Maria Theresia von Paradis

Maria Theresia von Paradis
Maria Theresia Paradis, 1784.

Maria Theresia Paradis[1] (* 15. Mai 1759 in Wien; † 1. Februar 1824 ebenda) war eine österreichische Pianistin, Sängerin und Komponistin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die 'höhere Tochter' (eines Wiener Beamten), die als etwa dreijähriges Kind erblindete, erhielt Musikunterricht durch Leopold Kozeluch (Klavier), weiters durch Antonio Salieri (der für längere Zeit zum Freundeskreis der Familie zählte, in Harmonielehre); außerdem durch Vincenzo Righini und Georg Joseph Vogler (Gesang).

Entgegen verbreiteten Behauptungen war „die Paradis“ kein Patenkind der Kaiserin Maria Theresia, erhielt jedoch finanzielle Unterstützung (eine ‚Gnadenpension‘ aus der persönlichen Börse der Kaiserin, die von Joseph II. später wieder gestrichen wurde). Sie war seit 1775 als Pianistin in Wien sehr prominent und gab zahlreiche Konzerte.

In Wien, wie auch auf ihren Tourneen, brachte sie neben vielen Werken ihres hauptsächlichen Lehrers Kozeluch auch Klavierkonzerte von Haydn (nachweislich Konzert G-Dur Hob XVIII:4) und (seltener) von Mozart zu Gehör. In einem Brief vom 16. Februar 1785 schreibt Leopold Mozart seiner Tochter von einem neuen Klavierkonzert, das sein Sohn "für die Paradis nach Paris gemacht" habe. Allerdings ist aus dieser Notiz nicht zu rekonstruieren, um welches Klavierkonzert es sich handelt. Salieri widmete ihr sein 1773 entstandenes Orgelkonzert, das sie höchstwahrscheinlich ebenfalls öffentlich aufführte.

Nach einem wahren Martyrium durch eine Vielzahl damals moderner 'Behandlungen', die ihre Blindheit kurieren sollten, galt sie den am Wiener Hof anerkannten Medizinern als unheilbar; danach war sie einige Monate lang[2] Patientin des zwar in Wien berühmten, aber von Kollegen angefeindeten Arztes Franz Anton Mesmer, der zeitweise eine merkliche Besserung ihres Zustandes bewirkt hat. Nachdem die Eltern der Musikerin sie im Juni 1777 Mesmers Behandlung entzogen hatten, fiel sie jedoch wieder in vollkommene 'Blindheit' zurück. Dass diese von vornherein psychogen bedingt gewesen sein könnte, darf vermutet werden.

Eine große Tournee führte die Pianistin von 1783 bis 1786 unter anderem nach Deutschland (wo sie in Hamburg mit Carl Philipp Emanuel Bach zusammentraf); weiters nach Berlin, in die Schweiz, nach Frankreich, nach England, in die Spanischen Niederlande und nach Böhmen; begleitet wurde sie stets von ihrer Mutter und ihrem Librettisten und Violinisten Johann Riedinger, der ihretwegen eine Blinden-Notenschrift erfand.

Durch diese Konzertreisen wurde sie über die Grenzen des damaligen Österreich hinaus bekannt und beeindruckte und beeinflusste insbesondere Valentin Haüy und Johann Wilhelm Klein, die Begründer der ersten Blindeninstitute in Paris und Wien. Für ihre Korrespondenz verwendete sie eine von Wolfgang von Kempelen, ihrem früheren Hauslehrer, entwickelte Blinden-Schreibmaschine.

Während ihrer Reisen begann die Paradis Klaviermusik und Lieder zu schreiben, und nach ihrer Rückkehr widmete sie sich in Wien zusehends der Komposition. Später vorgesehene Konzertreisen nach Italien und Russland kamen nicht zustande: 1808 gründete sie in Wien ein „Institut für musikalische Erziehung“, an dem sie junge Frauen in Klavier, Gesang und Musiktheorie unterrichtete.

Die Musikerin wurde auf dem Sankt Marxer Friedhof beigesetzt.

Wirkung

Die Paradisgasse im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling wurde nach ihr benannt.

In Anerkennung ihres Wirkens wurde 1999 in Wien das "Von Parádis Trio" durch die Musikerinnen Ursula Bosch, Ildikó Tarmann und Karin Hopferwieser gegründet.[3] Der Akzent im Namen dieses Trios ist allerdings eine Kuriosität, da Paradis' Großvater Claude Paradis ein aus Savoyen stammender Franzose war und der Name somit auf der letzten Silbe betont wird.

Werke

Viele der zahlreichen Werke von Maria Theresia Paradis sind verloren gegangen. In ihren Bühnenwerken zeigt sich besonders in den dramatischen Szenen der Einfluss ihres Lehrers Salieri, ansonsten herrscht der typische Wiener Singspielton vor. Ihre Klavierwerke sind stark vom Stil ihres Lehrers Kozeluch beeinflusst.

  • Bühnenwerke
    • Ariadne und Bacchus (1791)
    • Der Schulkandidat (1792)
    • Rinaldo und Alcina (1797)
  • Kantaten
    • Trauerkantate auf den Tod Leopold II. (1792)
    • Deutsches Monument Ludwigs des Unglücklichen (1793)
    • Kantate auf die Wiedergenesung meines Vaters
  • Instrumentalwerke
    • 2 Klavierkonzerte in g-Moll und C-Dur
    • 12 Klaviersonaten (1792)
    • Klaviertrio (1800)
    • 2 Fantasien für Klavier in G-Dur (1807) und C-Dur (1811)

Literatur

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Der Fachautor Hermann Ullrich wies in einem Aufsatz im Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien (Bd. 17/18, 1961/62) nach, dass sie nicht von Adel war. Gleiches geht aus Karl Friedrich von Frank, Standeserhebungen und Gnadenakte für das Deutsche Reich und die Österreichischen Erblande bis 1806, sowie kaiserlich österreichische bis 1823 mit einigen Nachträgen zum „Alt-Österreichischen Adels-Lexikon 1823-1918“, Senftenegg, Selbstverlag. hervor.
  2. (Laut Alissa Walser): Ausführlich beschrieben wird die therapeutische Beziehung in den Kapiteln 1–14, im Zeitraum von Jänner bis Mai 1777.
  3. http://members.yline.com/~vonparadis/index.html

Weblinks

 Commons: Maria Theresia von Paradis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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