Paul Nikolaus Cossmann

Paul Nikolaus Cossmann

Paul Nikolaus Cossmann (* 6. April 1869 in Baden-Baden; † 19. Oktober 1942 im KZ Theresienstadt) war ein deutscher politischer Schriftsteller und Redakteur.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Cossmann wurde 1869 als Sohn des jüdischen Cellisten Bernhard Cossmann geboren. 1905 konvertierte er zum Christentum und ließ sich katholisch taufen.[1] Ab 1887 studierte er in Berlin. Nach dem Ende seiner Studien ließ er sich 1893 als Privatgelehrter in München nieder, wo er freundschaftliche Bande zu zahlreichen Geistesgrößen der Bayernmetropole wie Oswald Spengler und Hauenstein knüpfte.

Seit 1903 fungierte Cossmann als Herausgeber der von ihm mitbegründeten „Süddeutschen Monatshefte“, eine Tätigkeit die er bis ins Jahr 1933 ausüben sollte. Daneben steuerte er Artikel für die Münchener Neuesten Nachrichten bei. Politisch stand er in der Zeit des Kaiserreiches nationalliberalen Positionen nahe.

Während des Ersten Weltkriegs wandte sich Cossmann unter dem Einfluss der Kriegspropaganda von seinen früheren liberalen Überzeugungen ab, um sich mit der Zeit immer weiter radikalisierende, konservativ-monarchistische Anschauungen zu vertreten. Nach der deutschen Kriegsniederlage im Herbst 1918 und dem Zusammenbruch der Monarchie trat Cossmann bald als einer der energischsten publizistischen Verfechter der Dolchstoßlegende in Erscheinung. Diese, historisch heute als widerlegt geltende, in der Zeit von 1919 bis 1945 weithin verbreitete, Behauptung besagte, dass die deutsche Kriegsniederlage nicht die Folge einer militärischen Unterlegenheit des Deutschen Reiches seinen Gegnern gegenüber gewesen sei, sondern durch den Verrat von heimtückischen - vornehmlich sozialdemokratisch-kommunistisch-jüdischen – Kräften in der Heimat herbeigeführt worden sei, die dem unbesiegten Heer in den Rücken gefallen seien: also durch die Opposition im Reichstag und durch den Streik der Arbeiter 1917 in den Munitionsfabriken.

Während der Zeit der Weimarer Republik trat Cossmann als einer der schärfsten Kritiker der Kriegsschuldthese, des Friedensvertrages von Versailles wie der Staatsform der demokratischen Republik überhaupt auf. Niewyk weist in seiner Studie zum Judentum in der Weimarer Republik mit besonderer Betonung auf den Umstand hin, dass Cossmann der einzige prominente deutsche Jude der Weimarer Zeit war, der sich auf die Seite der radikalen Gegner der Republik von rechts stellte. Außerdem vermerkt er das paradoxe Phänomen, dass Cossmann trotz seiner jüdischen Abstammung antisemitische Auffassungen vertrat, also die Ausnahmeerscheinung eines jüdischen Antisemiten darstellte.[2]

Für reichsweites Aufsehen sorgte der Dolchstoßprozess vom Oktober/ November 1925, in dessen Mittelpunkt Cossmann und der sozialdemokratische Journalist Martin Gruber standen: Gruber hatte die von Cossmann in den Süddeutschen Monatsheften verbreitete These von der deutschen Kriegsniederlage infolge von Verrat durch die Heimat in einem Zeitungsartikel als „Geschichtsverfälschung“ attackiert, woraufhin Cossmann Gruber wegen Beleidigung verklagte. In dem Verfahren, das sich zu einer Generaldebatte über die Gründe der Kriegsniederlage von 1918 ausweitete, wurde Gruber für schuldig befunden und mit einer Geldbuße von 3.000 Reichsmark belegt.

Hitler und den Nationalsozialismus lehnte Cossmann aufgrund seiner katholischen Überzeugungen strikt ab. In den späten 1920er und frühen 1930er Jahren unterstützte er den publizistischen Kampf der Münchener Neuesten Nachrichten gegen die aufstrebende NSDAP. In den ersten Monaten nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Berlin strebte Cossmann danach, einer regionalen Machtergreifung in Bayern durch eine Rückkehr zur monarchistischen Verfassung unter einem als König eingesetzten Kronprinzen Rupprecht, den Riegel vorzuschieben. Dieser Plan zerschlug sich durch die staatsstreichartige Einsetzung von Franz von Epp als Statthalter in München.

Als unliebsamer politischer Opponent des NS-Staates wurde Cossmann schließlich im April 1933 während eines Aufenthaltes in Bad Wörishofen von der Gestapo in Schutzhaft genommen. 1938 wurde er im Lager Berg am Laim gefangen gehalten und 1942 wurde er ins KZ Theresienstadt deportiert, wo er im Oktober desselben Jahres im dortigen Krankenhaus verstarb.

Schriften

  • Elemente der empirischen Teleologie, 1899.
  • Ein Jahr russische Revolution, 1918. (Mit Maxim Gorki)
  • Kriegsgefangen in Skipton, 1920. (mit Fritz Sachse)
  • Die deutschen Träumer. Gesammelte Aufsätze von Paul Nikolaus Cossmann und Karl Alexander von Müller. 1925
  • Der Dolchstoßprozess in München. Oktober-November 1925, 1925

Literatur

  • Wolfram Selig: Paul Nikolaus Cossmann und die Süddeutschen Monatshefte von 1914 bis 1918. Ein Beitrag zur Geschichte der nationalen Publizistik im Ersten Weltkrieg, Verlag A. Fromm, Osnabrück 1967
  • Karl Alexander von Müller: Paul Nikolaus Cossmanns Ende. In : Hochland 42 (1949/50), S. 368-379, mit dem Abdruck eines Augenzeugenbriefes über Cossmanns letzte Wochen und Monate sowie sein Ende in Theresienstadt
  • Karl Alexander von Müller: Ein Freundestrio. In (ders.): Am Rand der Geschichte. Münchner Begegnungen und Gestalten. München 1957, S. 44-52

Einzelnachweise

  1. Selig: Cossmann, S. 63.
  2. Donald L. Niewyk: The Jews in Weimar Germany, 2001, S. 99. Karl Kraus/ Herwarth Walden: Feinde in Scharen. Ein wahres Vergnügen dazusein, 2002, S. 641.

Siehe auch

Weblinks


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