- Max Steenbeck
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Max Christian Theodor Steenbeck (* 21. März 1904 in Kiel; † 15. Dezember 1981 in Ost-Berlin) war ein deutscher Physiker. Er entwickelte 1935 das erste funktionierende Betatron sowie 1947 die erste Gaszentrifuge zur Uranisotopentrennung und war maßgeblich am Aufbau der Kernforschung und Kerntechnik in der DDR beteiligt. Nach ihm wurde das Max-Steenbeck-Gymnasium in Cottbus benannt.
Inhaltsverzeichnis
Umfeld
Steenbeck wurde 1904 in einer Kieler Lehrerfamilie geboren. Seine Eltern unterrichteten ihn in den ersten Jahren selbst, er machte 1922 das Abitur in Kiel und studierte dort bis 1927 zunächst Chemie und dann Physik bei Hans Geiger und Walther Kossel, bei dem er im Januar 1929 mit einer Arbeit zur absoluten Intensitätsmessung von Röntgenstrahlen promovierte. Im gleichen Jahr heiratete er Martha Witt (geb. 1902 in Kiel), aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.
1927 bis 1945: Wissenschaftlicher Leiter bei Siemens-Schuckert
Nach Abschluss des experimentellen Teils der Doktorarbeit trat Steenbeck 1927 als Laborleiter in die Wissenschaftliche Abteilung der Siemens-Schuckertwerke ein, wo er ohne Unterbrechung bis 1945 arbeitete. 1943 wurde er technischer Leiter und bald darauf für kurze Zeit Gesamtleiter des Stromrichterwerkes in Siemensstadt.
Steenbeck arbeitete zunächst auf dem Gebiet der Gasentladung. 1937 reichte er ein Patent für das Betatron ein und er behauptete auch, 1935 damit Elektronen auf 1,8 MeV beschleunigt zu haben. Seine Experimente wurden aber nicht weiterverfolgt, und als Erbauer des ersten Betatrons gilt Donald William Kerst (1940)[1]. Er hatte auch 1929 die Idee für das Zyklotron und reichte auf Drängen von Siemens eine Veröffentlichung ein (er selbst hielt das Konzept für zu „einfach“)[2], ließ sich aber davon abbringen, als der Herausgeber nachfragte. Ab 1940 setzte er sich kriegsbedingt stärker mit Fragen des Magnetismus auseinander, um physikalische Methoden zum Aufspüren magnetischer Minen zu finden. Gleichzeitig forschte er verstärkt an den physikalischen Eigenschaften von Halbleitern, um Fertigungsmöglichkeiten von Trockengleichrichtern für die Gleichstromerzeugung zu verbessern.
Seit 1936 hatte Steenbeck mehrfach die Möglichkeit, an Hochschul-Berufungsverhandlungen teilzunehmen. Diese trat er wegen seiner Bindungen an Siemens-Schuckert nie an, so schlug er beispielsweise ein Ordinariat in Prag aus.
1945 bis 1956: Als deutscher Spezialist in Sochumi: Gaszentrifuge
Nach Einmarsch der Roten Armee wurde Steenbeck im April 1945 in Siemensstadt verhaftet und u. a. mit Gustav Hertz und Manfred von Ardenne zunächst in ein Spezialistenlager nach Moskau, schließlich nach Sochumi gebracht, um an der Entwicklung der Atombombe zu arbeiten. In einer fast paradiesischen Umgebung am Fuße des Kaukasus unmittelbar am Meer, aber in mit Stacheldraht umzäunten ehemaligen Erholungsheimen, arbeiteten über 100 deutsche Spezialisten an diesem für die UdSSR so wichtigen Thema.
Steenbeck leitete dabei eine Gruppe zur Uran-Anreicherung und entwickelte nach erfolglosen Versuchen mit verschiedenen Trennverfahren ab Ende 1947 die Idee einer Gaszentrifuge zur Isotopentrennung. Diese herausragenden Arbeiten brachten die Sowjetunion in den Besitz der damals modernsten Isotopen-Trenntechnologie.
Zwischen 1952 und 1956 begannen nochmals wechselvolle Jahre in Leningrad und Kiew: Nachdem die kerntechnischen Arbeiten abgeschlossen waren, durften die Wissenschaftler an offenen Themen arbeiten, um sich vom Stand ihrer eigenen Entwicklungen zu entfernen und nach der Rückkehr nach Deutschland kein Sicherheitsrisiko mehr darzustellen. Steenbeck arbeitete zuletzt am Physikalischen Institut der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften in Kiew an Halbleiterproblemen und veröffentlichte Artikel auf dem Gebiet der Geophysik.
Im Frühjahr 1956 konnte die ehemalige Steenbeck-Gruppe in die DDR zurück reisen. Über damalige Mitarbeiter Steenbecks, die über die Degussa ein Patent in Österreich und Westdeutschland anmeldeten, diffundierte die Gaszentrifugen-Technologie nach Westen und führte zu Spannungen zwischen den USA und der Bundesrepublik. Vor allem Äußerungen des damaligen Atomministers Franz Josef Strauß zur „Degussaschen Ultrazentrifuge“ führten im Oktober 1960 zu Spekulationen einer „billigen Bombe“ aus Westdeutschland. Die von Gernot Zippe weiterentwickelte Zentrifuge wurde zur Grundlage einer britisch-niederländisch-deutschen Kooperation unter dem Vertrag von Almelo (1970), mit der die Firma Urenco Ltd. heute ein Viertel der Uran-Trennarbeit für Kernkraftwerke in aller Welt liefert.
Seit 1956: Aufbau der DDR-Kerntechnik
Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde Steenbeck 1956 an das Institut für Plasmaphysik der Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen, wo er bis 1959 lehrte. Gleichzeitig leitete er bis 1960 das Institut für magnetische Werkstoffe in Jena, bis 1969 war er Direktor des dortigen Instituts für Magnetohydrodynamik.
Als Forschungsrats-Mitglied, dessen Vorsitzender er von 1965 bis 1978 war, hatte Steenbeck seit 1957 maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Kernforschung und der Kerntechnik in der DDR. Von 1957 bis 1962 war er außerdem als Direktor des VEB Entwicklung und Projektierung kerntechnischer Anlagen verantwortlich für den Bau von Kernkraftwerken. Neben seinen Veröffentlichungen zeugen zahlreiche Ehrungen und Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Akademien und Organisationen von seiner Anerkennung.
Quellen
- Archiv der Akademie der Wissenschaften der DDR, AKL, Personalia Steenbeck, Nr. 444.
- Andreas Heinemann-Grüder: Die sowjetische Atombombe. Münster 1992.
- Gert Lange und Joachim Mörke: Wissenschaft im Interview. Gespräche mit Akademiemitgliedern über ihr Leben und Werk. Leipzig/Jena/Berlin 1979.
- Max Steenbeck: Impulse und Wirkungen. Schritte auf meinem Lebensweg. Berlin 1977.
Einzelnachweise
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