- Neustädtel (Schneeberg)
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Neustädtel Stadt SchneebergKoordinaten: 50° 35′ N, 12° 38′ O50.58388888888912.635555555556Koordinaten: 50° 35′ 2″ N, 12° 38′ 8″ O Einwohner: 5.158 (1939) Eingemeindung: 1939 Postleitzahl: 08289 Vorwahl: 03772 Neustädtel ist eine ehemals selbstständige Bergstadt im sächsischen Erzgebirge. 1939 wurde Neustädtel in die benachbarte Bergstadt Schneeberg eingemeindet und gehört mit dieser zum Erzgebirgskreis. Zu Neustädtel gehören die Wohngebiete Wolfgangmaßen und Am Sommerberg.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Neustädtel liegt im oberen Westerzgebirge. Höchste Erhebung ist der Gleesberg (583m). Der älteste Siedlungskern namens Scheibe befindet sich im oberen Ortsteil nahe des Stadtteiches. In und um Neustädtel gibt es zahlreiche Fundgruben. Im Süden befindet sich der Filzteich, einer von Sachsens ältesten Talsperren. Im Ortsteil Wolfgangmaßen entstanden zu DDR-Zeiten mehrere Wohnblöcke. Nach 1990 entstanden die Siedlungen "An der Himmelfahrt" und "Am Sommerberg". Im unteren Ortsteil wurde der Lindenauer Bach in der Nähe des "Siebenschlehener Pochwerkes" zum Knappschaftsteich aufgestaut.
Geschichte
Der älteste Ortsteil Scheibe entstand Ende des 12. Jahrhunderts zeitgleich mit den Nachbarorten Zschorlau, Lindenau und Griesbach.
Das Aufleben von Neustädtel ist eng mit dem aufkommenden Bergbau (seit 1378 bezeugt) auf Zinn, Kupfer und Silber im 14. Jahrhundert verbunden. 1413 wird die Kirche Zu unserer lieben Frauen erstmals als Pfarrkirche erwähnt. 1445 ist die Stadt urkundlich als „Stettlin“ bezeichnet, 1454 wird die Stadt als das „Nuwestetel“ mit sinnen gerichten, zeenenwerken, kirchlehn, tichen, wassern, wasserloufften“ genannt. Als am benachbarten Schneeberg 1471 Bergleute auf reiche Silberadern stießen, entwickelte sich auch Neustädtel rasant weiter. 1474 erhielt Neustädtel die Stadtrechte verliehen. Neustädtel bildet eine straßenartige Stadtanlage, die aus einem Waldhufendorf hervorgegangen ist.
Am 31. Oktober 1518, ein Jahr nach Luthers Thesenanschlag in Wittenberg, fand in dem kleinen Bergkirchlein St. Anna im Hohen Gebirge bei der Fundgrube Daniel der der erste evangelische Gottesdienst im Lande Sachsen statt.
Bis 1562 gehörte Neustädtel zum Rittergut Wiesenburg, kam dann aber an das Amt Schwarzenberg. In die Neustädtler Kirche waren die Bewohner von Neudörfel gepfarrt, bis sie im Zuge der Eingemeindung von Auerhammer in die Stadt Aue 1930 in die dortige Nikolaigemeinde umgepfarrt worden. Zudem waren die Kirchen in Zschorlau bis 1546 und die Kirche in Griesbach bis 1857 Filialkirchen von Neustädtel. Lindenau ist bis heute Pfarrdorf von Neustädtel.
1859 erhielt die Stadt mit der Nachbarstadt Schneeberg durch die Schlematalbahn Anschluss an das Eisenbahnnetz. Die Verbindung nach Niederschlema wurde 1952 aufgrund von bergbaulichen Senkungen im damaligen Radiumbad Oberschlema eingestellt.
1863 wurde die Gemeinde Mühlberg eingemeindet.
Im Jahr 1939 wurde die bis dahin selbständige Stadt nach Schneeberg zwangseingemeindet.
Nach 1945 begann der Uranbergbau in Neustädtel. In Wolfgangmaßen entstand in den 1950er Jahren eine Bergbausiedlung mit einer kleinen Kapelle. Nach der Auflösung des Stadtkreises Schneeberg im Jahre 1958 wurde auf dem Gebiet eine Kaserne errichtet und die hölzerne Kapelle nach Auerhammer umgesetzt.
Im Jahre 2008 wurde die Jägerkaserne nach mehrmaligen Protesten endgültig geschlossen.
Die Bergbaulandschaft um Schneeberg und Neustädtel bildet einen Kern des angestrebten UNESCO-Welterbes „Kultur- und Montanlandschaft Erzgebirge“, wobei in Neustädtel die Fundgruben Wolfgangmaßen, Daniel, Sauschwart und Gesellschaft, der Filzteich sowie das Siebenschlehener Pochwerk samt dem Knappschaftsteich als schützenswerte Bereiche definiert werden.[1]
Bevölkerungsentwicklung
Jahr Einwohnerzahl [2] 1605 132 besessene Mann 1748 130 Feuerstätten 1834 2409 Jahr Einwohnerzahl 1871 3319 1890 3947 1910 5137 Jahr Einwohnerzahl 1925 4975 1939 5158 Religionen
In Neustädtel gibt es folgende Kirchgemeinden:
- evangelisch-lutherische Kirchgemeinde mit der Kirche "Zu unserer lieben Frauen". Sie hat Mitglieder in Neustädtel, Lindenau und Wolfgangmaßen. In den 1950er Jahren hatte die Bergbausiedlung Wolfgangmaßen eine eigene Kirchenbaracke, welche mit Erweiterung der Kaserne nach Auerhammer umgesetzt wurde. Die erste Neustädtler Kirche befand sich auf der Marienstraße.
- evangelisch-methodistische Kirchgemeinde mit der Erlöserkirche
- Landeskirchliche Gemeinschaft Neustädtel
- Elim-Gemeinde
Gedenkstätten
- Ein Gedenkstein am Strandbad Filzteich erinnert an die drei Hitlergegner Emil Max Haufe, Ernst Georg Enderlein und Richard Alfred Schubert, die im März 1933 von SA-Männern im Zeisigwald misshandelt und im Turnerheim des Arbeiterturn- und Sportbundes erschlagen und anschließend im Filzteich versenkt wurden.
- Grabstätten und Gedenksteine auf dem Friedhof erinnern an elf Kinder, Frauen und Männer, die 1940 ein Opfer von Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion wurden, sowie an vier namentlich unbekannte Opfer der Hitlerdiktatur.
- Das Denkmal St. Anna bei der Fundgrube Daniel erinnert an die Verkündung der Augsburger Konfession. Hier befand sich zur Zeit der Reformation eine kleine Kirche, in der 1518, d.h. ein Jahr nach dem Thesenanschlag an der Schlosskirche zu Wittenberg, die erste lutherische Predigt der Gegend abgehalten wurde.
Sehenswürdigkeiten
- Die Kursächsische Postmeilensäule Schneeberg befindet sich am oberen Ende des Marktplatzes von Neustädtel
- Bergbaulehrpfad u. a. mit Siebenschlehener Pochwerk, dem Huthaus der Fundgrube Gesellschaft und dem heute als Strandbad genutzten Filzteich. Der Filzteich ist eine der ältesten Talsperren Sachsens. Er ist im Zuge des Bergbaues von 1474 bis 1495 als Wasserreservoir entstanden. In den 1930er Jahren wurde er zum Strandbad ausgebaut.
- Gleesbergturm
- Bergdenkmal am Schindler Schacht aus drei Granitblöcken mit in Bronze gegossenem Konterfei eines Bergmanns, Darstellung der gekreuzten Hämmer über einer Nische für das Grubenlicht sowie einem Berggedicht[3]
- Denkmal "St. Anna" in der Nähe der Fundgrube Daniel. Es erinnert an die Reformation.
- Die ev.-lutherische Kirche "Zu unserer lieben Frauen" ist in der Spätgotik entstanden. Sie war ab dem 15. Jh. geistlicher Mittelpunkt der Region. Die Innenausstattung stammt aus dem Barock. Sehenswert sind die Kanzel, der Orgelprospekt und der geschnitzte Kanzelträger "Krauß Bastel".
- Das "Haus Pestalozzi" der Mittelschule "Bergstadt Schneeberg" war bis 1939 das Rathaus der Stadt Neustädtel.
- Das Umgebindehaus in der August-Bebel-Straße / Ecke Lindenauer Straße ist eines der wenigen noch existenten Häuser seiner Art.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Christian Friedrich Brendel (1776–1861), Bergingenieur und Maschinendirektor
- Gerhard Heilfurth (1909–2006), Kultur- und Sozialwissenschaftler, Volkskundler
Personen die mit der Stadt in Verbindung stehen
- Gottlob Heinrich von Lindenau (1755–1830), königlich-sächsischer Kammerherr, Kreisoberforstmeister und Rittergutsbesitzer
- Johannes Friedrich Müller (1812–1878) war Bürgermeister und Stadtrichter in Neustädtel
- Otto Reinhold (1899–1965), Komponist, war in den 1920er Jahren Lehrer in Neustädtel
- Carl Bernhard Speck (1831–1905), deutscher konservativer Politiker, Bürgermeister und Ehrenbürger in Neustädtel, MdL (Königreich Sachsen)
- Wolfgang Uhle (1512–1594), Pestpfarrer in Annaberg, war Diakon in Neustädtel
Literatur
- Neustädtel. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 7. Band, Zwickau 1820, S. 140–142.
- Gerhard Heilfurth: Neustädtel im Erzgebirge. Bilder vom Werden und Wesen einer erzgebirgischen Kleinstadt. Glück-Auf-Verlag, Schwarzenberg 1937
- Richard Steche: Neustädtel. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 8. Heft: Amtshauptmannschaft Schwarzenberg. C. C. Meinhold, Dresden 1887, S. 24.
- Autorenkollektiv im Auftrag des Heimatvereines Lindenau: Lindenawe - mein Lindenau. Wissenswertes über acht Jahrhunderte Dorfgeschichte. Druckerei und Verlag Mike Rockstroh, Aue 2003; Abschnitt Kirchengeschichte
Weblinks
- Neustädtel im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Homepage über Neustädtel
Einzelnachweise
- ↑ Freie Presse, Lokalausgabe Aue vom 20. Dezember 2008: Schneeberg ist Vorreiter in Sachen Welterbe – Stadt hält erste Studie zu schützenswerten Objekten innerhalb der Montanregion Erzgebirge in den Händen
- ↑ vgl. Neustädtel im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- ↑ Siegfried Woidtke stiftet ein weiteres Denkmal für den Bergmann
Kategorien:- Ort im Erzgebirgskreis
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