- Mantelpropeller
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Als Mantelpropeller wird eine Antriebseinrichtung bezeichnet, bei der eine speziell angepasste Form eines Propellers in einem zylindrischen Gehäuse eingebaut ist. Der Gewinn dieser Anordnung gegenüber einem „freifahrenden“ Propeller besteht darin, dass das Gehäuse die Schubverluste infolge von Verwirbelungen an den Blattspitzen des Propellers reduziert. Es wird zwar die Leistung bezogen auf den Durchmesser erhöht, nicht jedoch die Effizienz des Propellers. Mantelpropeller werden als Antrieb in der Luftfahrt vielfältig eingesetzt, so z. B. bei Flugzeugen, Luftkissenfahrzeugen und flachgehenden Booten (Sumpfboote). Eine besondere Anwendungsform stellt der Fan, als erste Verdichterstufe eines Turbofantriebwerks dar. Außerhalb der Luftfahrt wird für meist radial durchströmte Mantelpropeller oft der Begriff Impeller verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die wahrscheinlich erste Erwähnung des Mantelpropellers findet sich 1918 in einer Patentschrift der Mercur Flugzeugbau GmbH. Hierin wird eine „Einrichtung zur Verbesserung des Wirkungsgrades von Luftschrauben“ beschrieben, die auf der Verwendung von Leitschaufeln mit verstellbarer Steigung und eines die Luftschraube umschließenden Rings basiert.[1]
Vor dem Zweiten Weltkrieg ist vor allem die Stipa-Caproni bekannt geworden, ein fassförmiges Flugzeug bei dem der Ring um den Propeller auch gleichzeitig den Rumpf bildete. Die Erfahrungen mit dieser Konstruktion flossen dann in den Entwurf der Caproni Campini N.1. ein. Beide Entwürfe werden als Meilensteine auf dem Weg zur Entwicklung des Jettriebwerks angesehen.[2]
In den 1950er- und 60er-Jahren bestanden die Anwendungen vorwiegend in der Verwendung als Schwenktriebwerke bei VTOL-Flugzeugen. Beispiele sind die Doak VZ-4, die Nord 500 und die Bell X-22. Erst in den 1970er wurde der Einbau in Flugzeuge der Allgemeinen Luftfahrt in Betracht gezogen und auch umgesetzt.
Technik
Beim Mantelpropeller wird der Propeller (Rotor) mit einem profilierten Mantelring umgeben. Im Vergleich zum nicht ummantelten, „freifahrenden“ Rotor, führt dies zu einer anderen Form der Durchströmung. Der Strahl der beschleunigten Luft wird nicht eingeschnürt, an den Eintrittslippen des Mantels entstehen Zonen mit verringertem Druck, die zum Schub beitragen. Im Idealfall erhöht sich dadurch der Standschub auf den doppelten Wert des freifahrenden Rotors. Da sich gleichzeitig aber auch der Massenfluss durch den Rotor erhöht, steigt auch die notwendige Antriebsleistung. Vergleicht man den freifahrenden und den ummantelten Rotor auf der Basis von gleich großen Eingangsleistungen, dann ist der Schubgewinn deutlich kleiner, kann aber immer noch bis zu 26 % betragen.[3] In der praktischen Anwendung des Mantelpropellers wird jedoch oft der Gewinn im Schub dazu genutzt den Durchmesser des Propellers zu verkleinern unter Erhalt der Leistung und des Schubs eines freifahrenden Propellers. Als zusätzlicher Vorteil kommt hinzu, dass sich durch die Ummantelung des Propellers auch eine erhöhte Sicherheit beim Betrieb am Boden einstellt.
Anforderungen
Um die genannten Vorteile nutzen zu können, muss sich die erwünschte Strömungsform beim Betrieb sicher einstellen. Dazu muss zum einen der Rotor eines Mantelpropellers eine andere Form erhalten als ein normaler Propeller. Die Anzahl der Propellerblätter ist in der Regel ebenfalls deutlich größer. Der Propeller besitzt eine ungerade Anzahl von Blättern, um Resonanzschwingungen im Mantel zu vermeiden. Weiterhin muss der Spalt zwischen Rotorspitzen und Mantel sehr klein sein (max. etwa 1 % des Durchmessers), da sonst ein Druckausgleich um die Spitzen herum auftritt. Ansonsten kann eine Strömungsablösung im Mantel hinter dem Rotor erfolgen. Es muss also bei der Herstellung des Mantels mit sehr kleinen Fertigungstoleranzen gearbeitet werden.
Nachteile
Speziell bei VTOL-Flugzeugen kann das zusätzliche Gewicht infolge des notwendigen Mantels samt Aufhängung und Antrieb des Rotors in seinem Inneren eine Reduzierung des Schubgewinns bedeuten und damit das Leistungsspektrum erheblich einschränken. Der volle Schubgewinn stellt sich nur im Stand ein. Im Vorwärtsflug wird der Rotor von vorne angeströmt, was zwangsläufig zu einer Verkleinerung des Schubgewinns führt. Um auch bei größeren Horizontalgeschwindigkeiten eine Strömungsgsablösung zu verhindern, ist eine angepasste Form des Einlaufbereichs des Mantels notwendig. Dies kann im Extremfall eine „variable Einlaufgeometrie“ erfordern. Hinzu kommt, dass der Mantel im Vorwärtsflug durch seine Oberfläche zusätzlichen Luftwiderstand erzeugt. Insgesamt haben diese Probleme dazu geführt, dass der Mantelpropeller in der Luftfahrt, außerhalb des Triebwerksbaus, nur in Einzelfällen Anwendung findet.
Anwendungen
Weitaus am häufigsten werden in der Luftfahrt Mantelpropeller bei Strahltriebwerken in Form des Turbofans eingesetzt. Hier wird die Leistung für den Antrieb des Fans von einer Gasturbine bereitgestellt. Turbofan-Triebwerke werden heute bei praktisch allen größeren Passagierflugzeugen und vielen militärischen Flugzeugen verwendet. Der Mantelpropeller kann jedoch von jeder beliebigen Maschine, die Leistung über eine Welle abgeben kann, angetrieben werden. Eine besondere Anwendung findet sich bei Helikoptern, wo der Mantelpropeller eingesetzt wird um den Heckrotor zu ersetzen und den Drehmomentausgleich des Hauptrotors zu gewährleisten. Bekannt ist der Handelsname Fenestron mit Anwendung z. B. beim Eurocopter EC 135.
Ausgewählte Anwendungen des Mantelpropellers bei Luftfahrzeugen
Anwendungsziel Typenbeispiel Einbauart Erzeugung des Luftkissens bei Hovercraftfahrzeugen Saunders Roe Nautical 4 horizontal Erzeugung des Luftkissens und des Vortriebs bei Hovercraftfahrzeugen LCAC horizontal + vertikal Drehmomentausgleich und Erzeugung von Vortrieb bei Hubschrauber Piasecki X-49 starr vertikal im Heckausleger Drehmomentausgleich bei Hubschrauber Eurocopter EC 135 starr vertikal im Heckausleger V/STOL-Fähigkeit Lockheed Martin F-35 starr horizontal hinter dem Cockpit V/STOL-Fähigkeit Bell X-22 beweglich an Starrflügel V/STOL-Fähigkeit Nord 500 Cadet[4] beweglich an Starrflügel V/STOL-Fähigkeit Doak 16 VZ-4[5] beweglich an Starrflügel STOL-Fähigkeit Custer Channel Wing [6] Starrflügel mit „halbem“ Mantelpropeller Jetähnliches Flugverhalten in einem kolbenmotorgetriebenen Flugzeug Rheinflugzeugbau Fantrainer[7] Starr vertikal im Rumpf integriert STOL-Fähigkeit, Verbesserte Sicht (270°) für Luftbildkartierung Edgley Optica [8] Starr vertikal im Rumpf integriert Einzelnachweise
- ↑ Karl R. Pawlas, Luftfahrt-Lexikon, Mercur (1918), Beitragskennung: 3080-100-3
- ↑ Fan-in-a-Ring, AIR International, Februar 1977, S. 59-66
- ↑ Theorie zum Mantelpropeller
- ↑ [1] Foto der Nord 500 Cadet
- ↑ [2] Foto der Doak VZ-4
- ↑ [3] Foto der Custer Channel-Wing CCW-5
- ↑ [4] Antriebsprinzip des Fantrainers
- ↑ [5] Foto und Daten der Edgley Optica
Siehe auch
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