Nestoridae

Nestoridae
Nestoridae
Kaka, Unterart der Nordinsel(Nestor meridionalis septentrionalis) im Zoo von Auckland

Kaka, Unterart der Nordinsel
(Nestor meridionalis septentrionalis)
im Zoo von Auckland

Systematik
Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Papageien (Psittaciformes)
Familie: Nestoridae
Wissenschaftlicher Name
Nestoridae
Bonaparte, 1849

Die Nestoridae sind eine Familie der Papageien, die aus zwei Gattungen besteht, Nestor und Strigops [1]. Die Gattung Nestor beinhaltet den Kea, den Kaka, den Dünnschnabelnestor und den Chatham-Kaka [2][3], wogegen die Gattung Strigops mit einer einzigen Art, dem Kakapo, monotypisch ist [2].

Alle Arten sind oder waren in Neuseeland und den umliegenden ozeanischen Inseln, wie der Chatham-Insel, der Norfolkinsel und der Phillip-Insel endemisch. Die heutigen Namen Kea, Kaka und Kakapo kommen aus der Maorischen Sprache [4].

Der Norfolk-Kaka und der Chatham-Kaka sind in historischer Zeit ausgestorben [5] [3], der Kakapo, der Kea, und beide Unterarten des Kaka sind gefährdet [6] [7] [8]. Das Aussterben der beiden Arten, sowie der Bestandsrückgang der anderen drei wurden durch menschliche Aktivitäten verursacht. Europäische Siedler führten Schweine und Possums ein, die die Eier der Bodenbrüter fraßen. Außerdem wurden die Vögel vom Menschen zur Ernährung und als Agrarschädlinge gejagt, verloren ihren Lebensraum und litten unter der Einführung von Wespen [9] [10] [11].

Inhaltsverzeichnis

Systematik

Da es bis heute keinen Konsens über die Systematik der Papageien gibt, wurde die Arten der Nestoridae verschiedenen Taxa zugeordnet [12]. Die Familie ist eine der drei heute anerkannten Papageifamilien, die beiden anderen sind die Kakadus (Cacatuidae) und die Eigentlichen Papageien (Psittacidae).[1] Sie wird in zwei Triben, die Nestorini und die Strigopini geteilt, jede mit nur einer Gattung Nestor und Strigops. Traditionell wurden die Arten der Familie Nestoridae den Eigentlichen Papageien zugeordnet, aber verschiedene Studien zeigten ihre basale Stellung am Ursprung des Papageienstammbaums [13][14][15]. Die meisten Autoren sehen die Gruppe nun als eigenständige Familie [1][16], während andere dafür sind, das die beiden Triben jede einer eigenständige Familie (Nestoridae und Strigopidae) zugeordnet wird.[17].

Phylogeographie

Die Vorfahren der Nestoridae trennten sich vor 82 Millionen Jahren, als Neuseeland von Gondwana abbrach, von den anderen Papageien, was zu einer geographischen Isolierung der Nestoridae führte. Die Vorfahren der beiden Gattungen Nestor und Strigops trennten sich vor 60 bis 80 Millionen Jahren [13]. Der Mechanismus wird Allopatrische Artbildung genannt. Im Laufe der Zeit besetzten die Vorfahren der zwei überlebenden Gattungen unterschiedliche ökologische Nischen. Dieses führte zu sympatrischen Artbildung. Im Pliozän, vor etwa fünf Million Jahren, sorgte die Bildung der Neuseeländischen Alpen zu einer Veränderung der Landschaft und ergaben neue Möglichkeiten der Artbildung. Vor drei Million Jahren passte sich eine Gruppe, die Keas, an das Leben in großen Höhen an, während die verschiedenen Formen der Kakas im Tiefland verblieben. Beide Inselarten, der Norfolk-Kaka und der Chatham-Kaka sind das Ergebnis der Einwanderung einer kleinen Gruppe von Individuen auf die Inseln und der darauf folgende Anpassung an den Lebensraum jener Inseln. Da keine DNA des Chatham-Kaka vorhanden ist, ist es schwierig, genau herauszufinden wann jene Artbildungsprozesse auftraten. Die Kaka Populationen der Nordinsel und der Südinsel wurden am Ende des Pleistozän, als der Meeresspiegel durch die abtauenden Gletscher anstieg, voneinander isoliert. [18]

Bis in jüngster Zeit lebten keine vierbeinigen Säugetiere auf Neuseeland und den umliegenden Inseln, eine Umwelt, die dazu führte das viele Vögel zu Bodenbrütern wurden und einige Vögel ihre Flugfähigkeit einbüßten.

Arten

Nestorini

Es gibt zwei noch heute lebende Arten, sowie eine gut bekannte ausgestorbene Art in der Tribus Nestorini. Vom ebenfalls ausgestorbenen Chatham-Kaka ist nur wenig bekannt.

Nestorini
Name
Gefährdung
Image Beschreibung Lebensraum und Umwelt
Kea

(Nestor notabilis)
Gefährdet [8]

48 cm lang. Mit überwiegend olivgrünem Federkleid; die Unterflügeldecken und der Rücken sind orange gefärbt. Die Federn sind dunkel umrandet. Schnabel, Beine und Füße sind Dunkelbraun. Das Männchen hat einen längeren Schnabel als das Weibchen[19]. Südinsel Neuseelands

Bergwälder und subalpines Buschland, in Höhen von 850 bis 1400 m [20].
Südinsel-Kaka

(Nestor meridionalis meridionalis)
Stark gefährdet [7].

Ähnlich dem Nordinsel-Kaka, aber etwas kleiner, mit helleren Farben, die Kopfoberseite ist fast weiß, der Schnabel ist länger und bei den Männchen mehr gebogen [21]. Südinsel Neuseelands

Unberührte Südbuchen- und Steineibenwälder in Höhen von 450 bis 850 m im Sommer und 0 bis 550 m im Winter [20].
Nordinsel-Kaka

(Nestor meridionalis septentrionalis)
Stark gefährdet [7]

Etwa 45 cm lang. Hauptsächlich Olivbraun mit dunklen Federrändern. Unterflügeldecken, Schwanz und Halsgefieder sind leuchtend rot, die Wangen sind goldbraun, die Kopfoberseite ist gräulich [21]. Nordinsel Neuseelands

Unberührte Südbuchen- und Steineibenwälder in Höhen von 450 bis 850 m im Sommer und 0 bis 550 m im Winter [20].
Dünnschnabelnestor

(Nestor productus)
Ausgestorben seit etwa 1851.[5]

Etwa 38 cm lang. Oberseite olivbraun, Backen und Kehle orange oder rötlich, Brust orangebraun, Schenkel, Hinterteil und untereres Abdomen dunkel orange [2]. Früher endemisch auf der Norfolkinsel und der Phillip-Insel [22]

Felsen und Bäume[2].
Chatham-Kaka

(Nestor sp.)
Ausgestorben zwischen 1550 und 1700 [3]

Aussehen unbekannt, Knochen zeigen eine eingeschränkte Flugfähigkeit an. Nur von subfossilen Knochen bekannt [3]. Früher endemisch auf den Chatham-Inseln

Wälder [3]

Strigopini

Der Kakapo ist die einzige Art der Tribus Strigopini.

Strigopini
Name
Gefährdung
Image Beschreibung Lebensraum und Umwelt
Kakapo

(Strigops habroptila)
Stark gefährdet [6]

Große, plumpe Papageien, 58–64 cm lang; Männchen größer als Weibchen, bei Geschlechtsreife 2 bis 4 kg schwer. Vor allem grün mit braun und gelb, die grünlichgelben Unterseiten gesprenkelt. Gesicht hell und eulenartig.[23] Neuseeland: Maud-, Chalky-, Codfish- und Anchor-Insel
 
Unberührte Südbuchen- und Steineibenwälder, subalpines Buschland, Tussockgrasland in Höhen von 10 bis 1400 m.[20]
Gegenwärtige Verbreitung der rezenten - und ehemalige Verbreitung der ausgestorbenen Arten [20].

Lebensweise

Keas sind für das Leben in der alpinen Zone gut angepasst, hier vor dem Mount Cook

Die drei rezenten Arten der Familie besetzen ziemlich unterschiedliche ökologische Nischen, ein Resultat der phylogeographischen Dynamik der Familie. Der Kakapo ist ein flugunfähiger, durch sein gefieder gut getarnter Vogel, der nachtaktiv lebt, um den großen tagaktiven Greifvögeln zu entgehen. Normalerweise brütet er nur alle 3 bis 5 Jahre, wenn bestimmte Steineiben, wie der Rimu (Dacrydium cupressinum) reichlich Samen tragen.

Keas sind für das Leben in großen Höhen gut angepasst und werden regelmäßig im Schnee an den Skiorten beobachtet. Da es keine Bäume in der alpinen Zone gibt, bauen sie ihr Nest in Höhlen im Boden.

Beziehung zum Menschen

Bedeutung für die Māori

Die Māori nutzten die Papageien auf verschiedene Weise. Sie jagten sie als Nahrungsmittel, hielten sie als Haustiere und benutzten ihre Federn um Kleidung herzustellen [24] [25]. Die befiederten Häute des Kakapo wurden vor allem genutzt um Mäntel für die Frauen und Töchter der Häuptlinge hezustellen. Die Federn wurden auch genutzt um das Taiaha, eine traditionelle Waffe der Maoris zu schmücken [26].

Gefährdung

Von den fünf Arten starben der Norfolk-Kaka [5][22] und der Chatham-Kaka [3] in der Neuzeit aus. Der letzte bekannte Norfolk-Kaka starb in Gefangenschaft in London kurz nach 1851 [27], und nur zwischen 7 [28] und 20 [29] Bälge sind erhalten. Der Chatham-Kaka starb zwischen 1550 und 1700 aus, nachdem Polynesier die Insel besiedelten, noch bevor Europäer die Insel erreichten, und ist nur von subfossilen Knochen bekannt [3]. Von den heute noch lebenden Arten ist der Kakapo mit nur noch 90 Einzeltieren vom Aussterben bedroht [6][23]. Der Kaka der Hauptinseln ist stark gefährdet [7][21], und der Kea wird als gefährdet gelistet [8][19].

Die Fauna Neuseelands entwickelte sich für eine lange Zeit ohne Anwesenheit von Menschen oder anderer Säugetiere. Vor der Besiedlung durch den Menschen gab es nur einige Fledermausarten und Meeressäugetiere, die einzigen Beutegreifer waren Greifvögel, die visuell jagen. Diese Umstände beeinflussten die Entwicklung von Neuseelands Papageien, z.B. die Entwicklung der Flugunfähigkeit beim Kakapo und das Bodenbrüten des Kea [26]. Polynesier erreichten die Inseln zwischen den Jahren 800 und 1300 [30] und führten den Kuri, eine Hunderasse ein [26]. Dies war für die einheimischen Tiere verhängnisvoll, da der Kuri seine Beute durch Geruch lokalisieren kann und die einheimischen Tiere keine Abwehrmöglichkeit dagegen hatten.

Der Kakapo wurde seines Fleisches, seiner Haut und seines Gefieders wegen gejagt. Als die ersten europäischen Siedleren kamen, war er aber noch weit verbreitet [26]. Der großflächige Kahlschlag der Wälder und des Buschlandes zerstörte aber seinen Lebensraum, während die bodenbewohnenden, flugunfähigen Vögel leichtes Opfer eingeführter Fleisch- und Allesfresser wie Ratten, Katzen und Hermeline wurden [9].

Der Kaka benötigt große Waldflächen zum Leben und die anhaltende Fragmentierung zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung hat verheerende Auswirkung auf die Art.

Eine andere Bedrohung ist die Nahrungskonkurrenz mit eingeführten Arten, wie dem Fuchskusu, der wie die Papageien die Samen von Misteln und Eisenhölzern frisst oder mit eingeführten Wespen, die das für die Papageien wichtige Honigtau fressen. Brütende Weibchen, Junge und Eier sind besonders durch eingeführte Raubtiere bedroht. [10]

Schutz

Für den Kakapo [31][32] und den Kaka [33] wurden Schutzprogramme geschaffen, währen der Bestand des Kea beobachtet wird [34]. Von den mehr als 100 lebenden Kakapoexemplaren ist jedes Einzeltier bekannt und alle sind Teil eines Züchtung- und Erhaltungsprogramms.

Einzelnachweise

  1. a b c Christidis L, Boles WE: Systematics and Taxonomy of Australian Birds. Canberra: CSIRO Publishing 2008, ISBN 9780643065116
  2. a b c d Forshaw, Joseph M.; Cooper, William T. (1981) [1973, 1978]. Parrots of the World (corrected second edition ed.). David & Charles, Newton Abbot, London. ISBN 0-7153-7698-5.
  3. a b c d e f g Millener, P. R. (1999). The history of the Chatham Islands’ bird fauna of the last 7000 years – a chronicle of change and extinction. Proceedings of the 4th International meeting of the Society of Avian Paleontology and Evolution (Washington, D.C., June 1996). Smithsonian Contributions to Paleobiology 89: 85–109. http://www.sil.si.edu/smithsoniancontributions/Paleobiology/sc_RecordSingle.cfm?filename=SCtP-0089.
  4. Maori Bird Names. Kiwi Conservation Club. Abgerufen am 31.12.2008
  5. a b c BirdLife International (2008). Nestor productus. 2008 IUCN Red List of Threatened Species. IUCN 2008. Abgerufen am 24 Dezember 2008
  6. a b c BirdLife International (2008). Strigops habroptila. 2008 IUCN Red List of Threatened Species. IUCN 2008. Abgerufen am 24 Dezember 2008
  7. a b c d BirdLife International (2008). Nestor meridionalis. 2008 IUCN Red List of Threatened Species. IUCN 2008. Abgerufen am 24 Dezember 2008
  8. a b c BirdLife International (2008). Nestor notabilis. 2008 IUCN Red List of Threatened Species. IUCN 2008. Abgerufen am 24 Dezember 2008
  9. a b Threats to Kākāpō. Department of Conservation Te Papa Atawbai. Abgerufen am 31. Dezember 2008.
  10. a b Threats to Kākā. Department of Conservation Te Papa Atawbai. Abgerufen am 31. Dezember 2008.
  11. Threats to Kea. Department of Conservation Te Papa Atawbai. Abgerufen am 31. Dezember 2008.
  12. Zur Information über ältere systematische positionen, siehe Charles Gald Sibley, Jon E. Ahlquist: Phylogeny and Classification of Birds. Yale University Press 1991 For more recent taxonomies, see Christides.
  13. a b T.F. Wright, Schirtzinger E. E., Matsumoto T., Eberhard J. R., Graves G. R., Sanchez J. J., Capelli S., Muller H., Scharpegge J., Chambers G. K. & Fleischer R. C.: A Multilocus Molecular Phylogeny of the Parrots (Psittaciformes): Support for a Gondwanan Origin during the Cretaceous. In: Mol Biol Evol. 25, Nr. 10, 2008, S. 2141–2156. doi:10.1093/molbev/msn160. PMID 18653733
  14. M Tokita, Kiyoshi T and Armstrong KN: Evolution of craniofacial novelty in parrots through developmental modularity and heterochrony. In: Evolution & Development. 9, 2007, S. 590–601
  15. RS de Kloet, de Kloet SR: The evolution of the spindlin gene in birds: Sequence analysis of an intron of the spindlin W and Z gene reveals four major divisions of the Psittaciformes. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. 36, 2005, S. 706–721. doi:10.1016/j.ympev.2005.03.013
  16. B. C. Livezey, R. L. Zusi: Higher-order phylogeny of modern birds (Theropoda, Aves: Neornithes) based on comparative anatomy: II. – Analysis and discussion. In: Zoological Journal of the Linnean Society. 149, 2007, S. 1–94. doi:10.1111/j.1096-3642.2006.00293.x
  17. DG Homberger: Classification and the status of wild populations of parrots. In: Luescher AU Manual of parrot behavior, S. 3–11, Ames (IA): Blackwell Publishing 2006, ISBN 978-0813827490
  18. E.J. Grant-Mackie, J.A. Grant-Mackie, W.M. Boon & G.K. Chambers: Evolution of New Zealand Parrots. In: NZ Science Teacher. 103, 2003
  19. a b Kea - BirdLife Species Factsheet. BirdLife International (2008).
  20. a b c d e Tony Juniper, Mike Parr: Parrots: A Guide to Parrots of the World. Yale University Press 1998, ISBN 978-0300074536
  21. a b c Kaka - BirdLife Species Factsheet. BirdLife International (2008).
  22. a b Norfolk Island Kaka - BirdLife Species Factsheet. BirdLife International (2008).
  23. a b Kakapo - BirdLife Species Factsheet. BirdLife International (2008).
  24. Miriama Evans, Ranui Ngarimu, Creative New Zealand, Norman Heke: The Art of Māori Weaving. Wellington, N.Z.: Huia Publishers 2005, ISBN 9781869691615
  25. Kahu huruhuru (feather cloak). Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa. Abgerufen am 31. Dezember 2008.
  26. a b c d Rob Tipa: Kakapo in Maori lore. In: Notornis. 53, 2006, S. 193–194
  27. James Cowan Greenway: Extinct and Vanishing Birds of the World, 2nd, New York: Dover Publications 1967
  28. Nestor productus - Norfolk Island Kaka specimen(s) in the ZMA. Nlbif.eti.uva.nl. Abgerufen am 28. Dezember 2008.
  29. Naturalis - Extinct bird: Nestor productus (Norfolk Island Kaka). Nlbif.eti.uva.nl. Abgerufen am 28. Dezember 2008.
  30. Douglas G. Sutton The Origins of the First New Zealanders. Auckland: Auckland University Press 1994, ISBN 1869400984
  31. Kakapo Recovery Program. Abgerufen am 31. Dezember 2008.
  32. DOC's work with Kākāpō. Department of Conservation Te Papa Atawbai. Abgerufen am 31. Dezember 2008.
  33. DOC's work with Kākā. Department of Conservation Te Papa Atawbai. Abgerufen am 31. Dezember 2008.
  34. DOC's work with Kea. Department of Conservation Te Papa Atawbai. Abgerufen am 31. Dezember 2008.

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