Reichsgau

Reichsgau
Reichsgaue um 1941
Reichsgaue und Generalgouvernement, Mai 1944

Reichsgaue waren staatliche Verwaltungsbezirke in Teilen des Deutschen Reiches in der Zeit des Nationalsozialismus von 1939 bis 1945.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsbestimmung

Reichsgaue standen unter der Leitung eines Reichsstatthalters, der meist in Personalunion Gauleiter für den gleichnamigen (Partei-)Gau der NSDAP war. Sie besaßen ein vom Reich abgeleitetes Recht, in Übereinstimmung mit dem Reichsinnenminister selbstständig im Verordnungswege Recht zu setzen. Es handelt sich dabei um den Beginn einer Neuordnung der Reichsmittelinstanz, und zwar zunächst außerhalb der Grenzen des Reichsgebietes von 1937.

Sudetenland (Tschechoslowakei)

Hauptartikel: Sudetenland (Reichsgau)

Nach dem Gesetz über die Gliederung der sudetendeutschen Gebiete[1] wurde zum 15. April 1939 der Reichsgau Sudetenland (zunächst als Sudetengau) gebildet. Er wurde in Stadt- und Landkreise eingeteilt, die in drei Regierungsbezirken zusammengefasst wurden.

Eingegliederte Ostgebiete (Polen)

Der Führererlass über Gliederung und Verwaltung der Ostgebiete[2] regelte ab 26. Oktober 1939 in „entsprechender Anwendung“ des Sudetengaugesetzes die Bildung der beiden neuen Reichsgaue. Auch sie wurden in Stadt- und Landkreise eingeteilt, die jeweils in drei Regierungsbezirken zusammengefasst waren.

Im Fall des Reichsgaus Danzig-Westpreußen wurde mit dem Regierungsbezirk Westpreußen zum ersten (und letzten) Mal auch ein Teil des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1937 in einen Reichsgau einbezogen.

Alpen- und Donau-Reichsgaue (Österreich)

Hauptartikel: Alpen- und Donau-Reichsgaue

Das Ostmarkgesetz[3] hatte die Bildung von Reichsgauen im Land Österreich und deren Einteilung in Stadt- und Landkreise bereits 1939 angeordnet. Wegen der geringeren Bevölkerungsdichte war von der Einteilung in Regierungsbezirke abgesehen worden. Der Reichsgau Groß-Wien umfasste nur eine Gemeinde, nämlich die Stadt Wien.

Da sich die Aufteilung des Landes Österreich, dessen Kompetenzen auf die Reichs- und Reichsgauebene verteilt wurden, längere Zeit hinzog, kam es zur Bildung der Reichsgaue erst zum Beginn des Jahres 1940.

Flandern und Wallonien (Belgien)

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, nachdem Belgien bereits befreit war, wurden in Deutschland durch geflohene Kollaborateure Verwaltungen für die zukünftigen Gaue Flandern und Wallonien (→ Wallonische Region) geschaffen.

Die zuständigen Gauleiter waren (auf Grund der nahenden Befreiung durch die Alliierten) gezwungen, von Deutschland aus ihre Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen: Der Reichsgau Flandern, ohne Voeren aber Comines-Warneton einbezogen, bestand ab 15. Dezember 1944, der Gauleiter im deutschen Exil war Jef van de Wiele. Der Reichsgau Wallonien wurde am 8. Dezember 1944 eingerichtet, der Gauleiter im deutschen Exil war Léon Degrelle.[4][5]

Westmark (Pfalz, Saarland, Lothringen)

Der geplante Reichsgau Westmark (Saarland/Rheinpfalz/CdZ-Gebiet Lothringen) ist formell nicht mehr zustande gekommen. Vielmehr verblieb es bis 1945 so, dass der Reichsstatthalter in der Westmark in Saarbrücken (vormals: Reichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandes/Reichsstatthalter für die Saarpfalz) in Personalunion das Saarland und den bayerischen Regierungsbezirk Pfalz verwaltete, ferner auch die Aufgaben des Chefs der Zivilverwaltung für Lothringen wahrnahm.

Dieses Gebiet der Westmark, das altes Reichsgebiet und mit Lothringen auch französisches Staatsgebiet umfasste, wurde somit zwar einheitlich verwaltet, zerfiel aber weiterhin formell in das eigentliche Reichsgebiet (Saarland/Land Bayern) und das CdZ-Gebiet Lothringen.[6]

Oberrhein (Baden, Elsass)

Ebenso war der Reichsgau Oberrhein als Zusammenschluss des Gaus Baden mit dem Elsass geplant, der aber bis 1945 formal nicht mehr zustande kam. Baden und das Elsass wurden gemeinsam von Straßburg aus verwaltet. Die Stadt Kehl fiel an Straßburg, der Bürgermeister von Kehl wurde Beigeordneter in Straßburg, während der Straßburger Oberbürgermeister gleichzeitig Bürgermeister von Kehl wurde. Für den Bereich der NSDAP lautete die Bezeichnung des Gaus „Baden-Elsaß“.[7][8]

Siehe auch

Quellen

  1. Gesetz über die Gliederung der sudetendeutschen Gebiete vom 25. März 1939
  2. Erlaß des Führers und Reichskanzlers über Gliederung und Verwaltung der Ostgebiete vom 8. Oktober 1939
  3. Gesetz über den Aufbau der Verwaltung in der Ostmark („Ostmarkgesetz“) vom 14. April 1939
  4. Notes on the formation of Belgium (engl.)
  5. World Statesmen.org – Belgium (engl.)
  6. Ausführlich zur Westmark, auch als ideologisches Konstrukt von Wissenschaftlern aus der Westforschung: Annexion et nazification en Europe: Actes du colloque de METZ, 7–8 Novembre 2003 (PDF; frz.). Dabei sollte die Westmark über die NS-Verwaltungseinheit (Partei-Gau der NSDAP) hinaus dann als Reichsgau auch Luxemburg und Ostbelgien umfassen.
  7. Le petit journal de guerre de Marguerite Liechty: Wintzenheim, de décembre 1944 à février 1945 (frz.)
  8. Territoriale Veränderungen in Deutschland und deutsch verwalteten Gebieten 1874–1945

Weblinks


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