- Kirche Zur frohen Botschaft
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Die evangelische Pfarrkirche „Zur frohen Botschaft“ im Berliner Bezirk Lichtenberg, Ortsteil Karlshorst, 1910 eingeweiht, ist eine von drei Kirchen der am 1. September 2001 gebildeten Evangelischen Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde Lichtenberg. Sie steht auf einem gesonderten Platz zwischen Sinziger Straße, Königswinterstraße, Lahnsteiner Straße und Weseler Straße.
Inhaltsverzeichnis
Kurze Baugeschichte
Die 1895 gegründete Kolonie Karlshorst hatte viele Kirchenanhänger beiderlei Konfession, die anfänglich zur Friedrichsfelder Kirchengemeinde gehörten. Da der Weg zur dortigen Kirche ziemlich weit war, wurde den Gemeindemitgliedern gestattet, für ihre Gottesdienste den „Kaiserpavillon“ zu benutzen, der an der Hindernisrennbahn stand und bei Pferderennen den Kaiserlichen Majestäten als Empfangssalon diente.
Als die evangelische Kirchengemeinde Karlshorst am 1. Juli 1906 gegründet wurde, beschlossen die Mitglieder deshalb als eine vordringliche Aufgabe den Bau einer eigenen Kirche, wofür nach damaligem Recht auch ein eigener Friedhof vorhanden sein musste. Nachdem dies durch einen Kompromiss mit der Friedrichsfelder Gemeinde geklärt werden konnte, erhielten die Architekten Peter Jürgensen und Jürgen Bachmann, die danach auch die Entwürfe für das Rathaus Schöneberg lieferten, den Auftrag zur Planung. Sie entwarfen ein Backstein-Gebäude in freier Formgebung mit einer kleinen Anleihe an den mittelalterlichen gotischen Stil; die Grundsteinlegung konnte am 9. Mai 1909 erfolgen. Die Kirche, die keinen gesonderten Namen erhalten hatte, wurde am 8. Mai 1910 in Anwesenheit „Seiner Königlichen Hoheit“ August Wilhelm Prinz von Preußen eingeweiht, einschließlich dem nördlich und südöstlich angebauten Pfarr- und Küsterhaus im gleichen Stil. Noch im Herbst des Jahres 1910 konnten im Turm, dessen Glockengeschoss von einer dekorativ gemusterten Brüstung umgeben und gegenüber dem Turmgrundkörper leicht zurückgesetzt ist, drei Bronzeglocken installiert werden. Von den Glocken wurden zwei bereits im Mai 1917 zur Herstellung von Kriegsgerät eingeschmolzen, die kleinste Glocke wurde nach Triptis in Thüringen verkauft (diese wurde dann im Zweiten Weltkrieg ebenfalls eingeschmolzen). Der 56 m hohe Turm wird von einem achteckigen kupfergedeckten Spitzhelm bekrönt. Von der Höhe des Glockengeschosses bietet sich ein weiter Blick über Karlshorst tw. bis zu den Müggelbergen.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges sammelte die Gemeinde Spenden für den Guss neuer Glocken: für 102.000 Mark stellte die Firma Ullrich und Wente in Bockenem am Harz drei neue Glocken aus Stahl her. Die Einweihung der neuen Glocken erfolgte bei einem Festgottesdienst am 19. März 1922. Die Glocken enthalten je ein kurzes eingraviertes Gebet Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und Den Menschen ein Wohlgefallen und so rufen sie die Gläubigen zu den Kirchenfeiertagen, zu Taufen und Beisetzungen oder verkünden einfach nur den Ablauf der Zeit. – Das Geläut ist mit der nahe gelegenen katholischen Kirche St. Marien melodisch abgestimmt.
Im Jahre 1924 hatte sich an dieser Kirche ein kirchlicher Hilfsverein gegründet, der ein breites soziales Engagement zum Ziel hatte: ein Kinderhort (am Hönower Wiesenweg) und eine Suppenküche konnten eingerichtet sowie ein Hilfsdienst für Kriegsverwundete angeboten werden.
Während der Zeit des Nationalsozialismus blieb auch diese Kirche von dem allgemeinen Trend nicht verschont: der Kirchenraum wurde mit Hakenkreuzfahnen geschmückt, auch Massentrauungen für SA-Angehörige mussten vorgenommen werden. Doch die Kirchengemeinde widersetzte sich bald dieser Entwicklung: Pastor Martin Niemöller hielt hier Andachten, 1940 wurde sogar ein Jude getauft; der Pfarrer hatte entsprechende Restriktionen zu erdulden.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gotteshaus schwer beschädigt, es konnte danach nicht wieder hergerichtet werden, weil das Kirchengelände auf dem Territorium lag, das die Sowjetische Armee als Standort für ihre Militäradministration in Deutschland abgesperrt hatte. Das Haus diente nun als Speicher und Pferdestall, wurde aber nicht mutwillig zerstört. Als die deutsche Kirchengemeinde 1955 die Gebäude (Gotteshaus mit Pfarr- und Küsterhaus sowie den Kindergarten) zurück erhielt, wurde durch den Einsatz von vielen jugendlichen Freiwilligen aus 4 Ländern im Rahmen eines ökumenischen Aufbaulagers, als Vorläufer der „Aktion Sühnezeichen“, umgehend das Dach repariert, wenig später die Empore, die Fenster und der Fußboden. Am 15. Juni 1956 konnte Bischof Otto Dibelius die Kirche wieder weihen, sie erhielt nun den Namen „Zur frohen Botschaft“.
Bald nach der politischen Wende in der DDR, 1991 und 1993/1994, erfolgten umfassende Reparaturen und Sanierungsarbeiten, von der Turmbefestigung über den Einbau einer Fußbodenheizung, die Säuberung der Fenster sowie entsprechende Malerarbeiten. Ein feierlicher Gottesdienst am 1. Advent 1994 verkündete den Abschluss der Erneuerung.
Das Interieur
Der Vorraum zur Kirche wird für Gottesdienste im kleinsten Kreis, aber auch für Musikabende (ein Cembalo ist vorhanden) oder als Familientreff mit Kaffeeausschank genutzt.
Kirchenraum mit Altar
Der große Kirchenraum wird von einem einfachen Gewölbe überspannt, an der Decke hängen zwei eiserne Kronleuchter in Form einer Dornenkrone.
Ein Altarbild als Wandteppich in den Farben rot/weiß zeigt biblische Szenen. Den Altartisch ziert ein Antipendium (Front-Altartuch), das von einem Mitglied der Gemeinde gestickt wurde. Ein metallenes Altarkreuz, ein Taufstein mit kupferner Taufschale sowie eine moderne Holzbildarbeit „Christus mit der Dornenkrone“, die ein Geschenk der ungarischen Partnergemeinde ist, schmücken den querrechteckigen Chor mit Tonnenwölbung.
Die Fenster im Chorraum sind moderne farbige Glasarbeiten und illustrieren die Themen „Wasser“ (linke Seite) und „Brot“ (rechte Seite).
Im Kircheninneren findet man außerdem Erinnerungstafeln an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges aus dieser Gemeinde. Die folgenden Bilder zeigen den Altar-Wandteppich, den Taufstein, einen Kron(en)leuchter und ein figürliches Säulenkapitell:
Orgel
In dem Kirchenbau von 1910 war eine Orgel der Firma Wilhelm Sauer aus Frankfurt (Oder) mit 32 Registern in zwei Manualen eingebaut. Während der nichtkirchlichen Benutzung des Gotteshauses zwischen 1945 und 1955 wurde die Orgel irgendwann abgebaut, ihr Verbleib ist nicht aufgeklärt. So war es nach der Rückgabe der Kirche an die Gemeinde erforderlich, eine neue Orgel zu beschaffen. Es stellte sich als Glücksfall heraus, dass ein „kirchenloses“ Musikinstrument aufgefunden wurde, bei dem es sich um ein Werk des Orgelbaumeisters Johann Peter Migendt handelte, das dieser 1755/1756 für die Prinzessin Anna Amalia von Preußen gebaut hatte. Dieses als Amalien-Orgel bekannte Instrument kam nach der Fertigstellung zunächst in das Berliner Stadtschloss und zwölf Jahre später ins Prinzessinnenpalais Unter den Linden, dann 1788 als Schenkung in die Schlosskirche nach Wendisch-Buch (heute Berlin-Buch), wo sie bis 1934 stand und fast in Vergessenheit geraten war. Die Pläne einer Versetzung in die Berliner Nikolaikirche, weswegen eine Renovierung bei der Firma Schuke in Auftrag gegeben worden war, kamen wegen des Krieges nicht zur Ausführung. Eine mehrfache Umsetzung des Instrumentes im Berliner Stadtzentrum (Münze, St.-Marienkirche) rettete es vor der Zerstörung. Die Kirchengemeinde Karlshorst bekam nun diese gut erhaltene barocke Orgel geschenkt und installierte sie auf der Empore, am 19. Juni 1960 konnte die Orgelweihe vorgenommen werden. Das Instrument ist Berlins älteste Orgel und deshalb auch häufig das Ziel interessierter Touristen. Für Freunde der Kirchenmusik werden an der Amalien-Orgel Konzerte mit namhaften Organisten durchgeführt, seit Ostern 2002 gibt es ein gesondertes Gästebuch für die Orgel-Besucher.
Das Gemeindehaus
Im Zusammenhang mit den verstärkten sozialen Aktivitäten der Karlshorster Kirchengemeinde wurde ein eigenes Gemeindehaus notwendig. Dazu kaufte der Kirchenvorstand 1925 für 110.000 Reichsmark das sogenannte Fürstenhaus in der Eginhardstraße, ein 1894 gebautes Privathaus, und ließ es umgestalten. Der recht trutzig wirkende Bau erhielt den Namen Wartburg. Hier wurde 1927 auf Initiative des Pfarrers auch eine gut bestückte und genutzte „Evangelische Volksbücherei“ eröffnet.
Weil am Ende des Krieges die SS in diesem Haus Waffen und Munition lagerte, ließen die Verantwortlichen der Sowjetarmee das gesamte Gebäude 1945 sprengen.
Da das eigentliche Gotteshaus seit 1945 nicht nutzbar war, beschloss der Gemeindekirchenrat 1948 einen vereinfachten Wiederaufbau des Gemeindehauses, um es für Gottesdienste zu nutzen; der Bau konnte 1951 abgeschlossen werden.
Nach erfolgter Wiederinbetriebnahme des Kirchengebäudes in der Weseler Straße fanden nun das kirchliche Verwaltungsamt und ab 1976 die „Superintendantur Lichtenberg“ im Gemeindehaus Unterkunft. Die hohen Räume des Hauses wurden 1984/1985 durch Einziehen einer Zwischendecke geteilt, sodass ab diesem Zeitpunkt der evangelische Kindergarten seine Heimstatt hier hatte. Nach 1990 wurde das Gebäude dem Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz übertragen und zu einer Seniorenwohnanlage umgestaltet.
Das kirchliche Verwaltungsamt nutzt (mit dem der Glaubenskirche und dem der Kirche Zum guten Hirten) nun die Räume in der Lichtenberger Schottstraße.
Als neues Gemeindehaus wurde 2003 eine zweigeschossige Villa in der Lehndorfstraße ausgebaut und erhielt 2006 den Namen Lothar-Kreyssig-Haus. Für die vielfältigen Aktivitäten der Gemeinde am Standort Karlshorst wird außerdem das Küsterhaus als Gemeindebüro genutzt. Man organisiert regelmäßig eine Tafel, Kinder-, Jugend- und Seniorentreffs, Straßenfeste und weitere thematische Veranstaltungen (Frauenkreis, Männerkreis, Bläserkreis u.a.).
Partnergemeinden
Bereits vor 1990 wurden Kontakte der Kirchengemeinde angebahnt, mit christlichen Gemeinden folgender Städte oder Bezirke bestehen Partnerschaftsvereinbarungen: Kosd-Tahitótfalu (Ungarn), Stadtteil Volmerdingsen von Bad Oeynhausen, Waldshut, Ahrensburg, Berlin-Steglitz, Ortsteil Berlin-Lichterfelde: Johannes-Gemeinde, Herford, Wierden (Niederlande), Bennekom (Niederlande) (Stand November 2007).
Quellen
- Festschrift 1995, Verlag Bock & Kübler, im Bestand des Heimatmuseums Lichtenberg
- Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Hauptstadt Berlin II, Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag, 1987
- Jan Feustel Spaziergänge in Lichtenberg, Verlag Haude und Spener, 1996, ISBN 3-7759-0409-3
- Flyer Kirche Zur Frohen Botschaft, 2007
Weblinks
52.48527777777813.528333333333Koordinaten: 52° 29′ 7″ N, 13° 31′ 42″ O
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