- Maulaffen
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Maulaffen oder Gähnaffen waren im Mittelalter tönerne, kopfförmige Halter für Kienspäne, in deren offenes Maul man den Kienspan steckte.
Seit dem 15. Jahrhundert wird unter Maulaffe (im 16. Jahrhundert auch Affenmaul) ein Gaffer verstanden, „einer, der mit offenem Maul dasteht und gafft“ – heute noch gebräuchlich in der Redewendung „Maulaffen feilhalten“.
Inhaltsverzeichnis
Begriffsherkunft
Vermutlich liegt dem Ausdruck die mittelalterliche Lebenswirklichkeit zu Grunde: Man klemmte sich bei Arbeiten im Dunkeln, wenn man beide Hände frei haben musste, einen brennenden Kienspan zwischen die Zähne, um ein wenig Beleuchtung zu haben. Ein zeitgenössisches Zitat beschreibt dies so:
„Vber das braucht man auch durch alle mittnächtige Länder des Kienholtz in allerley Gestalt / wie die gemeinen Haußkertzen / Nemlich also / wann einer mit beiden henden zuschaffen hat / steckt er etliche dünn geschnittne spän / so vil er will vnter die gürteln, vnd nimpt ein brennenden spon in den mundt / ... geht also hin vnd wider wo er will / ... vnd arbeitet was jm gefelt“
– Olaus Magnus: Historia de gentibus septentrionalibus (Basel 1567, deutsche Ausgabe)
Gewöhnlich wurde der Kienspan aber auf einem Tonklotz abgelegt. Es war wohl naheliegend, solchen Tonklötzen das Aussehen menschlicher Gesichter zu geben und den Span in deren ausgearbeiteten Mund zu klemmen. Funde von solchen tönernen Kienspanhaltern gibt es aus dem 13. und 14. Jahrhundert. In Österreich nannte man diese Halter Geanmaul oder Maulauf, in Süddeutschland Gähnaffen. Daraus abgeleitet wurde dann auch die Redewendung „jemandem einen Gähnaffen machen”.
Für die später verwendeten Kienspanhalter aus Eisen, die zangenförmig und höhenverstellbar waren, wurde der Name Maulaffe, obwohl nichts mehr an den ursprünglichen tönernen Kopf erinnerte, beibehalten.
Die Redewendung „Maulaffen feilhalten“ erklärte man sich früher als eine direkte Übersetzung des niederdeutschen „dat mul apen hollen” („Das Maul offen halten”). Dieser Irrtum geht zurück auf Martin Luthers Erklärung "Einer, der das Maul aufsperrt, den wir auf teutsch einen Maulaffen halten". Allerdings ist damit weder das zweite Wort feilhalten (verkaufen) geklärt, noch kann damit erklärt werden, dass im Niederdeutschen auch die Redewendungen „Mulapen to kop hebben” („Maulaffen im Verkauf haben”) und „Mulapen verköpen” („Maulaffen verkaufen”) existieren. Ähnliche Redewendungen wie beim Maulaffen, findet man auch zu Bezeichnungen weiterer Leuchter gebildet, wie zum Beispiel dem Kerzenhalter, aus dem das Leuchterweibchen wurde oder dem Ölgötzen, dessen Bezeichnung von einer Halterung für Öllampen stammt.
Andere Verwendungen des Wortes
Mecklenburg
In Mecklenburg werden noch heute geschnitzte Pferdeköpfe, die als traditioneller Giebelschmuck dienen, Mulapen, „Maulaffen“, genannt. Auch sie werden zumeist mit einem geöffneten Maul dargestellt.
Aschaffenburg
Der Aschaffenburger "Maulaff" wurde im Jahre 1778 von den Bildhauern Hoffmann und Baumgärtner aus Holz geschnitzt. Die Figur stellt in karikierender Form einen Bauern in der Spessart-Tracht des ausgehenden 18. Jahrhunderts dar und diente im Park Schönbusch bei Aschaffenburg der feinen Gesellschaft zur Belustigung. Als Zielfigur stand sie im "Tal der Spiele". Die Spieler mussten versuchen, einen Ball in das weit geöffnete Maul zu werfen, der dann - falls getroffen wurde - durch eine Röhre an der Hinterseite der Figur wieder austrat. Später kam die Figur ins Museum und wurde dort als begriffsstutziger Gaffer wahrgenommen. Hier brachte sie es aber zu einer gewissen Popularität bei der Bevölkerung.
Im Jahre 1952 trat der Aschaffenburger Fastnachter Günter Kolb (1924-1991) erstmalig als "Ascheberger Maulaff" bei den Sitzungen des Carnevals Clubs Concordia auf. Auch er riss sein Maul ganz weit auf und zog über Aschaffenburger Politiker und ihr Umfeld her. Der Maulaff wurde zu einem beliebten, volkstümlichen Aschaffenburger Symbol. Das Motiv findet sich bis heute auf zahlreichen Darstellungen. Als "Mauläffchen" taucht er noch heute im Museumspädagogischen Dienst der Stadt Aschaffenburg auf.
Chemielabor
Im chemischen Labor wird ein Glasgefäß, welches eine kleinere Öffnung als der Bodendurchmesser aufweist, oft als "Maulaffe" bezeichnet. Das Gefäß ähnelt somit einem Kegelstumpf und ist häufig mit einer "Nase" zum Ausgießen von Flüssigkeiten versehen.
Literatur
- R. E. A. Drey: Apothekengefäße. Eine Geschichte der pharmazeutischen Keramik, München 1980
- Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Band 3, 4. Auflage Freiburg/Basel/Wien 1994, Seite 1011 f. ISBN 3-451-04800-0
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