Oratorium (Kongregation)

Oratorium (Kongregation)
Gründer Philipp Neri (1515–1595)

Das Oratorium (Institutum Oratorii Sancti Philippi Nerii) ist eine 1575 durch Philipp Neri in Rom gegründete und durch Papst Gregor XIII. in der Bulle Copiosus in misericordia Deus bestätigte römisch-katholische Kongregation.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Das Oratorium traf sich in einem Raum bei der römischen Bruderschaftskirche San Girolamo della Carità, wo Philipp Neri wohnte. Diese Treffen hatten ihren Mittelpunkt in einem freien Schriftgespräch, was damals eine Neuerung darstellte. Philipp und seine jungen Anhänger kümmerten sich auch um bedürftige Pilger, Kranke und Arme. Die Zusammenkünfte dieser Gemeinschaft wurden im Unterschied zur auf Latein gefeierten Messe mit Gebeten und Gesängen in der Volkssprache sehr lebendig gestaltet und fanden bald großen Zulauf. Schließlich musste dafür ein eigener, größerer Raum eingerichtet werden – das Oratorium (dt. „Betsaal“). Die Treffen selbst wurden alsbald gleichfalls „Oratorium“ genannt und lange von der Inquisition misstrauisch beobachtet, da unter anderem Laien in den Zusammenkünften predigten. Von hier aus wurde die volkssprachliche, dramatische Vergegenwärtigung biblischer oder moralischer Themen populär und behielt den Namen Oratorium schließlich als musikalische Gattung. Da Giovanni Pierluigi da Palestrina ein Beichtkind Philipp Neris war, waren die musikalischen Darbietungen, die seit 1571 von ihm geleitet wurden, auf höchstem Niveau und weithin gerühmt.

Die Gemeinschaft des hl. Philipp Neri existiert heute in vielen Ländern. Sie hat sich besonders die Verlebendigung von Gottesdienst und Seelsorge zum Ziel gesetzt. Auch sie trägt den Namen Oratorium, die Mitglieder heißen Oratorianer. Sie sind Priester oder männliche Laien und betreuen meist Pfarreien. Die Mitglieder verwenden hinter ihrem Namen das Ordenskürzel „CO“ (für lat. Congregatio Orationis).

Die kirchenrechtliche Ordnung des Oratoriums

Am 15. Juli 1575 bestätigte der Papst das von Philipp Neri in Rom gegründete Oratorium als Kongregation in Form einer demokratischen und familiären Gemeinschaft von Laien und Diözesanpriestern ohne Gelübde und mit Privateigentum. Die bald in Neapel und anderen Orten entstandenen Neugründungen unterstanden jedoch nicht Philipp Neri, sondern nahmen nach dessen Willen eigene Regeln an und waren autonom, eine Form, die bis heute beibehalten wurde, weshalb die Kongregation des Oratoriums keinen Generaloberen kennt.

Seit 1612 gab es eine für das römische Oratorium geltende Grundregel (Instituta Congregationis Oratorii de Urbe), die auf päpstliche Weisung dann auch auf die anderen Kongregationen übertragen wurde. Erst 1933 wurde von der römischen Kurie die regelmäßige Visitation im Auftrag des Papstes festgelegt und eine Vertretung aller Oratorien in Person des Generalprokurators eingerichtet; dieser ist jedoch nicht als Generaloberer zu verstehen. Eine für alle verbindliche Ordnung wurde dann 1942 in den Konstitutionen (die die einzelne Kongregation betreffen) und den Generalstatuten (die die Konföderation aller Häuser weltweit betreffen) festgelegt. Diese Dokumente wurden 1969 überarbeitet. Nach der Reform des Kirchenrechts (Codex Iuris Canonici 1983) wurden sie erneut angepasst und 1989 in Kraft gesetzt. Seither gab es nur noch kleinere Ergänzungen und Präzisierungen, zuletzt auf dem Generalkongress 2006.

Generalprokuratoren

  • Carlo Naldi (1933 – 1942)
  • Arcadio Larraona (1942 – 1948)
  • Edward Griffith (1948 – 1958)
  • John Nedley (1958 – 1971)
  • Walter Oddone (1971 – 1978)
  • Luigi Romana (1978 – 1982)
  • Antonio Dario (1982 – 1994)
  • Edoardo Aldo Cerrato (1994 – ...)

Oratorien im deutschsprachigen Raum

Oratorien im deutschsprachigen Raum sind in Aachen, Celle, Dresden, Frankfurt am Main, Glattbrugg (Schweiz), Heidelberg, Hannover, Leipzig-Lindenau, München und Wien (Österreich) ansässig.

Bekannte Oratorianer

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Oratorium (Begriffsklärung) — Ein Oratorium (von lat. orare = „beten“) ist ursprünglich die lateinische Bezeichnung für das deutsche Wort Kapelle im Sinne von „Bethaus, saal“, siehe Oratorium (Architektur) die vom heiligen Philipp Neri gegründete Kongregation, siehe Oratorium …   Deutsch Wikipedia

  • Oratorium — (kirchenlat. oratorium = Bethaus, von lat. orare = „beten“) nennt man in der musikalischen Formenlehre die dramatische, mehrteilige Vertonung einer zumeist geistlichen Handlung, verteilt auf mehrere Personen, Chor und Orchester. Es ist eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Oratorium — Andachtsraum * * * Ora|to|ri|um 〈n.; s, ri|en〉 1. zum Beten bestimmter, mit Kruzifix u. Altar ausgestatteter Raum in Klöstern, Schlössern, Privathäusern 2. durch Fenster abgeschlossene Empore im Chor od. Langhaus einer Kirche (für Fürsten u. hohe …   Universal-Lexikon

  • Oratorium — O|ra|to|ri|um 〈n.; Gen.: s, Pl.: ri|en〉 1. Raum zum Beten, Hauskapelle 2. gemeinschaftl. Haus der Oratorianer 3. 〈Rel.〉 Kongregation für Priester u. Laien für seelsorger. u. erzieher. Tätigkeit 4. 〈Musik〉 mehrteilige, episch dramatische, geistl.… …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Oratorien — Oratorium (kirchenlat. oratorium = Bethaus, von lat. orare = „beten“) nennt man in der musikalischen Formenlehre die dramatische, mehrteilige Vertonung einer zumeist geistlichen Handlung, verteilt auf mehrere Personen, Chor und Orchester. Es ist… …   Deutsch Wikipedia

  • Ordenskürzel (katholisch) — A AA Pia Societas Presbyterorum ab Assumptione, Augustiniani ab Assumptione, Congregation des Augustines de l Assumption, Augustiner von der Himmelfahrt (Aufnahme) Mariens, Assumptionisten AD Ancillae Domini, Pauperes Ancillae Jesu Christi Arme… …   Deutsch Wikipedia

  • Filippo Neri — Philipp Neri Filippo Neri Der heilige Filippo Romolo Neri, de. Philipp, (* 21. Juli 1515 in Florenz; † 26. Mai 1595 in …   Deutsch Wikipedia

  • Seidenbusch — Johann Georg Seidenbusch (* 5. April 1641 in München; † 10. Dezember 1729 in Aufhausen) war eine prägende Person in der deutschen Kirchenlandschaft der Barockzeit. 1666 empfing er in seiner Heimatstadt die Priesterweihe. Sein Lebenswerk war das… …   Deutsch Wikipedia

  • Geistliche Orden — Francisco de Herrera der Ältere: Der Heilige Bonaventura tritt bei den Franziskanern ein (1628) Eine Ordensgemeinschaft (auch Orden, von lat. ordo: Ordnung, Stand) ist eine durch eine Ordensregel …   Deutsch Wikipedia

  • Katholische Orden — Francisco de Herrera der Ältere: Der Heilige Bonaventura tritt bei den Franziskanern ein (1628) Eine Ordensgemeinschaft (auch Orden, von lat. ordo: Ordnung, Stand) ist eine durch eine Ordensregel …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”