- Leihstimme
-
Mit Leihstimme bezeichnet man umgangssprachlich eine Wahlstimme, die ein Wähler aus wahltaktischen Gründen einer anderen als der von ihm bevorzugten Partei gibt. Treffender spricht man auch von Stützstimme.
Die wahltaktische Intention des Wählers ist dabei in den meisten Fällen, die „Leihstimme“ einer kleineren Partei zu geben, die sich in einer Koalition mit der bevorzugten Partei des Wählers befindet bzw. eine solche anstrebt. Der taktisch gewählten Partei soll damit ermöglicht werden, eine in einer Sperrklausel vorgeschriebene Mindestanzahl an Stimmen (im Bundestag und einigen Länderparlamenten: Fünf-Prozent-Klausel) bzw. Mandaten (Grundmandatsklausel) und damit den Einzug in das Parlament zu erreichen. Letztlich soll damit eine Regierungskoalition nach dem Wunsch des Wählers erreicht werden. Für diese Vermutung gibt es empirische Belege, die sich vor allem mit der Wirkung von Ergebnissen der Sonntagsfrage auf den Wahlausgang beschäftigen.[1]
In der Vergangenheit unterstützten die größeren Parteien in seltenen Fällen die „Leihstimmen“-Werbung des Koalitionspartners zur Erlangung der Zweitstimme, so z. B. die CDU gegenüber der FDP während der Landtagswahl in Hessen 1983. Die SPD wiederum hat für den Fall von Zweitstimmenkampagnen ihrer Mitglieder zugunsten anderer Parteien in der Vergangenheit mit Parteiordnungsverfahren gedroht.
In den letzten zwei Jahrzehnten gingen jedoch die Versuche – insbesondere der FDP – auf diesem Weg Wähler zu gewinnen merklich zurück. Eine Ausnahme ist die Bundestagswahl 2005, anlässlich derer die FDP eine Zweitstimmenkampagne zu Lasten der Union führte. Die Union musste bei der Bundestagswahl deutliche Verluste hinnehmen, die FDP konnte dadurch ihre Stimmenanteile vergrößern.
Literatur
- Wichard Woyke/Udo Steffens: Stichwort: Wahlen. Ein Ratgeber für Wähler und Kandidaten. Leske+Buderich Verlag, Opladen 1984, 176 S., ISBN 3-8100-0516-9 (auch als Sonderauflage der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen erschienen)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ z.b. Jürgen Maier, Frank Brettschneider: Wirkungen von Umfrageberichterstattung auf Wählerverhalten: Ein Online-Experiment zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 2006, Rheinland-Pfalz 2006 und Hessen 2008.In: Nikolaus Jackob, Harald Schoen and Thomas Zerback: Sozialforschung im Internet. Methodologie und Praxis der Online-Befragung, VS Verlag.
Wikimedia Foundation.