Niklaus Manuel Deutsch

Niklaus Manuel Deutsch
Selbstbildnis ca. 1530

Niklaus Manuel, genannt Deutsch, (* wahrscheinlich 1484 in Bern; † 28. April 1530 in Bern), war ein Schweizer Dramatiker, Maler, Graphiker, Reformator und Staatsmann.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Über sichere Daten verfügen wir erst ab 1509. Das vermeintliche Geburtsjahr ist späteren Urkunden zu entnehmen, die durchaus glaubhaft sind. Vermutlich ist er der Sohn des in Bern ansässigen Apothekers Emanuel de Alemanis (auch Allemanis) und der Margaretha Fricker (auch Frickar), einer ausserehelichen Tochter des Thüring Fricker, einem Kanzleisekretärs und Stadtschreibers in der Berner Verwaltung.

Über seine Jugend und Ausbildung ist nichts bekannt. 1509 heiratete er Katharina Frisching, die Tochter des Hans Frisching, eines ehemaligen Landvogts von Erlach, Aarburg, Echallens und Nidau sowie Mitglied des Kleinen Berner Rates. Anlässlich der Hochzeit legte er den bis dahin getragenen Namen Aleman (auch Alleman) ab und nannte sich nur noch Niklaus Manuel. Seine Signatur und sein Siegel tragen seit diesem Zeitpunkt die Initiale «N. M. D.», die anfangs getrennt und später ligiert und durch einen Dolch verbunden geschrieben wurde. Es wird allgemein angenommen, dass der Buchstabe «D» dabei für die eingedeutschte Fassung des Namens Aleman steht. Aus der Ehe mit Katharina gingen sechs Kinder hervor:

Niklaus Manuel der Jüngere in der Tracht eines Reisläufers, Gemälde seines Bruders Hans Rudolf Manuel, 1553
  1. Margaretha, (* 1516)
  2. Hieronymus, (* 1520; † 1579)
  3. Magdalena, (* 1524)
  4. Hans Rudolf, (* 1525; † 1571) – war ebenfalls Maler, Zeichner, Holzschnitzer und Dichter
  5. Johannes, (* 1527)
  6. Niklaus Manuel Deutsch d. J., (* 1528; † 1588) – war als Glasmaler tätig

Ab 1510 wurde Niklaus Manuel Mitglied des Grossen Rats in Bern. 1512 wurde er in die Körperschaft der Obergerber aufgenommen. Im Jahr 1513 wird in den Staatsrechnungen der Stadt Bern erstmals offiziell als Maler geführt und erhielt nachweisbar mehrere Aufträge. Im Folgejahr erwarb er das Haus in der Gerechtigkeitsgasse Nr. 72, das bis ins 17. Jahrhundert hinein in Familienbesitz verblieb.

Selbstbildnis am Schluss des Totentanzes

1516 verdingte er sich als Reisläufer und nahm als Sekretär von Albrecht von Stein, dem Anführer einer Söldnertruppe in französischem Dienst am Lombardischen Krieg teil. Zwischen 1516/17 begann er im Berner Dominikanerkloster seinen berühmten Totentanz zu malen. Es folgten zahlreiche weitere Werke. 1518 entstand die Holzschnittfolge «Die kluge und die törichte Jungfrau». Gegen 1520 entstanden die letzten signierten Malereien.

In den Folgejahren widmete er sich verstärkt literarischen Ambitionen. Ebenfalls ab 1520 wurde er Venner der Gerberzunft und bekleidete damit ein weiteres wichtiges Amt in seiner Heimatstadt.

Erfolgreich trat er für die Durchsetzung der Reformation in Bern ein. Seine drastischen antikatholischen Fasnachtsspiele fanden in der Bevölkerung starken Widerhall und sollen für die Sache der Reformation in Bern mehr getan haben als die Predigten von Berchtold Haller. Ähnlich wirkte sein Totentanz im Berner Münster, der den Klerus nicht gerade schmeichelhaft darstellt. Niklaus Manuel gehörte zu den führenden Leuten der Reformation in Bern und bereiste in dieser Mission zahlreiche Schweizer Städte.

1522 verdingte sich Niklaus Manuel ein weiteres Mal als Feldschreiber bei Albrecht von Stein und nahm an einem weiteren Kriegszug in die Lombardei teil. Bei Novara wurde er dabei an der Hand verwundet. Später nahm er auch noch an der Schlacht bei Bicocca teil. 1523 wurde er Landvogt in Erlach, Echallens und Nidau. 1526 war er als Deputierter kurzzeitig an der eidgenössischen Tagsatzung in Baden. Ab April 1528 wird er erstmals als Mitglied des Kleinen Rates von Bern geführt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tode.

Künstlerisches Wirken

In seiner Dramatik vereinigte Manuel das christliche geistliche Spiel mit Elementen des Fastnachtsspiels zu lebensnahen politisch aktuellen Stücken von künstlerischem Rang. Manche seiner Werke illustrierte er selbst. Eine Gesamtausgabe seiner Dramen besorgte J. Bächtold 1878.

Als Maler und Holzschnittkünstler war er von der italienischen Renaissance und Albrecht Dürer beeinflusst. Neben Holbein war er der bedeutendste Vertreter der Renaissancemalerei auf Schweizer Boden. Er schuf Entwürfe für Goldschmiedearbeiten, Altarbilder, Porträts und andere Gemälde. Seine farbenstarken und linear bewegten Bilder stellten meist mythologische oder biblische Szenen dar, als Glasmaler stand er unter dem Einfluss von Hans Baldung. Das berühmteste seiner Werke ist der Totentanz, der von 1515 bis 1521 als Fresko auf der (jetzt abgebrochenen) Umfassungsmauer des Berner Dominikanerklosters bei der heutigen Französischen Kirche entstand. Selbst als Baumeister war er tätig, so war er unter anderem für den Bau des Netzgewölbes im Chor des Berner Münsters verantwortlich.

Ein Attika-Standbild Manuels steht an der Fassade des Hauptgebäudes der Berner Kantonalbank.

Kunstwerke

Ausgewählte Gemälde

Die Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers, Basel
Das Urteil des Paris, Basel
  • Basel, Öffentliche Kunstsammlung
    • Pyramus und Thisbe. um 1513/14
    • Die heilige Anna Selbdritt mit den heiligen Jakobus und Rochus als Fürbitter für die von der Pest geplagte Menschheit. um 1514/15
    • Die Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers. um 1517
    • Beidseitig bemalte Tafel. 1517
      • Vorderseite: Der Tod als Landsknecht umarmt ein Mädchen.
      • Rückseite: Bathseba im Bade.
    • Lukretia. 1517
    • Das Urteil des Paris. um 1517/18
  • Bern, Kunstmuseum
    • Zwei Flügel eines Altars der heiligen Anna. 1515
      • Linker Flügel (aussen): Der heilige Eligius in seiner Werkstatt.
      • Linker Flügel (innen – abgetrennt): Die Begegnung an der Goldenen Pforte.
      • Rechter Flügel (aussen): Der heilige Lukas malt die Madonna.
      • Rechter Flügel (innen): Die Geburt Mariae.
    • Bildnis eines Mannes. um 1515
    • Das Martyrium der heiligen Ursula. um 1515/16
    • Die Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers. um 1515/16
    • Zwei Flügel eines Altars der heiligen Katharina. um 1516
      • Beide Flügel (aussen): Die Marter der zehntausend Christen.
      • Linker Flügel (innen): Der heilige Achatius.
      • Rechter Flügel (innen): Die heilige Barbara.
    • Die Bekehrung des Saulus. um 1516/17
    • Beidseitig bemalte Tafel. um 1516 – 1520
      • Vorderseite: Die Anbetung der Könige.
      • Rückseite: Die Aussendung der Apostel. (nur noch fragmentarisch erhalten)
    • Zwei Flügel eines Altars des heiligen Antonius Eremita. 1520
      • Linker Flügel (aussen): Die Versuchung des heiligen Antoius durch eine Frau.
      • Linker Flügel (innen – abgetrennt): Der heilige Antonius heilt Kranke und Besessene.
      • Rechter Flügel (aussen): Die Versuchung des heiligen Antonius durch die Dämonen.
      • Rechter Flügel (innen): Die heiligen Eremiten Antonius und Paulus in der Wüste.
    • Bildnis eines Ritters vom Heiligen Grab. 1520
    • Selbstbildnis. 1520
  • Winterthur, Sammlung Oskar Reinhart
    • Flügel eines Marienaltars. 1515
      • Linker Flügel (aussen): Der heilige Eligius als Goldschmied.
      • Linker Flügel (innen ): Die Begegnung an der Goldenen Pforte.

Ausgewählte Zeichnungen

  • Basel, Öffentliche Kunstsammlung
    • Scheibenriss mit von einer Frau gehaltenem Wappen Hattstadts vor einer Landschaft mit Burg, sowie Kämpfenden wilden Männern und ihre Kinder pflegende wilde Frauen. um 1508 – 1512
    • Die Versuchung des heiligen Antonius.
  • Berlin, Kupferstichkabinett
    • Felseninsel. um 1510 – 1515
    • Stehende Hexe. um 1518
  • Dessau, Anhaltische Gemäldegalerie
    • Bildnis einer jungen Frau. um 1528 – 1530
    • Bildnis eines jungen Mannes. um 1528 – 1530
  • Los Angeles, J. Paul Getty Museum
    • Die Verspottung Christi. um 1513/14
  • New York, Frick Collection
    • Landsknecht mit Fahne und reitende Frau. um 1522
  • Paris, Musée National du Louvre
    • Allegorie des Todes.

Literarisches Werk

  • Vom Papst und Christi Gegensatz. 1522 (Drama)
  • Ein hübsch neu Lied und Verantwortung des Sturms halb beschehen zu Pigogga. 1524
  • Vom Papst und seiner Priesterschaft. 1524 (Schauspiel)
  • Der Ablasskrämer. 1525 (Schauspiel)
  • Barbali. 1526
  • Fabers und Eggen Badenfahrt. 1526 (Gedichte)
  • Krankheit und Testament der Messe. 1528 (Satire)
  • Ein neu hübsch Spiel von Elsli Tragdenknaben. 1529

Literatur

  • Cäsar Menz, Hugo Wagner (red.): Niklaus Manuel Deutsch. Maler, Dichter, Staatsmann. Kunstmuseum Bern, Bern 1979.
  • Gisi, Lucas Marco: Niklaus Manuel und der Berner Bildersturm. In: Peter Blickle, André Holenstein, Heinrich Richard Schmidt, Franz-Josef Sladeczek (Hg.): Macht und Ohnmacht der Bilder. Reformatorischer Bildersturm im Kontext der europäischen Geschichte. Oldenbourg, München 2002 (Historische Zeitschrift, Beihefte; 33), S. 143–163.

Weblinks


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