Lindschied

Lindschied
Lindschied
Wappen von Lindschied
Koordinaten: 50° 10′ N, 8° 4′ O50.160138.06568382Koordinaten: 50° 9′ 36″ N, 8° 3′ 56″ O
Höhe: 382 m
Einwohner: 590 (11. Okt. 2007)
Eingemeindung: 1. Jan. 1977
Postleitzahl: 65307
Vorwahl: 06124

Lindschied ist ein Stadtteil der Stadt Bad Schwalbach im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen (Deutschland).

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Geografische Lage

Lindschied ist ein kleiner Ort etwa 20 km nordwestlich von Wiesbaden. Er liegt in 382 Meter Höhe im Taunus oberhalb der Aar.

Ein Überblick über das beschauliche Dörfchen im Taunus

Geschichte

1260 wurde Lindschied erstmalig urkundlich erwähnt. Wie alle Stadtteile Bad Schwalbachs gehörte es zu den, schon seit dem 10. Jh. bekannten, 15 "Überhöh'schen Dörfern". Überlieferungen zufolge schenkte Kaiser Otto II. das Dorf dem damaligen Mainzer Erzbischof.

Es gibt viele Hinweise darauf, dass das Dorf wesentlich älter ist und in der sogenannten "dritten fränkischen Besiedlungsphase", welche vom 6. bis 11. Jh. war, errichtet wurde. Da aber aus dieser Zeit keinerlei Aufzeichnungen existieren, lässt sich das genaue Datum der Entstehung nicht nachvollziehen und daher nur auf etwa das Jahr 800 n. Chr. mutmaßen. Allerdings ist bekannt, dass der Obergermanische Limes am nördlichen Ortsrand um Lindschied zog. Es lassen sich viele Überreste aus römischer Zeit finden. So zum Beispiel der so genannte Justinusfelsen, benannt nach Januarius Justinus, einem römischer Soldaten, der am Limes Wachtdienst leistete oder im nahe gelegenen Steinbruch arbeitete und sich mit einem Graffito in diesem Stein verewigte.

1355 trennte Graf Adolf von Nassau einen Teil der Lindschieder Gemarkung ab und ließ dort die Burg Adolfseck errichten, so entstand das gleichnamige Dorf. Die Gemarkung änderte sich über die Jahrhunderte nicht wesentlich, wie aus einem Weistum aus dem Jahre 1489 zu erfahren ist.

Das Wappen

Das Lindschieder Wappen, ein schwarzer, auffliegender Hahn auf gelben Hintergrund, entstand im Jahre 1514. Auch das damalige Gericht, welches seinen Zuständigkeitsbereich bei den Leibeigenen (Huben, daher "Hubengericht") der Dörfer Lindschied und Heimbach fand, tagte unter Lindschieds Dorflinde.

Lindschieds Dorflinde (im Hintergrund das alte Feuerwehrhaus mit Schlauchturm)


18. und 19. Jahrhundert

Auch das Schulwesen war sehr ausgeprägt in Lindschied. So gab es ab 1816 in der ortseigenen Schule an der Hauptstraße Unterricht für Kinder und Jugendliche. Durch eine Schulreform im Jahre 1964 wurde diese Schule geschlossen und ist seitdem ein Wohnhaus.

Villa Lilly

Oberhalb Lindschieds in Richtung Heimbach liegt das Anwesen Villa Lilly, welches vom Deutsch-Amerikaner Adolphus Busch (Gründer der Anheuser-Busch Traditionsbiermarke aus Amerika) in den Jahren 1891 bis 1911 errichtet wurde. Dort integriert war ein Märchenpark, in dem die bekanntesten Märchen durch Figurengruppen dargestellt waren. In der Zeit des Dritten Reiches beherbergte das Anwesen ein Mütterheim, nach Kriegsende ein amerikanisches Soldatenheim. Ab 1949 zog das Heim für Volksbildung und Jugendpflege ein und von 1959 bis 1972 das deutsch-schweizerische Internat "Albert-Schweitzer-Schule". 1961 wurde der Komplex vom Land Hessen gekauft und später für 15-Millionen Mark aufwendig renoviert. Das Gesamtanwesen wurde zwischenzeitlich unter anderem auch von Mitgliedern der „Neuen Frankfurter Schule“, gegründet unter anderem von Hans Traxler und Robert Gernhardt, bewohnt. Von diesen wurde in der Villa die erste Ausgabe der Satirezeitschrift Titanic geplant und entworfen. Die Gebäude stehen heute sämtlich unter Denkmalschutz. Seit 1987 wird das Anwesen als Drogentherapiezentrum des Landes Hessen genutzt.

Bürgerhaus Lindschied und Feuerwehrhaus

Heute

Am 1. Januar 1977, im Rahmen der Gebietsreform in Hessen, wurde Lindschied per Gesetz[1] nach Bad Schwalbach eingegliedert, dies stieß auf Unmut unter den Einwohnern. Im Jahre 1992 gab es wieder einen Grund zum Feiern, Lindschied bekam endlich das lang ersehnte Bürgerhaus, in welchem seitdem jährlich allerlei Feste und Veranstaltungen stattfinden. Auch durch die verschiedenen Vereine, wie der Freiwilligen Feuerwehr, dem Sportverein und dem Schützenverein, wird das Bürgerhaus, welches von den Einwohnern gern liebevoll "Harzburg" genannt wird, regelmäßig genutzt.

Lindschieds kleine Dorfkirche heute

Die Marienkirche zu Lindschied

In Lindschied reifte in den 50er Jahren der Plan zum Bau einer Kirche. Die 140 Katholiken in Lindschied hatten einen weiten, besonders im Winter schwierigen Kirchweg. Die Zahl der Kirchgänger war nach den beiden Weltkriegen stark zurückgegangen. Die Situation besserte sich, als im Jahre 1951 im Kinosaal des Hauses Schwalbach ein vierzehntäglicher Gottesdienst eingerichtet wurde. Auf die Dauer war auch das nur ein unbefriedigender Notbehelf. Nach langem Überlegen wurde im Frühjahr 1954 der Entschluss zum Bau einer Kirche gefasst. Es war ein gewagter Entschluss, wie die schweren Bedenken in der letzten Beratung mit den Lindschiedern bezeugten. Die Kosten des Baues wurden auf 40.000 DM geschätzt, von denen die 140 Lindschieder Katholiken nur einen Bruchteil aufbringen konnten. Vorhanden war nur der ideal gelegene Bauplatz der Schule gegenüber, den das Kirchenvorstandsmitglied Philipp Weis kostenlos zur Verfügung stellte. Das Bischöfliche Ordinariat lobte den Eifer der kleinen Gemeinde, konnte aber wegen anderer wichtiger Bauvorhaben keinen Zuschuss geben.

Der Wiesbadener Architekt Paul Johannbroer, der schon die Kirchen in Bechtheim, Kettenbach und Breithardt gebaut hatte, übernahm kostenlos die Planung und Bauführung. Die Zivilgemeinde stellte das Bauholz. Die Erdarbeiten wurden von den Lindschieder Katholiken in Selbsthilfe ausgeführt. Am 21. November wurde der Grundstein gelegt. Man hatte gehofft, noch vor Einbruch des Winters die Kirche im Rohbau fertigstellen zu können, aber eine früh einsetzende Frostperiode trat eine Unterbrechung der Arbeit ein. Es war ein trostloses Bild, zudem waren die Mittel erschöpft, und mancher fand seine Bedenken bestätigt. Aber immer wieder fanden sich Wohltäter, die beteiligten Firmen kamen der armen Gemeinde weitgehend entgegen, die meisten führten die Arbeiten kostenlos durch. Im Mai 1955 konnte das Richtfest gefeiert werden. Nun halfen die bischöfliche Behörde und der Bonifatiusverein, beeindruckt von der Leistung der armen Gemeinde, weiter. Am 19. August, dem Sonntag nach dem Fest Mariä Himmelfahrt, wurde die Marienkirche in Lindschied feierlich eingeweiht.

Das Gotteshaus bietet für 120 Gläubige Platz. Über dem Altar ragt ein königliches Kreuz, an der Seite Grüßt Maria, die "Hilfe der Christen": Kreuz und Schutzmantelmadonna, beides Werke des Frankfurter Bildhauers Franz Bernhard. Am meisten freuten sich die Lindschieder Katholiken, die nun Sonntag für Sonntag in diesem schönen Kirchlein Gottesdienst feiern. Sie ruhten auch nicht, bis im Herbst eine Glocke in dem noch leeren offenen Glockenstuhl hing und ein elektrisches Läutwerk eingebaut war. Ende der 1970er Jahre wurde eine Gerätehütte mit festem Fundament an die Kirche angebaut, diese wurde schon bald in einen Gemeinderaum mit einer Teeküche umgebaut.

Der Limes und Justinusfelsen

Der Limes kommt von Kemel her über den „Galgenkopf“ (früher Teil einer Bundeswehranlage) und trifft kurz hinter diesem auf die Gemarkungsgrenze von Lindschied. Er stößt hier auf die sehr alte Straße, die von Wiesbaden nach Bad Schwalbach über Lindschied nach Kemel und weiter bis nach St. Goar, Bad Ems und Koblenz führt. Er läuft dann fast parallel zu dieser Straße (Kemeler Weg) an den Wachtürmen 51,52 und 53 in Richtung Lindschied bis zum Silberberg, überquert den Hohensteiner Weg kurz hinter dem neuen Wasserhochbehälter, schlägt einen Bogen um Lindschied am alten Wasserbehälter vorbei, in Richtung Aussiedlerhof Diefenbach (Wachturm 54) überquert und kreuzt 2 Wirtschaftswege und läuft in östlicher Richtung auf den Waldrand zu (Wachturm 55), springt etwa 40 m zurück und mündet in einem großen Felsspalt. Von hier aus strebt der Limes mit Gefälle dem Aartal zu und überquert ca. 40 m vor dem Kleinkastell bei Adolfseck das Aartal (zwischen Bahnkilometer 25,6 und 25,7). Bei Bahnkilometer 25,7 ist der Justinus-Felsen. Hier hat sich ein römischer Legionär mit seinem Namen verewigt. In diesem Felsen ist folgende Inschrift zu lesen "Januarius Justinus". Von dem Kleinkastell im Aartal ist heute leider nichts mehr zu sehen. Der sogenannte "Frankenberger Pass", ein römischer Übergang über das Aartal beim Kastell Adolfseck war in der Römerzeit von militärischer Wichtigkeit. Dieser Übergang vom Lindschieder Grund in das Pohlbachtal über das gesamte Aartat muss aus einer Brücke bestanden haben. Bei Ausgrabungen im gesamten Bereich des Kastells und des Limes fanden sich mehrere Pfahlstümpfe mit eisernen Schuhen. Diese Ausgrabungen fanden 1897, 1899 und 1901 statt. Selbst im Jahre 1969 wurden bei der Aarbachregulierung noch Pfahlstümpfe gefunden. Der Limes verläuft von diesem Kleinkastell bei Adolfseck in Richtung Osten. In der Gemarkung Adolfseck gibt es einen älteren und einen jüngeren Limes. Der ältere Pfahlgraben war dem Gelände angepasst, die jüngere Linie zog in schnurgerader Richtung durch offenes Gelände den Hang hoch in Richtung Born.

Vereine

In Lindschied gibt es verschiedenste Arten von Vereine, angefangen bei der Freiwilligen Feuerwehr bis hin zum Schützenverein. Seit 2003 darf sich Lindschied als erster und bisher einziger hessischer Ort "SWR 1 Heimspiel-Gemeinde" nennen, da es Lindschied gelang, beim sogenannten "Heimspiel" des Rheinland-Pfälzischen SWR 1 zu gewinnen. Aufgabe war es, einen Aquapark mit einfachsten Mitteln zu errichten, welches auch eindrucksvoll gelang.

Freiwillige Feuerwehr

Lindschieds Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF)

Die Freiwillige Feuerwehr Lindschieds, welche um 1932 gegründet wurde ist, neben dem Sportverein, der größte Verein Lindschieds.

Im Jahre 1990 wurde, neben der Einsatzabteilung, eine Jugendfeuerwehr gegründet, welche seitdem auch regen Zulauf von Kindern und Jugendlichen im Alter von 10-17 Jahren hat. Ein weiteres großes Ereignis für die Freiwillige Feuerwehr Lindschied war im Jahre 1998 die Übergabe eines neuen Tragkraftspritzenfahrzeuges (TSF) auf Mercedes Sprinter Basis mit modernem Equipment. Im Jahre 2005 konnte die Freiwillige Feuerwehr, als Erste auf städtischer Ebene, die Entstehung einer sogenannten "Mini-Feuerwehr" bekannt geben. Diese ist für Kinder zwischen 7 und 9 und soll sie spielerisch auf die Übernahme in die Jugendfeuerwehr vorbereiten. Seit ihrer Gründung ist die Feuerwehr ein verlässlicher Partner für Sicherheit und Brandschutz, welcher durch viele engagierte Freiwillige gewahrt wird. Übungen finden regelmäßig statt und auch ist ein sehr hohes feuerwehrtechnisches Ausbildungsniveau zu verbuchen.

Lindschieds Sportlerheim , dahinter der Jugendclub

Sportverein Lindschied

Der Sportverein, welcher 1975 gegründet wurde, bietet ein breites Spektrum an Sportarten an. So kann man wählen zwischen einer Fußballgruppe, zwei Gymnastik- und Jazztanzgruppen, sowie einer Radfahr- und Tischtennisabteilung. Die rege Beteiligung und der enge Zusammenhalt der Mitglieder wird immer wieder durch zahlreiche Vereinsfeste unterstrichen.

Schützenverein Lindschied

Der 1993 gegründete Schützenverein ist ein kleinerer Verein Lindschieds, jedoch immer wieder hervorstechend durch zahlreiche Festaktivitäten und Erfolge bei Wettkämpfen. Hier wird jedem die Möglichkeit geboten, in den Schützensport "reinzuschnuppern" oder ihn aktiv zu betreiben. Auch eine Jugendgruppe kann der Schützenverein aufweisen, welche von qualifizierten Trainern geleitet werden, die mit Geduld und Fachwissen für das jeweilige Gebiet das erforderliche Wissen vermitteln.

Lindschieds Schützenhaus, im Bürgerhaus integriert

Persönlichkeiten

In Lindschied wurden geboren:

  • Alfons Gerling (*1944), hessischer CDU-Politiker und Abgeordneter des hessischen Landtages
  • Rainer Kessler (*1944), Professor für Evangelische Theologie an der Universität Marburg

Außerdem lebten und wirkten:

  • Januarius Justinus, römischer Soldat
  • Adolphus Busch (1839–1913), Gründer der Anheuser-Busch Brauerei, starb in der Villa Lilly
  • Hans Traxler (* 1929), Gründer des Satiremagazins "Titanic"
  • Robert Gernhardt (1937 - 2006), Gründer des Satiremagazins "Titanic"
  • F. K. Waechter (1937 - 2005), Gründer des Satiremagazins "Titanic"
  • Peter Knorr (* 1939), Gründer des Satiremagazins "Titanic"
  • Chlodwig Poth (1930-2004), Gründer des Satiremagazins "Titanic"

Einzelnachweise

  1. Gesetz zur Neugliederung des Rheingaukreises und des Untertaunuskreises vom 26. Juni 1974, GVBl. I S. 312

Weblinks


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