Moratorium (Wirtschaft)

Moratorium (Wirtschaft)

Ein Moratorium (Stillhalteabkommen, Zahlungsaufschubsabkommen) ist in der Wirtschaft ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot, das von einer entsprechend befugten Partei gegenüber einer anderen Institution angeordnet wird, bzw. eine freiwillig getroffene Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, dass der Anspruch einstweilen nicht geltend gemacht werden soll.

Inhaltsverzeichnis

Hintergründe

Genauer bezeichnet das Moratium eine durch den Kreditgeber gewährte vorübergehende Einstellung von Zinszahlungen und/oder Kreditrückzahlungen. Dies bedeutet, dass keinerlei Auszahlungen von Guthaben oder bereits zugesagten Krediten nach Verhängen des Moratoriums möglich sind.

Auf Staatsebene unterscheidet man zwischen einem von Gläubigern und Schuldnerstaat ausgehandelten Moratorium (etwa das Basler Stillhalteabkommen von 1931) und das einseitig nach revolutionären Staatsumwälzungen per Gesetz verordnete Moratorium (das Moratoriumsgesetz vom 9. Juni 1933).

Abgrenzung zur Insolvenz

Moratorium (aus dem Lateinischen: lat. mora, „Verzug“) bezeichnet allgemein die Übereinkunft zwischen Gläubiger und Schuldner, eine fällige Leistung aufzuschieben oder vorläufig zu unterlassen. In der Wirtschaft handelt es sich um eine vorübergehende Zahlungseinstellung (von Zins- / Kreditrückzahlungen) und bedeutet so viel wie Aufschub, Verzögerung (lat. morari: „verzögern, aufschieben“), d. h. man vergleicht sich mit Gläubigern oder sucht neue Vereinbarungen mit ihnen. Die Insolvenz indes ist die totale Form der Zahlungseinstellung. Gläubiger haben hier nur im seltenen Falle des Vorhandenseins einer Insolvenzmasse noch mit Zahlungen zu rechnen, es sei denn, sie können Aussonderungs- oder Absonderungsrechte geltend machen. Um diese radikale Form der Insolvenz abzuwehren, kann mit einem Moratorium in der Unternehmenskrise versucht werden, die Fortführung des Unternehmens zu betreiben.

Moratoriumsrisiko

Das Moratoriumsrisiko (siehe auch Länderrisiko) ist die Gefahr, dass ein Schuldnerstaat (der etwa Auslandskredite oder Exportlieferungen bezahlen muss) die vertraglich geschuldeten Zahlungen in Fremdwährung (Devisen) nicht vertragsgemäß leisten kann oder will. Es liegt dann noch kein grundsätzliches Zahlungsverbot vor, sondern nur ein staatlich veranlasster Zahlungsaufschub. Dieser wird oft devisenschonend in der Weise praktiziert, dass nur in gleicher Höhe, wie Zahlungen aus dem anderen Land eingehen, auch Zahlungen erbracht werden. Hierbei kann eine gewisse Reihenfolge für die Zahlungsausgänge gebildet werden oder es werden Teilzahlungen geleistet. Damit der Schuldnerstaat nicht einseitig die Zahlungsrangfolge ändert, werden Negativerklärungen oder Pari-passu-Klauseln vereinbart. Das Moratoriumsrisiko kann als politisches Risiko im Rahmen von Exportkreditversicherungen gedeckt werden.

Moratorium im Kreditwesengesetz

Seit der 2. Novelle des Kreditwesengesetzes von 1976 ist in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) berechtigt, über eine Bank in Zahlungsschwierigkeiten ein vorübergehendes Moratorium zu verhängen (§ 46a KWG)[1]. Dies ist immer dann zulässig, wenn Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern besteht. Der offizielle Name eines solchen Moratoriums ist "Veräußerungs- und Zahlungsverbot". Dieses Moratorium ist eine von drei Möglichkeiten der BaFin, auf eine Krise zu reagieren. Alternativ kann die BaFin die Schließung des Instituts für den Verkehr mit der Kundschaft anordnen oder die Entgegennahme von Zahlungen, die nicht zur Tilgung von Schulden gegenüber dem Institut bestimmt sind, verbieten.

Ein Moratorium ist keine Insolvenz. Jedoch leitet in der Mehrzahl der Fälle ein Moratorium in eine Insolvenz über. Insolvenzanträge dürfen bei Kreditinstituten nur durch die BaFin gestellt werden.

Eine andere Form des Moratoriums regelt § 47 KWG. Diese Bestimmung ermächtigt die Bundesregierung, per Rechtsverordnung einzelnen Kreditinstituten, Gruppen von Kreditinstituten oder allen Kreditinstituten

  • einen Aufschub für die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten zu gewähren und anzuordnen, dass während der Dauer des Aufschubs Zwangsvollstreckungen gegen das Kreditinstitut unzulässig sind oder
  • aufgeben, für den Verkehr mit ihrer Kundschaft vorübergehend geschlossen zu bleiben und im Kundenverkehr Zahlungen und Überweisungen weder zu leisten noch entgegenzunehmen.

Dieses Moratorium darf in Bankenkrisen, die eine schwerwiegende Gefahr für die Gesamtwirtschaft darstellen, angewendet werden[2]. Der Gesetzgeber hatte mit dieser 2. KWG-Novelle auf die Insolvenz der Herstatt-Bank reagiert.

Prominente Beispiele für verhängte Moratorien

Im Zuge der beantragten Insolvenz der US-Großbank Lehman Brothers wurde am 15. September 2008 gegen die deutsche Tochter Lehman Brothers Bankhaus AG ein Moratorium durch die BaFin verhängt.[3]

Am 9. Oktober 2008 hat die BaFin ein Zahlungs- und Veräußerungsverbot über die deutsche Niederlassung der Kaupthing Bank verhängt.[4] Das Moratorium wurde am 22. Juni 2009 nach der Einleitung der direkt von der Isländischen Zentrale verfügten Rückzahlung aller Kundeneinlagen wieder aufgehoben.[5]

Im Jahre 2011 wurde von der Deutschen Regierung ein Moratorium in bezug auf die vorhergegangene Verlängerung der AKW Laufzeiten verhängt.

Einzelnachweise

  1. Bafin, Geschichte
  2. § 47 KWG
  3. Bafin ordnet Moratorium über Lehman Brothers Bankhaus AG an
  4. BaFin ordnet Moratorium gegenüber der Kaupthing Bank hf., Niederlassung Deutschland, an
  5. BaFin hebt Moratorium gegenüber der Kaupthing Bank hf., Niederlassung Deutschland, auf

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