschaftlichen Aufschwung. Im Hafengebiet siedelte sich vielfältige Industrie an. Es erstreckt sich im Quadrat der Straßen Limesstraße, Stockstädter Weg, Darmstädter-, Hafenrand- und Werftstraße. Im Zuge der ebenfalls 1921 bis Aschaffenburg abgeschlossenen Mainkanalisierung (Staustufe Mainaschaff) wurde der Main, der vordem immer wieder die anliegenden Grundstücke überschwemmt hatte, auf seinem linken Ufer mit einem Hochwasserdamm versehen. Die Aufschüttung der Mainwiesen erfolgte mittels tausender Kipplorenladungen (daher der bei den alteingesessenen Leiderern für diese Fläche gebräuchliche Name Kipp). Der Bau des Uferdammes vor Leider konnte erst in den 1930er Jahren mit Hilfe des Arbeitsdienstes abgeschlossen werden.

1996 feierte man das 75-jährige Bestehen des Staatshafens. Dort werden jährlich etwa 2,7 Millionen Tonnen an Gütern umgeschlagen (Stand 2004), hauptsächlich Kohle, Zellulose und Container. Im Leiderer Hafen befinden sich etwa 65 Firmen aus den Sparten Logistik, Verkehr, Recycling und Produktion und beschäftigen etwa 2000 Mitarbeiter.

Visuelle Eindrücke

Bekannte Personen aus Leider

  • Karl Köhler (1912–1998), Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Ehrenbriefes der Stadt Aschaffenburg (Verleihung 1966). 1953 bis 1979 1. Vorsitzender des TUS 1893 Aschaffenburg-Leider, unter seiner Leitung wurden 1954 das Sportheim an der Darmstädter Straße und 1955 die Turnhalle in der Augasse gebaut. In dieser Zeit waren unterfränkische, bayerische und süddeutsche Meister in der Leichtathletik und Turnfestsieger im Fünfkampf und die 1. Turnfestsiegerin beim Deutschen Turnfest in Essen (1963) im Rhönradturnen im Verein beheimatet.
  • Holger Paetz, Kabarettist
  • Rudolph von Roman, Regierungspräsident von Oberfranken
  • Oskar Roßmann (1896–1974), Träger des Ehrenbriefes der Stadt Aschaffenburg (Verleihung 1971). Er war von 1924 bis 1937 1. Vorsitzender des Turnvereines Leider und ab 28. August 1937 nach dem Zusammenschluss mit dem 1911 gegründeten Sportverein Leider zum „Turn- und Sportverein 1893 e. V. Aschaffenburg-Leider“ bis 1945; im Jahre 1949 wurde er Ehrenvorsitzender. Auch im SV Viktoria 01 war er Vorsitzender des Ältesten- und Ehrenrates.
  • Gunter Ullrich, Maler und Graphiker
  • Günther Grabatin (*1950), Präsident der Fachhochschule Gießen-Friedberg,

Kurioses

„Leiderer Schissmelle“ ist der Spitzname für die gebürtigen Leiderer Einwohner seitens der Aschaffenburger und der umliegenden Ortseinwohner. Der Ursprung rührt wohl aus der vermehrten Ansiedlung des im Volksmund so genannten weißen Gänsefußes auf dem Gelände der Mainwiesen und den Rändern der Leiderer ackerbaulichen Nutzflächen.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Aschaffenburger Studien. II.Dokumentationen, Band 11 - Leben in Leider – Portrait eines Stadtteils., bearbeitet von Wilhelm Kaup, Wolfgang Kaup, Klaus Hapke, Verlag: Stadt Aschaffenburg, 1991, ISBN 3922355153

Einzelnachweise

  1. Bayerisches Staatsarchiv Bamberg, Bamberger Urkunden Nr.256
  2. Funde aufbewahrt in: Museen der Stadt Aschaffenburg - Stiftsmuseum - Archäologie
  3. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1983, ISBN 3-406-09669-7. Seite 600
  4. http://leiderer-kerb.de/historie.html
49.9758333333339.1158333333333

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