Mandatsträgerbeitrag

Mandatsträgerbeitrag

Mandatsträgerbeiträge (auch Mandatsträgerabgaben, in Österreich Parteisteuern genannt) sind regelmäßige Zahlungen von Mandatsträgern (Abgeordnete, hauptamtlichen Politiker wie z. B. Bürgermeister, Aufsichtsratsmandatsinhaber etc.) an die Parteien und Gewerkschaften, die sie für die jeweiligen Aufgaben nominiert haben. Die Mandatsträgerabgaben sind formell freiwillig, ein Rechtsanspruch der Parteien und Gewerkschaften besteht nicht. Jedoch riskiert der Mandatsträger nicht wieder nominiert zu werden, wenn er sich der Zahlung verweigert. Die Zahlungen werden teilweise direkt gezahlt, teilweise kommen sie den Kassen der Fraktionen, Untergliederungen oder Stiftungen zugute. Geregelt sind sie meist in den Satzungen oder Finanzordnungen der jeweiligen Parteien oder Organisation.

Inhaltsverzeichnis

Mandatsträgerbeiträge nach Parteiengesetz

Mandatsträgerbeiträge werden im Parteiengesetz (PartG) definiert. Während Mitgliedsbeiträge regelmäßige Geldleistungen sind, die ein Mitglied auf Grund satzungsrechtlicher Vorschriften entrichtet (§ 27 Abs. 1 Satz 1 PartG), sind Mandatsträgerbeiträge regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus an seine Partei leistet (§ 27 Abs. 1 Satz 2 PartG). Sie werden auch als „Mandatsabgaben“ bzw. „Parteisteuern“ bezeichnet. Mandatsträger sind Mitglieder von Parlamenten und Regierungen, direkt oder indirekt gewählte Kreis-, Gemeinde- und Ortsräte sowie Bürgermeister und Landräte. Mandatsträgerbeiträge zählen wie Mitgliedsbeiträge oder Spenden zu den so genannten Zuwendungen natürlicher Personen (§ 18 Abs. 3 Nr. 3 PartG) und bilden einen wesentlichen Beitrag zur Parteienfinanzierung.

Davon zu unterscheiden sind die Beiträge, die Abgeordnete an ihre Fraktionen leisten.

Mit der Änderung des Parteiengesetzes im Jahre 2002 hat der Gesetzgeber die Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen ausdrücklich vorgesehen. Damit geht der Gesetzgeber offensichtlich auch von der Zulässigkeit ihrer Erhebung aus.

Begründet werden die Mandatsträgerabgaben unter anderem damit, dass die begünstigten Parteigliederungen vielerlei geldwerte Leistungen für ihre Abgeordneten und Ratsmitglieder erbringen.[1]

Aus der gesetzlichen Definition in § 27 Abs. 1 Satz 2 ergibt sich jedoch, dass das PartG nicht von einer Rechtspflicht zur Entrichtung der Mandatsträgerbeiträge ausgeht. Anders als Mitgliedsbeiträge, die nach dem Gesetzeswortlaut ihren Rechtsgrund in den satzungsrechtlichen Vorschriften haben (§ 27 Abs. 1 Satz 1 PartG), stellt das Gesetz bei Mandatsträgerbeiträgen nicht auf eine Verpflichtung zur Zahlung, sondern auf die Bewirkung der Leistung, also die Zahlung selbst ab. In Bezug auf die Publizitätspflichten behandelt das PartG Mandatsträgerbeiträge wie Spenden und nicht wie Mitgliedsbeiträge (§ 25 Abs. 3). Auch das Bundesfinanzministerium geht für die steuerliche Behandlung von einer Freiwilligkeit der Mandatsträgerbeiträge aus. Sind Mandatsträgerbeiträge freiwillig, scheidet eine Einklagbarkeit aus.

Regelungen der Parteien

Die Satzungen von allen im Bundestag vertretenen Parteien sehen die Verpflichtung zur Entrichtung von Mandatsträgerbeiträgen vor. Die jeweilige Höhe der Sonderbeiträge ist außer bei der CSU in keiner dieser Satzungen bestimmt, sondern wird von bestimmten Organen der entsendenden Gliederungen festgelegt bzw. mit den Betroffenen vereinbart. Was die Verbindlichkeit der Verpflichtung zur Leistung der Mandatsträgerbeiträge angeht, unterscheiden sich die Bestimmungen der Parteien erheblich. Bei einigen wird ausdrücklich von freiwilligen Leistungen gesprochen. Bei anderen führt die Nichtleistung zum automatischen Verlust der Mitgliedschaft.

Höhe der Mandatsträgerabgaben

Die Höhe der Mandatsträgerabgaben ist unterschiedlich. Während die Gewerkschaften eine Abführung des größten Teils der Aufsichtsratstantiemen verlangen, leisten Parteipolitiker meist zwischen 10 % und 20 % ihrer Bezüge oder Abgeordnetenentschädigungen.

Die Parteien haben 1989 gegenüber dem Bundesverfassungsgericht angegeben, folgende Anteile der Beiträge würden auf Mandatsträgerabgaben entfallen: Die Grünen lagen mit 50 Prozent weit vorn, bei CDU, CSU und SPD lag der Anteil im Jahr 1989 zwischen 18 und 29 Prozent.[2] Die Weizsäcker-Kommission hat 1993 den Anteil der Mandatsträgerabgaben auf 20 bis 25 Prozent geschätzt.[3] Mandatsträgerabgaben sind damit ein relevanter Teil der Parteienfinanzierung.

Auch die Bedeutung der Sonderbeiträge für die Finanzen der Parteien ist unterschiedlich. Der Anteil der Mandatsträgerbeiträge an den Gesamteinnahmen variiert von 4,6 % bis 17 %. Ein überwiegender Teil der Mandatsträgerbeiträge fließt an die unteren Gliederungen der Parteien (Kreis- und Ortsverbände), bei denen diese teilweise die Haupteinnahmequelle darstellen.

Im Jahr 2003 wurden laut Rechenschaftsbericht zugunsten der SPD insgesamt 22,5 Mio. € Mandatsträgerbeiträge geleistet; dies entspricht einem Anteil von 12,5 % an den Einnahmen der Partei. Bei der CDU waren es insgesamt 18 Mio. € (12,9 %). Die Mandatsträger der FDP leisteten 1,3 Mio. € (4,6 %). Die Vorgängerin der Linkspartei, die PDS, sammelte 1,1 Mio. € Mandatsträgerbeiträge ein (5,1 %). Die Mandatsträger der Partei Bündnis 90/Die Grünen leisteten insgesamt 4,5 Mio. € (17 %). Zugunsten der CSU wurden insgesamt 3,3 Mio. € Mandatsträgerbeiträge geleistet (6,9 %).

Verfassungsrechtliche Bedenken

Verfassungsrechtlich bedenklich wurden im Bericht der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung eine Reihe von Punkten angemerkt, die behoben wurden:[4]

  • Mandatsträgerabgaben müssen zwingend (zumindest formal) freiwillig sein
  • die frühere Praxis der Bundestagsverwaltung, die Abgaben direkt von den Diäten einzubehalten und den Fraktionen zu überweisen
  • Mandatsträgerabgaben dürfen verdeckter Parteienfinanzierung nicht Vorschub leisten

Siehe auch

Quellen

  1. Deutscher Bundestag Online Version
  2. BVerfGE 85, 264 (311)
  3. BT-Drs.12/4425, S. 18
  4. Bericht der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung,Berlin, 18. Juli 2001, Seite 94 Online Fassung

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