Loki

Loki

Loki (oder Loptr; nicht zu verwechseln mit dem Riesen Logi, dem Wildfeuer) ist ein Gott aus der nordischen Mythologie. Er ist das Kind zweier Riesen, aber dennoch einer der Asen. Sein Vater ist Farbauti, seine Mutter Laufey (Laubinsel) oder Nal (beide mütterlichen Namen werden erwähnt), seine Brüder sind Byleist und Helblindi, seine Frau ist Sigyn. Durch „Blutsbrüderschaft“ steht er in besonderer Beziehung zu Odin. Dabei wird er, nicht unumstritten, als Lodur identifiziert.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung anhand einiger Mythen

„Loki ist schmuck und schön von Gestalt,
aber bös von Gemüt und sehr unbeständig.
Er übertrifft alle andern in Schlauheit und in jeder Art von Betrug.”
(Gylfaginning, 33)

In seinem Listenreichtum und seiner Gerissenheit stellt Loki ein Musterexemplar des mythischen „Halunken“ dar. Er besitzt einen ausgeprägten Sinn für Strategie und nutzt ihn, um mit Intrigen und komplexen Lügen seine Interessen durchzusetzen. Da Loki halb Ase, halb Riese ist, scheint sein Verhältnis zu den Asen auch zwiespältig zu sein. Doch von Odin wird er geachtet; die beiden schließen sogar Blutsbruderschaft. Außerdem hilft Loki Thor durch eine List bei der Wiederbeschaffung seines Hammers Mjöllnir, der von den Riesen gestohlen wurde. Loki ist somit Feind und Freund der Götter zugleich. Erst nachdem er Hödur durch eine List dazu brachte, seinen Bruder Balder zu töten, verbannt ihn Odin.

Die Asin Sigyn gebar Loki Narfi. Loki ist auch Vater von Ali, der von unbekannter Mutter geboren wird. Mit der Riesin Angrboda zeugt Loki drei Feinde der Asen:

  • Die Midgardschlange (Jörmungandaal), die Thor zum Ende aller Zeiten töten wird, und sie ihn
  • Die Todesgöttin Hel
  • Den Wolf Fenrir (Fenriswolf), der beim Weltende den Göttervater Odin verschlingen wird

Außerdem brachte er selbst Sleipnir (Das achtbeinige Pferd Odins) zur Welt: Er verwandelte sich in eine Stute, um Savadilfari, den Hengst des Riesen, der die Götterburg errichten sollte, von der Baustelle zu locken, damit der Riese den vereinbarten Termin nicht einhalten konnte. Einige Monate nach diesem Ereignis wird Sleipnir geboren. Loki schenkte das Fohlen Odin.

Vor allem ist Loki der Feind Balders und der Erzfeind Heimdalls. Am Tod Balders, des „Feindes allen Unrechts“, hat Loki als Ratender (an. radbani) Anteil, indem er den blinden Hödr veranlasst, einen Mistelzweig zu werfen, so zu lesen in den Träumen Balders (an. Balders Draumar). Mit dieser Tat leitet Loki den Untergang der Götterwelt ein.

Loki ist ein Gestaltenwechsler, ein Meister der Metamorphose, der sich in die verschiedensten Tiere und Menschen verwandeln kann. In den überlieferten Mythen ist er Adler, Stute, Lachs, eine Fliege oder ein altes Weib. Denn er wechselt auch sein Geschlecht, erlebt Schwangerschaft und Geburt, trägt in Gestalt einer Stute das achtbeinige Ross Odins, Sleipnir, aus, wie die Sage vom Riesenbaumeister erzählt. Das wird von den germanischen Göttern für einen Mann als schändlich betrachtet. Es ist „eines Argen Art“, sich als Mann wie ein Weib aufzuführen: „Unter der Erde acht Winter warst du / Milchende Kuh und Mutter/ denn du gebarest da / das dünket mich eines Argen Art“, (Lokasenna [Lokis Zankreden], 23).

Loki mit seiner Erfindung, dem Fischernetz. Aus einer isländischen Schrift des 18. Jhd.s

Loki ist als Kulturheros der Erfinder des Fischnetzes, aber er, der Tölpelhaftigkeit und Listenreichtum in sich vereint, wird auch zum Opfer seiner eigenen Erfindung. Er hatte die Asen in seinen Zankreden (Lokasenna) derart erzürnt, dass er sich vor ihnen verstecken musste. Auf einem Berg schuf er sich ein Haus mit vier Türen, so dass er nach allen Seiten sehen konnte. Tagsüber verwandelte sich Loki von Zeit zu Zeit in einen Lachs, um sich im Wasserfall Franangr zu verstecken. Einmal, als er so alleine da saß, nahm er Flachsgarn und verflocht es zu Maschen, „wie man seitdem Netze macht“. Da sah er, dass die Asen nicht weit von ihm waren, und er sprang schnell als Lachs ins Wasser, um sich zu verstecken. Die Asen fanden das Netz, und einer von ihnen kam auf die Idee, dass es ein gutes Mittel sei, Fische zu fangen. Als Loki von dem Fischnetz in die Enge getrieben war, sprang er darüber. Thor griff nach ihm und bekam ihn auch in der Mitte zu fassen, aber er glitt ihm aus der Hand, so dass er ihn erst am Schwanz wieder festhalten konnte. Es heißt, dass daher und seitdem der Lachs hinten spitz zuläuft.

Die Bestrafung Lokis. Zeichnung nach Louis Huard, ca. 1900

Der gefangene Loki wurde zur Strafe mit den Eingeweiden seiner Söhne auf spitze (dreikantige) Felsen gefesselt. Über seinem Kopf hängte man eine giftige Schlange, die ätzenden Speichel tropfen ließ. Seine Frau Signy fing diesen Speichel in einer Schüssel auf. Nur wenn sie die Schüssel wegzog, um sie zu leeren, trafen ein paar Tropfen auf Lokis Gesicht. Er schüttelte und wand sich so gewaltig unter seinen Schmerzen, dass dadurch die Erdbeben entstanden.

In der Ragnarök (Schicksal der Götter) ist er der Anführer der Vernichtung der germanischen Götterwelt. Loki und der Gott Heimdall töten sich in der Ragnarök gegenseitig.

Theorien zur Gestalt Lokis

Lokis Handlungen lassen erkennen, dass diese Schlechtes wie auch Gutes bewirken; letzteres oft gegen seine ursprüngliche Intention. Dennoch handelt er nicht ausschließlich schädigend. Oft wird Loki wegen seiner Listigkeit und seiner Kreativität von den anderen Gottheiten herangezogen, um aussichtslose Situationen zu bewältigen, was er auch immer schafft. Ebenso lässt er sich durch diese verpflichten, durch seine Schalkhaftigkeit angerichteten Schaden wiedergutzumachen.

Eine der Theorien über die Gestalt des Loki besagt, dass die Beschreibung seines Wesens als böse oder destruktiv als ausschließlich christliche Sichtweise erkannt werden müsse. Da nahezu alle schriftlichen Belege über Loki aus dem Hoch- und Spätmittelalter stammen, kann nicht zweifelsfrei behauptet werden, dass Loki in der beschriebenen Weise tatsächlich ein germanischer Gott war. Es ist möglich (und wird von einigen Historikern auch so gesehen), dass Loki eine literarische Erfindung ist und der germanischen Götterwelt erst lange nach deren Verdrängung durch das Christentum zugedichtet wurde.

Dennoch scheint gerade die Ambiguität Lokis ein Hinweis auf eine authentische vorchristliche Gestalt zu sein, die eine alleinige Zuschreibung des nur Guten und nur Bösen nicht kennt. Es ist davon auszugehen, dass die bösen Seiten Lokis in christlicher Zeit nicht hinzugefügt, sondern die guten Wesenszüge und Taten getilgt und die übrig gebliebenen bösen betont wurden. (Siehe hierzu den Artikel Trickster).

Eine andere Theorie, die insbesondere auf der diachronen Sprachwissenschaft und vergleichender Mythologie basiert, nimmt für Lokis wie auch für Odins Namen sowie für gewisse ihrer Eigenheiten einen keltischen Ursprung an. Während Odin verschiedene Attribute und Assoziationen des keltischen Lugus wie etwa Einäugigkeit, Rabensymbolik und Zauberspeer auf sich vereint, trägt Odins "Blutbruder" Loki die germanische Form des Namens Lugus.[1]

Einzelnachweise

  1. Hermann Schneider: Glauben. In: Hermann Schneider (Hrsg.): Germanische Altertumskunde. Verlag C. H. Beck, München 1938. S. 222-305;
    Ludwig Rübekeil: Diachrone Studien zur Kontaktzone zwischen Kelten und Germanen. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, ISBN 3-7001-3124-0, S. 233ff.

Literatur

  • Yvonne S. Bonnetain: Der nordgermanische Gott Loki aus literaturwissenschaftlicher Perspektive. In: Göppinger Arbeiten zur Germanistik Nr. 733, Göppingen 2006, ISBN 3-87452-985-1, (Zugleich Dissertation an der Universität Tübingen 2005).
  • Georges Dumézil: Loki. (Französischer Originaltitel: Loki, übersetzt von Inge Köck), Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1959, (ohne ISBN).
  • Jacob Grimm: Deutsche Mythologie. Ungekürzte, korrigierte und überarbeitete Neuausgabe. Marix, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-86539-143-8.
  • Folke Ström: Loki: Ein mythologisches Problem. In: Göteborgs Universitet: Göteborgs Universitets årsskrift, Vol. 62,8. Almquist & Wiksell, Stockholm 1956 (ohne ISBN).

Weblinks

 Commons: Loki – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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