- Malgré-nous
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Als Malgré-nous (sinngemäß: gegen unseren Willen) wurden die während des Zweiten Weltkrieges in die deutsche Wehrmacht oder Waffen-SS zwangsweise eingezogenen Elsässer und Lothringer bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Elsass-Lothringen 1940-45
Nach dem für die Wehrmacht siegreichen Verlauf des Westfeldzuges und der Besetzung Nordfrankreichs 1940 kam das Gebiet des ehemaligen Reichslandes Elsaß-Lothringen unter deutsche Verwaltung. Offiziell wurde es zwar nicht annektiert (vor allem aus Rücksichtnahme auf das Vichy-Regime von Marschall Pétain), de facto wurde es aber in das deutsche Reich eingegliedert. Der Gauleiter von Baden Robert Wagner wurde zum Chef der Zivilverwaltung im Elsass ernannt und Straßburg Sitz des neu gebildeten Reichsgaus „Baden-Elsaß“ bzw. „Oberrhein“. Das lothringische Gebiet um Metz wurde an den Gau Westmark angegliedert. Die meisten Elsässer und Lothringer standen dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber, es gab allerdings auch Sympathisanten. Der Versuch der neuen Machthaber, das Elsass in Kürze zu einem nationalsozialistischen Musterland zu machen, nahm zum Teil absurde Ausmaße an. So war das Tragen der Baskenmütze als vermeintliches Zeichen pro-französischer Gesinnung unter Strafe gestellt, Eheringe mussten rechts getragen werden wie in Deutschland, Denkmäler der elsässischen Generäle Kléber in Straßburg und Rapp in Colmar, die auch zur Zeit des Kaiserreichs unangetastet geblieben waren, wurden entfernt. Es herrschte eine strenge Pressezensur und es wurde versucht, französische Worte, wie „Billet“ oder „Trottoir“ aus dem Sprachgebrauch zu entfernen und französische Namen einzudeutschen (vgl. Deutscher Sprachpurismus).[1]
Diese Maßnahmen trugen nicht dazu bei, die Bevölkerung für das neue Regime zu gewinnen. Im Mai 1942 wurde die Dienstpflicht für den Reichsarbeitsdienst im Elsass eingeführt und am 25. August 1942 per Verordnung auch die Wehrpflicht. Vorherige Aufrufe, sich freiwillig zum Wehrdienst zu melden, waren ohne wesentliche Resonanz geblieben. Viele Dienstverpflichtete versuchten daraufhin über die Vogesen nach Frankreich oder in die Schweiz zu flüchten. Die Eingezogenen wurden zu über 90 % an der Ostfront eingesetzt. Insgesamt dienten mehr als 130.000 Elsässer und Lothringer in deutschen Uniformen, von denen etwa 32.000 ihr Leben verloren und 10.500 dauerhaft vermisst blieben. Diejenigen Elsässer, die in sowjetische Gefangenschaft gerieten, wurden überwiegend im Lager Tambow (ca. 400 km südöstlich Moskau) interniert, wo sie dieselben Bedingungen zu ertragen hatten wie die anderen deutschen Wehrmachtsangehörigen. Etwa 5-10.000 Elsässer und Lothringer starben dort. Die wenigen Jahre nationalsozialistischer Herrschaft brachten fertig, was Frankreich in den Jahren 1919-1940 nicht geschafft hatte: Die Elsässer wandten sich nun vorbehaltlos Frankreich zu, und deutsche Kultur und Sprache gerieten im Elsass endgültig in die Defensive.
Nach dem Krieg
Nach Kriegsende war die Stimmung im Elsass ambivalent. Einerseits war man froh, zu den Siegern zu gehören, andererseits sahen sich insbesondere die Malgré-nous in einer schwierigen Situation und waren häufig Kollaborations-Vorwürfen ausgesetzt. Von Seiten der Kommunistischen Partei wurden sie scharf angegriffen, weil sie die Verhältnisse in den sowjetischen Kriegsgefangenenlagern realistisch schilderten. In den 1980er Jahren zahlte die deutsche Bundesregierung 250 Mio DM als Entschädigung, d.h. etwas mehr als 3.000 DM pro Person an die noch lebenden etwa 80.000 Betroffenen.
Elsässer in Oradour-sur-Glane
Am 10. Juni 1944 wurde durch Angehörige der SS-Panzer-Division „Das Reich“ die französische Ortschaft Oradour-sur-Glane zerstört und 642 Einwohner ermordet. Unter den nach dem Krieg noch überlebenden und greifbaren Soldaten befanden sich auch 14 Elsässer, davon 13 Zwangsrekrutierte und ein Freiwilliger. Nach dem Krieg verurteilte ein französisches Militärgericht in Bordeaux am 12. Februar 1953 den Elsässer, der sich freiwillig gemeldet hatte, zum Tode. Von den 13 anderen Elsässern wurden 9 zu Strafen zwischen 5 und 11 Jahren Zwangsarbeit und 4 zu Gefängnisstrafen zwischen 5 und 8 Jahren verurteilt. Dieses Urteil sorgte im Elsass für große Unruhe, da nach Meinung der meisten Elsässer diese Malgré-nous nur unter Zwang den Befehlen ihrer deutschen Vorgesetzten gefolgt waren. Im Elsaß und in Lothringen hatte man das Gefühl, dass in Frankreich zu wenig Verständnis für die Situation der Malgré-nous aufgebracht wurde. Auf der anderen Seite protestierten die Angehörigen der Ermordeten von Oradour-sur-Glane gegen das Urteil, das ihnen zu milde vorkam. Nur wenige Tage nach Verkündung des Urteils wurde am 19. Februar 1953 durch die französische Nationalversammlung ein Amnestiegesetz erlassen.
Siehe auch
- Luxemburg im Zweiten Weltkrieg (auch die Bewohner Luxemburgs wurden ab 1942 in die Wehrmacht zwangsrekrutiert)
Literatur
- Guy Mouminoux: Denn dieser Tage Qual war groß. Stuttgart Hamburg, DBB, 1969
- Michael Erbe (Hrsg.): das Elsass - Historische Landschaft im Wandel der Zeiten. Kohlhammer-Verlag, 2002. ISBN 317015771X
- Tomi Ungerer: Die Gedanken sind frei. Meine Kindheit im Elsaß. Diogenes-Verlag, 1993. ISBN 3257231067
Einzelnachweise
- ↑ Nach T. Ungerer: "ein Elsässer hieß Lagarde - die Deutschen machten daraus Wache, die Franzosen wiederum Vache, daraus machten die Deutschen Kuh, und die Franzosen schließlich Cul".
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