- Ovarialkarzinom
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Klassifikation nach ICD-10 C56 Bösartige Neubildung des Ovars ICD-10 online (WHO-Version 2011) Das Ovarialkarzinom oder Eierstockkrebs ist eine bösartige Erkrankung der Eierstöcke. Es ist nach dem Endometrium- und dem Zervixkarzinom das dritthäufigste Genitalmalignom der Frau in der westlichen Welt und hat eine schlechtere Prognose.
Inhaltsverzeichnis
Epidemiologie
Jährlich erkranken etwa 9.000 Frauen in Deutschland mit durchschnittlich etwa 65 Jahren, aber auch jüngere Frauen sind betroffen. Die Erkrankung tritt familiär gehäuft auf. Die beiden Gene BRCA1 und BRCA2 spielen eine Rolle (wie beim Brustkrebs). Kinderlose und Spätgebärende haben gegenüber der Normalbevölkerung ein 2,5-fach erhöhtes Risiko daran zu erkranken. Orale Kontrazeptiva und häufige Schwangerschaften sind hingegen protektive Faktoren, da hierdurch die Eierstöcke „ruhiggestellt“ werden.
Möglicherweise kann Sonnenmangel und nachfolgender Vitamin-D-Mangel das Ovarialkrebsrisiko steigern.[1]
Ursachen
Als Auslöser für diese Tumorart sind zahlreiche über das gesamte Genom verteilte und verschiedenartige Mutationen wie Vervielfältigungen und Verluste von Chromosomenabschnitten in den beteiligten Zellen festgestellt.[2]
Symptome
Die Symptome sind oft unspezifisch, wie z. B. gastrointestinale Beschwerden, Leistungsminderung oder Blutungsstörungen, sodass die Tumoren vergleichsweise spät erkannt werden. In 25 % der Fälle wird über genitale Blutungen berichtet. Es existieren keine anerkannten Methoden zur Früherkennung. Für ein jährliches Screening mittels transvaginalem Ultraschall und CA-125-Bestimmung gibt es auch in der Hochrisikosituation keine Evidenz
Diagnostik
Wegweisend sind beim Ovarialkarzinom der vaginale Ultraschall, bei dem ein vergrößertes Ovar festgestellt werden kann und die Bestimmung von CA-125 und CA 19-9. Im Anschluss kann vertiefend eine Computertomographie oder ein MRT hilfreich sein. (auch zur OP-Planung) Von Tumorpunktionen wird abgeraten, da es hierdurch zu einer Tumoraussaat kommen kann.
Pathologie
Ovarialkarzinome gehen definitionsgemäß vom Epithelgewebe der Eierstöcke aus:
- Seröses-papilläres Zystadenokarzinom (40 % der Ovarialmalignome)
- endometroides Karzinom (20 %)
- Muzinöses Zystadenokarzinom (10 %)
- Klarzellkarzinom (5 %)
- Solides Ovarialkarzinom (selten)
Daneben gibt es gutartige Tumoren des Epithels, welche nicht zu den Karzinomen zählen, jedoch Vorstufen zu bösartigen Neubildungen darstellen können. Die Wahrscheinlichkeit einer malignen Entartung ist individuell sehr unterschiedlich.
- Seröses Zystadenom (30 %)
- Muzinöses Zystadenom (15 %)
- Endometrioide Tumoren (5 %)
- Brenner-Tumor (2 %)
- Adenomatoidtumor (sehr selten)
- Zystadenofibrom
Die Liste enthält nur solche Tumoren, die histologisch dem Epithel entstammen. Daneben finden sich in den Eierstöcken jedoch auch gut- und bösartige Neubildungen anderer Herkunft. Hierzu gehören Tumoren des sexuell differenzierten und nichtdifferenzierten Gonadenmesenchyms, sowie Keimzelltumoren (Teratom und Gonadoblastom).
Der Eierstock kann auch Metastasierungsziel anderer Tumoren sein. So sind 10 % aller Ovarialtumoren metastatische Tumoren. Am häufigsten finden sich darunter Tumoren des Verdauungstrakts (30 bis 70 %), wie der Krukenberg-Tumor (Metastase eines Magenkarzinoms), Tumoren der Brust (10 bis 30 %) und des Uterus (ebenfalls 10 bis 30 %). Der Tumormarker CA-125 gehört v. a. zum serösen, CA 19-9 zum muzinösen Ovarialkarzinom. Ein relevanter Tumormarker ist auch CA 72-4.
Stadien
Die Stadien der FIGO-Klassifikation entsprechen beim Ovarialkarzinom praktisch dem 'T'-Wert der TNM-Klassifikation.
Stadien nach TNM-Klassifikation und FIGO (Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique):[3][4]
TNM FIGO Kriterien T1 I Tumor begrenzt auf Ovarien 1a IA - Tumor auf ein Ovar begrenzt
- Kapsel intakt
- kein Tumor auf der Oberfläche des Ovars
1b IB - Tumor auf beide Ovarien begrenzt
- Kapsel intakt
- kein Tumor auf der Oberfläche beider Ovarien
1c IC - Tumor begrenzt auf ein oder beide Ovarien
- Kapselruptur
- Tumor auf der Oberfläche oder Tumorzellen im Aszites oder der Peritonealspülflüssigkeit
T2 II Tumor befällt ein oder beide Ovarien und breitet sich im Becken aus 2a IIA Ausbreitung auf und/oder Implantate an Gebärmutter und/oder Eileiter 2b IIB Ausbreitung auf andere Beckengewebe 2c IIC - Ausbreitung im Becken (2a oder 2b)
- Tumorzellen im Aszites oder der Peritonealspülflüssigkeit
T3 III - Tumor befällt ein oder beide Ovarien
- histologisch nachgewiesene Peritonealmetastasen außerhalb des Beckens und/oder regionäre Lymphknotenmetastasen
3a IIIA mikroskopische Peritonealmetastasen jenseits des Beckens 3b IIIB - makroskopische Peritonealmetastasen jenseits des Beckens
- größte Ausdehnung ≤ 2cm
3c IIIC - Peritonealmetastasen jenseits des Beckens
- größte Ausdehnung > 2 cm
- und/oder regionäre Lymphknotenmetastasen
Nx Es kann keine Aussage zu regionären Lymphknotenmetastasen getroffen werden. N0 Keine Metastasen in den regionären Lymphknoten. N1 Metastasen in den regionären Lymphknoten. M0 Keine Fernmetastasen nachweisbar. M1 IV Der Tumor hat Fernmetastasen gebildet. (ausgenommen Peritonealmetastasen) Nach neuen genetischen Untersuchungen lässt sich das Ovarialkarzinom im fortgeschrittenen Stadium auf Grund des abweichenden Musters von Genaktivitäten der Tumorzellen in vier unterschiedliche Subtypen aufteilen. Ein nunmehr für diese Tumorart vorligender „Krebs-Genom-Atlas“ soll künftig auf den jeweiligen Suptyp zugeschnittene, individualisierte Therapien ermöglichen.[2]
Therapie
Für die Prognose des Ovarialkarzinoms ist die Radikalität der Tumorreduktion bei der Erstoperation von entscheidender Bedeutung. Es wird eine Staging-Operation durchgeführt. Das bedeutet, dass der komplette Bauchraum während der Operation abgesucht wird. Nach einer medianen Laparatomie (Bauchhöhlenlängsschnitt) werden beide Adnexe (Eileiter), der Uterus, das große Netz sowie die iliakalen und paraaortalen Lymphknoten entfernt. Es werden Biopsien an allen auffälligen Stellen und aus dem Peritoneum entnommen und ein Spülzytologie gemacht. Ziel ist die Entfernung aller makroskopisch sichtbaren Tumormanifestationen. Dieses Vorgehen soll ein möglichst genaues Staging ermöglichen und über eine adjuvante Chemotherapie entscheiden. Mit Ausnahme des Stadiums Ia (Kapsel ist intakt) muss immer eine anschließende Polychemotherapie (z.B. Cisplatin/Paclitaxel oder Carboplatin/Cyclophosphamid) erfolgen. Bei jungen Frauen mit Kinderwunsch ist im Stadium Ia eine einseitige Resektion von Ovar und Tube möglich. Die Ansprechrate auf hormonelle Therapien und Strahlentherapie ist gering.
Bei einem Neuauftreten eines Ovarialkarzinoms muss man zwischen Früh- und Spätrezidiv unterscheiden. Handelt es sich um primär Platin-sensible Tumoren kann man auch beim Rezidiv mit platinhaltigen Zytostatika therapieren (z.B. Cisplatin/Treosulfan). Beim Platin-resistenten Tumor ist eine Monotherapie mit Gemcitabin, Topotecan oder liposomalem Doxorubicin möglich.
Prognose
Entscheidend für die Prognose sind das Tumorstadium, die Histologie und vor allem die Größe des nach der Operation verbliebenen Tumorrestes. Insgesamt ist die Prognose des Ovarialkarzinoms mit einer 5-Jahres-Überlebenrate (5-JÜR) von 30–40% schlecht. Grund hierfür ist vor allem die meist späte Diagnosestellung und das hohe Rezidivrisiko.
Stadium 5-JÜR FIGO I 80% FIGO II 60% FIGO III 23% FIGO IV 14% Literatur
- S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie maligner Ovarialtumoren, AWMF-Registernummer 032/035 (online: Volltext), Stand 05/2007
- Burges, Alexander; Schmalfeldt, Barbara: Ovarialkarzinom: Diagnostik und Therapie. In: Dtsch Arztebl Int. Nr. 108(38), 2011, S. 635-41 (Übersichtsarbeit).
Weblinks
- www.eierstock-krebs.de: Informationen für Patientinnen und Angehörige
- Ovarialkarzinom auf gynonko.at (gynäko-onkologische Team der Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Allgemeinen Krankenhaus (AKH) in Wien)
Einzelnachweise
- ↑ Sonnenmangel fördert Krebs!, 42. Jg., Nr. 23, 8. Juni 2007, S. 21
- ↑ a b D. Bell et al.: Integrated genomic analyses of ovarian carcinoma. Nature, 30 Juni 2011, Nr. 474, S. 609–615, doi:10.1038/nature10166
- ↑ L. H. Sobin, M. K. Gospodarowicz, Ch. Wittekind: UICC: TNM classification of malignant tumors. 7th edition, Wiley-Blackwell, Oxford 2009, ISBN 978-1-4443-3241-4 Änderungen zur 6. Auflage online (PDF-Dokument; 1,9 Mb)
- ↑ * Ch. Wittekind, H.-J. Meyer: TNM Klassifikation maligner Tumoren. 7. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2010, ISBN 978-3-527-32759-1
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