Nichtraucherschutz

Nichtraucherschutz
Englischsprachiges Rauchverbotsschild

Als Nichtraucherschutz bezeichnet man Maßnahmen, die geeignet sind, Personen, die nicht rauchen, wirksam vor den Gefahren des Tabakrauchs zu schützen (Passivrauchen). Darunter fallen insbesondere Rauchverbote, aber auch Aufklärungskampagnen und Maßnahmen zur Überwindung von Nikotinabhängigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Tabakrauch ist gesundheitsschädigend, nicht nur für Personen, die aktiv Tabak rauchen, sondern auch für alle, die den Rauch passiv einatmen.[1] Selbst der Rauch einer einzelnen Zigarette führt dazu, dass die Gesundheit aller im selben Raum geschädigt wird. Über die Schädlichkeit des Passivrauchens besteht daher ein breiter Konsens, von den Fachgesellschaften der Mediziner über die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Vereinten Nationen[2] und das Deutschen Krebsforschungszentrum[1] bis hin zu den 161 Staaten, die der Rahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation zur Tabakkontrolle beigetreten sind, darunter Österreich und die Bundesrepublik Deutschland. Selbst Zigarettenhersteller (Philip Morris[3]) befürworten vor diesem Hintergrund Rauchverbote und andere Maßnahmen zum Nichtraucherschutz.

Wenn ein Raucher an einer Zigarette zieht, entsteht an der Glutspitze bei einer Temperatur von zirka 950 Grad Celsius der sogenannte Hauptstromrauch mit einem Gemisch aus mehr als 4000 Substanzen, viele davon von der Weltgesundheitsorganisation als krebserregend oder möglicherweise krebserregend eingestuft. Der Nebenstromrauch, also das, was einer brennenden Zigarette zwischen zwei Zügen entweicht (und was beim Passivrauchen eingeatmet wird) ist aufgrund der niedrigeren Verbrennungstemperatur noch giftiger, da beispielsweise der Anteil an Formaldehyd, Ammoniak oder Pyridin wesentlich höher ist.[4]

Passivraucher, so die Weltgesundheitsorganisation, haben ein bis zu 20 Prozent höheres Lungenkrebsrisiko, die Wahrscheinlichkeit einer Herzkrankheit wird durch das Passivrauchen um 35 Prozent erhöht. Nach Schätzungen des Deutschen Krebsforschungszentrums sterben in Deutschland jährlich 3.300 Menschen an den Folgen des Passivrauchens, die meisten durch Herzinfarkte;[1] weltweit sind es laut einer Studie der WHO aus dem Jahr 2009 jährlich 600.000 Menschen.[5]

In vielen Ländern sind Regelungen zum Nichtraucherschutz erlassen worden, jedoch sind laut WHO im Jahr 2009 weltweit noch immer mehr als 94 Prozent der Menschheit nicht durch Gesetze vor Tabakrauch geschützt.[5]

Nichtraucherschutz in Deutschland

Der Nichtraucherschutz in Deutschland war im internationalen Vergleich für lange Zeit wenig entwickelt. Seit 2006 sind mit der Änderung des Vorläufigen Tabakgesetzes, dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens auf Bundesebene (2007) und der Verabschiedung von Gesetzen zum Nichtraucherschutz (2007) in allen Bundesländern wesentliche Änderungen erfolgt. Alle Einrichtungen des Bundes sowie der Verfassungsorgane des Bundes, die Verkehrsmittel des öffentlichen Personenverkehrs und Personenbahnhöfe der öffentlichen Eisenbahnen sind seitdem rauchfrei. Auch an Hochschulen, Schulen, Krankenhäusern und Behörden, die in den Kompetenzbereich der Länder fallen, wurden Rauchverbote erlassen. Die Ausgestaltung dieser Länderregelungen ist nicht einheitlich, so dass gravierende regionale Unterschiede bezüglich der Manifestation im Alltag bestehen.

Da eine Zielvereinbarung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes und des Ministeriums für Gesundheit zum Nichtraucherschutz[6] nicht zu einem ausreichenden Erfolg im Sinne eines wirksamen Nichtraucherschutzes geführt hatten,[7] erließen die Länder im Rahmen der Landesgesetze zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens auch Rauchverbote in der Gastronomie. Die Ausgestaltung dieser Länderregelungen ist ebenfalls nicht einheitlich.

Am Arbeitsplatz hat laut Arbeitsstättenverordnung-§ 5 der Arbeitgeber die „erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind.“ In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr sind nur in so weit Schutzmaßnahmen zu treffen, „als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen.“

Die gesellschaftliche Akzeptanz von Maßnahmen zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens ist hoch. Eine Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach kam 2006 zu dem Ergebnis: „Die große Mehrheit der Bevölkerung (81 Prozent) findet ein gesetzlich geregeltes Rauchverbot in öffentlichen Behörden und Ämtern richtig und angebracht. Eine Mehrheit von 61 Prozent ist auch dafür, daß in anderen öffentlichen Gebäuden wie Bahnhöfen und Flughäfen das Rauchen grundsätzlich verboten wird. Im Blick auf ein gesetzlich geregeltes Rauchverbot in Gaststätten und Restaurants gehen die Meinungen allerdings auseinander. 47 Prozent der Bevölkerung sind für ein solches Verbot, 41 Prozent halten jedoch ein Rauchverbot in Restaurants für nicht notwendig.[8] In einer erneuten Umfrage im Februar 2008 sprachen sich nur noch 14 Prozent der Bevölkerung dafür aus, das Rauchen in Gaststätten generell zu erlauben.[9] Andere Untersuchungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Für ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Restaurants sprachen sich 2006 laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts polis/Usuma für den Focus[10] 76 Prozent der Deutschen aus. Auch Umfragen der GfK im Auftrag des DKFZ [11] und von Infratest dimap im Auftrage der hessischen Landesstelle für Suchtfragen[12] ergaben eine Zustimmung zu Rauchverboten in der Gastronomie von etwa 70 Prozent.

Die aktuelle politische Diskussion stellt infrage, ob der Nichtraucherschutz erweitert werden muss. Im Rahmen einer für 2012 erwarteten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist zu klären, ob die Definition des Nichtraucherschutzes nicht nur für herkömmliche Tabak-Rauchwaren, sondern auch für elektronische Zigaretten gilt. Diese rauchlosen Zigaretten werden oftmals als in Nichtraucherzonen erlaubt angepriesen, was nicht den Tatsachen entspricht.[13] Da bis 2011 keine gesetzliche Regelung die neuartigen Rauchgeräte impliziert, regelt das jeweilige Hausrecht bis zur endgültigen Klärung durch den Europäischen Gerichtshof die Akzeptanz von rauchlosen Zigaretten in Nichtraucherzonen in Deutschland.

Volksentscheid "Nichtraucherschutz" in Bayern

Bayern hat 2008 ein strenges Gesetz zum Nichtraucherschutz erlassen. Dieses Gesetz wurde am 1. August 2009 von der Landesregierung wieder aufgehoben.

Im Volksbegehren „Für echten Nichtraucherschutz!“ verlangt ein breites parteiübergreifendes gesundheitspolitisches Bündnis die Wiedereinführung des konsequenten Nichtraucherschutzes.[14] 1.298.746 Personen haben mit ihrer Unterschrift die erforderliche 10% Hürde übersprungen (13,9%). Der Bayerische Landtag hat mit der Mehrheit von CSU und FDP den Gesetzentwurf aber abgelehnt. Am 4. Juli 2010 entschied die bayerische Bevölkerung in einem landesweiten Volksentscheid über das Volksbegehren, das mit 61,0 % der abgegebenen Stimmen angenommen wurde. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,7 %.[15] Somit ist in Bayern seit dem 1. August 2010 das Rauchen in Innenräumen von Gaststätten aller Art, Diskotheken sowie Festzelten nicht mehr gestattet.

Protest und Kritik

Zum Weltnichtrauchertag 2011 haben die Deutsche Krebshilfe, das Deutsche Krebsforschungszentrum sowie das „Aktionsbündnis Nichtrauchen“ namhafter Organisationen des Gesundheitswesens in der Bundesrepublik schärfste Kritik daran geübt, dass seit der Unterzeichnung der WHO FCTC im Jahr 2003 in Deutschland viel zu wenig für den Nichtraucherschutz und gegen das Passivrauchen getan wurde.[16] Die Organisationen warfen den 16 Bundesländern vor, sie hätten immer noch unterschiedliche Regelungen und seien verantwortlich für diesen „Flickenteppich Deutschland“. Vorrangig für das Aktionsbündnis ist auch der Schutz der Kinder , da diese nach wie vor den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt sind, zum Beispiel in Autos, auf Spielplätzen und zu Hause.

Nichtraucherschutz in Österreich

In Österreich trat mit 1. Januar 2009 ein schärferes Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern in Gasthäusern, Restaurants, Cafés etc. in Kraft. Das Rauchen in Gaststätten und bei öffentlichen Veranstaltungen ist nunmehr grundsätzlich untersagt. Ausnahmen bilden Ein-Raum-Betriebe unter 50m² (die als Raucher- oder Nichtraucherlokal geführt werden können) sowie abgetrennte Raucherbereiche in größeren Lokalen. Bis 30. Juni 2010 galten Übergangsregelungen.[17] Das Gesetz wird sehr kontrovers diskutiert, und während manche ein durch ausbleibende Gäste bedingtes „Gasthaussterben“ befürchten, bemängeln andere die gesetzliche Regelung als unzureichend und behördlich schlecht überprüft.

Das Rauchen in öffentlichen Gebäuden ist in Österreich schon länger verboten, die Züge der Österreichischen Bundesbahnen sind seit 1. September 2007 rauchfrei.

Das Rauchen auf Kinderspielplätzen in Wien ist verboten.[18]

Nach dem Volksbefragungs-Erfolg in Bayern versuchen Aktivisten in Österreich nun, ein Volksbegehren für das "Nicht rauchen in Lokalen"[19] und öffentlichen, geschlossenen Räumen als generelle Gesetzgebung zu initiieren. Die Gruppe organisierte sich in Facebook und konnte 106.000 Mitglieder innerhalb nur 4 Monaten erreichen. Ende 2011 läuft die Frist für die Unterstützungserklärungen aus.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Rauchverbot – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. a b c Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg: Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen- Deutschland muss handeln
  2. Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen: Tobacco Free Initiative (Englisch)
  3. Philip Morris: Secondhand Smoke (Englisch)
  4. IARC-Band 83 – Tabelle auf den Seiten 1200 und 1201
  5. a b http://www.who.int/mediacentre/news/releases/2009/smoke_free_laws_20091209/en/index.html
  6. Zielvereinbarung zum Nichtraucherschutz von DEHOGA und BMGS
  7. Vgl.Begründungen der Landesgesetze zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens
  8. Allensbacher Bericht Nr. 12/2006, Institut für Demoskopie Allensbach, 2006
  9. Mehrheit der Bevölkerung lehnt strikte Rauchverbote ab
  10. Mehrheit für Rauchverbot.
  11. Zwei Drittel für Rauchverbot in Gaststätten
  12. Hessen sagen Ja zum Rauchverbot
  13. Fakten zur elektrischen Zigarette (PDF). Abgerufen am 22. Juli 2011.
  14. Bündnispartner im Volksbegehren "Nichtraucherschutz in Bayern"
  15. http://www.volksentscheid2010.bayern.de/taba2990.html Bayerischer Landeswahlleiter: Volksentscheid zum Nichtraucherschutz in Bayern am 4. Juli 2010
  16. Protesterklärung auf PK Deutsche Krebshilfe 24. Mai 2011, Berlin
  17. Rauchverbot in Österreich (HTML). Abgerufen am 22. Juli 2011.
  18. Wiener Grünanlagenverordnung §10 Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Benützung von Grünanlagen vom 10. Juli 2008.
  19. http://www.nichtraucheninlokalen.at

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