- P-26 (Geheimarmee)
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Die P-26 (Projekt 26) war eine geheime Widerstandsorganisation der Schweiz, ähnlich den Stay-Behind-Organisationen anderer Länder, wie z. B. die Gladio der NATO, zu welcher allerdings keine direkten Verbindungen nachgewiesen wurden.
Inhaltsverzeichnis
Gründung
Während des Kalten Krieges beschloss man, in der Schweizer Armee einen Spezialdienst aufzubauen, um im Besetzungsfalle Informationen über die Innere Lage zu beschaffen. Später wurde die verdeckte Nachrichtenorganisation zu einer Widerstandsorganisation ausgebaut. Dafür wurden Militärs nach Großbritannien geschickt, um dort Sabotagetechniken zu erlernen. Nach der Affäre Schilling-Bachmann wurden die Geheimen Dienste reorganisiert und in P-26 und P-27 umbenannt. Bei der P-26 handelte es sich um eine Kaderorganisation, welche für den Besetzungsfall die Aufgabe gehabt hätte, auf Befehl der militärischen Führung hin, die eigentliche Widerstandsarmee erst aus jüngeren Jahrgängen zu rekrutieren und auszubilden. Um die Keimzellen für eine spätere Widerstandsarmee zu bilden, wurden die geeigneten Kader und Spezialisten rekrutiert, das nötige Spezialmaterial eingelagert sowie die notwendige Infrastruktur im In- und Ausland geschaffen. Ob die P-26 auch für den Fall eines Umsturzes von innen hätte aktiviert werden können, ist umstritten.
Legaler Status
Die P-26 wurde ohne Wissen des Parlaments gegründet, jedoch ausschliesslich mit staatlichen Mitteln finanziert. Dennoch war die P-26 entgegen vielen Meinungen eine legale Organisation. Es gab einen aus Bundesparlamentariern bestehenden konspirativen Beirat („Gruppe 426“). Teile der Schweizer Öffentlichkeit reagierten empört, als bekannt wurde, dass illegal Waffendepots angelegt und Personen für den Guerillakampf ausgebildet worden waren.
Aufdeckung
Die Existenz der P-26 wurde 1990 von der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK-EMD) zur Fichenaffäre aufgedeckt. Der selbsternannte Zeuge Oberstleutnant Herbert Alboth, ein früheres Mitglied des Spezialdienstes, eines geheimen Armeestabsteils der Untergruppe Nachrichtendienst und Abwehr (UNA), bot der Kommission an, die "ganze Wahrheit" aufzudecken. Er wurde kurz vor seiner Aussage tot in seiner Berner Wohnung aufgefunden, erstochen mit dem eigenen Armee-Bajonett. Die sichergestellten geheimen Unterlagen (alte Schulungs- und Kursunterlagen, Adresslisten von Ehemaligen des Spezialdienstes etc.), für die die unbekannten Täter keinerlei Interesse gezeigt hatten, sowie weitere Tatbestände sprachen gegen die Annahme eines Zusammenhanges zwischen der Tat und der ehemaligen Tätigkeit des Opfers. Die Untersuchungsbehörde vermutete ein Beziehungsdelikt. Alboth war kein Mitglied der P-26.
Der offizielle Untersuchungsbericht (Cornu-Bericht) wurde nur in gekürzter Fassung veröffentlicht. Die komplette Version ist bis heute geheim, weil die Veröffentlichung „die guten Beziehungen der Schweiz zu anderen Staaten gefährden würde“. Sie könnte eventuell über die Verbindung der P-26 zu anderen Stay-Behind-Organisationen Aufschluss geben. Im März 2005 reichte Nationalrat Josef Lang eine Motion zur Veröffentlichung des kompletten Berichts ein, der mit Hinweis auf die immer noch geltenden Geheimhaltungsvorschriften im Juni 2005 vom Bundesrat zur Ablehnung empfohlen wurde (siehe Weblinks). Die Motion Lang wurde im Parlament bisher noch nicht behandelt.
Zusammenhang mit Gladio
Gemäß dem Untersuchungsbericht von 1991 kooperierte die P-26 nicht mit der CIA und der NATO, wie die anderen europäischen stay-behind-Netzwerke (siehe Gladio), sondern nur mit dem britischen Nachrichtendienst Secret Intelligence Service (MI6) und dem Special Air Service (SAS). Die P-26 wird daher nicht als direkt mit dem NATO-Netzwerk verbunden angesehen; dies hätte auch einen eklatanten Verstoß gegen die Neutralität der Schweiz dargestellt.[1] Indirekt gab es allerdings laut dem Historiker Daniele Ganser deutliche Zusammenhänge zwischen der Schweizer Geheimarmee und denen der NATO-Staaten:[1]
„Die Schweiz hatte aber sehr enge Verbindungen zum britischen Nachrichtendienst Secret Intelligence Service (MI6). Die Schweizer trainierten in England, richteten in London eine Funkübermittlungszentrale ein und verwendeten das Harpoon-Funksystem der Nato-Geheimarmeen. Mit dieser engen Verbindung nach London hatte die P-26 natürlich auch direkten Kontakt zur Geheimarmee-Leitstelle; sie war so also indirekt durchaus integriert.“
Leitung
Wer Chef der P-26 war, ist bis heute unbekannt. Offiziell war es Generalstabsoberst Efrem Cattelan. Daran bestanden von Anfang an Zweifel. Die P-26 kooperierte eng mit anderen Geheimorganisationen, insbesondere dem britischen MI6. Cattelan aber sprach kaum Englisch, und seine Auslandsreisen beschränkten sich angeblich auf Thailand. Diese Zweifel werden ihrerseits jedoch durch die Aussage Cattelans in Zweifel gezogen, demnach er noch nie in Thailand gewesen sei.[2]
Verweise
Weblinks
- Essay des Historikers Daniele Ganser über die mögliche Einbindung der P-26 in die NATO-Geheimarmeen
- Überblick zu den NATO-Geheimarmeen und der P26
- Antrag des Schweizer Nationalrats Josef Lang auf Veröffentlichung des kompletten Untersuchungsberichts vom März 2005
Einzelnachweise
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