Automatisierung

Automatisierung

Automatisierung ist:

  1. die mit Hilfe von Maschinen realisierte Übertragung von Arbeit vom Menschen auf Automaten, üblicherweise durch technischen Fortschritt.
  2. die Zusammenfassung von wiederkehrenden Funktionsabläufen in der elektronischen Datenverarbeitung zu Makros oder neuen Programmfunktionen, zum Beispiel in der Textverarbeitung, in der Bildbearbeitung oder in geographischen Informationssystemen. Genauso wird bei der unbeaufsichtigten Installation der Konfigurationsprozess automatisiert.
  3. nach DIN V 19233 definiert als „Das Ausrüsten einer Einrichtung, so daß sie ganz oder teilweise ohne Mitwirkung des Menschen bestimmungsgemäß arbeitet.“[1].
Siehe auch: Programmierung und EDV

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Windmühlen mit festem Turm und fester Turmhaube
Windmühle mit drehbarer Turmhaube - Automatisierung der Drehung durch zusätzliches Windrad mit Getriebe

Der Begriff der Automatisierung geht zurück auf das antike Griechenland. Man verehrte die αυτοματια [automatia], die von selbst kommende, und weihte ihr Kapellen.[2][3]

Aristoteles formulierte zur selben Zeit in seinem Werk Politik:

„Wenn jedes Werkzeug auf Geheiß, oder auch vorausahnend, das ihm zukommende Werk verrichten könnte, wie des Dädalus Kunstwerke sich von selbst bewegten oder die Dreifüße des Hephästos aus eignem Antrieb an die heilige Arbeit gingen, wenn so die Weberschiffe von selbst webten, so bedürfte es weder für den Werkmeister der Gehilfen noch für die Herren der Sklaven.“

Die Bewahrung des Geistes der Antike und der Wissenstransfer aus dem arabischen Raum (Mathematik) ermöglichte in der Renaissance eine neue Blüte der Wissenschaften wie der Physik.

Im Jahr 1745 erfand der englische Schmied Edmund Lee eine frühe Vorrichtung zur Automatisierung, durch die sich Windmühlen selbstständig in den Wind drehen. Nach Aufzeichnungen aus dem Altertum gab es bereits damals Maschinen, die durch ein Windrad angetrieben wurden und Arbeit übernahmen, die vorher von Menschen oder Tieren ausgeführt worden war. Im Mittelalter ging man dazu über, Windmühlen so zu bauen, dass man sie um eine senkrechte Achse drehen konnte. Man führte die Windmühlen durch Muskelkraft der Windrichtung nach, damit sie nicht aufhörten zu arbeiten. Durch die Erfindung von Lee, ein zusätzliches Windrad mit Getriebe, reagierte die Maschine dann selbstständig so auf Änderungen ihrer Umgebung, wie es zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlich war.

Mit den Fortschritten in der Mechanik und neuen Antriebstechniken wie der Dampfmaschine zog das Zeitalter der Industrialisierung herauf. Massenproduktion in Fabriken wurde möglich. Tierische und menschliche Kraft wurde immer mehr durch Motoren ersetzbar.

1787 setzte Edmond Cartwright erstmals automatische Webmaschinen ein, die von ihm selbst entwickelten Power Looms. Sie waren die ersten automatischen Maschinen für die industrielle Produktion. Cartwright selbst scheiterte wirtschaftlich mit seiner Weberei. Seine Erfindungen setzten sich aber durch und hatten weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen. Ab 1811 kam es in England zu Aufständen von Webern, die sich gegen die Maschinen richteten. Die Maschinenstürmer zertrümmerten Maschinen und griffen deren Befürworter an. Die Aufstände wurden vom Militär niedergeschlagen und Teilnehmer hingerichtet oder verbannt. In der Schweiz gab es ähnlich motivierte Aufstände. Die als Weberaufstände in Deutschland bekannt gewordenen Proteste richteten sich nicht gegen die neuen Maschinen, sondern gegen ausländische Arbeiter und Lieferanten.

Die Entdeckung der Elektrizität und Erfindungen der Elektrotechnik (19. Jahrhundert) ermöglichte die Dezentralisierung der Produktion, es wurde möglich, Energie über weite Strecken zu versenden. Erste Versuche wurden unternommen, Elektrizität zum Messen, Steuern und Regeln einzusetzen.

Der Taylorismus versucht (zum großen Teil) erfolgreich, eine rationale und effiziente Produktionsweise zu etablieren (Fließbandfertigung), und veränderte die Arbeitswelt und die Rolle von Arbeit. Die Effizienz der Arbeit steigt -bis zu einem gewissen Punkt- immer weiter, ging aber in der Geschichte immer wieder auf Kosten der physischen oder gar psychischen Gesundheit der Arbeitnehmer. Monotone Arbeit führte zu Erschöpfung und Entfremdung des Arbeiters von seiner Arbeit und schürte immer wieder Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, da Produktivitätssteigerung und Lohnausgleich teilweise in krassem Missverhältnis zueinander standen.

Im 20. Jahrhundert weitete sich die Automatisierung mit dem Kühlschrank als Nachfolger des Eisschranks auf Privathaushalte aus. Die Heizung wurde durch Thermostatventile automatisiert.

Neuerungen in der Elektronik, insbesondere die Entwicklung von Transistoren, führten zur drastischen Verkleinerung elektrischer Schaltungen. Mit den Abmessungen sank der Aufwand für die Anwendung von Schaltalgebra. Die Entwicklung von integrierten Schaltkreisen führte schließlich dazu, dass Geräte ohne großen Aufwand mit Logik ausgestattet werden konnten. Die Digitaltechnik wurde das bevorzugte Mittel zur Automatisierung. Fortschrittliche Feldgeräte (Sensoren und Aktoren) kommunizieren mit der Steuerung bzw. Regelung und stellen eine gleichbleibende Qualität der Produkte auch bei Schwankungen im Prozess sicher.

Die Computertechnologie bahnte eine technologische Entwicklung, die zu einem insgesamt steigenden Automatisierungsgrad in der Produktion mit Industrierobotern, vollautomatischen Produktionsstraßen oder Techniken wie der Mustererkennung in der künstlichen Intelligenz führen. Als Folge der Automatisierung gehen häufig Arbeitsplätze in der Produktion verloren. Ein historisches Beispiel hierfür ist die Freisetzung von Arbeitskräften bei den amerikanischen Telefongesellschaften, in denen durch die Einführung des automatischen Wahlsystems eine Großzahl von Telefonistinnen ihre Arbeitsstelle verloren.

Viele Güter werden heute in nahezu menschenleeren Fabriken hergestellt, die Rolle des Menschen verschiebt sich bei einfach herzustellenden Gütern von der Produktion auf Administration, Planung, Kontrolle und Dienstleistungen.

Viele einfache (aber auch gefährliche, monotone oder hohe Anforderungen an die Genauigkeit bzw. Schnelligkeit stellende) Tätigkeiten können mit Hilfe der Automatisierungstechnik durch Maschinen ausgeführt werden, was unter Umständen deutlich produktiver sein kann. Tätigkeiten, bei denen der Mensch weiterhin Vorteile gegenüber Maschinen hat, erfordern in der Regel eine höhere Qualifikation als die automatisierten Tätigkeiten (siehe auch Wissensgesellschaft).

Gründe für Automatisierung

  • Verbesserung der Produktqualität
  • Vergleichmäßigung der Produktqualität
  • Erhöhung der Durchsatzleistung
  • Ersatz von Baugruppen, für die keine Ersatzteile mehr verfügbar sind
  • Einsparung von Personalkosten
  • Entlastung des Menschen von schwerer körperlicher oder monotoner Arbeit[4]

Automatisierung beim Menschen

Ein zentrales Charakteristikum aller gut beherrschten komplexen Fertigkeiten eines Menschen ist die weitgehende Automatisierung der zugrunde liegenden Teilfunktionen. Das sei am Beispiel des Erwerbs der Lesefähigkeit verdeutlicht: Damit sich ein Leser voll dem eigentlichen Sinn des Lesens, nämlich der Bedeutungsentnahme, widmen kann, müssen alle darunterliegenden Aufgaben, die dafür die Voraussetzungen schaffen, sozusagen im Hintergrund ablaufen, ohne dass bewusste Informationsverarbeitungskapazität in Form von Aufmerksamkeit auf sie gerichtet werden muss.

Vergleich zwischen kontrollierter und automatisierter Handlung

Auf unterster Ebene, den Low Level Funktionen, steht beispielsweise im visuellen Bereich das Decodieren von Schriftzeichen. Wenn bereits diese Stufe der Lesewahrnehmung nicht automatisiert ist, absorbiert sie die Aufmerksamkeit, so dass die Kapazitäten für die eigentliche Aufgabe des Lesens, die Bedeutungsentnahme, gar nicht mehr ausreichen. Dieser Effizienzverlust wirkt sich natürlich auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit aus, mit der ein Text durchschritten wird, und wird sich zumindest in einer Abnahme der Leseflüssigkeit bemerkbar machen.

Zwei amerikanische Wissenschaftler namens Shiffrin und Schneider haben bereits 1977 die nebenstehende gut verständliche Gegenüberstellung von kontrollierter und automatisierter Informationsverarbeitung veröffentlicht.[5] Dieses Modell dient nach Warnke auch als Erklärung dafür, dass bei Schülern mit Dyslexie bestimmte Automatisierungen, die bei anderen Schülern altersgerecht entwickelt sind, einen Entwicklungsrückstand aufweisen. Sie müssen also bei ihrer Informationsverarbeitung häufiger als Gutschreibende auf kognitive, bewusste Abläufe zurückgreifen.

Darstellungen von Automatisierung in der Kunst

Im Film:

In der Literatur:

Musik:

  • Kraftwerk: Die Mensch-Maschine, Kling Klang 1978

Literatur

Siehe auch

Integrierter Schaltkreis

Fußnoten

  1. Deutsches Institut für Normung e. V.: DIN V 19233: Leittechnik - Prozessautomatisierung - Automatisierung mit Prozessrechensystemen, Begriffe
  2. Martin P. Nilsson: Geschichte der griechischen Religion. Band 2, S. 301. Verlag C.H.Beck, München.
  3. Cornelius Nepos: Timoleon. Egon Gottwein. Abgerufen am 21. Juni 2009.
  4. Prozessautomatisierung, gefunden am 25. April 2011
  5. W. Schneider und R. M. Shiffrin: Controlled and automatic human information processing: 1. Detection, search, and attention. Psychological Review 84 (1977), S. 1-66

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