- Orgel der Pfarrkirche Zur frohen Botschaft
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Die Orgel der Pfarrkirche Zur frohen Botschaft (auch Amalien-Orgel) in Berlin-Karlshorst ist eine 1755 von Johann Peter Migendt für Prinzessin Anna Amalie von Preußen erbaute Orgel. Sie verfügt über 22 Register auf zwei Manualen und Pedal.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Neubau durch Migendt 1755
Die Orgel wurde 1755 von Johann Peter Migendt und Ernst Julius Marx für Prinzessin Anna Amalie von Preußen für das Berliner Stadtschloss erbaut. Die Orgel war ein Geschenk ihres Bruders Friedrichs des Großen. Anna Amalie war Pflege und Erhalt der höfischen Musiktradition besonders wichtig. So erhielt sie Kompositionsunterricht beim Bachschüler Johann Philipp Kirnberger, stand in schriftlicher Korrespondenz mit Carl Philipp Emanuel Bach und schuf darüber hinaus den Grundstein einer umfangreichen Notenbibliothek von heute unschätzbarem Wert.
Überführungen 18.–20. Jahrhundert
1767 wurde die Orgel in das Palais Unter den Linden 7 überführt. 1788 gelangte das Instrument nach dem Tode Amalies als Schenkung von Prinz Ludwig von Preußen in die Schlosskirche in Berlin-Buch. Die Bekrönungen auf dem Prospekt wurden wegen der niedrigen Decke entfernt. Ende der 1930er Jahre stellte man fest, dass die Orgel für die Bucher Schlosskirche viel zu groß war. Die Orgel wurde an die St. Marien- und St. Nikolai-Gemeinde in Berlin-Mitte verkauft und sollte als Zweitinstrument in der Marienkirche aufgestellt werden, wozu es durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges aber nicht mehr kam. 1938–1939 wurde die Orgel abgebaut und von der Firma Schuke aus Potsdam nach gründlicher Untersuchung zum größten Teil in ihrer Werkstatt eingelagert. Der Prospekt mit den Pfeifen wurde in der Kirche St. Marien und zwischenzeitlich auch in der Berliner Münze eingelagert. 1956 wurde das Instrument der Kirchengemeinde Zur frohen Botschaft in Berlin-Karlshorst geschenkt, deren zuerst vorhandene Orgel verschwunden war.
Restaurierung durch Schuke 1959/60
1959/60 wurde das Instrument durch die Firma Schuke restauriert und in der Pfarrkirche Zur frohen Botschaft in Berlin-Karlshorst aufgestellt. Dabei griff Schuke in die Originalsubstanz ein und nahm eine Dispositionsänderung vor. Er ging davon aus, dass bis auf die Posaune 16′ alle Zungenstimmen im Laufe der Zeit ersetzt worden seien.[1] So erfolgte eine Verkürzung der Pfeifen und dadurch eine Erhöhung des Stimmtons.
Zwischen September 2009 und Dezember 2010 erfolgte durch die Orgelwerkstatt Wegscheider aus Dresden eine umfassende Restaurierung. Die erneuerte Orgel wurde am 10. Dezember 2010 eingeweiht.[2]
Besonderheiten
Trotz mehrerer Umsetzungen der Orgel im Verlauf ihrer mehr als 250-jährigen Geschichte sind alle wesentlichen Orgelbauteile erhalten. Die Orgel besitzt 22 klingende Register und hat einen für den Berliner Raum und ihre Erbauungszeit ungewöhnlichen Tastenumfang.
Disposition seit 1960
I Hauptwerk C–f3 Principal 8′ A/N Viola di Gamba 8′ A Bordun 16′ A/N[Anm. 1] Rohrflöte 8′ A Octave 4′ A Quine 3′ A Octave 2′ A Mixtur IV 11/3′ A Trompete 8′ N[Anm. 2] Oberwerk C-f3 Principal 4′ A/N Quintadena 8′ A Gedackt 8′ A/N[Anm. 3] Gedackt 4′ A Nassat 22/3′ A[Anm. 4] Waldflöte 2′ A Siffflöte 1′ A/N Vox Humana 8′ N[Anm. 5] Pedal C-d1 Subbass 16′ N[Anm. 6] Octavbass 8′ A/N[Anm. 7] Octavbass 4′ A Posaune 16′ A/N[Anm. 8] Trompete 8′ N[Anm. 9] - A = alt, aus Zinn
- N = neu
- Koppeln: Manualkoppel (als Gabelkoppel), Pedalkoppel.
- Spielhilfen:
- Tremulant
- Anmerkungen
- ↑ C bis cis Holz, neu; ab d Zinn, alt.
- ↑ Schuke 1960.
- ↑ C bis Dis Holz neu; Rest Zinn, alt.
- ↑ Bis h1 als Rohrflöte, danach offen.
- ↑ Schuke 1960.
- ↑ Holz.
- ↑ C-Fis Holz, neu; Rest Zinn, alt.
- ↑ Kehlen und Stiefel alt, Becher und Zungen neu.
- ↑ Schuke 1960.
Technische Daten
- 22 Register
- Prospekt:
- Windlade: Schleiflade
- Spieltisch(e):
- Spielschrank
- 2 Manuale
- Pedal
- Registerzüge
- Traktur:
- Tontrakur: Mechanisch
- Registertraktur: Mechanisch
- Stimmung:
- Höhe a1=440 Hz ab 1960. Original: Kammerton
- Art: Kirnberger-Stimmung III,2
Aufnahmen/Tonträger
- Die Orgel der Prinzessin Anna Amalia von Preußen. 1988, Eterna 7 25 093, LP (Roland Münch spielt Carl Philipp Emanuel Bach: Sonate g-Moll Wq 70,6).
- Konzerte für Orgel und Orchester. 2005, CD (Johannes Geffert und die Johann Christian Bach-Akademie spielen Orgelkonzerte von Carl Philipp Emanuel Bach; auf historischen Instrumenten).
Weblinks
Literatur
- Franz Bullmann (Herausgeber): Die Wiedergeburt einer Königin. Geschichte und Restaurierung der Amalien-Orgel in Berlin. Sandstein Verlag, Dresden 2010, ISBN 978-3-942422-16-1
Einzelnachweise
- ↑ Hans Joachim Schuke: Bericht über die denkmalswerte Orgel in der Kirche "Zur frohen Botschaft" in Berlin-Karlshorst (1962)
- ↑ Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde Lichtenberg mit Bericht zur Wiedereinweihung der Orgel
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