Napoleonische Besetzung

Napoleonische Besetzung

Mit Franzosenzeit wurde bislang die Epoche der französischen Besetzung und Annexion deutscher Gebiete während der Napoleonischen Kriege bezeichnet. Heute ist der Begriff eher negativ besetzt und wird daher von der Forschung zurückhaltender verwendet, wobei ein allgemeiner adäquater Ersatzbegriff (etwa "Französische Zeit") sich noch nicht durchgesetzt hat. Die Epoche umfasst in etwa den Zeitraum zwischen den Jahren 1804 und 1815. Im engeren Sinne bezeichnet der Begriff den Abschnitt von der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 bis zur Völkerschlacht bei Leipzig 1813.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

In der Franzosenzeit wurde in den von Frankreich besetzten Ländern der Code Napoléon eingeführt. Die Menschen in Deutschland kamen in Kontakt mit den Idealen der Französischen Revolution. Im von Frankreich nicht besetzten Preußen entstand eine eigene Dynamik, dort wurde neben anderen Reformen besonders die Verfassung reformiert. Napoleon kontrollierte die deutschen Fürsten im Rheinbund und errichtete für seinen Bruder Jérôme Bonaparte das Königreich Westphalen, das im Kern aus Kurhessen bestand.

Schon vor dem eigentlichen Beginn der Befreiungskriege kam es bereits zu Aufständen im französisch besetzten Deutschland. Wilhelm von Dörnberg war Initiator und Anführer der Hessischen Insurrektion und damit bereits 1809 Führer der ersten großen Erhebung. Nach dem vernichtenden Niedergang der Grande Armée Napoleons im Russlandfeldzug 1812 schloss der kommandierende General des preußischen Hilfskorps der Grande Armée, Yorck, am 30. Dezember 1812 in der Konvention von Tauroggen einen Waffenstillstand mit den russischen Truppen. Dies war der entscheidende Impuls zum Ausbruch der Freiheitskriege der folgenden Jahre.

Wirkung

Die Franzosenzeit trug maßgeblich zum Entstehen des Einheitsgedankens und des Nationalbewusstseins in Deutschland bei. Die vielen Regionen mit ihren verschiedenen Dialekten fanden sich im Kampf gegen die Besetzung in einer gemeinsamen antifranzösischen Definition von "deutsch" oder "Freiheit" wieder. Auf dem Wartburgfest im Jahre 1817 formierte sich erstmals eine echte Bewegung unter den StudentenBurschenschaften und Studentenverbindungen entstanden. Die Farben Schwarz-Rot-Gold wurden zum Symbol dieser Sache. Während dann im sogenannten "Vormärz" der Wunsch nach Freiheiten von der Obrigkeit unterdrückt wurde, kam es zur Märzrevolution 1848 und der Bildung eines ersten deutschen Parlaments, wenn auch nicht alle deutschsprachigen Gebiete beteiligt waren. In den preußischen Freiheitskriegen wurde die Wehrpflicht nach dem Vorbild der levée en masse von General Gerhard von Scharnhorst im Rahmen der explizit gegen die französische Besetzung formulierten preußischen Reformen eingeführt. Diese Preußischen Reformen (1807-1812) der Franzosenzeit gehören neben der formellen Abschaffung des Heiligen Römischen Reichs 1806 zu den größten politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen zwischen Frühneuzeit und Moderne in Deutschland. Mit dem Rückzug Franz II. in seine österreichischen Erblande entstand außerdem eine politische Trennung zwischen Preußen und Österreich, die bereits den Grundstein für die österreichische Unabhängigkeit in der deutschen Frage legte.

Regionen

Begriffsgeschichte

Der Begriff entstand erst allmählich und mit zeitlicher Verzögerung. Er wurde für den niederdeutschen Sprachraum entscheidend geprägt durch Fritz Reuters populäres Werk „Ut de Franzosentid“ (1860). Der Begriff ist nicht immer neutral gewesen, und kann es daher auch heute nicht sein. Die antifranzösischen Definition des „Deutschen“ entstand in der Franzosenzeit, wurde auch in der Geschichtsforschung der Kaiserzeit und der Zeit des Nationalsozialismus betont und daher zur Zeit der Bonner Republik gemieden. In diesem Sinne steht „Franzosenzeit“ nach wie vor für eine historische Betrachtung der französischen Besetzung im Sinne einer antifranzösischen Identitätsbildung Deutschlands.

Literatur

  • Fritz Reuter: Ut de Franzosentid bei Wikisource
  • Annemarie Hopp: Feinde, Freunde, Fremde - Erinnerungen an die Tübinger "Franzosenzeit", Tübingen 1995
  • Silke Klaes: Die Post im Rheinland - Recht und Verwaltung in der Franzosenzeit (1792 - 1815), Köln 2001.
  • Helmut Stubbe-da Luz: "Franzosenzeit" in Norddeutschland (1803 - 1814). Napoleons Hanseatische Departements, Bremen 2003. ISBN 3-86108-384-1.
  • Kerstin Theis / Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Frankreich am Rhein. Die Spuren der "Franzosenzeit" im Westen Deutschlands, Köln 2008. ISBN 978-3-7743-0409-3.

Weblinks


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