Neuer Vorwärts

Neuer Vorwärts

Der Vorwärts ist eine 1876 als Zentralorgan der deutschen Sozialdemokratie gegründete Zeitung. Heute ist der Vorwärts Parteizeitung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands.

Inhaltsverzeichnis

Gründung und erste Rückschläge

Titelseite des Vorwärts vom 1. Oktober 1876

Die erste Ausgabe der in Leipzig als Zentralorgan der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands gegründeten Zeitung erschien am 1. Oktober 1876 und ersetzte die bisherigen Parteizeitungen Der Volksstaat und Neuer Social-Demokrat. Der Vorwärts (Untertitel Central-Organ der Sozialdemokratie Deutschlands) erschien unter der Leitung von Wilhelm Liebknecht und Wilhelm Hasenclever zunächst dreimal in der Woche.

Vom 3. Januar 1877 bis 7. Juli 1878 wurde eine Reihe von Artikeln Friedrich Engels' publiziert, die später gesammelt als der Anti-Dühring veröffentlicht wurden und eines der bedeutendsten und bekanntesten Werke des Marxismus darstellen. [1]

Als Folge des Sozialistengesetzes musste der Vorwärts am 26. Oktober 1878 sein Erscheinen einstellen.

Am 1. Januar 1891, im Jahr nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes wurde die Zeitung in Berlin erneut gegründet und diente jetzt als Zentralorgan der SPD, in die die Sozialistische Arbeiterpartei 1890 umbenannt worden war. Chefredakteur war erneut, und bis zu seinem Tod 1900, Wilhelm Liebknecht. Der Vorwärts erschien nun als Tageszeitung. 1895 wurde im Vorwärts der private, sogenannte Scheiterhaufenbrief (vom 14. August 1888) des Hofpredigers Adolf Stöcker an den Chefredakteur der Kreuzzeitung Wilhelm Joachim von Hammerstein veröffentlicht, in welchem gezielte Intrigen unterbreitet wurden, um Bismarck zu stürzen.

Liebknechts Nachfolger wurde Kurt Eisner, bis er und andere Redakteure 1905 wegen ihrer Positionen im Revisionismusstreit in Konflikt mit der offiziellen Linie des Parteivorstandes und seiner Presskommission gerieten und den Vorwärts verließen.

1. Weltkrieg und Revolution

Ab ungefähr 1910 leitete Rudolf Hilferding die Redaktion. Er lehnte die seit Kriegsbeginn angesagte "Burgfriedens"-Politik des Parteivorstandes ab; der Vorwärts unternahm jetzt "eine Gratwanderung zwischen unabhängiger Berichterstattung und Anpassung an die Zensurvorschriften" [2]. Als sich 20 Reichstagsabgeordnete der SPD im Dezember 1915 in einer Erklärung von der "Kriegspolitik" distanzierten, machte sich das Parteiorgan diese Position zu eigen. Damit stand es, ähnlich wie zu Eisners Zeit, in diesem Punkt in Opposition gegen die Mehrheit der eigenen Partei und ihrer Reichstagsfraktion. Dieser Zustand endete 1916, als Friedrich Stampfer der Redaktion zunächst quasi als Kontrolleur zugeordnet und dann ihr Chefredakteur wurde (Hilferding war 1915 zur österreichisch-ungarischen Armee eingezogen worden). Nach Kriegsende vertrat Stampfer einen kämpferisch pro-parlamentarischen Kurs; der Vorwärts unterstützte die Wahl der Verfassunggebenden Nationalversammlung und bekämpfte die Ziele und Methoden des Spartakusbundes, dessen Aufstand im Januar 1919 auch die Redaktions- und Verlagsgebäude der jetzt mehrmals täglich erscheinenden Zeitung als Schauplatz hatte. Stampfer blieb, mit einer kurzen Unterbrechung aus Protest gegen die Unterzeichnung des Versailler Vertrages, Chefradakteur bis 1933 und auch in der anschließenden Emigrationsphase in Karlsbad.

Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde der Vorwärts wieder verboten. Die vorerst letzte Ausgabe erschien am 28. Februar 1933.

Der Vorwärts im Exil

Bereits am 18. Juni 1933 gaben ins Prager Exil geflüchtete Sozialdemokraten unter dem Titel Neuer Vorwärts wieder eine monatliche Zeitung heraus. Wegen des wachsenden Drucks der Nationalsozialisten auf die tschechoslowakische Regierung wurde der Sitz der Redaktion 1938 nach Paris verlegt, wo der Neue Vorwärts bis zum Einmarsch der deutschen Truppen im Mai 1940 erschien.

Wiedergründung

Am 11. September 1948 erschien die erste Ausgabe nach dem Krieg, jetzt wieder als Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, allerdings nicht unter dem alten Titel Vorwärts, sondern unter dem im Exil entstandenen Namen Neuer Vorwärts: Der alte Titel war im Besitz der SED und wurde für die Montagsausgabe des Neuen Deutschlands verwendet.

Vorwärts heißt die Zeitung erst wieder seit dem 1. Januar 1955. Mit dieser Umbenennung trennte sie sich auch von der Bezeichnung Zentralorgan und nannte sich fortan Sozialdemokratische Wochenzeitung. Im selben Jahr wurde der Sitz der Redaktion nach Bonn verlegt, und Josef Felder wurde Chefredakteur.

Wandel zur Mitgliederzeitung und zum Monatsblatt für soziale Demokratie

An die Erfolge der Vorkriegs- und Exilzeit konnte der Vorwärts nicht mehr anknüpfen. Als Folge wurde immer wieder über eine Konzeptänderung oder sogar Einstellung diskutiert. 1976 erfolgte ein grundlegender Umbau des Vorwärts zum Magazin. Doch auch das geänderte redaktionelle Konzept und der Wechsel zum kleineren Format brachten keinen Aufschwung. Am 31. Januar 1989 entschied sich der SPD-Parteivorstand, den wöchentlich erscheinenden Vorwärts aus Kostengründen einzustellen. Doch dessen Redakteure und Mitarbeiter wollten weitermachen. 1989, nachdem die Auflage längere Zeit unter 50.000 Exemplare gesunken war, kam das Ende der Wochenzeitschrift: Der Vorwärts wurde mit dem Sozialdemokrat Magazin zum Mitgliedermagazin verschmolzen und erschien nun monatlich unter dem Titel Vorwärts / Sozialdemokratisches Magazin.

1994 erfuhr der Vorwärts, der als Mitgliederzeitung eine Auflage von über 800.000 Exemplaren erreicht, erneut eine grundlegende Überarbeitung. Das Konzept des Verlagskaufmanns Jens Berendsen und des 2002 tödlich verunglückten Journalisten Frank Suplie, beide aus Elmshorn, sah weiterhin eine monatliche Erscheinungsweise vor, jedoch wieder im Zeitungsformat und mit einer moderneren, farbigen Aufmachung. Das neue Konzept war erfolgreich. Die Zahl der Leser stieg innerhalb von drei Jahren von 0,8 auf 1,2 Millionen Leser pro Ausgabe, und auch das Anzeigengeschäft nahm zu. Frank Suplie leitete den Verlag bis kurz vor seinem Tode. In seine Zeit fiel das 125-jährige Bestehen der Zeitung und er initiierte die Darstellung der Blattgeschichte in Form eines Sonderteils im Vorwärts.[3]

Seit Januar 2007 ist die Zeitung unter Uwe-Karsten Heye in neuer Form für 2,50 Euro wieder an ausgewählten Kiosken erhältlich. Neben inhaltlichen Erweiterungen insbesondere um einen großen Kulturteil wurde auch das Layout überarbeitet. So soll die Zeitung von einem kostenlosen Mitgliedsblatt zu einem offenen Forum auch externer Autoren mit kontroversen Meinungen entwickelt werden. Im November 2006 lag die Auflage bei 515.000 Exemplaren. Ziel der neuen Strategie ist es, über die Mitglieder hinaus neue Leser aus dem Kreis der Sympathisanten und Wähler zu gewinnen.

Literatur

  • Volker Schulze: Vorwärts 1876-1933. In: Fischer, H.-D. (Hrsg.): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Verlag Dokumentation, Pullach 1972, S. 329-348, ISBN 3-7940-3602-6

Quellenbelege

  1. http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_001.htm ; Stammen, Theo; Riescher, Gisela; Hofmann, Wilhelm: Hauptwerke der politischen Theorie. 1997, S. 137-140
  2. William Smalldone, Titel folgt
  3. siehe Weblink: 125 Jahre vorwärts (Sonderteil 2001)

Weblinks

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