- Martin Gusinde
-
Martin Gusinde (* 29. Oktober 1886 in Breslau; † 18. Oktober 1969 im Missionshaus St. Gabriel, Mödling) war als Priester Anthropologe, Lehrer und Universitätsprofessor.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Pater Gusinde trat 1900 dem Missionsorden Societas Verbi Divini (S.V.D.) bei, den Steyler Missionaren. Er begann sein höheres Studium 1905 in St. Gabriel in Mödling bei Wien. Nach der Priesterweihe 1911 ging Gusinde nach Chile. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer von 1912 bis Ende 1922 arbeitete er von 1913 an am Völkerkundemuseum in Santiago de Chile unter Max Uhle. 1918 wurde er dort Abteilungsleiter. Er unternahm von Ende 1918 bis 1924 vier Forschungsreisen nach Feuerland[1]. Ziel war es, die verschiedenen Gruppen der Feuerland-Indianer zu erforschen, die durch Krankheiten und Einwanderer verdrängt wurden und schon nahezu ausgerottet waren (siehe auch: Feuerland – Der Genozid an der indianischen Bevölkerung). Insgesamt hielt er sich in Feuerland 22 Monate auf und konnte dort auch an Initiationsriten der von ihm untersuchten Bevölkerungsgruppen teilnehmen. Außerdem zeichnete er im Auftrag des Berliner Phonogramm-Archivs Lieder und Gesänge der indigenen Bevölkerung auf, diese Aufnahmen sind die einzigen erhaltenen Tondokumente zu den Feuerland-Indianern.[2]
1926 dissertierte Gusinde an der Universität Wien in Ethnologie. Mitte der 1930er Jahre erforschte er die Pygmäen im Kongo.
Von 1949 bis 1957 war er Professor an der Catholic University of America in Washington, DC. Er unternahm 1956 eine Expedition zu den Ayom-Pygmäen auf Neuguinea. Von 1959 bis 1960 lehrte er an der Nanzan Universität der S.V.D. in Nagoya, Japan. Sein weiteres Leben verbrachte er mit Forschungs-, Vortrags- und Lehrtätigkeiten im Missionshaus St. Gabriel in Maria Enzersdorf. In Puerto Williams, Chile, wurde ihm zu Ehren ein eigenes Museum errichtet, das von seiner Arbeit bei den Feuerlandindianern zeugt. Puerto Williams ist die südlichste Siedlung mit rund 2.700 Einwohnern (2005) und liegt am Beagle-Kanal.
Auszeichnungen und Würdigungen
Straßennamen
- Gusindegasse in Wien-Hietzing (1975)
- Martin-Gusindegasse in 2344 Maria Enzersdorf
Werke
- Die Feuerland-Indianer. 3 Bände, Mödling 1931-'39. Der 4. Band konnte erst 1974 posthum erscheinen.
- Die Teilbände behandeln die Selk'nam, 1931, die Yamana, 1937, die physische Anthropologie aller der drei Feuerland-Gruppen, 1939 und die Halakwulup, 1974.
- Die Kongo-Pygmäen in Geschichte und Gegenwart. Halle (Saale) 1942
- Ein ausführliches Werkverzeichnis wurde von Clemens Gütl zusammengestellt: unter Projekt Geschichte der Afrikanistik in Österreich bzw. im Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Literatur
- Fritz Bornemann: P. Martin Gusinde (1886–1969). Collegium Verbi Divini, Rom 1971 (Verbum Supplementum 15).
- Anton Quack: „Mank'ácen“ – der Schattenfänger. Martin Gusinde der Ethnograph und Fotograf der letzten Feuerland-Indianer. In: Anthropos. 85, 1990, ISSN 0003-5572, S. 149–161.
- Anne Brüggemann: Der trauernde Blick. Martin Gusindes Fotos der letzten Feuerland-Indianer. Museum für Völkerkunde, Frankfurt am Main 1989 (Interim 7, ZDB-ID 1193602-2).
- Clemens Gütl: Gusinde, Martin. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 29, Nordhausen 2008, ISBN 978-3-88309-452-6, Sp. 526–536.
Weblinks
- Martin Gusinde. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
- Martin Gusinde
- Martin Gusinde Ausstellung am Erdrand
- Martin Gusinde auf: Geschichte der Afrikanistik in Österreich
Einzelnachweise
- ↑ Die erste vom Dezember 1918 bis zum Mai 1919, die zweite vom Dezember 1919 bis ins folgende jahr, die dritte Anfang 1920 und eine längere letzte Expedition vom September 1923 bis zum März 1924.
- ↑ Merzouga: „Milomaki: Vom Vergessen und Verschwinden“, Radiofeature im Deutschlandfunk, Ausstrahlung 3. Dezember 2010
Kategorien:- Anthropologe
- Hochschullehrer (Chile)
- Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes
- Träger des österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst
- Ehrenringträger der Stadt Wien
- Österreicher
- Geboren 1886
- Gestorben 1969
- Mann
Wikimedia Foundation.