Materiewelle

Materiewelle

Materiewellen ist ein Begriff aus der Quantenmechanik. Das Modell der Materiewellen wird genutzt, um quantenmechanische Effekte von Materie zu beschreiben, die durch die klassische Mechanik (Teilchenmodell) nicht erklärt werden können; vergleiche Welle-Teilchen-Dualismus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Materiewellen wurden 1924 von Louis-Victor de Broglie postuliert, der damit den Welle-Teilchen-Dualismus zum allgemeinen Prinzip erhob. Nach der Entdeckung der Quantelung des Lichts durch Albert Einstein bei der Untersuchung des Photoeffekts entstand das Dilemma, ob Licht als Welle oder Teilchenstrom beschrieben werden soll. Louis de Broglie folgerte, wenn Photonen Teilchen- und Wellencharakter zeigen, dann müssten auch klassische Teilchen ein solches duales Verhalten aufweisen.

In der Quantenmechanik wird davon ausgegangen, dass einem Quant kein definierter Ort zugewiesen werden kann. Es ist nur möglich, eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit anzugeben, die durch eine Wahrscheinlichkeitswelle beschrieben wird. Die Wahrscheinlichkeitswelle muss einer Wellengleichung folgen (zum Beispiel Schrödinger- oder Dirac-Gleichung). Eigenschaften, die man klassischen Teilchen zuordnet, werden durch eng lokalisierte Wellenpakete erklärt.

Siehe auch: Bornsche Wahrscheinlichkeitsinterpretation.

1927 gelang Clinton Davisson und Lester Germer im Davisson-Germer-Experiment der Nachweis der Welleneigenschaften von Elektronen durch Interferenzversuche an einem Nickel-Einkristall. De Broglies Wellenlängenformel wurde dabei bestätigt.[1] Noch eindrucksvoller ist der Doppelspaltversuch mit Elektronen, den Claus Jönsson 1959 an der Universität Tübingen realisierte. Ähnliche Interferenzexperimente mit anderen Elementarteilchen, Atomen und sogar Molekülen bestätigten de Broglies Hypothese. Für seine Theorie erhielt Louis de Broglie 1929 den Nobelpreis für Physik.

Die De-Broglie-Wellenlänge

Nach de Broglie kann einem Teilchen eine Welle zugeordnet werden, die durch die Wellenlänge λ charakterisiert werden kann. Wir betrachten als Beispiel das Photon, das in der maxwellschen Theorie des Elektromagnetismus als Wellenpaket interpretiert werden kann. Ein Photon besitzt keine Masse, aber Energie E und einen Impuls p :

E = \hbar\omega = h \nu

und

\vec{p} = \hbar \vec{k}

Dabei ist \hbar das reduzierte plancksche Wirkungsquantum, ω die Kreisfrequenz, ν die Wellenfrequenz und \vec{k} der Wellenvektor der Materiewelle. Für den Impuls eines Photons ergibt sich wegen der Definition des reduzierten Planckschen Wirkungsquantums auch ein Ausdruck für die Wellenlänge λ:

p = \hbar k = \frac{h}{\lambda}

Louis de Broglie verallgemeinerte diese Gleichung für beliebige Teilchen (De-Broglie-Gleichung[2]):

 \lambda = \frac{h}{p}

wobei p hier für den relativistischen Impuls eines Teilchens mit Ruhemasse m steht[3]:

p = \frac{mv}{\sqrt{1-(v/c)^2}}

Mit der Wellenlänge λ können Streuverhalten und Interferenz von Teilchen erklärt werden. Die Wellenlänge und damit die Größe der beobachteten Effekte hängt von der Geschwindigkeit und der Masse des Teilchens ab. Deswegen sind Materiewellen nur bei sehr leichten Teilchen (zum Beispiel Elektronen) einfach zu beobachten. Durch Interferenzexperimente mit Fullerenen wurde die Gültigkeit der Theorie der Materiewelle auch für größere Moleküle nachgewiesen.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rudolf Gross: Materiewellen. In: Physik III – Optik und Quantenphänomäne. Vorlesungsskript zur Vorlesung WS 2002/2003. Walther-Meißner-Institute (WMI), Bayerische Akademie der Wissenschaften, Abgerufen am 6. Aug. 2009 (PDF; Materiewellen - Ausführliche Beschreibung).
  2. Eyvind H. Wichmann: Quantenphysik. Springer, 2001, ISBN 9783540415725, S. 114.
  3. Louis de Broglie: Licht und Materie. H. Goverts Verlag, Hamburg 1939, S. 163.

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