Marienfrauenschuh

Marienfrauenschuh
Gelber Frauenschuh
Gelber Frauenschuh  (Cypripedium calceolus)

Gelber Frauenschuh (Cypripedium calceolus)

Systematik
Familie: Orchideen (Orchidaceae)
Unterfamilie: Cypripedioideae
Tribus: Cypripedieae
Untertribus: Cypripediinae
Gattung: Frauenschuh (Cypripedium)
Art: Gelber Frauenschuh
Wissenschaftlicher Name
Cypripedium calceolus
L.

Der Gelbe Frauenschuh (Cypripedium calceolus), auch Marienfrauenschuh (die Blüte des Gelben Frauenschuhs wird in Legenden im Zusammenhang mit der Jungfrau Maria erwähnt), Europäischer Frauenschuh oder noch häufiger einfach nur Frauenschuh genannt. Die Form der Blüte führte auch zu dem Namen „Krimhilds Helm“. Der Gelbe Frauenschuh ist eine der prächtigsten wildwachsenden Orchideenarten Europas und steht in allen Ländern unter strengstem Schutz (nach FFH-Richtlinie Anhang II). Er gehört zur Gattung Frauenschuhe (Cypripedium) in der Familie der Orchideen (Orchidaceae).

Um auf die besondere Gefährdung und Schutzwürdigkeit dieser Art aufmerksam zu machen, wurde der Gelbe Frauenschuh vom Arbeitskreis Heimische Orchideen zur Orchidee des Jahres 1996 gewählt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Illustration von Jacob Sturm (1796)
Einzelblüte
Zweiblütiger Trieb

Der Gelbe Frauenschuh ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 15 bis 60 Zentimetern erreicht. Am etwas gebogenen und behaarten Stängel befinden sich drei bis fünf breit-elliptische, stängelumfassende Laubblätter, die nach außen spitz zulaufen. Diese weisen eine Länge zwischen 5 und 13 cm auf. Die hellgrünen Laubblätter zeigen an der Blattunterseite eine feine flaumige Behaarung. Auch die kräftige Nervatur ist deutlich erkennbar.

In der Regel sind die einzelnen Triebe einblütig, oft tragen sie bei gutem Wachstum der Pflanze auch zwei Blüten, selten drei oder vier. Bemerkenswert ist die lange Entwicklungszeit bis zur ausgewachsenen Pflanze. Zuerst wird über den Wurzelpilz (Mykorrhiza) Nahrung aufgenommen. Das erste grüne Blatt wird erst im vierten Jahr angelegt.

Die zwittrigen, zygomorphen Blüten sind dreizählig. Die vier äußeren purpur- bis schokoladenbraunen Perigonblätter sind etwa 5 cm lang. Sie zeigen eine spitz-lanzettliche Form und umgeben breit abstehend den gelben "Schuh". Die schmalen Petalen sind häufig etwas gedreht. Die sehr große, kräftig gelbe Lippe wird von einem inneren Perigonblatt gebildet und zu einem bauchigen Schuh umgeformt. Er erreicht eine Länge bis ca. 4 cm. Die Blüten des Frauenschuhs zählen zu den größten unserer Flora und stellen die größten Einzelblüten unter den europäischen Orchideen dar. Es sind zwei Staubblätter fruchtbar.

Der Frauenschuh wird von Insekten bestäubt. Aufgrund seiner kesselfallenähnlichen Bestäubungsvorrichtung ist Selbstbestäubung praktisch ausgeschlossen. Die Samen der Kapselfrüchte werden durch den Wind verbreitet. Im Gegensatz zu den meisten anderen Orchideenarten besitzt der Frauenschuh keine Knollen, er treibt aus einem Wurzelstock.

Bestäubung

Es handelt sich bei dieser Art um eine sogenannte Kesselfallenblume. Insekten, besonders Erdbienen, dringen durch das Loch an der Labellumbasis in den Kessel ein oder fallen in den Kessel, dessen glatte und glänzende Wände (mit Ölüberzug) einen Ausstieg verhindern. Im Kessel bietet die Pflanze den unfreiwilligen Gästen eiweiß- und zuckerhaltige Futterhaare, die sie abweiden. Der einzige Weg aus der Falle führt über den Geschlechtsapparat (Gynostemium) hinweg zu einer fensterartig durchsichtigen Wand, die eine Öffnung vortäuscht. Auf diese Weise wird zuerst die Narbe und dann zumindest eine der beiden klebrigen Pollenmassen berührt. Zuweilen lauern Raubspinnen, wie zum Beispiel Krabbenspinnen, in den Kesseln und machen diese dann zur tödlichen Falle. Die mitteleuropäische Blütezeit des Frauenschuhs beginnt Mitte Mai und dauert bis Ende Juni an.

Vorkommen

Gelber Frauenschuh im Habitat, einem Steppenheidehang in der Rhön (Thüringen)

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nord-, über Mittel- bis Ost-Europa, über Asien bis Japan, wobei der Gelbe Frauenschuh die einzige natürlich in Deutschland vorkommende Frauenschuhart ist. Bevorzugt wächst er vereinzelt in schattigen Laubwäldern (wie etwa Buchenwälder) oder an buschigen Berghängen bis zu Höhenlagen von 2.000 m ü. NN.

Bekannte Vorkommen werden Jahr für Jahr zur Blütezeit von größeren Menschenmengen besucht. In der Schweiz ist es zum Beispiel das Gasterntal im Berner Oberland. In Österreich ist es das Lechtal, das die größten Vorkommen hat.

Gefährdung

Der Frauenschuh gilt nach der Roten Liste als gefährdet und ist nach der Bundesartenschutzverordnung streng geschützt. Als ursächlich für die Gefährdung wird vor allem die weitreichende Forstwirtschaft gesehen, die eine natürliche Waldentwicklung und -dynamik kaum zulässt. An zu schattigen Standorten bildet der Frauenschuh meist nur Blätter aus und verschwindet nach einiger Zeit ganz. Auch gehen wohl gewisse „Pflanzenliebhaber“ davon aus, den Frauenschuh ausgraben und in ihrem eigenen Garten einpflanzen zu können. Nicht einmal Botaniker wissen genau, welche Standortfaktoren zu einem geeigneten Frauenschuh-Biotop gehören. Die Umstellung auf das Kleinklima eines Gartens verkraften die Pflanzen gewöhnlich nicht und sterben frühzeitig ab.

Das einzige noch verbliebene Vorkommen Großbritanniens nahe der Stadt York wird während der Blütezeit Tag und Nacht von Naturschützern bewacht.

Unterarten, Varietäten, Hybriden

Cypripedium × ventricosum

Die nordamerikanischen Arten Kleinblütiger Frauenschuh (Cypripedium parviflorum) und Behaarter Frauenschuh (Cypripedium pubescens) wurden in der Vergangenheit oft als Unterarten oder Varietäten des Gelben Frauenschuh (Cypripedium calceolus) angesehen. Charles Sheviak revidierte dies 1994 und seither werden diese als Cypripedium parviflorum var. parviflorum und Cypripedium parviflorum var. pubescens bezeichnet.

Die Variabilität beschränkt sich in der Regel auf die Blütenfärbung.

  • Cypripedium calceolus var. calceolus
  • Cypripedium calceolus var. citrinum mit zitronengelben Blüten.
  • Cypripedium calceolus var. fulvum mit gelblich rostroten Blüten.
  • Cypripedium calceolus var. flavum mit vollständig kräftig gelben Blüten.
  • Cypripedium calceolus var. viridiflora mit grünen Blüten.

Außer mehreren künstlich erzeugten Hybriden gibt es folgende Naturhybride:

Bildergalerie

Weblinks


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