Fememorde in der Weimarer Republik

Fememorde in der Weimarer Republik

In den ersten Jahren der Weimarer Republik erschütterten eine Reihe von politischen Morden das Deutsche Reich, die auch als Fememorde bezeichnet werden. Dazu zählten neben den willkürlichen Tötungen während den Revolutions- und Nachrevolutionswirren von 1918/19 sowie den Anschlägen auf prominente Staatsmänner wie Matthias Erzberger 1921 oder Walther Rathenau 1922 auch der Mord an Karl Gareis, das versuchte Attentat auf Philipp Scheidemann, sowie weitere politische Morde und Mordversuche. Diese Attentate wurden von Mitgliedern von Untergrundbewegungen wie zum Beispiel der Organisation Consul begangen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Eine einheitliche Definition des Terminus existierte unter den Zeitgenossen nicht. Nach Auffassung des 27. Reichstagsausschusses „Feme-Organisationen und Fememorde“ aus dem Jahr 1926 lagen Fememorde vor, wenn eine Organisation - egal welcher politischer Richtung - oder einzelne ihrer Mitglieder beschlossen, eine Person umzubringen, weil sie Geheimnisse dieser Organisation oder einzelner Mitglieder verraten hatte oder verraten wollte. Fememorde werden somit eindeutig von den „Politischen Morden“ abgegrenzt. Die Definition des Reichstagsfemeausschusses bezog in ihre Definition ausdrücklich Femeverbrechen aller politischen Richtungen, mit ein, auch diejenigen von linksextremistischen Gruppierungen begannenen Taten, auch wenn sich seit 1923 der Begriff „Fememord“ zeitgenössisch auf die Verbrechen rechtsextremer Gruppen bezog.

Einordnung

Diese sogenannten Fememorde zielten somit auf die Beseitigung von Personen, die von Waffenlagern oder anderen Geheimnissen meist rechtsgerichteter Organisationen wussten oder diese anzeigten bzw. mit Verrat gedroht hatten. Von 1920 bis 1923 wurden in Oberschlesien, Ostpreußen, Brandenburg, Pommern, Mecklenburg und Bayern mindestens 23 Menschen von Angehörigen rechtsextremer Gruppen ermordet bzw. mit Tötungsabsicht überfallen. Allein in Bayern wurden in dieser Zeit sechs Femeverbrechen begangen. Nahezu alle Fememorde ereigneten sich in den unruhigen Anfangsjahren der Weimarer Republik, die 1923 ihren Höhepunkt erreichten, als galoppierende Inflation, Ruhrkampf, Hitlerputsch und separatistische Bestrebungen in einzelnen Teilen des Reiches das Land erschütterten.

Parlamentarische Beachtung

Die Fememorde beschäftigten während der Weimarer Zeit zwei Parlamente: 1920 setzte der Bayerische Landtag einen eigenen Untersuchungsausschuss ein, um das Femeverbrechen an dem Reichswehrsoldaten Hans Dobner zu untersuchen. Der Reichstag wollte in einem eigenen Reichstagsfemeausschuss 1926 diese Verbrechen und ihr Umfeld aufklären. Die polizeilichen und gerichtlichen Untersuchungen der Femeverbrechen verliefen schleppend und bestätigten das über die Weimarer Justiz weit verbreitete Urteil, auf dem rechten Auge blind zu sein.

Anzahl der Opfer

Insgesamt brachten rechtsradikale Attentäter bis 1924 mehr als 400 politische Gegner um.

Literatur

  • Irmela Nagel: Fememorde und Femeprozesse in der Weimarer Republik. Köln, Wien 1991.
  • Ulrike Claudia Hofmann: „Verräter verfallen der Feme!“ Fememorde in Bayern in den zwanziger Jahren. Köln 2000.
  • Ulrike Claudia Hofmann: Fememorde, in: Historisches Lexikon Bayerns [1]
  • Ulrike Claudia Hofmann: Politische Morde während der Weimarer Republik, in: Historisches Lexikon Bayerns [2]
  • Bernhard Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. Berlin, Metropol 2004.
  • Friedrich Felgen (Ps. f. Götz Otto Stoffregen): Femgericht, München, 1932.
  • Peter Zolling: "Deutsche Geschichte von 1871 bis zur Gegenwart" Carl Hanser Verlag München Wien 2005

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