- Anästhesiologie
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Die Anästhesiologie oder Anaesthesiologie (v. altgriech. ἀν- an- „un-, nicht“ und αἴσϑησις aisthesis „Wahrnehmung“) als medizinisches Fachgebiet umfasst Anästhesieverfahren (Allgemein-, Regional- und Lokalanästhesie) einschließlich deren Vor- und Nachbehandlung, die Aufrechterhaltung der vitalen Funktionen während operativer und diagnostischer Eingriffe sowie die Intensivmedizin, die Notfallmedizin und die Schmerztherapie.[1]
Die entsprechende Berufsbezeichnung lautet Facharzt für Anästhesiologie (je nach Bundesland auch Facharzt für Anästhesie) oder in der Kurzform Anästhesist, bzw. Anästhesiologe. Er arbeitet mit Fachpflegekräften für Intensivpflege und Anästhesie zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Tätigkeitsgebiete
Zu den Tätigkeitsfeldern des Anästhesisten gehören die Gebiete:
- Anästhesie mit Vorbereitung und Durchführung von Allgemein- und Lokalanästhesiemaßnahmen, sowie die unmittelbare postoperative Überwachung im Aufwachraum, sog. perioperatives Management
- Intensivmedizin auf Intensivtherapiestationen
- Notfallmedizin
- Schmerztherapie von chronischen und akuten Schmerzen (z. B. postoperativ). Durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft gewinnt die palliativmedizinische Linderung von Leiden neben der kurativen Medizin immer größere Bedeutung und ergänzt die klassische Schmerztherapie.
- Bearbeitung des wissenschaftlichen Umfeldes des Fachgebietes
Facharzt-Weiterbildung
Weiterbildung in Deutschland
Anästhesisten sind in Deutschland Fachärzte (Gebietsarzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, die genaue Bezeichnung variiert zwischen den Bundesländern). Der erste Facharzt war Werner Sauerwein vom Bürgerhospital Saarbrücken. Er erhielt seine Facharzt-Anerkennung am 27. Mai 1953.[2] Die Weiterbildung dauert im Anschluss an das Medizinstudium fünf Jahre. Sie beinhaltet die Abarbeitung eines Katalogs von 1800 Anästhesieverfahren und eine Vollzeitbeschäftigung von einem Jahr auf einer Intensivstation. Parallel zur bzw. im Anschluss an die Facharztweiterbildung können verschiedene Zusatz-Weiterbildungen erworben werden (z. B. die Zusatzbezeichnungen Spezielle Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie).
Weiterbildung in Österreich
Die Ausbildung dauert sechs Jahre, wobei es notwendig ist, innerhalb dieser 6 Monate Innere Medizin, 6 Monate Chirurgie sowie ein Jahr Intensivmedizin zu absolvieren. Sie muss mit der praktischen und theoretischen Facharztprüfung abgeschlossen werden. Der Berufstitel lautet Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin.
Weiterbildung in der Schweiz
In der Schweiz dauert die Weiterbildung zum Anästhesisten sechs Jahre, gegliedert in fünf Jahre fachspezifische sowie 12 Monate nicht-fachspezifische Weiterbildung. Davon müssen mindestens 6, maximal 12 Monate in der Intensivmedizin absolviert werden. Zudem ist der Besuch eines mehrtägigen Kurses in Notfallmedizin erforderlich. Die Weiterbildung wird mit einer Prüfung, die einen mündlichen sowie einen schriftlichen Teil (schriftliche Prüfung der European Society of Anaesthesiology) umfasst, abgeschlossen.[3] Zur Teilnahme an der Prüfung ist ein schweizerisches oder anerkanntes ausländisches Arztdiplom Voraussetzung. Mit erfolgreichem Abschluss von Weiterbildung und Prüfung wird der Titel Facharzt für Anästhesiologie verliehen.[4]
Weiterbildung in den USA
Die Weiterbildung besteht aus insgesamt vier Jahren, von denen ein Jahr in einem anderen Fachgebiet abgeleistet werden muss. Nach der Weiterbildung ist man board eligible, und kann sich nach bestandener schriftlicher und mündlicher Prüfung board certified nach der American Board of Anesthesiology (ABA) oder der American Osteopathic Board of Anesthesiology (AOBA) nennen. Seit 1999 sind die Zertifikate nur noch zehn Jahre gültig. Danach kann in einem Jahr Fellowship eine subspecialty certification in pain medicine, pediatric anesthesiology, cardiovascular anesthesiology und critical care medicine erworben werden.
Weiterbildung in anderen Ländern
In England wird die Weiterbildung überwacht vom Royal College of Anaesthetists. Die Weiterbildung dauert mindestens sieben Jahre. In Australien und Neuseeland, wird die Weiterbildung vom Australian and New Zealand College of Anaesthetists überwacht.
Eine umfassende europäische (und damit supranationale) Qualifikation kann mit dem Examen der europäischen Fachgesellschaft für Anästhesiologie (European Society of Anaesthesiology) belegt werden, deren Kurzbezeichnung in fast allen Ländern im Anschluss an den Namen geführt werden kann (DESA = Diploma of the European Society of Anaesthesiology, früher DEAA).
Geschichte
Die Anästhesiologie hat ihre Wurzeln in der Anästhesie, deshalb wird nachfolgend auch die Entwicklung Anästhesie in Auszügen beschrieben.
Am 30. März 1842 wird die erste Ätheranästhesie durch Crawford Williamson Long angewendet. Wenige Jahre später, am 16. Oktober 1846, wird die erste öffentliche Äthernanästhesie von William Thomas Green Morton in Boston ausgeführt. Die erste Ätheranästhesie im deutschsprachigen Raum nimmt Hermann A. Demme am 23. Januar 1847 in Bern vor.
Geschichte (Deutschland)
Innerhalb Deutschland kommt die erste Ätheranästhesie am 24. Januar 1847 durch Heinrich E. Weikert und Carl F.E. Obenaus in Leipzig zur Anwendung. Am gleichen Tag bediente sich auch Johann Ferdinand Heyfelder in Erlangen dieser neuartigen medizinischen Technik.
Im Jahr 1928 erscheint die erste deutschsprachige Fachzeitschrift „Narkose und Anästhesie“. Nachdem die Bedeutung der Anästhesie nach dem Krieg stark gestiegen war, wurde am 10. April 1953 die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (kurz DGAI) gegründet. Nur wenige Wochen später (27. Mai 1953) beendet der erste Facharzt für Anästhesie seine Ausbildung.
In Mainz wird 1960 der erste deutsche außerordentliche Lehrstuhl für Anästhesiologie bei Rudolf Frey eingerichtet. Sechs Jahre später bekommt Hamburg den ersten Lehrstuhl für Anästhesie.
Siehe auch
- Der Anaesthesist, deutsche Fachzeitschrift
Einzelnachweise
- ↑ Sinngemäße Definition der deutschen Bundesärztekammer in der (Muster-)Weiterbildungsordnung vom Mai 2003 in der Fassung vom 28. März 2008
- ↑ Schüttler, 50 Jahre Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, S. 87
- ↑ Schweizerisches Institut für ärztliche Weiter- und Fortbildung SIWF: Weiterbildungsprogramm Facharzt für Anästhesiologie vom 1. Januar 2001. Revision vom 10. Juli 2008. Abgerufen am 12. April 2011.
- ↑ Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH: Weiterbildungsordnung (WBO) vom 21. Juni 2000. Revision vom 26. Mai 2010. Abgerufen am 12. April 2011.
Literatur
- G. Benad, M. Schädlich: Grundriß der Anästhesiologie. VEB Verlag Volk und Gesundheit Berlin, 1989, ISBN 3-333-00063-6.
Weblinks
Commons: Anaesthesiology – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWiktionary: Anästhesiologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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