Medizinische Rehabilitation

Medizinische Rehabilitation

Unter medizinischer Rehabilitation versteht man die Wiederherstellung von körperlichen Funktionen, Organfunktionen und gesellschaftlicher Teilhabe mit physiotherapeutischen- und ergotherapeutischen Maßnahmen, Mitteln der klinischen Psychologie und Anleitungen zur Selbstaktivierung. Vorrangig werden Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation ambulant erbracht. Erst wenn ambulante Maßnahmen nicht mehr ausreichen, ist eine stationäre Rehabilitation indiziert. Auch in der Veterinärmedizin werden Rehabilitationsverfahren angewendet.

Inhaltsverzeichnis

Gesetzliche Regelungen

Gesetzliche Grundlage der Rehabilitation ist das SGB IX, das Neunte Buch des Sozialgesetzbuches, überschrieben mit "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen". Unter § 5 SGB IX finden sich die Leistungsgruppen, die erbracht werden, unter §§ 6 und 6a SGB IX die jeweiligen Rehabilitationsträger. Die beiden Hauptkostenträger für Leistungen der medizinischen Rehabilitation sind die Träger der Rentenversicherung, für die das SGB VI gilt und die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, für die das SGB V maßgeblich ist.

Ein Anspruch auf stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 40 SGB V in Verbindung mit § 39 SGB I besteht dann, wenn Leistungen der ärztlichen Behandlung oder ambulante Rehabilitationsmaßnahmen nicht ausreichen, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Durch das GKV-WSG wurde ab 1. April 2007 gemäß § 40 Abs. 2 SGB V aus einer Ermessens- eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Nach § 40 SGB V Satz 3 können stationäre Leistungen nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die stationäre Leistung zur Rehabilitation einen Behandlungserfolg erwarten lässt. Insoweit müssen vorab Rehabilitationsbedarf, Rehabilitationsziel und Rehabilitationspotenzial gegeben sein, die vom Leistungsträger (gesetzliche Rentenversicherung, Krankenkasse bzw. in deren Auftrag der Medizinische Dienst der Krankenkassen) bewertet werden.

Träger

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden als sogenannte Leistungen zur Teilhabe je nach Zuständigkeit von den gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, der gesetzlichen Krankenversicherung, der gesetzlichen Unfallversicherung, der Versorgungsverwaltung, den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder den Sozialhilfeträgern erbracht (§ 6 SGB IX). Weitere Leistungsträger können die Dienstherren selbst (bei Beamten) nach der Beihilfenverordnung (hierbei leisten diese eine Kostenerstattung in Form der Beihilfe) und/oder die Private Krankenversicherung sein.

Für Personen im arbeitsfähigen Alter ist zahlenmäßig am häufigsten ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig. Die Zuständigkeit eines Rentenversicherungsträgers ist gegeben, sobald der Versicherte, um dessen Leistungsfähigkeit es geht, die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt hat oder er in den letzten zwei Jahren sechs Kalendermonate Pflichtbeiträge erbracht hat oder bereits eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezieht (§ 11 SGB VI- weitere alternative Voraussetzungen sind möglich; sog. versicherungsrechtliche Voraussetzungen). Leistungen zur medizinischen Rehabilitation können nach § 9 SGB VI gewährt werden, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten, um den es geht, wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei ihm voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Leistungen abgewendet werden kann oder bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch die Leistungen wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 SGB VI; sog. persönliche Voraussetzungen). Das Ermessen des Rentenversicherungsträgers kann dabei bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen so weit reduziert sein, dass eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation zu erbringen ist.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden vom Rentenversicherungsträger nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind. Dies gilt nicht, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind (§ 12 Abs. 2 SGB VI).

Kosten / Personalaufwendungen / Wirtschaftlichkeit

Die DRV-Bund (Deutsche Rentenversicherung Bund, früher BfA) beschäftigt laut "kompetenten eigenen" Aussagen auf einer Reha-Tagung in Berlin im Mai 2006 ca. 6000 Mitarbeiter nur im Bereich Rehabilitation. Die Ausgaben für Rehabilitation beliefen sich für die Rentenversicherung im Jahr 2008 auf 2,1 % der Gesamtausgaben. Der Aufwand für Erwerbsminderungsrenten betrug für den gleichen Zeitraum 5,9 %.[1] Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich eine durchschnittliche medizinische Rehabilitationsmaßnahme durch Hinausschieben des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente um nur vier Monate amortisiert.[2] Die ökonomische Sinnhaftigkeit der Rehabilitation wird auch durch eine im September 2009 vorgestellte Prognos-Studie bestätigt, wonach "für jeden in die medizinischen Rehabilitation investierten Euro ... die Gesellschaft schon heute fünf Euro" zurückgewinnt.

Phasen der neurologischen Behandlung

Phasenmodell
Phase A Akutbehandlung (Intensivstation)
Phase B Frührehabilitation, Barthel-Index < 25 ( Beispiel: bei Schädel-Hirn-Trauma )
Phase C weiterführende Rehabilitation (weitgehend pflegebedürftig, Barthel-Index 30-65)
Phase D Anschlussheilbehandlung (= AHB; weitgehend selbstständig, Barthel-Index 70-100)
Phase E Nachsorge und berufliche Reha
Phase F aktivierende (Langzeit-)Behandlungspflege, ambulant oder stationär

Indikationen zur Rehabilitation

Indikationen für die Verordnung einer Rehabilitationsmaßnahme oder einer Anschlussheilbehandlung sind vielfältig. Viele Unfälle oder Erkrankungen können dazu führen, dass der Patient / die Patientin nach der Akutversorgung / Behandlung im Krankenhaus anschließend noch intensive medizinische bzw. physiotherapeutische Betreuung braucht.

Beispiele hierfür:

  • Herzinfarkt (→kardiologische Reha)
  • Schädel-Hirn-Trauma (→neurologische Reha)
  • Wirbelsäulenverletzungen (→neurologische / sportmedizinische Reha)
  • Polytraumata (komplexe Verletzungen mit der Beteiligung mehrerer Körperteile / Organsysteme)
  • Krebserkrankungen (onkologische Reha)
  • Psychiatrische Erkrankungen wie z. B. Magersucht (Anorexie), Depressionen u. a.
  • Hörschädigung (Rehabilitation für Hörgeschädigte)
  • Sprach- und Schluckstörungen
  • Sucht (Psychosomatische Rehabilitation)
  • Essstörungen, Übergewicht, Adipositas, Bulimie, Mangelernährung

Rehabilitationsmaßnahmen

In einer Rehaklinik arbeiten mehrere Berufsgruppen gemeinsam, um eine soziale Wiedereingliederung (und möglichst auch Arbeitsfähigkeit) der Patienten optimal gewährleisten zu können. Die sind unter anderem:

Dementsprechend vielseitig ist das Angebot. Dieses reicht meist von vielen Methoden der Krankengymnastik über klassische Massage, Diätberatung, Gruppen- und Einzeltherapie bis hin zu Prothesenversorgung und -beratung. Leistungen der medizinischen Rehabilitation werden nach der Klassifizierung therapeutischer Leistungen kodiert.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Reha-Bericht 2010, Hrsg: Deutsche Rentenversicherung, S. 67 f. online (5,6 MB - zuletzt abgerufen am 28. Oktober 2010)
  2. Schneider M.: Die Kosten-Wirksamkeit der Rehabilitation von Herzinfarktpatienten. In: Deutsche Rentenversicherung 8-9/1989, S. 487-493
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