38. Sinfonie (Mozart)

38. Sinfonie (Mozart)

Die Sinfonie in D-Dur KV 504 komponierte Wolfgang Amadeus Mozart im Jahr 1786. Das Werk trägt den Beinamen „Prager Sinfonie“ und führt nach der Alten Mozart-Ausgabe die Sinfonie-Nummer 38.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Posthumes Porträt Mozarts von Barbara Krafft, 1819

Der erste Hinweis auf die Sinfonie KV 504 findet sich im Werkverzeichnis von Mozart mit einem Eintrag vom 6. Dezember 1786. Die Arbeit am Schlusssatz wurde bereits im Frühjahr 1786 begonnen, dann aber – offenbar wegen der Verpflichtung zu anderen Aufträgen – unterbrochen und erst im Zusammenhang mit den übrigen Sätzen wiederaufgenommen. Unklar ist, aus welchem Anlass Mozart die Sinfonie schrieb; möglicherweise für eine Wiener Akademie oder eine Aufführung im Ausland. Die Einladung nach Prag durch eine „Gesellschaft grosser kenner und Liebhaber“ (Brief von Leopold Mozart an Nannerl vom 12.Januar 1787) kam erst nach der Fertigstellung des Werkes und wird daher wohl nicht der Auslöser für die Komposition gewesen sein.[1] Eisen (1991)[2] meint jedoch, dass Mozart die Sinfonie möglicherweise für die Reise nach Prag komponiert habe.

Die Uraufführung erfolgte am 19. Januar 1787 in Prag im Rahmen einer Akademie, einen Tag nach einer Aufführung des Figaro.[1] [3] Mozart überzeugte während der Akademie offenbar so sehr als Pianist, dass die Sinfonie in manchen zeitgenössischen Berichten gar nicht erwähnt wurde, und entwickelte sich erst nach einiger Zeit zu einem Lieblingsstück des Publikums.

Einige Autoren weisen auf musikalische Zusammenhänge von KV 504 zu den Opern Figaro und Don Giovanni hin.[1] [4]

Warum fehlt das Menuett?
Scherliess (2005)[1] zählt folgende Vermutungen auf, die er aber für nicht überzeugend hält:

  • Mozart habe an italienische Vorbilder anknüpfen wollen;
  • Mozart habe während der Komposition das Menuett als nicht stilgemäß empfunden;
  • Mozart habe in Hinblick auf eine geplante Englandreise bewusst auf das Menuett verzichtet;
  • Zeitmangel.

Einstein (1953)[5] meint, dass das Menuett fehlt, weil in den bestehenden Sätzen bereits „alles gesagt“ sei. Kroyer (1931)[4] vermutet Spannungen und Trübungen im Mozarts Gefühlsleben; ähnlich äußert sich Pahlen (1978),[6] wenn er fragt, ob „Mozart ein so ernstes Werk nicht durch einen leichten Tanz unterbrechen wollte?“

Zur Musik

Besetzung: zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Fagotte, zwei Hörner in D, zwei Trompeten in D, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass, Pauken. In zeitgenössischen Orchestern wurde wahrscheinlich auch ein Cembalo (sofern im Orchester vorhanden) als Generalbass-Instrument eingesetzt.[7]
Aufführungszeit: ca. 30–35 Minuten.

Bei den hier benutzten Begriffen der Sonatensatzform ist zu berücksichtigen, dass dieses Schema in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entworfen wurde (siehe dort) und von daher nur mit Einschränkungen auf die Sinfonie KV 504 übertragen werden kann. – Die hier vorgenommene Gliederung der Sätze ist als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich.[8]

1. Satz: Adagio – Allegro

D-Dur, 4/4-Takt, 302 Takte
Adagio (Takt 1–36):
Die gravitätische Einleitung beginnt mit einem ausgehaltenen Akkord im Unisono mit Trommelwirbel auf D. Über eine auftaktartige, rollende Zweiunddreißigstel-Figur wird D dann viermal energisch, aber im Notenwert verkürzt wiederholt. Es folgen – im Wechsel von Bläsern und Streichern sowie von Forte und Piano – Vorhalte mit ihren Auflösungen und kadenzartige, chromatische Figuren. Ab Takt 16 setzt ein neues Motiv ein, das aus zwei gegensätzlichen Takten aufgebaut ist: der erste Takt im Forte, mit Synkopen in den Violinen und einer markanten Bassfigur, der zweite Takt im Piano mit aufsteigender Zweiunddreißigstel-Figur der 1. Violine und ausgehaltener Ganzer Note im Fagott. Dieses Motiv erscheint in d-Moll, B-Dur, F-Dur, D-Dur Septakkord, g-Moll und in einem vermindertern Akkord auf Gis, der als Vorhalt zum folgenden Orgelpunkt auf A (Takt 28–33) dient. Die Einleitung endet mit einer chromatischen Figur abwärts und einem Wechsel von Akkorden auf D-Dur (Tonika) und A-Dur (Dominante). Sie klingt mit einer Fermate auf einem A-Dur-Septakkord im Pianissimo aus.

Es handelt sich hierbei um die längste Einleitung, die Mozart je geschrieben hat. Scherliess (2005)[1] fühlt sich beim Hören an ein „Spiel von Figuren und Gesten mit unterschiedlichem Charakterzügen und Stimmungen“ erinnert. Durch den Wechsel in der Dynamik, die Modulierungen und die zahlreichen chromatischen Einlagen entsteht eine abwechslungsreiche Klangfarbe; der Charakter wechselt von düster – fest zu unsicher – schwebend und zurück.

Allegro (Takt 37–302):
Der Satz beginnt mit einem Takt Viertel-Synkopen in der 1. Violine, die wie ein Klangteppich für die in Takt 38 einsetzende Hauptmelodie in den übrigen Streichern wirken. Die Melodie hat einen sanglichen, ruhigen Charakter und weist ebenfalls Synkopen auf. Nach fünf Takten Hauptmelodie (im Folgenden: Motiv 1a) setzten die Bläser mit einer kurzen Fanfare ein, für die ein Oktavsprung aufwärts und eine Achtelbewegung abwärts kennzeichnend ist (Motiv 1b). Zudem löst sich die 1. Violine ab Takt 41 aus ihrer begleitenden Synkopenfigur und spielt ein Tonwiederholungs-Motiv (Motiv 2). Je nach Standpunkt kann man die Motive 1a und 1b als erstes Thema ansehen oder den gesamten achttaktigen Abschnitt von Takt 37–45; eine klare Trennung in Vorder- und Nachsatz ist nicht erkennbar. Es folgt eine Wiederholung des Abschnittes ohne Bläserfanfare, aber mit einer Gegenbewegung zur Hauptmelodie in den Oboen.

Der Überleitungsteil setzt in Takt 51 mit einem Motiv aus einem gebrochenen, abwärts gehenden Dreiklang der 1. Violine ein (Motiv 3), unterlegt von Motiv 2 in 2. Violine und Viola. Ein weiteres, den Satz prägendes Motiv mit einer Sechzehntel-Figur und einer Viertelnote (Motiv 4) tritt ab Takt 55 auf. Durch die Zunahme der Sechzehntel-Figuren und den imitatorischen Einsatz von Motiv 4 kommt es zu einer weiteren Verdichtung. Ab Takt 63 dominiert Motiv 2, doch bereits in Takt 66 tritt wieder ein neues Motiv (Motiv 5) aus einer aufsteigenden Dreiklangsfigur auf, die zur Dominante A-Dur führt. Nach zwei Takten Unisono-Achtelschlägen auf A (Takt 69/70) ist der Hörer in Erwartung, dass nun ein zweites Thema folgt. Tatsächlich setzt in Takt 71 aber das erste Thema in einer Variante auf A-Dur ein, so dass beim ersten Hören der Eindruck einer monothematischen Struktur entsteht, bei der anstelle des zweiten Themas das erste Thema wiederholt wird. Die Takte 77 ff. bringen eine Kombination der Motive 2 und 3, ab Takt 88 löst sich die polyphone Struktur durch Sechzehntel-Läufe in den Violinen auf. Bemerkenswert ist hier eine chromatisch aufsteigende Linie im Bass.

Erst mit Einsatz des „richtigen“ zweiten Themas (Motiv 6) in Takt 97 entsteht beim Hörer Klarheit, dass der vorige Abschnitt noch zur Überleitung zu rechnen ist (sofern man die Begriffe der Sonatensatzform verwenden möchte). Es besteht aus einem zweitaktigen Motiv, das einmal aufwärts sequenziert und dann in Moll wiederholt wird. Die Takte 109–121 können als Kadenzierung bzw. Ausklingen des zweiten Themas oder als der Schlussgruppe zugehöriger Abschnitt angesehen werden. Takt 112 ff. bringen ein neues, zweitaktiges Motiv (Motiv 7) in den Violinen, das vom Charakter an den ersten Teil vom ersten Thema (Motiv 1a) erinnert.

Die Schlussgruppe im engeren Sinne beginnt in Takt 121 mit Motiv 4 im versetztem Einsatz, gefolgt von Motiv 5 (Takt 125 ff.) und einem erneuten Einsatz von Motiv 1a, nun im Forte-Tutti und hohen Lagen der Instrumente. Die Exposition klingt aus mit Motiv 2 und abfallender Akkordmelodik in A-Dur.

Die Durchführung (Takt 143–207) lässt sich in folgende Abschnitte gliedern:

  • Takt 143–150: imitatorisch gearbeiteter Abschnitt mit aufwärts sequenziertem Motiv 1b, nur Streicher, A-Dur, Piano.
  • Takt 151–155: Forte-Einsatz in D-Dur, weiterhin Verarbeitung von Motiv 1b.
  • Takt 156–161: Zusätzlich zu Motiv 1b tritt Motiv 2 auf.
  • Takt 162–169: Motiv 2 und Motiv 4 werden gegeneinander gesetzt; zunächst (Takt 162) in fis-Moll beginnend, ab Takt 166 Wiederholung der Figur in e-Moll.
  • Takt 170–176: Zuspitzung durch zunehmende Verdichtung mit Motiv 4 und Aufwärts-Sequenzierung.
  • Takt 177–189 entsprechen Takt 59–71 und stellen eine Entladung der aufgebauten Spannung dar;
  • Takt 190–194: entspricht Takt 72–76.
  • Takt 195–207: Rückleitung zur Reprise: Orgelpunkt auf A-Dur (harmonisch ist A-Dur bereits ab Takt 187 dominant) mit Motiv 2 und einer fallenden Figur mit Vorhalten.

Die Unterschiede zwischen der in Takt 208 einsetzenden Reprise und der Exposition liegen u. a. im Auslassen des Tutti-Abschnittes entsprechend Takt 55 ff. und dem Fehlen des zweiten Einsatzes vom Hauptthema (Takt 72 ff.). Gleich zu Beginn der Reprise ist das A vom Themenbeginn zum Ais verschärft (entsprechend Takt 72), die Oboen-Gegenstimme in der Wiederholung des Themas enthält einen kurzen Dur-Moll-Kontrast (Takt 218/219) und die Schlussgruppe ist ausladender gestaltet (z. B. Tremolo der Violinen Takt 290 ff.).

Neben der Exposition werden auch Durchführung und Reprise wiederholt.[9]

Scherliess (2005)[1] hebt die abwechslungsreiche Kompositionstechnik des Satzes hervor: „Spielerische Grazie und strenge kontrapunktische Arbeit, polyphone Stimmführung und kantable Linie, „gelehrter“ und „galanter“ Stil stehen nebeneinander und sind ineinander verwoben – und das auf eine so organische, natürliche Weise, dass man es kaum beim bloßen Hören, sondern erst bei analytischem Betrachten merkt. Einstein (1953)[5] äußert sich ähnlich und fühlt sich beim ersten Thema an die Ouvertüre zur Zauberflöte erinnert.

2. Satz: Andante

G-Dur, 6/8-Takt, 148 Takte, Trompeten und Pauken schweigen
Zunächst tragen die Streicher eine sanfte, sangliche Melodie im Piano vor. Der chromatische Lauf am Ende von Takt 3 geht jedoch über den Zielton G hinaus bis zum E, fällt dann wieder zum G in Takt 5 hinab; das Thema wird nun mit chromatischen Einlagen unter Bläserbeteiligung wiederholt. In Takt 8 setzt ein neues, für den weiteren Satzverlauf wesentliches Unisono-Staccato-Achtelmotiv in den Streichern ein. Dieses Motiv wird ab Takt 10 ff. in der 1. Violine aufwärts sequenziert – unterlegt von einer Tremolo-Grundierung der übrigen Streicher. Mit fünf schweren Achtelschlägen auf E im Forte (Takt 18) kündigt sich eine Modulation nach e-Moll (Takt 19) an, die in einer folgenden Streicherkadenz über d-Moll, B-Dur (Takt 23 ff. mit einem neuen, sanglichen Motiv) und a-Moll / A-Dur führt.

Das zweite Thema in der Dominante D-Dur setzt in Takt 35 mit einer viertaktigen Figur in den Violinen über einem Orgelpunkt von Cello, Kontrabass, Fagott und Horn ein. Der Beginn der Schlussgruppe kann je nach Ansicht in Takt 45 mit dem Dialog zwischen Oboe / Fagott und den Streichern oder in Takt 54 mit Einsatz eines Motivs aus zwei Läufen und Tonwiederholung in der 1. Violine gesehen werden.

Der Beginn der Durchführung erfolgt nach der Wiederholung der Exposition ohne Pause mit einem „Überleitungstakt“ (Takt 58) und führt das Schlussmotiv von Takt 54 ff. weiter. Die eigentliche Verarbeitung von Material der Exposition beginnt in Takt 64 ff: Das erste Thema wird in verschiedenen Tonarten (C-Dur, d-Moll, e-Moll) vorgestellt, „gestört“ von einer Variante des Staccato-Achtelmotivs, bei dem die Bläser dissonante Einwürfe machen. Nach dem letzten Einsatz des ersten Themas in e-Moll folgt in Takt 83 ein polyphoner Abschnitt, bei dem das Achtelmotiv versetzt, in Gegenbewegung und chromatischen Änderungen (z. B. Takt 83: Gis statt G in der 1. Violine) auftritt. Ab Takt 90 beruhigt sich das Geschehen wieder, über Terzfiguren erfolgt die Überleitung zur Reprise.

Die Reprise (Takt 94 ff). weist im Unterschied zur Exposition u. a. zu Beginn keine Wiederholung des ersten Themas auf, die Tonhöhen sind z. T. leicht verändert (z. B. Takt 103: f und as statt fis und a), ebenso einige Harmonien. Die Takte 145 – 148 können als kleine Coda angesehen werden: Sie greifen nochmals das Achtelmotiv auf, das ein letztes Mal die Instrumente durchläuft. Der Satz endet mit dem Motiv im Bass und im Pianissimo. Durchführung und Reprise werden nicht wiederholt.

Exposition sowie Durchführung und Reprise werden je einmal wiederholt.

Einstein (1953)[5] sieht eine Verbindung dieses Satzes zur Arie „Dalla sua pace“, die Mozart für Don Ottavio zur Wiener Aufführung des Don Giovanni nachkomponiert habe: die ersten Takte seien fast identisch. Scherliess (2005)[1] sieht in den Bläsereinwürfen (z. B. Takt 18 und 73/74) einen „todernsten Charakter, wie Stimmen aus dem Jenseits.“ Kroyer (1931) meint dagegen: „Dass übrigens der Grundton des Andantes nicht gar so ernst gemeint ist, dass er jedenfalls nicht so dunkel ist, wie ihn die „dramatischen“ Akzente der Durchführung vortäuschen könnten, sagen uns die neckischen Schlussbestätigungen in der Exposition (Takt 54) und besonders in der Reprise (Takt 141 ff).“

3. Satz: Presto

D-Dur, 2/4-Takt, 350 Takte
Das erste Thema ist 16taktig und besteht aus zwei sich strukturell entsprechenden Achttaktern. In den ersten vier Takten jedes Achttakters tritt das Hauptmotiv auf, das sich durch den ganzen Satz zieht: drei Achtel (gebrochene Terz), diese Achtel sind auftaktig zu einer Halben Note. Die anderen vier Takte bestehen aus einem Pendeln zwischen Dominante und Tonika, wobei im ersten Fall (Takt 4–8) der Wechsel zwischen h-Moll und e-Moll stattfindet, im zweiten Fall (Takt 12–16) zwischen A-Dur und D-Dur. In Takt 17 setzt ein Forte-Tutti mit dem Hauptmotiv ein, das versetzt durch die Streicher geführt wird. Nach einem Halbschluss in Takt 30 auf A-Dur folgt ein zweiter Auftritt des ersten Themas, aber mit ganz anderer Klangfarbe: In d-Moll und nur von den Flöten und Oboen vorgetragen.

Der Überleitungsabschnitt (Takt 47–65; je nach Ansicht auch ab Takt 17) setzt in F-Dur ein, wieder mit dem Hauptmotiv in versetztem Einsatz ähnlich Takt 17 ff., und moduliert über d-Moll nach E-Dur, das als Dominante zum A-Dur des in Takt 66 einsetzenden zweiten Themas fungiert.

Der für das zweite Thema beanspruchte Raum ist ungewöhnlich lang (Takt 69–97). Das Thema besteht aus einem Sechzehntakter, der sich wiederum in viertaktige Untereinheiten gliedern lässt: vier Takte Vordersatz in den Streichern, dieser wird einmal höher gesetzt wiederholt, dann vier Takte Nachsatz in Flöte, Oboe und Fagott und vier Takte Schlussfigur der Streicher. Die Takte 82–97 stellen eine Wiederholung mit reicherer Instrumentierung dar. Das Motiv vom Vordersatz lässt sich aus der Figur von Takt 7/8 ableiten.

In Takt 95–109 kommt es zu einem dritten Auftritt des ersten Themas in A-Dur, gespielt von Flöte, Oboe und Fagott, allerdings mit einer Variante in der zweiten Hälfte des Achttakters. Takt 110–120 sind entsprechend Takt 17 ff. und Takt 47 ff. mit dem Hauptmotiv in versetztem Einsatz gestaltet. Ab Takt 120 tritt das Hauptmotiv dann versetzt in Oboe und Fagott ein, begleitet von Triolenläufen der 1. Violine. Die Schlussgruppe kann in Takt 130 ff. mit einem neuen Trillermotiv in den Violinen, Akkordmelodik und Tremolo auf A-Dur abgegrenzt werden. Auch hier ist das Hauptmotiv präsent. Die Exposition endet in Takt 151 und wird einmal wiederholt.

Der Durchführungsbeginn stellt einen Kontrast von jeweils vier Takten Forte-Tutti mit Tremolo und betontem Bass einerseits und den vier Takten des Beginns vom ersten Thema im Piano in Flöte, Oboe und Fagott andererseits dar. Takt 176 ff. ist entsprechend Takt 17 ff. strukturiert (Hauptmotiv in versetztem Einsatz). Die Takte 184–204 greifen die ersten vier Takte vom ersten Thema, beginnend auf G, wieder auf. Es folgen Modulationen und ein Wechsel von synkopischen (z. B. T 186 f.) und „taktkonformen“ (T 190 f.) Abstiegen (bezogen auf die letzten zwei Takte des Viertakters). Weitere Verdichtungen beschreibt Gersthofer (2007):[10] „… der Impuls der anspringenden Achtel ist anfangs bereits nach drei Takten wieder zu vernehmen (T. 185 und 188), das nächste Mal aber erst fünf Takte später (T.193). Sodann vergrößert Mozart im Verlauf der ersten beiden Viertakter (T. 184–191) kontinuierlich die thematische Intervallik: Oberstimme T. 184/185 g–d (Quinte); Unterstimme T. 185/186 g–e (Sexte), Unterstimme T. 188/189 d–c (Septim), Oberstimme T. 189/190 d–d (Oktav). Drittens bilden die langen Hochtöne der Oberstimme eine aufsteigende Linie in großen Sekunden, die Anfang, Mitte und Schluss der ganzen Entwicklung markiert: T. 185 d’’’ – T. 193 e’’’ – T. 201 fis’’’. All dies wirkt zusammen, um T. 184–206 zu einer der kompromisslosesten Passagen in der sinfonischen Literatur des späten 18. Jahrhunderts zu machen (…).“

Die Takte 207 ff. leiten zur Reprise über, die in Takt 216 mit dem ersten Thema einsetzt. Abweichungen zur Exposition ergeben sich u. a. dadurch, dass bereits in Takt 224 die Holzbläser melodieführend sind, wobei die Tonhöhen gegenüber Takt 9 um eine Quarte aufwärts transponiert sind. In Takt 228 „kracht ein Tutti-Block“[10] in g-Moll herein, ähnlich wie in der Durchführung z. B. in Takt 160 ff. Durchführung und Reprise werden einmal wiederholt.

Einstein (1953)[5] meint zu dem Satz: „Und das Finale ist einer jener seltsamen D-Dur Sätze Mozarts, die bei aller scheinbaren Heiterkeit und wirklichen Vollkommenheit eine Wunde in der Seele hinterlassen: mit der Schönheit verbunden ist der Tod.“ Scherliess (2005)[1] und Gersthofer (2007)[10] weisen auf Parallelen zwischen dem ersten Thema und dem Beginn des Duettino Susanna / Cherubino aus dem 2. Figaro-Akt hin. Scherliess (2005) hebt zudem die Instrumentation hervor, „insbesondere das Wechselspiel von Violinen und Holzbläsern, die dem Satz eine ätherische Farbigkeit verleihen.“

Allen Sätzen der Sinfonie ist gemeinsam, dass in der Durchführung das zweite Thema nicht auftritt.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Volker Scherliess: Die Sinfonien. In: Silke Leopold (Hrsg.): Mozart-Handbuch. Bärenreiter-Verlag, Kassel 2005, ISBN 3-7618-2021-6, S. 307–309
  2. Cliff Eisen: Symphonien. In: Howard Chandler Robbins Landon: Das Mozart-Kompendium: sein Leben – seine Musik. Droemer Knauer, München 1991, S. 292–300.
  3. Kroyer (1931) meint dagegen, der Figaro sei am 20. Januar aufgeführt worden.
  4. a b Theodor Kroyer: Mozart, Symphonie D-Dur (ohne Menuett). Vorwort zur Taschenpartitur der Sinfonie D-Dur KV 504 in der Eulenburg-Ausgabe (Band 446), London / Zürich ohne Jahresangabe (Vorwort von 1931)
  5. a b c d Alfred Einstein: Mozart – Sein Charakter, sein Werk. Pan-Verlag, Zürich und Stuttgart 1953.
  6. Kurt Pahlen: Sinfonie der Welt. Schweizer Verlagshaus AG, Zürich 1978 (Vorwort von 1966), 383 S.
  7. Neal Zaslaw: Mozart’s Symphonies. Context, Performance Practice, Reception. Claredon Press, Oxford 1989.
  8. siehe Literaturliste mit z. T. umfangreichen Analysen. Einen Interpretenvergleich von 24 Aufnahmen gibt Wolfgang Karallus: Zwischen Gehorsams- und Gestaltungsästhetik. Die „Prager“ Sinfonie KV 504 im Interpretenvergleich. In: Joachim Brügge, Claudia Maria Knispel (Hrsg.): Das Mozart-Handbuch, Band 1: Mozarts Orchesterwerke und Konzerte. Laaber-Verlag, Laaber 2007, ISBN 3-89007-461-8, S. 548–561.
  9. in vielen Einspielungen wird die letzte Wiederholung ausgelassen.
  10. a b c Wolfgang Gersthofer: Sinfonie D-Dur, KV 504 („Prager“). In: Joachim Brügge, Claudia Maria Knispel (Hrsg.): Das Mozart-Handbuch, Band 1: Mozarts Orchesterwerke und Konzerte. Laaber-Verlag, Laaber 2007, ISBN 3-89007-461-8, S. 77–93

Weblinks, Noten, Literatur

  • Sinfonie in D KV 504: Partitur und kritischer Bericht in der Neuen Mozart-Ausgabe
  • 38. Sinfonie (Mozart): Noten im International Music Score Library Project.
  • Wolfgang Amadeus Mozart: Symphony D major „Prague“. Ernst Eulenburg Ltd. Band 446, London / Zürich ohne Jahresangabe (Taschenpartitur, Vorwort von 1931).
  • W. Meves: Symphonies de W. A. Mozart. Collection Litolff No. 168. Henry Litolff’s Verlag, Braunschweig ohne Jahresangabe (ca. 1890, u. a. mit einer Fassung der Sinfonie KV 504 für Klavier zu 2 Händen)
  • E. R. Sisman: Genre, Gesture, and Meaning in Mozart’s “Prague” Symphony. In: Cliff Eisen (Hrsg.): Mozart Studies 2. Oxford 1997, S. 27–84 (diese Quelle wurde nicht für den vorliegenden Artikel ausgewertet).

Siehe auch


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